Protocol of the Session on March 16, 2005

(Schweitzer, SPD: Der redet doch sowieso nur dummes Zeug! – Unruhe im Hause)

Lassen Sie zunächst Frau Grützmacher weiter reden. – Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

Meine Damen und Herren, die Entstehungsgeschichte des Landesgesetzes zur Änderung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sowie des Rettungsdiens tgesetzes – ich will nicht von den vielen anderen Vorschriften reden – umfasst einen langen Zeitraum von der Vorlage des ersten Entwurfs bis zur heutigen endgültigen Beratung. Uns haben viele umfangreiche Stellungnahmen der betroffenen Verbände und Unternehmen erreicht. Außerdem wurden viele Gespräche geführt.

Das ist richtig so; denn in diesen beiden Gesetzen geht es um Regelungen, die für alle Menschen in RheinlandPfalz im Ernstfall eine Entscheidung auf Leben und Tod bedeuten können. Das reicht von plötzlich auftretenden Schlaganfällen und Herzattacken über Brände und Unfälle bis hin zu großen Katastrophen, von denen wir alle hoffen, dass sie nie eintreten.

Meine Damen und Herren, in der umfangreichen und langwierigen Diskussion hat sich herausgestellt, dass das Brand- und Katastrophenschutzgesetz unstrittig ist und einhellig von den Betroffenen und Beteiligten begrüßt wird. Deshalb werde ich mich damit nicht lange beschäftigen, Herr Pörksen. Die Diskussion hat sich in den vergangenen Monaten insbesondere auf das Rettungsdienstgesetz konzentriert. Das hat auch die heutige Debatte gezeigt. In diesem Zusammenhang will ich drei Punkte benennen.

1. § 1 Abs. 2: Dabei geht es um die Herausnahme innerklinischer Krankentransporte aus dem Geltungsbereich des Rettungsdiens tgesetzes.

2. § 7: Dabei geht es um die Neuordnung der Leitstellen.

3. § 22: Dabei geht es um die Qualifikation der Fahrer der Notarztfahrzeuge.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit Ausführungen zu den Leitstellen, also mit § 7, beginnen, deren Neugestaltung bei den Fraktionen und den Betroffenen wenig umstritten ist. Ich bin der Auffassung, dass gerade die Neuorganisation der Leitstellen für uns eine ganz zentrale Neuerung dieses Gesetzes darstellt. Die Leitstellen sollen künftig als zentrales Steuerungselement alle Bereiche der öffentlichen nicht polizeilichen Gefahrenabwehr umfassen. Dass damit endlich alle nicht polizeilichen Notrufe unter einer Rufnummer, nämlich unter der 1112 integriert werden sollen, ist für alle Beteiligten, die in der jeweiligen Situation unter großem Stress stehen, sehr wichtig. Das halten wir für einen wichtigen und guten Fortschritt.

Allerdings sind in der Diskussion noch weiter gehende Forderungen gestellt worden, nämlich dass die öffentliche Aufgabe der Leitstelle nur in alleiniger Trägerschaft der zuständigen öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften auszuführen sein soll, aber nicht mehr – wie es das Gesetz vorsieht – in gemeinsamer Trägerschaft zwischen Gebietskörperschaften und privatrechtlichen Sanitätsorganisationen. Mit dieser Organisationsform befindet sich Rheinland-Pfalz unter den Bundesländern in naher Zukunft auf ziemlich einsamem Posten. In fast

allen Bundesländern sind die Leitstellen inzwischen in alleiniger öffentlicher Trägerschaft. Auch in BadenWürttemberg gibt es beispielsweise dahin gehende Planungen. Wir sind der Meinung, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für den Bereich der Leitstellen zwar ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gegangen wird, der Bereich der Trägerschaft der Leitstellen in den nächsten Jahren aber noch einmal überprüft werden sollte und gegebenenfalls nachgebessert werden muss.

