Protocol of the Session on February 25, 2005

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich möchte weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Berufsoberschulklasse für Wirtschaft und Technik der Berufsbildenden Schule Gerolstein. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Keller das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nichts Neues, dass die Regierungsfraktionen, egal, wie qualifiziert die Anträge der Opposition sind, diese ablehnen, weil es nicht sein kann und nicht sein darf, dass die Opposition auch einmal Recht hat. Es wird hier vornehm umschrieben – wir haben es gerade gehört –: Unsere Anträge kommen entweder zu früh oder zu spät, nie rechtzeitig. So ist das Leben.

Dass nach einer Schamfrist Oppositionsanträge oft als Regierungsanträge kommen, wissen wir auch. Da sind wir nachsichtig, weil diese ideenlose und wenig kreative Regierung irgendwie versuchen muss, etwas auf die Reihe zu bekommen.

(Beifall der CDU)

Verehrte Regierungsvertreter, es gibt noch eine Menge von guten CDU-Anträgen, die abgelehnt wurden, beispielsweise „Abitur nach zwölf Jahren“, „Stärkung der Hauptschulen“, „Verbesserung der Unterrichtsversorgung“. Bitte bedienen Sie sich ungeniert. Wir geben diese für sie frei, weil sie gut sind.

(Beifall der CDU)

Mit dem Programm „Zukunftschancen für Kinder – Bildung von Anfang an“ ist es ähnlich. Es ist schon darauf hingewiesen worden. Nur, die Dimension und die Vorgehensweise ist eine andere. Kollege Lelle und auch Frau Thomas haben auf die systematische Blockade der

jeweiligen Anträge hingewiesen, zuletzt bei den Haushaltsberatungen im Dezember 2004.

Jetzt werden unsere blockierten Anträge und die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plötzlich zur Grundlage einer Regierungserklärung. So etwas hat es in diesem Hause noch nie gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Das macht uns etwas stolz. Das adelt die Opposition, ist aber ein Armutszeugnis für diese Regierung. Es wird wirklich Zeit, dass das Jahr noch vorbeigeht, damit hier eine neue Regierung sitzt.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

PISA I, veröffentlicht im Dezember 2001: Viele Länder haben schnell reagiert. Auch die CDU hat reagiert, weil es erforderlich war. Wir waren gewissermaßen die schnellen Brüter und Sie die „lahmen Enten“.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit im Hause)

Wer nach drei Jahren kommt und den Anspruch erhebt, Schlussfolgerungen aus PISA zu ziehen, der ist ein, in der Pfalz sagt man, „Lahmsieder“. Das sind Sie.

(Beifall der CDU)

Tatsache ist, dass Sie allein aus parteipolitischen Gründen, weil Sie ein Jahr vor der Landtagswahl einen bildungspolitischen Coup landen wollten, wichtige Anträge jahrelang blockiert und so bewusst in Kauf genommen haben, dass Rheinland-Pfalz zum Beispiel bei der Frühförderung bundesweit Schlusslicht geblieben ist.

Fast alle Länder haben Sprachtests vor der Einschulung, flächendeckende Fördermöglichkeiten vor der Einschulung usw. eingerichtet. Wir haben vielfältige Anträge dazu gestellt. Diese wurden aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt.

Sie haben bewusst – hören Sie einmal gut zu –, und das ist besonders verwerflich, vielen Kindern notwendige Fördermaßnahmen, die Sie jetzt selbst als notwendig erachten, aus parteipolitischen, weil wahltaktischen Gründen vorenthalten und sie so um ihre Bildungschancen gebracht.

(Beifall der CDU)

Diese Vorgehensweise ist nicht nur unmoralisch, sondern auch gewissenlos.

Verehrte Frau Ministerin, dass Sie sich als Schul- und Jugendministerin für so eine verantwortungslose Handlungsweise hergeben, ist unverzeihlich. Ich konnte mir bis heute nicht vorstellen, dass Sie bereits jetzt schon politisch so abgebrüht sind.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich rege mich jetzt auf, weil ich Lehrer bin. Man muss sich vorstellen, Kindern jahrelang die benötigte Förderung, die jetzt als wichtig erkannt wurde, die finanzierbar gewesen wäre – wir haben heute gehört, wie viel Geld übrig geblieben war –, aus parteipolitischen Gründen vorzuenthalten und sie somit um bessere Bildungschancen gebracht zu haben, ist eigentlich ein ungeheuerlicher Vorgang.

