Protocol of the Session on October 7, 2004

(Beifall der CDU)

Die Finanzierung findet natürlich so statt, wie sie auch herkömmlicherweise stattfindet, nämlich über den Landeshaushalt. Man kann jetzt sagen, dagegen ist nichts zu sagen, gut. Vielleicht ist dagegen nichts zu sagen. Nur, einen Pensionsfonds dann als ein Instrument zur Finanzierung zukünftiger Belastungen des Haushalts darzustellen, ist wohl ein bisschen neben der Spur.

Deswegen bin ich sehr im Zweifel, ob bei näherem Hinsehen der Pensionsfonds dann in dieser Konstruktion das bundesweite Vorbild ist. Ich kann mir Pensionsfonds vorstellen, die diesem Namen und diesem Anspruch genügen und bei denen wirklich Geld in einem Fonds gesammelt und ein Kapitalstock aufgebaut wird, um dieser Zukunftsbelastung Rechnung zu tragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ergebnis ist, dass im Land Rheinland-Pfalz der Schuldenberg von Jahr zu Jahr wächst. Er wächst aus einem einzigen Grund, nein, ich sage es ein bisschen fairer, er wächst vor allem aus einem einzigen Grund. Er wächst, weil uns seit Jahren die Ausgaben aus dem Ruder laufen.

Wir haben bei der Zunahme der Pro-Kopf-Verschuldung im Zeitbogen der Jahre 1995 bis 2003 inzwischen den ersten Platz unter allen westdeutschen Ländern. Das ist genau die Zeit, in der der Ministerpräsident Verantwortung für dieses Land trägt.

Das ist eine Zahl, die schlechterdings nicht zu bestreiten ist. Wir haben im Jahr 2003 im Ländervergleich Schulden pro Kopf in einer Größenordnung, die uns auf Platz fünf aller Flächenländer katapultiert hat, und zwar nach Schleswig-Holstein, Saarland, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Diese liegen noch vor uns. Wir liegen vor Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen weit über dem Durchschnitt der deutschen Bundesländer, weit über dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Rheinland-Pfalz liegt bei der Pro-Kopf-Verschuldung mit 637 Euro pro Einwohner über dem Bundesdurchschnitt und mit 791 Euro pro Einwohner über dem Durchschnitt der alten Flächenländer.

Die Folge ist eine ganz naheliegende, nämlich eine stetig und ständig steigende Zinsbelastung, die wir zu tragen haben,

(Creutzmann, FDP: Auch falsch!)

eine Zinsbelastung, die uns allmählich den Rest an Handlungsspielraum, den wir ohne diese Belastung hätten, nimmt. 1991 zahlte das Land für seine Schulden 787 Millionen Euro. Im Jahr 2004 wird das Land inklusive seiner Schulden aus den Nebentöpfen 1,126 Milliarden Euro Zinsen zahlen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Steigerung um 31 %. Wir reden über die Bedingungen, diese Schuldenlast bzw. diese Zinslast in einer Zeit des Niedrigzinses zu verkraften. Ich spare mir jetzt, die Zahlen vorzutragen, die man unschwer ausrechnen kann, wenn das Zinsniveau auch nur geringfügig steigt. Dass es sinken wird, erwartet nun wirklich niemand. Es wird irgendwann steigen. Was das dann schlagartig an Zunahme einer jährlich zu verkraftenden Belastung bedeutet, ist unschwer auszurechnen.

Im Jahr 2006, also am Ende dieses Doppelhaushalts, werden es – unter der Annahme, dass wir immer noch den gleichen niedrigen Zinssatz wie heute haben, was eine eher riskante Annahme ist – bei gleich niedrigen Zinssätzen rund 1,28 Milliarden Euro sein. Im Blick auf das Basisjahr 1991 bedeutet das dann eine Steigerung von 62 %. (Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Das bedeutet, die jährliche Zinsbelastung im Zeitbogen der Jahre 1991 bis zum Jahre 2006 wird um 62 % zugenommen haben, dies trotz der Niedrigzinsphase. Entsprechend ist die Zinssteuerquote von 12,91 % auf 15,73 % gestiegen. Wer mir das nicht glaubt, kann in den Rechnungshofberichten der letzten Jahre nachlesen und findet das dort alles genauso bestätigt, wie ich es hier vortrage, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der CDU)

Es hilft nicht, die Augen davor zu verschließen, weil diese Entwicklung nicht von alleine zu Ende geht. Jetzt komme ich noch einmal auf meinen Ausgangspunkt zurück. Diese Entwicklung erfordert vielmehr politische Weichenstellungen. Sie erfordert politische Entscheidungen. Sie erfordert politische Veränderungen.

Ich sage noch einmal, es sind die Ausgaben, nicht die Einnahmen, die unser Problem sind, was gern, sattsam und immer wieder bei jeder Gelegenheit von denen bestritten wird, die Verantwortung für diese Haushaltspolitik tragen. Die Steuereinnahmen in Rheinland-Pfalz sind mies, das ist wahr. Das hat übrigens etwas mit dieser Wirtschaftskraft unseres Landes zu tun. Wissen Sie, man kann nicht ständig sagen, die Kritik der Opposition an der Wirtschaftskraft dieses Landes ist Miesmacherei, um dann anschließend zu sagen, aber bei den Steuereinnahmen liegen wir schlecht. Das eine hat mit dem anderen sehr viel zu tun.

