nicht nur aufgrund dieser Großen Anfrage und ihrer Antwort, sondern aufgrund der Sensibilität, die seit Jahren an den Tag gelegt wird, die Familienpolitik in Rheinland-Pfalz in guten Händen ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt einige in diesem Haus, die aus sehr egoistischen Gründen dem Vorschlag von Hermann Otto Solms näher treten könnten. Wenn wir aber ein bisschen abstrahieren, dann wissen wir, dass das in einem dem okratischen Staat nicht nur problematisch, sondern auch unsinnig ist. Deshalb will ich mich damit nicht weiter auseinander setzen.
Zu Beginn möchte ich auf eine andere Bundespolitikerin zu sprechen kommen, nämlich auf Renate Schmidt. Unsere Familienministerin Renate Schmidt hat aus Anlass des 339. Geburtstags – man kann allerhand feiern – der Handelskammer der Hansestadt Hamburg am 19. Januar 2004 einen Teil der familienpolitischen Situation im 17. Jahrhundert mit einem Teil der familienpolitischen Situation heute in Deutschland kontrastiert. Mit Genehmigung der Frau Präsidentin werde ich Ihnen nun sagen, was sie zu Beginn ihrer Rede gesagt hat. Sie sagte: „Seinerzeit war die Frage: Kinder oder nicht? keine Frage. Die Menschen hatten Kinder, viele Kinder, von denen häufig nur wenige überlebten. Der ökonom ische Charme der Familie war allen, ob arm, ob reich, bewusst; denn ohne Kinder war das Alter nicht ges ichert, konnte das Erarbeitete nicht erhalten werden. Dies gilt auch heute, aber heute sind die Risiken von Kinderlosigkeit genauso sozialisiert wie die Kosten von Kindererziehung weitgehend individualisiert sind. Eine moderne Form der Piraterie.“
Ich meine, damit hat sie den Kern der familienpolitischen Situation in Deutschland und in besonderem Maße in Rheinland-Pfalz berührt. Familienpolitik ist kein weiches Politikfeld, obwohl man das meinen könnte, wenn man solch folkloristischen Beiträge wie von Herrn Kollegen Dr. Schmitz hört. Wenn Familienpolitik richtig verstanden wird, dann ist sie schlicht und ergreifend damit verbunden, dass man Geld in die Hand nehmen und entscheiden muss, wofür man es ausgibt und dies benennen muss, anstatt sich mit solchen Merkwürdigkeiten auseinander zu setzen.
Familienpolitik ist keine Veranstaltung, die nur in wirtschaftlich guten Zeiten stattzufinden hat – sozusagen politischer Luxus – und die in wirtschaftlich schlechten Zeiten pausieren muss. Genau das Umgekehrte ist der Fall. Insbesondere dann, wenn es wirtschaftlich schwie
rig ist, müssen wir familienpolitisch mehr entscheiden, als wenn es wirtschaftlich etwas leichter geht.
Die Sozialdemokraten haben in der Einleitung zu ihrer Großen Anfrage den Satz geschrieben: „Familie wird heute in unterschiedlichen Ausprägungen gelebt. Daher muss sich Familienpolitik an der Vielfalt der Lebensformen und Lebenswirklichkeit orientieren und Möglichkeiten schaffen, die unterschiedliche Lebensgestaltung der Menschen nach eigenen Vorstellungen zu ermöglichen.“ Ich unterschreibe diesen Satz ausdrücklich und füge hinzu: Das heißt, Familienpolitik muss sich an der gesellschaftlichen Realität und an den Wünschen der Menschen zunächst einmal orientieren. Lange Zeit waren wir in der Situation, dass viele das nicht eingesehen und gedacht haben, mit Politik könne man die gesellschaftliche Realität ändern. Die CDU war die letzte Partei, die gemerkt hat, dass sie mit einem kräftigen gesellschaftlichen Gegenwind rechnen muss, wenn sie das macht. Nun fängt sie langsam an, sich ein bisschen in den Wind zu drehen. Es ist angenehm, das festzustellen. Manche brauchen halt etwas länger; bei manchen geht es schneller.
