Protocol of the Session on July 6, 2005

In diesem Haushalt haben die Koalitionäre noch einmal 200 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer geschaffen. Mit dem neuen Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ setzen wir noch einmal einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, während der Bund das TAG beschlossen hat, ohne den Kommunen die Finanzierung dieser neuen Aufgabe zu ermöglichen, hat diese Landesregierung einen vorbildlichen Beschluss mit den kommunalen Spitzenverbänden im Rahmen der Finanzausgleichskommission ausgehandelt. Wir meinen es ernst mit der Verbesserung von Meldung und Betreuung, wir meinen es aber auch ernst damit, dass wir unsere kommunalen Gebietskörperschaften und die Träger der Einrichtungen nicht mit den Lasten im Regen stehen lassen wollen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Deshalb kann man es an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen: Neben den 25 Millionen Euro für die Übernahme des Elternbeitrags im ersten Kindergartenjahr, neben den 8 Millionen Euro für zusätzliche Sprachförderung und Schulvorbereitung, neben den 2 Millionen Euro für die Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern, neben der Übernahme des Trägeranteils für das Personal zur Integration von Zweijährigen in die Kindergartengruppen werden den Kommunen noch zusätzliche Mittel zugesagt.

Sie haben es bereits gehört: Wenn in einer Verbandsgemeinde oder Stadt mehr als 10 % der Zweijährigen in Kindertagesstätten betreut werden, gibt es noch einmal 1.000 Euro zusätzlich für jedes Kind. Ab 40 % erhöht sich der Landeszuschuss noch einmal auf über 2.000 Euro. Mit diesem Geld werden Kommunen, Jugendämter und Träger entlastet. Auch für die Ausstattung wird es zusätzliche Zuschüsse geben.

Wenn die Investitionskosten für die Öffnung der Kindergartengruppen für die Zweijährigen anfallen, gibt es bis zu 1.000 Euro pro Gruppe, bei der Umwandlung in Krippengruppen bis zu 2.000 Euro, und auch bei Neubauten gibt es die üblichen Zuschüsse. Wir wissen, dass wir die demografische Entwicklung und die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft nur dann bewältigen können, wenn wir optimale Standortbedingungen vor Ort schaffen. Gerade in einem Flächenland wie RheinlandPfalz wissen wir auch, dass es bei diesen Standortbedingungen vor allem auf gute Rahmenbedingungen für junge Familien und auf gute Bildungschancen entscheidend ankommt. Wir haben auch das Konnexitätsprinzip verstanden. Wir reden nicht nur darüber, wir machen es einfach.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Mertes, SPD: Mehr Geld, noch früher, vor der Geburt schon einschulen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, Sie wissen es ganz genau: Die Vorschläge der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen zur Umsetzung des Programms „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ sind halbherzig, und sie kommen viel zu spät.

(Zurufe von der SPD – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Momentan wird im ganzen Land, in jedem einzelnen Wahlkreis über die Schließung von Gruppen in Kindertagesstätten diskutiert. Ich sage Ihnen, das hätte vermieden werden können, wenn die Regierung schon zu Beginn dieses Jahres dem Antrag der GRÜNEN gefolgt wäre, mit dem dringend notwendigen Ausbau und der qualitativen Weiterentwicklung der Kindertagesstätten, insbesondere der Plätze unter dreijähriger Kinder zu beginnen.

(Hartloff, SPD: Sie sind noch grün hinter den Ohren!)

Meine Damen und Herren, mit unserem Programm zur Betreuungsgarantie für Kinder unter drei Jahren hätten bereits in diesem Jahr knapp zehn Millionen Euro mehr für Personal- und Investitionskosten zur qualitativen und zur quantitativen Verbesserung

(Mertes, SPD: Hätten! Hätten!)

sowie zur Weiterentwicklung der Kindertagesstätten an die Kommunen und Träger fließen können.

Ich möchte Ihnen an drei ganz zentralen Punkten erläutern, warum Ihr Programm nicht der Weisheit letzter Schluss ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen:

1. Das Programm ist halbherzig; denn es verkürzt den dringend notwendigen Ausbau der Kinderbetreuung von unter Dreijährigen nur auf die Zweijährigen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das ist doch falsch!)

2. Das Programm kommt viel zu spät und entstammt einem finanzpolitischen Wolkenkuckucksheim, weil diese Landesregierung im laufenden Haushalt nicht einen einzigen Cent dafür bereitgestellt hat.