Natürlich ist eine Folge einer schwachen Wirtschaftskraft in unserem Land eine relativ miese Lage bei den Steuereinnahmen. Nur sind die Steuereinnahmen nicht das, was Sie als Gesamteinnahmen dieses Landes zu verbuchen haben. Die Steuereinnahmen sind nur ein Teil der Gesamteinnahmen. Wenn ich mir die Gesamteinnahmen anschaue, also Steuereinnahmen auf der einen Seite, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen auf der anderen Seite hinzuaddiert – das gehört dann zusammen, damit man die Zahlen für die Gesam teinnahmen dieses Landes korrekt wiedergibt –, liegen wir ganz oben an der Spitze aller deutschen Bundesländer, auch wieder im Zeitbogen der Jahre 1991 bis 2003.

Die Steuereinnahmen des Landes vor der Zuweisung der Mittel aus dem Länderfinanzausgleich und der Bundesergänzungszuweisungen stiegen um 1,37 Milliarden Euro, was eine Steigerung um 24,68 % bedeutet. Die Steuereinnahmen nach dem Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen stiegen um einen Betrag von 1,84 Milliarden Euro. Das sind 30,19 %. Das bedeutet eine Differenz von fast 500 Millionen Euro, was ein gewaltiger Betrag ist.

Die Steuereinnahmen des Landes im Jahr 2004 mit 1,974 Milliarden Euro pro Einwohner nach Länderfinanzausgleich und nach Bundesergänzungszuweisungen, also die Gesamteinnahmen im Jahr 2004, haben unser Land Rheinland-Pfalz auf Rang zwei aller westlichen Flächenländer katapultiert. Die Legende also, wir wären haushaltspolitisch notleidend, weil uns die Einnahmen wegbrechen, entbehrt der Grundlage. Wir liegen auf Platz zwei bei den Einnahmen aller westdeutschen Bundesländer. Deswegen ist es so erstaunlich, dass wir trotz dieser verhältnismäßig guten Einnahmen

struktur inzwischen diese Rekordverschuldung mit uns herumschleppen.

Man muss das beides zusammen sehen, also die verhältnismäßig gute Struktur bei den Einnahmen des Landes und die gleichwohl bewerkstelligte Rekordverschuldung pro Kopf.

Die Folge dieser Kombination von Rekordverschuldung und wirtschaftlicher Schwäche ist die Tatsache, die uns jetzt so viel Beschwer macht. Jetzt zitiere ich wieder den Finanzminister von gestern. Das ist nicht meine Erfindung und meine Aussage. Das haben wir alle gestern hier gehört. Die Folge dieser Kombination von Rekordverschuldung auf der einen Seite und wirtschaftlicher Schwäche auf der anderen Seite ist die Tatsache, dass wir für Investitionen keinen Spielraum mehr in Rheinland-Pfalz haben. Das geschieht in einer Zeit, in der Investitionen dringend notwendig wären.

(Ministerpräsident Beck: Die höchste Investitionsquote aller Zeiten!)

Herr Ministerpräsident, die Investitionsausgaben gehen zurück. (Ministerpräsident Beck: Wie kann man so etwas sagen!)

Sie müssen sich einmal die Zahlen ansehen.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt auch nicht!)

Wir hatten im Land Rheinland-Pfalz im Jahr 1991 eine Investitionsausgabe von 1,52 Milliarden Euro.

(Ministerpräsident Beck: Die Quote steigt!)

Wir haben im Soll des Haushaltes 2004 eine Investitionsausgabe in der Größenordnung von 1,057 Milliarden Euro. Das sind 500 Millionen Euro weniger, nicht mehr, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Ich bin es einfach ein bisschen leid, dass behauptet wird, wir steigern unsere Ausgaben bei den Investitionen, wenn man mit Leuten diskutiert, die die Zahlen nicht zur Hand haben. Wir gehen bei den Investitionsausgaben zurück. Das ist die Wahrheit.

(Beifall der CDU)

Wir gehen bei den Investitionsausgaben in einer Zeit zurück, in der der Investitionsbedarf steigt.

Die Schere zwischen Investitionsbedarf und Investitionskraft öffnet sich in Rheinland-Pfalz immer mehr. Am Landesbetrieb Straße und Verkehr haben wir nach eigenen Aussagen einen Investitionsrückstau von 560 Millionen Euro. Das sind nicht meine Zahlen. Wir bauen in Rheinland-Pfalz neue Straßen nur noch zulasten des Bestandes. 560 Millionen Euro!