Die beiden anderen Punkte haben in der Anhörung des Innenausschusses eine große Rolle gespielt. Die Herausnahme der innerklinischen Krankentransporte wurde dabei in erster Linie vom Deutschen Roten Kreuz kritisiert, während alle anderen Anzuhörenden dieses Vorhaben begrüßten. Auch wir sind der Auffassung, dass die behutsame Öffnung der innerklinischen Krankentransporte für den Wettbewerb ein vertretbarer Schritt ist. Die Kliniken und Krankenhäuser haben natürlich von sich aus ein großes Interesse daran, dass es zu keinen Qualitätsverlusten kommt. Deshalb wird die Qualität der angebotenen Transportdienste für den Wettbewerb unter den Leistungserbringern eine entscheidende Rolle spielen. Daher teilen wir nicht die Befürchtung, die vom Deutschen Roten Kreuz geäußert wurde.

Am stärksten umstritten in der Diskussion im Innenausschuss war die Änderung des § 22, in dem es um die Qualifikation von Fahrern von Notarzteinsatzfahrzeugen geht. Im ursprünglichen Entwurf des Innenministeriums war vorgesehen, dass die Position des Fahrers des Notarzteinsatzfahrzeugs auf die Qualifikation „Rettungsdienst“ anzuheben sei. Das heißt, es soll eine Besetzung eines Notarzteinsatzfahrzeugs mit einem Rettungsassistenten und einem Notarzt vorzusehen sein. Dieser Anspruch ist dann nicht mehr aufrecht erhalten worden. Im Raum stand dann der Vorschlag, dass ein Notarzteinsatzfahrzeug auch mit einem Rettungssanitäter besetzt werden kann.

Dagegen hat vor allem der Leiter des Notarztstandorts Mainz Stellung genommen. Er befürchtet, dass ein Rettungssanitäter nicht ausreichend qualifiziert ist für die Besetzung des Notarzteinsatzfahrzeugs. Das Notarzteinsatzfahrzeug wird in der Regel gerade bei schweren Einsätzen alarmiert, bei denen der Fahrer dem Notarzt sachkundig zur Seite stehen muss. Die Argumentation, dass ehrenamtliche Rettungssanitäter im Gegensatz zu hauptamtlichen Rettungsassistenten weniger zum Zuge kämen, muss unserer Meinung nach zurückstehen und ist in der Realität vielleicht gar nicht gegeben.

Nach dieser kontroversen Diskussion im Ausschuss haben SPD und FDP nun einen Änderungsantrag vorgelegt, der meiner Meinung nach einen tragbaren Kompromiss enthält, wonach im Normalfall der Rettungsassistent – also der Hauptamtliche – dabei ist und das andere sozusagen die Ausnahme ist.

Meine Damen und Herren, wir werden dem Änderungsantrag und auch dem Gesetz im Ganzen zustimmen, weil es in weiten Teilen unstreitig einen Fortschritt für den rheinland-pfälzischen Rettungsdienst darstellt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Da Herr Kollege Dr. Rosenbauer auf die Kurzintervention verzichtet, erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Peter Schmitz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Enders hat schon ausgeführt, dass das Landesgesetz zur Änderung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes und des Rettungsdienstgesetzes ein wichtiges Gesetz ist. Ich füge hinzu: Es ist ein sehr gutes Gesetz, (Beifall bei FDP und SPD)

weil es im Dialog entstanden ist.

Wir haben gehört, dass bis auf die aufgrund ihrer Interessen nachvollziehbare Argumentation des DRK alle Anzuhörenden dem Gesetz in dieser Form zugestimmt haben. Dem DRK sei gesagt, dass die wichtige Rolle, die das Rote Kreuz in Rheinland-Pfalz einnimmt, von der FDP, von der Landesregierung und von unserem Koalitionspartner in keine Weise infrage gestellt wird. Wir honorieren das, was da geschieht, wir nehmen das sehr ernst, aber wir sind überzeugt davon, dass die beschriebenen Katastrophenszenarien eines finanziellen Ausblutens durch ein Stückchen Wettbewerb an der dritten Stelle hinter dem Komma doch leicht übertrieben sind. Daher ist die getroffene Regelung eine Regelung mit Augenmaß, eine Regelung, wie sie für diese Koalition typisch ist, für die ich mich bei allen Protagonisten bedanken möchte.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, das Gesetz sichert die Zukunftsfähigkeit in den zugrunde liegenden Bereichen unter anderem dadurch, dass es das Ehrenamt stärkt und Qualität sichert.

