Frau Abgeordnete Thelen, ich muss in aller Offenheit gestehen, dass ich das aus dem Stegreif nicht beantworten kann. Ich bin aber gern bereit, die Antwort nachzureichen. Es sind Abweichungen, die statistisch signifikant, aber nicht extrem auffällig sind. Ich bin gern bereit, dazu Informationen nachzuliefern.
Die nicht aufgerufenen Mündlichen Anfragen werden entsprechend der Geschäftsordnung schriftlich von der Landesregierung beantwortet.
„Auswirkungen des Verkaufs der bisherigen Kabelnetze der Telekom AG an Liberty Media auf den Ausbau der Kabelnetze und die Programmvielfalt in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 14/238 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDPFraktion hat den Antrag zu diesem Thema gestellt, nicht weil sich das Parlament bisher noch nicht damit beschäftigt hätte oder weil die Ausschüsse bisher noch nicht damit umgegangen seien, sondern weil wir davon überzeugt sind,
dass sich an dieser Frage aufzeigen lässt, wie Rheinland-Pfalz in Zukunft im Bereich Multimedia seine Zukunftsfähigkeit gestalten will.
Betroffen sind nicht in erster Linie die Landesregierung und wir als Parlament, sondern wir sprechen in erster Linie über ein Geschäftsverhältnis zweier Firmen. Das beleuchtet vorab die Problematik, mit der wir uns aus
einander zu setzen haben, dass wir Einfluss nehmen wollen auf einen Bereich, in dem die Einflussnahme schwierig ist.
Meine Damen und Herren, seit dem Jahr 1999 bemüht sich die Deutsche Telekom AG auf Drängen der Politik, aber auch der Medienwächter und der mittelständischen Mitbewerber im Kabelfirmengeschäft, die in neun Regionalgesellschaften ausgegründeten Kabelfernsehnetze nicht nur für das Internet und digitale Dienste zu öffnen, sondern zu verkaufen, um so mehr Wettbewerb zu ermöglichen.
Ob die Rechnung aufgeht, ist zurzeit noch fraglich; denn als Käufer für diese Kabelnetze ist in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern Liberty Media aufgetreten, ein Marktführer im Bereich der Medienunternehmen und Kabelnetze. Diese Firma ist bereit, insgesamt bis zu 26 Milliarden DM zu investieren und damit einen Marktanteil von 58 % zu erreichen.
Für die Frage der Zukunftssicherheit unseres Landes und für die Frage des Wettbewerbs lautet dann die Frage, ob wir von der Deutschen Telekom AG zu Liberty Media vom Regen in die Traufe gelangen oder ob wir einen Großinvestor gefunden haben, der unser Land über seine erheblichen Investitionen im Kabelausbau zukunftsfähig m achen will.
Erschwert wird die Situation dadurch, dass erstmals in Deutschland Liberty Media auch eigene Programme und Mediendienste anbieten will, also nicht ausschließlich als Informationstransporteur auftritt, sondern über seine eigenen Programme auch anderweitige Interessen verfolgt.
Aus dieser Situation heraus ergeben sich Befürchtungen, die von der Kontrolle, Übernahme, aber auch der Diskriminierung kleinerer Sender und Kabelnetzmitbewerber über die Verteuerung von Kabelgebühren und auch mögliche Einschränkungen des Fernsehempfangs als Folge des Verkaufs reichen.
Darüber hinaus – das habe ich zu Beginn meiner Ausführungen schon erläutert – ist es für die Zukunftssicherheit in einer Multimediagesellschaft von überragender Bedeutung, in welchem Maß die bestehenden Kabelnetze ausgebaut werden. Das gilt sowohl hinsichtlich des Ausbaus in der Fläche als auch hinsichtlich der technischen Ausstattung.
Ich formuliere es so: Rheinland-Pfalz darf keinen Schmalspurausbau im Bereich des Breitbandkabels zulassen. Darin sind wir uns meiner Meinung nach wohl alle einig.
Die geplante Bündelung von Netzen und Inhalten in einer Hand ist also auch für den Medienpolitiker wettbewerbsrechtlich und ordnungspolitisch bedenklich. Für den Multimediakunden bestehen die möglichen Probleme gegebenenfalls in einer erheblichen Verteuerung – das muss nicht so kommen, aber man muss das Problem sehen –, in einer bevormundenden Kanalbelegung mit Programmen, die vor allem dem Investor selbst
dienen, und darin, dass er von modernen Techniken, wie Highspeed-Internet und Telekommunikationsverbindungen, abgeschnitten bleibt. Dann träte statt mehr Wettbewerb das genaue Gegenteil ein.
