Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit der Situation von Frauen in der kommunalen Verwaltung. Vor kurzem titelte „Die Welt“ in einem Artikel „Frauen sind die Zukunft“. Ist das so? Wie stehen die Chancen für Frauen in den rheinlandpfälzischen Gebietskörperschaften? Positiv ist zunächst zu vermerken, dass überall ein Anstieg des Frauenanteils zu verzeichnen ist, obwohl die Quote bereits 2001 über 50 % lag.
Im Jahr 2003 waren von den rund 62.000 Gesamtbeschäftigten 34.400 Frauen. Damit betrug der Frauenanteil 55,4 %. Im Vergleich zum Jahr 2001 ist der Frauenanteil um 1,6 % gestiegen und setzt damit auch den Trend des vorhergehenden Berichtszeitraums von 1998 bis 2001 fort. Das ist umso bemerkenswerter, als die Gesamtbeschäftigtenzahl in der kommunalen Verwaltung gesunken ist.
Frauen sind also in der öffentlichen Verwaltung zahlenmäßig gut vertreten. Interessant und wichtig ist allerdings die Frage, wie sich dieser Frauenanteil in den einzelnen Laufbahngruppen darstellt. Siehe da, mit steigender Hierarchieebene sinkt der Frauenanteil deutlich.
Im gehobenen Dienst haben wir einen Frauenanteil von 38 %, im höheren Dienst lag der Anteil gar bei lediglich 21 %. Der höhere Dienst ist somit von einer paritätischen Verteilung zwischen Mann und Frau weit entfernt, und, so heißt es im Bericht, je höher die Position, desto geringer ist der Frauenanteil. Meine Damen und Herren, hier treten wir seit Jahren auf der Stelle.
Meine Damen und Herren, es gibt noch weitere interessante Gesichtspunkte. Schlüsselt man den Frauenanteil nach Beamtinnen und Angestellten auf, so kann man feststellen, dass der Frauenanteil in beiden Bereichen des Berichtszeitraums leicht gestiegen ist. Im Beamtenbereich von 25 % auf 27 %, und im Angestelltenbereich von 68 % auf 69 %. Der Angestelltenbereich ist also eine Frauendomäne. Das ist insofern problematisch, als hier zuallererst Personaleinsparungen vorgenommen werden und Frauen im besonderen Maß betroffen sind.
Im Beamtenbereich sieht es anders aus. Hier sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Auch hier können wir nicht zufrieden sein.
Ein dritter Bereich, den man kritisch betrachten muss, ist der Bereich der Teilzeit. Hier kommt der Bericht allerdings zu der eigenartigen Schlussfolgerung – ich zitiere –: „Auch 2003 sind immer noch 64 % der Beschäftigten, die einer Teilzeittätigkeit nachgehen, Frauen. Unter den Teilzeitbeschäftigten sind lediglich 10 % Männer zu finden. – Also 64 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, 10 % Männer. Ich habe jetzt nicht verstanden, wo das Delta von 26 % herkommt. Vielleicht kann das Ministerium das erklären. Dafür wäre ich dankbar.
Ich glaube, man kann festhalten, fast ausschließlich Frauen nutzen die Möglichkeit der Teilzeit. Frauenlebensarbeitszeiten werden tendenziell kürzer, Männerlebensarbeitszeiten werden tendenziell länger. Das ist insofern problematisch, wenn man später an die Rente denkt.
Meine Damen und Herren, was in dem geschützten Raum des öffentlichen Dienstes nur bescheidene Erfolge bringt, das funktioniert in der Wirtschaft und in der übrigen Gesellschaft so gut wir gar nicht. Vor dem Hintergrund des nunmehr zehnjährigen Jubiläums des Landesgleichstellungsgesetzes und des ebenfalls zehnjährigen Jubiläums der Neufassung des Artikels 3 des Grundgesetzes muss man sich kritisch eingestehen, dass die tatsächliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen in vielen Bereichen längst nicht verwirklicht ist. Zwar wurde rechtlich für die Frauen viel bewegt, aber es hapert eben allzu oft an der Umsetzung. Während die unions-geführte Bundesregierung unter anderem das zweite Gleichberechtigungsgesetz und den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz durchgesetzt hat, stagniert die tatsächliche Umsetzung der Gleichberechtigung seit der Regierungsübernahme von Rotgrün im Jahr 1998.
Meine Damen und Herren, angekündigte Aktionsprogramme laufen ins Leere. Die Folgen sind: Frauen verdienen im Durchschnitt immer noch 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Obwohl prozentual mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss haben, sind sie in Wissenschaft und Forschung weit unterrepräsentiert. Deshalb dürfen wir das Thema „Gleichberechtigung“ nicht als erledigt ans ehen.