3. Das Programm wird dem Anspruch der Landesregierung, die pädagogische Qualität und die Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen in den Kindertagesstätten konsequent voranzutreiben, nicht gerecht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich diese drei Hauptkritikpunkte von uns anhören. Ich möchte versuchen, Ihnen zu erklären und zu verdeutlichen, was wir damit meinen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das ist trotzdem falsch!)

Die richtige Antwort auf den demografischen Wandel wäre aus unserer Sicht ein konsequenter Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur für alle Kinder unter drei Jahren gewesen

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau das ist passiert!)

und eben nicht nur für die Zweijährigen. Es reicht eben nicht, sich, wie es die Landesregierung macht, auf den Ausbau der Plätze für Kinder ab zwei Jahren zu konzentrieren. Die Ausweitung muss einen Zuwachs an qualitativ hochwertigen Betreuungsangeboten für alle Kinder vom Babyalter bis zu drei Jahren bringen, wenn man die Bedürfnisse der Eltern wirklich ernst nimmt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, was passiert denn mit den Kindern, die noch nicht zwei Jahre alt sind, deren Eltern aber trotzdem berufstätig sein wollen oder sein müssen?

Meine Damen und Herren, das vorliegende Programm ist scheinheilig. Es wird auch durch die Finanzierungsvereinbarungen nicht besser; denn es steht in der schlechten Tradition der kinder- und familienpolitischen Halbwahrheiten, die etwas vorgaukeln, in der Realität aber ziemlich grau sind.

Die meisten Studien und auch die meisten wissenschaftlichen Ausführungen zu den pädagogischen, familienpolitischen, gleichstellungspolitischen und arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen sprechen für ein bedarfsgerechtes und pädagogisch hochwertiges Betreuungsangebot für alle Kinder und nicht, wie Sie es auf zweijährige Kinder verengt haben.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir brauchen auch Anstrengungen für alle unter dreijährigen Kinder, weil gerade in diesem Land Rheinland-Pfalz der größte Mangel herrscht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Beck: Ach du liebe Zeit! – Zurufe im Hause)

Deshalb ist Ihr vorliegendes Programm gerade hierfür nicht tragfähig.

Der zweite Punkt ist die Finanzierung. Während Frau Ahnen im Land umherfährt und den Kommunen Wohltaten verkündet, sitzen Herr Mittler und Herr Deubel in ihrem Ministerium und raufen sich die Haare

(Mertes, SPD: Beim Deubel ist das schwer! – Lelle, CDU: Dem sind sie schon ausgefallen!)

im übertragenen Sinne – und überlegen sich immer neue Konstrukte, wie das eben auch nur einigermaßen zu finanzieren ist. Während Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, den Haushalt ungebremst in die Schuldenfalle lassen, haben wir unser Konzept für einen wirklichen und qualitativ hochwertigen Ausbau der Kinderbetreuung und der frühkindlichen Bildung schon 2004 vorgelegt.

(Glocke des Präsidenten)

Es hätte in diesem Jahr greifen können. Wir haben vor allen Dingen ganz konkrete Finanzierungsvorschläge gemacht,

(Hartloff, SPD: Solide!)

die Sie nicht mittragen wollen. Ich sage Ihnen, gerade die Gegenfinanzierung über den Abbau von Subventionen, die unsere Fraktion vorgeschlagen hat,

(Mertes, SPD: Zehn Landesstraßen, dann ist das Thema erledigt!)

wollen Sie nicht mittragen. Dann erklären Sie aber bitte einmal in diesem Haus, wie Sie es finanzieren wollen, wenn Sie nicht wieder über neue Kredite im nächsten Jahr zusätzlich Schulden für dieses Land machen wollen.

Auf unseren Kritikpunkt mit der pädagogischen Qualität komme ich gern in der zweiten Runde noch einmal zurück.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ verfolgt die Landesregierung ehrgeizige bildungs- und familienpolitische Ziele. Als erstes westdeutsches Bundesland wollen wir bis 2010 den Rechtsanspruch auf Kindergartenbetreuung für Kinder ab zwei Jahren verwirklichen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Mit der Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr und der deutlichen Ausweitung der Sprachförderung wollen wir erreichen, dass alle Kinder optimal auf die Schule vorbereitet werden. Das bedeutet, wir nutzen die Chancen der frühen Förderung. Soziale Benachteiligungen werden abgebaut.