Protocol of the Session on April 28, 2005

Zukunft der Arbeit: Zukunft für Ausbildung Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/2819 –

dazu: Beschlussempfehlung des Sozial- politischen Ausschusses – Drucksache 14/3801 –

Berufsausbildung und Ausbildungsplatzsituation in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/2891 –

dazu: Beschlussempfehlung des Sozial- politischen Ausschusses – Drucksache 14/3802 –

Mit neuen Schwerpunkten Ausbildungschancen verbessern – Ausbildungsplätze für alle! Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/2894 –

dazu: Beschlussempfehlung des Sozial- politischen Ausschusses – Drucksache 14/3803 –

Das Wort hat zunächst der Herr Berichterstatter, Herr Abgeordneter Marz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit großem Vergnügen erstatte ich Ihnen Bericht zum bisherigen Verfahren diese drei Anträge betreffend.

Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 11. Februar 2004 alle Anträge federführend an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen sowie an die Ausschüsse für Wirtschaft und Verkehr, für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, für Gleichstellung und Frauenförderung und für Bildung und Jugend.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat in seiner 25. Sitzung am 25. März 2004 und in seiner 28. Sitzung am 22. Juni 2004 diese Anträge beraten.

Am 22. Juni 2004 kam der Sozialpolitische Ausschuss überein, zunächst einmal die Beratungen in den mitberatenden Ausschüssen abzuwarten. Dies ist erfolgt

im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr am 22. Juni 2004, am 23. September 2004 und am 25. November 2004, – im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung am 23. September 2004, – im Ausschuss für Bildung und Jugend am 5. Oktober 2004, – im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur am 2. Dezember 2004.

Danach wurde es, wie versprochen, am 25. Januar 2005 an den Sozialpolitischen Ausschuss zurücküberwiesen, der dann abschließend beraten und entschieden hat.

Bevor ich Ihnen aber das Ergebnis der Empfehlungen mitteile, möchte ich noch eine Anmerkung machen. Ich glaube, auch dies muss ein Berichterstatter in einem solchen Fall tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Anträge sind sozusagen erste Ergebnisse der EnqueteKommission „Zukunft der Arbeit“. Ein Plenum muss vor der Beratung wissen, dass es ungewöhnlich ist, dass solche Anträge nicht in Form eines Zwischen- oder Endberichts einer Enquete-Kommission, die umfassend und etwas losgelöst vom parlamentarischen Geschäft arbeiten soll, eingebracht wurden, sondern dass sie unmittelbar und zu einem sehr frühen Zeitpunkt direkt in den parlamentarischen Betrieb eingespeist wurden und demnach auch an den üblichen Fronten abgearbeitet wurden.

Ich komme nun zu den Ergebnissen der Beratungen. Ich könnte dies nun für alle drei Anträge wiederholen, möchte uns dies allerdings ersparen.

Für den Antrag der CDU „Zukunft der Arbeit, Zukunft für Ausbildung“ empfiehlt der Sozialpolitische Ausschuss die Ablehnung, für den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Mit neuen Schwerpunkten Ausbildungschancen verbessern – Ausbildungsplätze für alle“ empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung, und für den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP „Berufsausbildung und Ausbildungsplatzsituation in Rheinland-Pfalz“ empfiehlt der Ausschuss die Annahme.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Huth-Haage das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die gewaltigen Zahlen von bundesweit 5 Millionen und von landesweit 185.000 Arbeitslosen erschrecken – und dennoch, diese Zahlen zeigen nur die halbe Wahrheit. Viele Menschen ohne Job tauchen als stille Reserve in keiner Statistik mehr auf. Nach Ansicht von Ökonomen ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt deutlich schlechter, als es die offiziell vorgelegten Zahlen suggerieren.

(Zuruf des Abg. Rösch, SPD)

Das Ausmaß der Unterbeschäftigung geht in Deutschland eher in Richtung 9 Millionen als 5 Millionen Arbeitslose.

Für eine rasche Wende am Arbeitsmarkt gibt es auch wenig Hoffnung. Die Wachstumsprognosen wurden gerade erst nach unten korrigiert, von 1,6 % auf 0,8 % halbiert.

Der eigentliche Skandal ist, wie der Minister den Nachkriegsrekord der Arbeitslosigkeit zu rechtfertigen versucht. Er beschwichtigt lapidar, das ohnehin Erwartete sei nun eingetreten, kein Grund also zur Panik. Herr Müntefering tut mit seiner undifferenzierten Kritik all den mittelständischen Unternehmen und all den inhabergeführten Betrieben bitter Unrecht, denjenigen nämlich, die sich tagtäglich in bestem Einvernehmen mit ihrer Belegschaft auf globalisierten Weltmärkten behaupten. Welche Botschaft geben Sie diesen Menschen?

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, bei der Regierung herrscht in Worte gefasste Ratlosigkeit, und es sind doch nicht nur die Auswirkungen von Hartz IV. Wir erleben doch seit Jahren einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Herr Schröder und Herr Hartz sind doch gerade angetreten, um diese Arbeitslosigkeit zu halbieren.