Man muss sich aber auch bei den Phänomenen trauen zu steuern, wenn man sie nicht richtig findet. Zu diesen Phänomenen gibt es in der Beantwortung der Großen Anfrage einige Hinweise. Ich kann zwar nicht auf alle eingehen, aber immerhin auf einige.
Wir haben zum Beispiel bei der Frage, wer Erziehungsgeld in Anspruch nimmt, und bei der Frage, wer die Elternzeit in Anspruch nimmt bzw. einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht, ein krasses Missverhältnis zwischen Männern und Frauen: Rund 98 % sind Frauen, etwa 2 % sind Männer. In der Beantwortung der Großen Anfrage heißt es sinngemäß, das habe im Wesentlichen wirtschaftliche Gründe. Das hat auch wirtschaftliche Gründe, aber ursächlich teile ich diese Auffassung nicht. Ursächlich dürfte eher der Fall sein, dass wir in der Struktur der Familienförderung in Rheinland-Pfalz einige Schieflagen haben, meine Damen und Herren.
Ich will auf das zurückkommen, was Herr Kollege Dr. Schmitz in seinem ernst zu nehmenden Teil seiner Ausführungen aufgegriffen hat. Bund, Länder und Kommunen geben im Jahr rund 168 Milliarden Euro für Leistungen für Kinder, für Betreuung, für Bildung, für Schule usw. aus. Der größte Teil dieser Leistungen besteht bei uns aus Transferleistungen, Erziehungsgeld usw. Vergleichen wir das mit anderen europäischen Ländern, zum Beispiel mit Schweden, dann sehen wir, dass das Verhältnis genau umgekehrt ist. Dort werden rund 28 % in direkte Transferleistungen gesteckt und rund 72 % in Schule und Betreuung.
Welchen Effekt hat das? Das hat zum einen einen demographischen Effekt. Die Geburtenrate in Schweden ist wesentlich höher. Natürlich sind auch die Kinderbetreuungsanteile wesentlich höher. Außerdem liegt der Erwerbsanteil bei Frauen wesentlich höher. Das sind eindeutige Effekte. In der heutigen Ausgabe des „Handelsblatts“ wird das im Übrigen auch nachgewiesen. Das führt zu Kinderbetreuungsraten bei den unter Dreijähri
gen in Dänemark von 64 %, in den USA von 54 % usw. Rheinland-Pfalz liegt mit einem Wert von 2,7 % in der Nähe des Wertes von Griechenland – abgesehen davon, dass wir nicht Europameister geworden sind.
Es gibt also einen direkten Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit von Frauen einerseits – unabhängig von der wirtschaftlichen Situation – und dem Kinderbetreuungsanteil und dem Betreuungsangebot andererseits. So erklärt sich meine Eingangsbemerkung, dass Familienpolitik kein weiches Politikfeld ist, sondern ein knallhartes Politikfeld, weil es um Geld und darum geht, wie das Geld, das zum Teil in unzureichender Höhe zur Verfügung steht, am besten aufgeteilt wird.
Hinzu kommt, dass wir aus Untersuchungen wissen – dazu brauchen wir eigentlich gar keine Untersuchungen mehr –, dass immer mehr Frauen Beruf und Familie gern miteinander verbinden wollen. Wir wissen aber auch – das ist jedoch neu –, dass immer mehr Männer das auch tun wollen und sich an der Familienarbeit bzw. Erziehungsarbeit – ich halte das für grässliche Worte – beteiligen wollen. Das entspricht auch der gesellschaftlichen Realität. Wenn wir eine vernünftige Familienpolitik betreiben wollen, die dieser Realität und den Wünschen der Menschen nachkommt, dann müssen wir politische Entscheidungen treffen.