Notwendig und sinnvoll ist eine Reihe von begleitenden Maßnahmen im Bereich von Coaching und Mentoring, wie es auch im Bericht geschildert wird, beispielsweise in dem Projekt der Stadtverwaltung – – –
Meine Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal sehr herzlich bitten, auch wenn die Dame den Herren ab und zu die Leviten liest, doch zuzuhören.
Notwendig und sinnvoll ist eine Reihe von begleitenden Maßnahmen im Bereich Coaching und Mentoring, wie es beispielsweise die Stadt Speyer in dem Projekt „Frauen fit für die Spitze machen“ betreibt. Aber darüber hinaus gibt es noch viel zu tun.
Wir müssen die gesellschaftliche Repräsentanz und die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Gremien weiter fördern, und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit ein gleiches Entgelt wie ihre männlichen Kollegen erhalten. Wir brauchen auch mehr Frauen im Bereich Wissenschaft und Forschung. Wir brauchen eine verbesserte Absicherung von Frauen in den sozialen Sicherungssystemen. Dabei müssen wir natürlich insbesondere die Berücksichtigung von Erziehungszeiten einbeziehen.
Es ist auch wichtig, die Wahlfreiheit von Männern und Frauen zwischen Familie und Beruf durch geeignete Maßnahmen zu fördern.
Wenn wir ganz ehrlich sind, in der Familienpolitik wurde in den letzten Jahren genauso wenig getan wie in der Frauenpolitik. Wie sonst kann man die Schlagzeilen der letzten Tage interpretieren, „Pirmasenser Zeitung“ vom 12. Januar: „Familien haben ein Imageproblem“, „Trierischer Volksfreund“ vom gleichen Tag: „Familie als Horrorvorstellung“, „DIE WELT“: „Deutsche Eltern wollen mehr Hilfe vom Staat, drei Viertel der Befragten beklagen Kinderfeindlichkeit“. Es ist in der Tat so: Gehen Sie einmal in irgendeine rheinland-pfälzische Kommune, schauen Sie sich um und suchen Sie einmal vor dem Schwimmbad oder vor einem Rathaus, vor der Kreisverwaltung einen Mutter- und Kind-Parkplatz. Daran scheitert es. Das sind oftmals die Dinge im Kleinen. Gleichberechtigung setzt auch eine ernst gemeinte Familienpolitik voraus.
Meine Damen und Herren, die Lebenswirklichkeit zeigt, dass es keine starren Lebensphasen mehr gibt. In vielen Ländern ist das Bildungssystem so angelegt, dass es den Menschen ermöglicht, zwischen den einzelnen Stufen der Aus- und Fortbildung ein- und auszusteigen. Das deutsche System ist zu starr auf die Erstausbildung ausgelegt. Wenn wir mehr Zeit für die Familiengründungsphase wollen und wenn wir es schaffen wollen, dass mehr Frauen erwerbstätig sein können, dann brauchen wir ein stärker modularisiertes Bildungssystem, das einen Wechsel zwischen Familien- und Ausbildungszeiten leichter ermöglicht, als dies bisher der Fall ist.
Meine Damen und Herren, das wäre wichtiger als alle Aktions- und PR-Programme der Regierungen. Gesetze zu verabschieden, ist das eine. Zielführender wäre es, geeignete Rahmenbedingungen für Familien und somit auch für Frauen zu schaffen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Huth-Haage, ich werde mit Sicherheit die Situation auch kritisieren müssen, wie sie sich in dem Bericht zeigt. Ich glaube aber, es gibt keine Stelle, wo wir jemandem oder einer Bundesregierung, die ich gern auch an anderer Stelle kritisiere, aber nicht hier, das Problem in die Schuhe schieben können. Gerade die Kommunen sind sehr unterschiedlich regiert. Das wissen wir alle. Deshalb ist es in der Tat eher ein Anlass, sich gemeinsam und sachorientiert mit dieser Frage auseinander zu setzen.
Nachdem wir nicht nur hier im Plenum, sondern auch im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenfragen, aber auch in den anderen Ausschüssen den LGG-Bericht der Landesregierung sehr ausführlich diskutiert haben, konnten wir sehen, dass sich das LGG als ein Instrument in allen Ressorts der Landesregierung bewährt hat und Frauenförderung jeweils ressortspezifisch dort nicht nur ihren festen Platz hat, sondern die Maßnahmen in der Tat auch schrittweise eine deutliche Wirkung zeigen.
Heute diskutieren wir die Ergänzung zu dem Bericht, den Bericht zur Umsetzung des LGG in den Kommunen. Wir haben dabei zum einen natürlich die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten, die schon in dem anderen Bericht mithilfe von Interviews erfasst wurde, zu berücksichtigen. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Gleichstellungsbeauftragten insgesamt durch die Vernetzung über die Landesarbeitsgemeinschaft eine Vernetzung hinbekommen haben, ein Netzwerk, das gut funktioniert, das auch nach unten Impulse gibt und in die regionalen Netzwerke weitergetragen wird, begleitet durch die Servicestelle an der Johannes GutenbergUniversität Mainz.
