Protocol of the Session on January 19, 2005

Tausende warten heute noch verzweifelt auf ein Lebenszeichen von ihren Familienangehörigen, darunter auch Menschen in Rheinland-Pfalz.

Das Leid kennt keine Grenzen, keine Nationen und keine Hautfarbe. Unser Mitgefühl gilt allen betroffenen Menschen und den zurückgebliebenen Familienangehörigen. Viele von ihnen sind Kinder.

Meine Damen und Herren, das Beben auf dem Meeresgrund 150 km westlich von Sumatra hat eine globale Katastrophe ausgelöst, auf die wir global reagieren müssen.

Wir gedenken der Opfer am besten, wenn wir den Lebenden helfen. Wenn bislang von Globalisierung die Rede war, ging es vor allen Dingen um ökonomische Kategorien. Die Katastrophe im Indischen Ozean hat uns darüber hinaus schlagartig vor Augen geführt, dass wir in der Tat auf einer Welt leben.

Die weltweite Solidarität der Menschen mit den Opfern der Flutwelle in Südostasien ist das, was bei allem Grauen auch wirklich Hoffnung gibt.

Kardinal Lehmann hat diese gemeinsame Empfindung zu Recht als ermutigende Erfahrung bezeichnet. Er äußerte die Hoffnung, dass die weltweite Hilfsbereitschaft den Beginn einer neuen Epoche markiert.

Erste Anzeichen, ob diese Hoffnung berechtigt ist, wird es geben, wenn die täglichen Bilder des Grauens von anderen Medienereignissen abgelöst werden.

Es ist natürlich auch ein Verdienst der Medien, dass die Hilfsbereitschaft der Menschen so groß ist. Die Bilder von der Katastrophe geben den blanken Zahlen des Entsetzens menschliche Gesichter. Trauer und Mitgefühl

entstehen nicht auf der Grundlage abstrakter Informationen.

Aber was passiert, wenn die Medienpräsenz nicht mehr gegeben ist? Ich möchte noch einmal an das Erdbeben vor etwas mehr als einem Jahr in Bam im Iran erinnern. Nicht jede unter dem Eindruck der schrecklichen Bilder zugesagte Hilfe wurde dann auch wirklich geleistet.

Schauen wir in Richtung Sudan und den Flüchtlingscamps im angrenzenden Tschad. Zehntausende von Menschen sind bereits aufgrund gewalttätiger Auseinandersetzungen, an Hunger oder an Krankheiten gestorben. Die neuesten Zahlen der Vereinten Nationen sprechen von 1,5 Millionen Flüchtlingen, deren humanitäre Lage zum Teil dramatisch ist.

Der UN-Koordinator für die Fluthilfe, Jan Eggeland, hat zu Recht dazu aufgerufen, dass auch nicht die Opfer anderer Katastrophen, die nicht im Scheinwerferlicht stehen, zu vergessen sind.

Wenn wir an eine neue Epoche unseres menschlichen Daseins denken, dann sollten wir auch weiter schauen und nicht nur dieses unermessliche Grauen in Zukunft vor Augen haben und an alle denken.

Meine Damen und Herren, die private Hilfsbereitschaft der Bürger in Rheinland-Pfalz macht Mut und gibt den Menschen Hoffnung. Die Summe der privaten Spenden für Süd-Ost-Asien dürfte sich auf fast 400 Millionen Euro in Deutschland belaufen. Überall im Land finden unzählige – sie sind auch mehrfach genannt worden – Solidaritätsveranstaltungen statt, auf denen Menschen Geld für die Opfer des Seebebens sammeln.

Die Vereinten Nationen koordinieren mittlerweile die Hilfe von mehr als 60 Geberländern und über 400 Hilfsorganisationen, die sich in den von dem Tsunami betroffenen Ländern engagieren.

Die Bundesrepublik Deutschland hat neben den privaten Spenden staatliche Hilfe in Höhe von 500 Millionen Euro zugesagt. Ich denke, das ist auch angemessen. Was sich aus dieser weltweiten Hilfsbereitschaft entwickelt, hängt auch vom Handeln der Politik ab.

Die Frage nach dem Beginn einer neuen Epoche müssen und dürfen wir nicht nur aus der Zuschauerrolle beantworten. Wir können unseren Anteil leisten, damit Hoffnungen Wirklichkeit werden.

Meine Damen und Herren, Aufgabe der Politik muss es nun sein, die riesige spontane Hilfsbereitschaft und die Solidarität mit den Betroffenen in langfristige nachhaltige Hilfe umzuwandeln. Natürlich mussten und müssen auch noch weiterhin zunächst die medizinische Versorgung, die Bekämpfung einer drohenden Seuchengefahr und die Aufbereitung von Trinkwasser an erster Stelle stehen.

Aber dann müssen wir auch sehen, wie den betroffenen Ländern beim Wiederaufbau geholfen werden kann. Es geht dabei um den Aufbau der Infrastruktur, den Bau von Wohnungen, Straßen und Schulen.

Meine Damen und Herren, es ist ein guter Gedanke, Partnerschaften für den Wiederaufbau bestimmter Regionen zu übernehmen. Ich bin auch froh zu hören, dass dieses wohl gelingt und Rheinland-Pfalz eine verantwortliche Rolle spielen kann.

Die Partnerschaft von Rheinland-Pfalz mit Ruanda ist in diesem Zusammenhang oft als Beispiel genannt worden. Natürlich gibt es auch Unterschiede. Man kann die Partnerschaft von Rheinland-Pfalz mit Ruanda nicht 1 zu 1 auf Länder und Regionen in Süd-Ost-Asien übertragen. Das ist klar.