Genährt werden solche Ängste dadurch, dass das Unternehmen angeblich zunächst nur in die Installation eigener Programme investieren will und das Frequenzspektrum nicht auf die technisch möglichen 862 Megahertz angehoben werden soll, sondern man sich zunächst einmal auf 500 Megahertz beschränken will. Erst nach zwei Jahren soll ein Rückkanal für schnelle Hightech-Internetverbindungen installiert werden.
Ich komme zum Ende: Wir stellen aus dieser Gemengelage heraus einige Fragen, die wir für zentral halten. Unter dem Zeitdruck jetzt verkürzt gefragt: Hat die Politik überhaupt Möglichkeiten, über die erfreulichen Bem ühungen des Wirtschaftsministers, des Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei hinaus, auf dieses Vertragsgefüge Einfluss zu nehmen?
Gibt es über das Kabelnetz hinaus die Möglichkeit, auch extraterrestrische Programme, also über die Schüssel, mit diesen Zukunftstechniken zu erreichen?
Letztlich lautet die Frage, ob die Landesregierung die Einschätzung des Medienrechtlers Herrn Gersdorf teilt, dass die Übernahme der Kabelnetze durch Liberty Media unter der Auflage, die Netze tatsächlich auf 862 Megahertz auszubauen, zu genehmigen ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Die Technik, die private Wirtschaft, die Politik und der Staat, die sich oft als getrennte Bereiche ge
genüber stehen, sind bei unserem heutigen Thema so eng verwoben, dass es nicht leicht ist, die anstehende Thematik einfach zu beschreiben.
Die Entwicklung im Bereich der Kommunikation allgemein und die Entwicklung im Informations- und Übertragungsbereich im Speziellen hat eine solche Dynamik erlangt, dass es nicht ausbleibt, dem Staat Antworten im Bereich der Regulierung abzuverlangen.
Die Telekom hat ihr Kabelnetz in Rheinland-Pfalz verkauft. Meine Damen und Herren, hinzu kommt allerdings, dass der neue Besitzer, John Malone, mit seinem Imperium Liberty Media nicht nur, wie die Deutsche Telekom, Besitzerin des Kabelnetzes ist, sondern auch Inhalte und Telekommunikationsdienste anbietet. Das bedeutet, er bietet neben eigenen Fernsehprogrammen auch Internet und Telefonie an. Damit deckt er ein Marktsegment ab, das weit über die Angebotspalette der Deutschen Telekom hinaus geht. Malone ist in der Lage, künftig TV-Programme ganz neu zu vermarkten – in kleinen Paketen, mit Zusatzangeboten. Er wird Telefonie und digitale Fernsehangebote kombinieren, und er wird Internetdienste und Pay-TV-Angebote vorantreiben.
Meine Damen und Herren, Dr. Wenge von der Deutschen Telekom hat dazu bei der letzten Anhörung im Landtag gesagt: „Nur eine neue ökonomische Situation mit höheren Entgelten und mit anderen Nutzungsmöglichkeiten versetzt den Besitzer des Kabelnetzes in die Lage, größere Investitionen zum Aufrüsten des Kabelnetzes vorzunehmen. Das habe sich die Telekom nie leisten können.“ Das bedeutet, die mittelfristigen Optionen mit Liberty Media sind größer als die mittelfristigen Optionen mit der Deutschen Telekom.
Gleichwohl müssen wir darüber nachdenken, inwieweit wir unser öffentlich-rechtliches Fernsehen, die in Deutschland existierenden privaten und die regionalen Programme über die Kabel der neuen Besitzerin Liberty Media transportieren können. Dazu gibt es bereits heute einschlägige Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag, die dort als Must-Carry-Programme beschrieben sind.
Ministerpräsident Kurt Beck hat am 13. August 2001 ein Schreiben an alle Regierungschefs der Länder verschickt, in dem er feststellt, dass mit dem Verkauf des Telekomkabelnetzes Nachsteuerungsbedarf im Rundfunkstaatsvertrag bestehe.
Ministerpräsident Kurt Beck unterbreitet den Vorschlag, dass mindestens die Hälfte der im Kabel übertragenen Fernsehprogramme von solchen Anbietern kommen muss, die nicht dem Kabelnetzbetreiber zugerechnet werden können.
Herr Ministerpräsident, sind Sie wirklich der Überzeugung, dass die Forderung nach einer 50 %-igen Kabelbelegung sowohl vom Zeitpunkt her als auch von der Technik her sinnvoll ist? Sie wissen doch, dass Sie dazu
Offensichtlich – ich sage das einmal so – sind Sie dem erheblichen Druck vonseiten der privaten Fernsehanstalten und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die ihre Programme platzieren und auch ihr Programmbukett erweitern wollen, erlegen, Herr Ministerpräsident.