Meine Damen und Herren, die Arbeitslosigkeit hat viele Gesichter, und diese Gesichter werden immer jünger, auch in Rheinland-Pfalz. Die Zahl der unter 25-jährigen Arbeitslosen stieg Ende des Winters um 16 %. 31.600 junge Menschen sind in der Statistik als arbeitslos erfasst. Hinzu kommen die unter 20-Jährigen, deren Zahl sogar um 16,1 % auf 7.280 stieg.

Meine Damen und Herren, fast 40.000 junge Menschen sind in unserem Land arbeitslos. Das ist halb Worms, das ist ganz Landau, und das ist 20-mal Steinfeld, Herr Ministerpräsident.

(Ministerpräsident Beck: Beziehen Sie nicht Ihre Ideologie mit ein!)

Das ist keine Ideologie, wenn wir 40.000 junge Menschen haben, die keine Arbeit haben.

Das ist das Eingeständnis einer verfehlten Bildungspolitik, wenn wir rund 120.000 Jugendliche haben, die in der Statistik nicht berücksichtigt werden. Sie befanden sich im Februar in irgendwelchen Fortbildungsmaßnahmen, in Grundausbildungslehrgängen, in Lehrgängen zur Verbesserung der beruflichen Bildung und Eingliederung oder Maßnahmen zur Qualifizierung.

(Schwarz, SPD: Wo wollen Sie sie denn verstecken?)

Ja, verstecken, Sie haben es gesagt! Sie verstecken sie. (Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, als Grund dafür, keinen Job zu bekommen, galt früher: „Qualifiziert, aber zu alt“. Heute kommt immer mehr die Alternative „Jung und ohne Ausbildung“ zum Tragen. 37 % der jungen Arbeitslosen haben keine Lehre oder kein Studium absolviert, so die BA. Das ist mehr als ihr Anteil an der erwerbsfähigen Bevölkerung. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen übrigens im Westen des Landes. Die Schuld an der Misere ist mehr denn je dort zu suchen, wo eigentlich die Grundfeste gelegt werden sollten, nämlich in der Schule: Nicht nur PISA, auch die Praxis zeigt, dass die Kenntnisse der Absolventen in den letzten Jahren permanent abgenommen haben. Ich kann Ihnen aus einem Bericht über ein Programm aus der „Rheinpfalz“ zitieren, an dem ich selbst beteiligt war. Darin haben wir Praktikumsplätze für Jugendliche organisiert, die keine Ausbildungsstelle bekommen haben. Ich zitiere:

„Bewerber, in deren Zeugnissen Vieren und Fünfen stehen, die nicht ausrechnen können, wie viele Dosen Wurst zu 1,60 Euro man für 16 Euro bekommt, und Anwärter, die gleich am ersten Tag nach einem Vorschuss fragen – wer das hört, muss kein Stammtischpolitiker sein, um zu dem Schluss zu kommen, was muss es uns noch gut gehen, dass wir uns das leisten können?“

(Beifall der CDU)

Wir alle wissen, dass wir uns dies eben nicht mehr leisten können. Wir müssen die Schulen – die Grundschulen, die weiterführenden Schulen und insbesondere die

berufsbildenden Schulen – stärken. Nur so können wir letztendlich auch die duale Ausbildung stärken. Sie ist nach wie vor ein Standortvorteil unseres Landes; denn sie hat eine starke Integrationskraft in die Arbeitswelt hinein.

Wir können dies aber nur schaffen, wenn wir die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen verbessern. Ohne mittelständische Unternehmen gibt es auch keine sinnvolle Ausbildung. Wenn nicht endlich die Überregulierung am Arbeitsmarkt gelöst wird, wird es auch keine Arbeit und keine Aussicht auf ausreichende Ausbildung für unsere Jugendlichen geben.

Ich danke Ihnen. (Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Grosse das Wort. (Schwarz, SPD: Schauen Sie einmal Ihren Antrag an, was Sie aufge- schrieben haben!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn junge Menschen keinen Ausbildungsplatz finden, müssen sie das Gefühl entwickeln, dass unsere Gesellschaft für sie keinen Platz hat. Wir wollen, dass jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz findet, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Deshalb tun wir alles, um jungen Menschen den Start ins Berufsleben zu erleichtern und zu ermöglichen, übrigens auch dann, wenn dies bedeutet, dass wir hier und da einen Konsens aufbrechen müssen, in dem wir es uns alle zu lange zu gemütlich gemacht haben.

Nun frage ich, wie die Situation in Rheinland-Pfalz aussieht. Frau Kollegin Huth-Haage, wir sind der Landtag. Wir führen keine bundespolitischen Debatten, insbesondere nicht vor dem Hintergrund unserer Anträge.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Schauen Sie sich die Anträge doch einmal an!

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Herr Dr. Rosenbauer, das spricht jetzt für Ihre Kenntnis.

Wir haben die Anträge doch deshalb gestellt, um zu prüfen, was wir im Land tun können.