Doch hunderttausende von toten Menschen und eine zerstörte Infrastruktur kennzeichneten auch die Lage in Ruanda nach dem furchtbaren Genozid.

Wenn eine Gemeinde, eine Schule oder ein Verein seine Partnerschaft für ein konkretes Projekt in einer konkreten Region übernimmt, dann sehen die Menschen, was mit ihrer Spende geschieht und wie sie konkret Menschen hilft.

Die Hilfe geht unmittelbar in Projekte und unmittelbar zu den Menschen und kann deshalb nicht von Regierungen zweckentfremdet werden oder in irgendwelche dunklen Kanäle verschwinden.

Es muss darum gehen, unbürokratische Hilfe zügig in konkrete Projekte zu vermitteln. Wir müssen Strukturen schaffen, die über die erste Nothilfe hinauswirken. Notwendig ist ein langer Atem.

Entscheidend muss dabei natürlich der Bedarf in der betroffenen Region sein. Diesen Bedarf sollten nicht wir, sondern in erster Linie die betroffenen Menschen in der Region selbst definieren.

Die Initiative „Partnerschaft“ bietet dabei über die konkrete Hilfe hinaus die Chance, langfristig Konflikte in den betroffenen Regionen zumindest abzumildern.

Inwieweit die Tatsache, dass es unterschiedliche Menschenbilder in dieser Welt gibt, von unserer Seite mit Forderungen verbunden werden sollte, dazu wäre ich sehr vorsichtig. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als wollten wir die Hilfe mit anderen Konditionen verbinden.

Wir sollten alles unternehmen, um durch die Unterstützung von Kontakten unterhalb der Regierungsebenen diese Chancen auch zu nutzen.

Meine Damen und Herren, über die erste Nothilfe hinaus müssen Hilfsangebote dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ folgen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage, wann und wie der Tourismus in den betroffenen Ländern wieder Tritt fasst.

Die Menschen in den betroffenen Regionen wollen, dass Urlauber wieder zu ihnen kommen, damit sie sich auch

aus eigener Kraft wieder eine wirtschaftliche Existenz aufbauen können.

Auch mich haben die Bilder von Bier trinkenden Touristen auf Strandmatten vor der Kulisse zerstörter Häuser und noch nicht geborgener Leichen unmittelbar nach der Flutkatastrophe zutiefst abgestoßen. Doch das waren die ganz großen Ausnahmen und sollten uns nicht dazu verleiten, den Tourismus in dieser Region zu verteufeln.

Im Gegenteil, es gibt viele Regionen in Thailand und Indonesien, die eine funktionierende touristische Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wir würden diese Länder bestrafen, wenn Menschen die Katastrophenländer in Zukunft touristisch meiden würden.

Meine Damen und Herren, die von der Bundesregierung angeregte Partnerschaftsinitiative ist richtig angelegt. Sie kommt auch in Gang. Sie sollte schlank und kostengünstig – das ist auch die Absicht – organisiert werden, ohne neue bürokratische Strukturen aufzubauen.

Die FDP-Fraktion unterstützt nachdrücklich, dass in Rheinland-Pfalz das Innenministerium eine Koordinierungsstelle „Süd-Ost-Asien-Hilfe“ eingerichtet hat, um die vielen Hilfsangebote zu erfassen und zu bündeln.

Das Innenministerium wertet die Hilfsangebote aus Rheinland-Pfalz aus und gibt sie dann weiter an eine bundesweite Koordinierungsstelle „Wiederaufbau Asien“.

Meine Damen und Herren, ich darf auch an dieser Stelle stellvertretend Herrn Staatssekretär Bruch für die professionelle Arbeit, für die große Leistung seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag danken, ihm selbst und natürlich allen Mitarbeitern, die sich, ohne dass es so sehr in der Öffentlichkeit bemerkt wird, bis an die Grenzen der Möglichkeit engagiert haben, und dies auch sehr professionell.

Die übergeordnete Steuerung der Hilfsaktivitäten übernimmt – wie wir wissen – ein interministerieller Ausschuss, in dem nicht nur die Bundesregierung, sondern auch Vertreter der Länder und der kommunalen Spitzenverbände vertreten sind. Die Koordination läuft, soweit wir dies wissen, vorbildlich.

Meine Damen und Herren, die Hilfen aus Deutschland und auch aus Rheinland-Pfalz finden international große Anerkennung. Wir sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass wir auch in Zukunft unserer großen Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen gerecht werden. Lassen wir unsere globale Verantwortung neu denken, damit ein neues Zeitalter und eine neue Epoche möglich ist. Unsere Mitbürger auch in Rheinland-Pfalz sind dazu bereit.

Ich bedanke mich.

(Beifall der FDP und der SPD)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet. Wir kommen nun zu Punkt 2 der Tagesordnung:

Wahl der Vertrauensleute des Ausschusses zur Wahl der ehrenamtlichen Verwaltungsrichter hier: Verwaltungsgericht Mainz und Verwaltungsgericht Trier Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 14/3592 –

dazu: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 14/3771 –

(Jullien, CDU: Nur ein redaktioneller Hinweis!)

Beim Wahlvorschlag für das Verwaltungsgericht Trier möchte ich eine Änderung zu Nummer 6 bekanntgeben: Herr Rudolf Müller wohnt nicht in Wasserbillig, sondern in Welschbillig.

(Schmitt, CDU: Auf diese Art kann man das Problem nicht lösen!)

Gut, wir nehmen das ins Protokoll auf, und es wird berichtigt. – Danke!

Wir stimmen nun über diesen Wahlvorschlag ab. Wer für die im Wahlvorschlag enthaltene Liste stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Wahlvorschlag ist einstimmig angenommen.