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben bei den Hochschulen eine Lage, die sich gegensätzlich zu den offiziellen Stellungnahmen der Präsidenten darstellt. Wenn man auf Sie hört, ist in der Regel alles zum Besten bestellt. Wenn man aber mit den Betroffenen redet, die den Kopf dafür hinhalten müssen, dass ein Pflichtpraktikum nicht stattfinden kann und die den Studierenden erklären, wie sie in einer vorgeschriebenen Regelstudienzeit ihre Ausbildung absolvieren sollen, obwohl ein Pflichtpraktikum nicht stattfinden kann, dann ist die Lage anders. Das ist die Lage an unseren rheinland-pfälzischen Hochschulen im Gegensatz zu den offiziell beschönigenden Stellungnahmen.

(Beifall der CDU)

Unsere Hochschulen bluten finanziell aus. Wir haben eine Relation von Studierenden zu Professoren im Verhältnis 80 zu 1. Das kann man in Deutschland lange suchen, um eine solche Betreuungsrelation zu finden.

Im Jahr 2004 sinkt die Kaufkraft der Sachmitteletats der Universitäten zwischen 16 % und 30 % unter den Stand des Jahres 1997. Das sind die nüchternen Zahlen. Im Land Rheinland-Pfalz gibt es Grundmittel je Einwohner für Forschung und Lehre an den Hochschulen, Stand 2003, in einer Größenordnung von 129 Euro. Damit liegen wir 36 % unter dem Bundesdurchschnitt. Das sind uns unsere Universitäten wert.

Wir müssen die Überschrift von gestern lesen: Wissenschaft, Bildung, Forschung, Technologie, das ist unsere Zukunft. – Das ist unsere Zukunft. Aber man muss ein bisschen Geld in die Hand nehmen, um die Zukunft sicherzustellen. Das passiert nicht.

(Beifall der CDU)

Der Anteil der Mittel für Hochschulen und Wissenschaftsförderung an den Ausgaben des Landeshaushalts liegt bei 5,95 %. Im Bundesdurchschnitt sind es ziemlich genau 3 % mehr.

An den Universitäten werden die Fahrstühle abgestellt, um Stromkosten zu sparen. In den Semesterferien gibt es eine Kündigungswelle bei den Reinigungskräften, weil man Geld sparen muss, da man anders nicht mehr über die Runden kommt. Das ist unsere Lage.

Meine Damen und Herren, jetzt lesen wir alle mit glänzenden Augen, 125 Millionen Euro mehr für die rheinland-pfälzischen Hochschulen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, als ich zum ersten Mal die Entscheidung in der Zeitung gelesen habe, habe ich ziemlichen Respekt vor dem Koalitionspartner empfunden, der das durchgesetzt hat, was nicht ganz ohne Knirschen möglich war, wie ich mir vorstellen kann. Das gilt insgesamt auch für die Landesregierung, die gesagt hat, wir sehen das ein. Das ist nicht nur irgendso ein Gag, diese 125 Millionen Euro mehr für die Hochschulen, sondern es ist die Einsicht entstanden, dass dies dringend notwendig ist. Man muss sich anschauen, was von den 125 Millionen Euro auf dem Papier die Hochschulen tatsächlich erreicht. Wissen Sie, wie viel das im nächsten Jahr sein werden? Es gibt das 125-Millionen-EuroFörderprogramm. Das ist eine stolze Zahl. Im Jahr 2005 werden von diesen 125 Millionen Euro gerade einmal

10 Millionen Euro unsere Hochschulen erreichen, schlappe 10 Millionen Euro.

(Creutzmann, FDP: Ist das nichts?)

Weitere 20 Millionen gehen in eine Rücklage. Wir werden sicher noch Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, was mit dieser Rücklage im Einzelnen angesichts der finanziellen Lage der Hochschulen bewerkstelligt werden soll. Das sage ich, weil Herr Kollege Kuhn gefragt hat, ob das nichts ist.

(Kuhn, FDP: Das habe ich nicht getan!)

Ja, Herr Kollege Creutzmann war es. 10 Millionen ist nicht Nichts. Wenn ich sagen würde, 10 Millionen ist nichts, würde ich mich selbst Lügen strafen und könnte meinen ganzen Zahlensalat wieder mit nach Hause nehmen. Das wäre alles nichts wert. 10 Millionen ist schon etwas. 10 Millionen sind 10 Millionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der desaströsen Unterfinanzierung der rheinlandpfälzischen Hochschulen sind 10 Millionen zu schlapp, um überhaupt einen Inflationsausgleich für die Mängel der letzten Jahre zu bewerkstelligen. Das ist doch uns ere Lage.

(Beifall der CDU)

Mich überrascht eines immer wieder. Darin sind Sie Weltmeister. Bei dem Titel 125-Millionen-EuroProgramm steht man innerlich stramm, wenn man das hört. Wenn 125 Millionen Euro in dieser finanzpolitisch schwierigen Zeit bereitgestellt werden sollen, hat man die Vorstellung, das Kabinett saß an heißen Sommertagen da und der Schweiß rann nur so herunter, um diese Anstrengung zu schultern. In Wahrheit reden wir über 10 Millionen Euro. Herr Kollege Kuhn, das ist der Punkt.

(Kuhn, FDP: Stimmt das?)