Zu den Leitstellen wurde schon einiges gesagt. Frau Grützmacher, ich darf Sie nur ein wenig korrigieren, weil das im Protokoll steht. Es handelt sich nicht um die „1112“, sondern um die 112, die man sich noch besser merken kann. Die Zusammenfassung von Notfallmeldungen über die 112 ist, wenn ich an die Diskussionen um die Apothekernotdienste erinnern darf, eine Regelung, die einprägsam ist und die in brenzligen Situationen nicht dazu führt, dass man erst einmal im dicken Buch nachschlagen muss. Auch das ist ein Fortschritt, der banal klingt, der aber im konkreten Fall sehr wichtig ist.

Für uns als FDP war es wichtig – mit dem Stichwort DRK ging ich darauf schon ein –, dass wir vor allem im Bereich der innerklinischen Transporte ein klitzeklein bisschen Wettbewerb in die Szene hineintragen. Das ist jetzt so geregelt, dass die Krankenhausgesellschaften – – –

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: War der Wettbewerb wichtig oder das klitzeklein bisschen?)

Uns war natürlich der Wettbewerb wichtig. Weil wir aber dieses wichtige Gesetz, das über Jahre seine positive Wirkung entfalten soll, in einem großen Konsens durchsetzen wollten – auch auf den Wunsch nach Konsens werde ich noch eingehen, da die Mehrheit auch ohne die Opposition erreicht worden wäre –, sind wir für das Erste auch mit ein wenig Wettbewerb zufrieden, Frau Kollegin Thomas. Wir hätten uns selbstverständlich auch noch mehr Wettbewerb vorstellen können, aber das, was an Wettbewerbsgedanken hineingetragen wurde, musste dem Kriterium genügen, das Rote Kreuz in seiner flächendeckenden Verantwortung nicht infrage zu stellen. Auch das war uns wichtig. Ich bin der Meinung, die Regelung kann sich sehen lassen und trägt beiden Aspekten hinreichend Rechnung.

Ich darf daran erinnern, dass es nicht nur freie gemeinnützige Organisationen sind, die innerklinische Transporte in der Zukunft durchführen können, sondern auch Private, die sich bewerben. Nicht zu vergessen ist, dass dies auch durch die Krankenhäuser selbst geschehen kann.

Darüber hinaus wurde schon angesprochen, dass die Standards in der Frage der Besatzung des Rettungsdienstwagens kontrovers diskutiert wurden. Ich komme damit zum Thema „Konsens“ und auf das Zugehen der Landesregierung und der beiden regierungstragenden Fraktionen auf die Opposition zu sprechen. Frau Kollegin Grützmacher, ich bedanke mich ausdrücklich über sie bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass Sie dieses wichtige Gesetz mittragen.

Ich finde es schade, dass die andere Oppositionsfraktion trotz des Auf-sie-Zugehens durch die Landesregierung – der Änderungsantrag ging Ihnen zu – anders, als das im Ausschuss klang, ihre Zustimmung heute dann doch verweigert. Ich finde dies vor allem deshalb schade, weil man aus dem Änderungsantrag ersehen kann, dass es bei diesem Standard um eine Mindestdefinition geht. So versteht man eben Standards. Es spricht überhaupt nichts dagegen, den Rettungswagen mit noch qualifizierterer Besatzung losfahren zu lassen. Sie können auch über den Notarzt hinaus weiteres ärztliches Personal im Wagen mitführen. Das Gesetz steht dem nicht entgegen.

Ich warne aber davor, in einer Betrachtung, die aus dem gesamten medizinischen Bereich nur diesen Bereich herausgreift und das Szenario der Unterversorgung sehr plakativ vor sich herträgt, auszublenden, dass es neben der Diskussion um Standards und Qualität, die uns sehr wichtig ist, selbstverständlich auch immer um die Frage der Finanzierung und der organisatorischen Bereitstellung geht. Diese hoch qualifizierten Hilfskräfte müssen überhaupt zuerst einmal überall zur Verfügung stehen, bevor wir Standards definieren, die Notfalleinsätze verhindern, wenn diese Standards nicht erfüllt werden können. Da würden Sie den Opfern einen Bärendienst erweisen.