Dafür werden Sie und die Regierungsfraktionen sich verantworten müssen. Das wird interessante Diskussionen geben.

Danke schön.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Im Himmel!)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Keller, Herr Kollege Lelle, bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich habe volles Verständnis dafür: Opposition tut halt weh. Das ist so. Dass man dann so tut, als hätte man vorher alles gewusst, das kann ich verstehen.

Herr Kollege Keller, in welchem dieser unglaublich vorausblickenden CDU-Länder gibt es denn diese vielen Bildungschancen, die wir angeblich aus parteipolitischen Gründen verpasst haben? Wo sind denn diese Bildungschancen realisiert worden?

Wir haben nach der Vorlage des TAG sofort reagiert und die darin geforderten Dinge umgesetzt. Zu dem, was pädagogisch in den vergangenen Jahren in diesem Land entwickelt worden ist, haben Sie immer nur „nein, nein, nein“ gesagt. Was Sie den Kindern vorenthalten wollten, das ging bei der Vollen Halbtagsschule los. Sie haben ziemlich lange gebraucht, bis Sie sich bei der Ganztagsschule bekehren lassen haben. Bei all unseren Bildungsund Erziehungsempfehlungen hörten wir immer nur „nein, nein, nein“. Dazu haben wir ein konsequent weiterentwickeltes Programm für die Kleinen, für das Feinste, Frau Kollegin Thomas, und für deren Eltern entwickelt.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unser Programm!)

Wir haben die Möglichkeit geschaffen, als zweijähriges Kind im Kindergarten mitgebildet zu werden. Diese Konzepte haben wir jetzt entwickelt.

Frau Kollegin Thomas, es stimmt im Übrigen nicht, dass deswegen die Krippenplätze nicht erweitert würden. Schauen Sie einmal in das Konzept. Sie werden feststellen, dass die entsprechenden Unterstützungsleistungen für die Träger und die Kommunen für die volle Zeit

gelten und wir selbstverständlich davon ausgehen, dass die Anzahl der Krippenplätze deutlich erweitert wird.

(Glocke der Präsidentin)

Aus bildungspolitischen und entwicklungstheoretischen Gründen wissen wir aber, dass Kinder als Zweijährige besser im Kindergarten als in der Krippe aufgehoben sind. Das ist einer der inhaltlichen Gründe, weshalb es im Konzept so aussieht, wie es aussieht. Die Anzahl der Krippenplätze wird dennoch in den nächsten Jahren deutlich erweitert werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiechmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin unserer Fraktionsvorsitzenden, Frau Thomas, sehr dankbar, dass sie deutlich gemacht hat, dass ein qualitativer und quantitativer Ausbau von Bildungs- und Betreuungsangeboten für uns GRÜNE schon seit Jahren absolute Priorität hat. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen, Sie tun nun so, als ob Sie heute die bildungspolitische Revolution ausrufen würden. Schauen Sie sich doch bitte einmal an, was in den vergangenen Jahren bei jeder einzelnen Plenardebatte, bei der es um das Thema „Bildung“ ging, tatsächlich von uns GRÜNEN beantragt worden ist. Wo waren Sie eigentlich in den vergangenen Jahren, als wir immer und immer wieder Initiativen zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung, zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für mehr Kinderund Familienfreundlichkeit gestartet haben? Wo waren Sie da eigentlich, meine Damen und Herren? Wo waren Sie damals, wenn Sie hier und heute behaupten, Sie hätten von all dem damals nichts mitbekommen und das sei ein Programm, für das nur die Landesregierung ein Copyright habe?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Glück, dass ich nur zwei Minuten Redezeit habe. Zu allen Vorschlägen, die Sie hier und heute gemacht haben, liegen seit Jahren detaillierte Vorstellungen und Anträge der GRÜNEN-Fraktion vor. Frau Kollegin Brede-Hoffmann hat in ihrer ideenlosen Arroganz im Bildungsausschuss sogar gesagt: Natürlich ist es so, dass unser Bildungsprogramm nur eine Reaktion auf die Initiativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war.

(Unruhe im Hause)

Ich nehme das als ein Kompliment für eine ganz hervorragende Oppositionsarbeit zur Kenntnis.

(Glocke der Präsidentin)

Ich kann Ihnen versprechen, dass wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sie sowohl bei der Ausgestaltung als

auch bei der Finanzierung und Umsetzung dieses Programms immer wieder vor uns hertreiben werden.