Insgesamt merkt man, denke ich, dass das große Engagement der Gleichstellungsbeauftragten schon in ihrem Rahmen Wirkung zeigt. Wenn man sich dann allerdings die harten Fakten ansieht, nämlich die tatsächlich umgesetzten Instrumente und Maßnahmen, die vorgeschlagen werden, die tatsächliche Umsetzung des Gender Mainstreaming sowie vor allem die Verteilung weiblicher Angestellter und Beamtinnen in den kommunalen Behörden über die verschiedenen Besoldungsgruppen hinweg, die Präsenz von Frauen in Führungspositionen in unseren kommunalen Behörden, dann ist man einigermaßen enttäuscht, muss ich ganz ehrlich sagen.
Am Engagement der Gleichstellungsbeauftragten selbst wird es nicht liegen. Ich denke, dass man, wenn man sich die schleppende Entwicklung ansieht, noch einmal den anderen Bericht dazu nehmen muss und das nicht aus dem Zusammenhang gelöst diskutieren kann. Dann muss man sich noch einmal die Ergebnisse aus der Befragung der Universität Mainz ansehen: Was haben
die Gleichstellungsbeauftragten über ihre Arbeit und ihre Handlungsmöglichkeiten in diesem Rahmen gesagt?
Besonders herausgehoben werden in diesem Bericht die Maßnahmen in Speyer zur Qualifizierung von Frauen für Führungspositionen, der dort angesiedelte Arbeitskreis „Gleichstellung“, der den gesamten Behördenstandort erfasst und auch öffentlichkeitswirksame Themen anstößt und der auch die Initiative des runden Tisches zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf als lokales Bündnis in der Stadt hervorgerufen hat.
Hier sieht man dann, wenn man an einer Stelle die Möglichkeiten des LGG Gewinn bringend nutzt, dass dies funktioniert und Frauenförderung mit wenigen, aber dafür sehr zielgerichteten Maßnahmen in die Breite greifen kann und durchaus für alle Beteiligten Gewinn bringend wird, auch für die Herren, die offensichtlich dort in diesen Arbeitskreisen vertreten sind.
Es handelt sich insgesamt um eine attraktive Veranstaltung, nur, man muss es machen. Sonst war in dem Bericht nicht so viel Beispielhaftes zu finden.
Er macht deutlich, dass die Kommunen im Gender Mainstreaming nicht ihre Möglichkeiten nutzen, die sie angesichts knapper Kassen hätten. Da wäre die Möglichkeit, sehr ausgewogen und nachhaltig Entscheidungen zu treffen.
Es würde gleichzeitig dazu beitragen, die Beschäftigten besser einzubinden und vielleicht systematischer und analytischer an den einen oder anderen Sachverhalt heranzugehen. Aber auf dieser Ebene scheint es noch sehr schwierig zu sein. Das muss man leider sagen.
Speyer ist wieder vorn mit dabei, ansonsten gibt es einen Verweis auf Mainz und Kaiserslautern. Die meisten von uns kommen aus ländlichen Räumen. Ich denke, gerade da ist es strukturell immer noch so, dass Frauen in einer anderen Situation leben, was die Verkehrsinfrastruktur, die Kinderbetreuung, aber auch Sachen außerhalb dieser Rahmenbedingungen betrifft, wie zum Beispiel die Mentalität.
Das wäre ein großes Handlungsfeld, auf dem gerade die kommunale Gebietskörperschaft und ihre Verwaltungen eine Aufgabe hätten.
Wir haben den Anteil der Gesamtbeschäftigten gehört. Er liegt bei 55,42 %, insgesamt also ein Arbeitsfeld, das offensichtlich für Frauen attraktiv ist.
Traurig ist dann, dass mit der steigenden Hierarchieebene dieser Anteil drastisch abnimmt und dann letztendlich beim höheren Dienst nur noch 21,66 % Frauen übrig bleiben. Die Landkreise sind erheblich fitter, die sind schon bei 37,14 %. Das muss man dann auch einmal lobend hervorheben.
In den Besoldungs- und Vergütungsgruppen sieht es ähnlich aus vom Verhältnis her. Es tut sich teilweise etwas. Es gibt aber auch regionale Unterschiede.
Die einen sind da besser, die anderen sind da schlechter, aber insgesamt ist es nicht erkennbar, dass es einen gemeinsamen Schub und eine gemeinsame Bewegung gibt.
Es sind 83 % Frauenanteil im Bereich der sozialen Sicherung. Es gibt einen Frauenanteil von 63 % in dem Aufgabengebiet Schule.