Meine Damen und Herren, insgesamt und nicht nur wegen dieser Qualitäts- und Effizienzsteigerungen, sondern auch wegen des – ich betone das – dialoggeführten Verfahrens begrüßen wir dieses Gesetz und

stimmen ihm und selbstverständlich auch dem Änderungsantrag vorbehaltlos zu.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Billen für eine Kurzintervention das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Schmitz, Sie haben eben gesagt, Sie hätten gern noch mehr Wettbewerb, noch mehr Öffnung gehabt, aber Sie hätten eine vorsichtige Öffnung jetzt für richtig gehalten. Ist Ihnen bekannt – ich gehe davon aus, dass Ihnen das bekannt ist, aber ich sage es Ihnen noch einmal, weil Sie aus dem Bezirk Trier kommen, in dem Sie geboren wurden – – –

(Dr. Schmitz, FDP: Nein, nein, nein!)

Gebürtig schon.

(Dr. Schmitz, FDP: Nein, Koblenz!)

Ja, gerade so.

Dort fließen im Moment beim Roten Kreuz über den internen Finanzausgleich über 1 Million Euro in den Bezirk Trier, damit man in der Fläche einen hoch effektiven, einen wirklich guten Rettungsdienst erhalten kann. Er ist unter dieser Summe nicht zu fahren.

Sie sagten, die Krankenhäuser und die Krankenhausverbünde könnten das selbst machen. Im Bezirk Trier gibt es einen Krankenhausverbund zwischen Bernkastel und Wittlich. Allein bei diesem Krankenhausverbund reden wir über eine sechsstellige Summe, die dort verfahren wird.

Sie wissen, dass das durch das Gesundheitswesen noch ansteigen wird. Es wird mehr Krankenhausverbünde geben müssen, um Krankenhäuser halten zu können. Wer soll in Zukunft dieses Geld aufbringen? Ich habe mich sehr gewundert, dass zum Beispiel auch Speyer ca. 100.000 Euro aus dem Finanzausgleich bekommt. Wer soll in Zukunft das Geld aufbringen? Die AOK oder das Land Rheinland-Pfalz?

Sie wissen schließlich, dass durch die Öffnung der Rettungsdienst selbst teurer wird. In Nordrhein-Westfalen kostet er 200 % mehr als in Rheinland-Pfalz. Das ist Ihnen hoffentlich bekannt. Sagen Sie bitte, wo Sie das Geld hernehmen wollen. Mit dem, was Sie jetzt tun, wird auf Dauer – nicht von heute auf morgen – der Rettungsdienst in der Fläche nicht mehr so ausgestattet sein, wie er jetzt ausgestattet ist.

(Unruhe bei der SPD)

Das ist überhaupt keine Frage; denn so wird das sein. Herr Dr. Schmitz, dann sagen Sie bitte, wo das Geld herkommt. Oder machen Sie das so, wie wir das jetzt auch bei den Rettungsleitstellen gemacht haben? Da mussten die Kommunen zuerst nichts bezahlen. Nachdem jetzt im Bereich Trier eine Zentralisierung erfolgt ist, müssen die Kommunen dafür bluten, indem sie jetzt das Geld dafür aufbringen müssen.

Einer muss das Geld aufbringen. Sagen Sie wer, oder sagen Sie, wo Sie es einsparen wollen. Sie werden nämlich nichts einsparen. Das ist die entscheidende Frage, wenn man hier über Öffnung redet. Wenn man über Öffnung redet, funktioniert der interne Finanzausgleich nicht. Sie wissen, dass es dann auf Dauer in der Fläche wirklich schlechter aussieht als jetzt.

(Glocke des Präsidenten – Beifall bei der CDU)

Das Wort zur Erwiderung hat Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.

Lieber Herr Kollege Billen, mein Name ist Peter Schmitz, geboren am 8. März 1955 in Gevenich, Kreis CochemZell, ehemals Bezirk Koblenz. Das zur Klarstellung.