Die Probleme liegen nicht in der Demographie und in den ganzen Folgewirkungen oder daran, dass die Deutschen besonders unwillig wären, Kinder in die Welt zu setzen. Es gibt Untersuchungen, in denen 29-Jährige bis 34-Jährige gefragt worden sind, wie viele Kinder sie gern hätten. Es kommt heraus, dass sie im Durchschnitt gern 2,4 Kinder hätten. In der Realität haben sie 1,34 Kinder.
Einen großen Beitrag kann man damit leisten, indem man die Betreuungslücken, die das demographische Problem deutlich machen und symbolisieren, schließt. Das bedeutet, dass wir die Probleme schleunigst bewältigen müssen, die wir bei den unter und über dreijährigen Kindern und bei den Schulkindern haben.
Ich weiß aus Ihren Reaktionen, was dann immer wieder kommt. Ich will Ihnen ein letztes Zitat vortragen, das nun aus der Einführung der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage stammt: „Zu verwirklichen sind Rahmenbedingungen, die es Menschen mit verschiedenen Vorstellungen und unter unterschiedlichsten Bedingungen ermöglichen, Familie zu leben und Familienverantwortung wahrzunehmen.“
„Die Sicherung einer beruflichen Perspektive sowie Möglichkeiten, Zeit und Kraft für Kinder mit Erwerbstätigkeit verbinden zu können, sind ein Grundanliegen.“
Frau Ministerin Dreyer, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, es ist mir völlig klar, das man diese Ansprüche nicht von heute auf morgen wird verwirklichen können. Das wissen wir auch. Gemessen an diesem Anspruch, gemessen daran, dass diese Landesregierung seit 13 Jahren Verantwortung trägt, sind gerade die 2,7 % im Kleinkindbetreuungsbereich erbärmlich.
Wir begrüßen zunächst Besucherinnen und Besucher bei uns im Landtag, und zwar eine Gruppe Senioren aus Beindersheim sowie Feuerwehrfrauen aus dem Donnersbergkreis. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen! Familienpolitik, die Förderung von Familie, die Sorge um kinder- und familienfreundliche Lebensbedingungen ist ein Schwerpunkt der Politik dieser Landesregierung, und zwar nicht erst seit heute, sondern seit vielen, vielen Jahren. Die Tatsache, dass das zu einem Schwerpunkt geworden ist, beruht auf der Überzeugung, dass Solidarität in den Familien und von Familien nur dann erwartet werden kann, wenn ihnen auch von Staat und Gesellschaft Solidarität entgegengebracht wird.
Familienpolitik – das ist heute schon gesagt worden – ist derzeit in aller Munde, vor allem wegen dem demographischen Faktor. Als Landesregierung ist es aber wichtig, noch einmal zu betonen, dass längst bevor die Debatte zur Demographie begann, Familienpolitik von herausragender Bedeutung war und schon damals zum Schwerpunkt gemacht worden ist.
Seit Jahren sorgt die Landesregierung für familien- und kinderfreundliche Lebensbedingungen, weil wir wollen, dass Familien und Kinder gern in Rheinland-Pfalz leben; weil wir wollen, dass sie gute Bedingungen haben, dass Familien unter guten Bedingungen in Rheinland-Pfalz
Frau Thelen, wir haben schon lange einen ganz klaren Familienbegriff, wozu die CDU doch eine ganze Weile gebraucht hat.
Deshalb haben wir auch sehr klare Vorstellungen davon, was an familienpolitischen Maßnahmen erforderlich ist. Gerade weil wir das wissen, wissen wir auch, wie wir unsere Maßnahmen platzieren müssen.
Natürlich wissen wir auch, dass beispielsweise Akademikerinnen in einem hohen Maß keine Kinder mehr bekommen. Gerade deshalb setzen wir auf die Verbesserung der Infrastruktur, auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weil alle Statistiken eben auch bestätigen, dass gerade diese Zielgruppe diesen Spagat in der Vergangenheit nicht bewältigen konnte, weshalb wir eben bestimmte Bedingungen schaffen müssen.
An dieser Stelle kann ich auch feststellen, dass sich die Akzente innerhalb des Leistungskatalogs dem Wandel der Familie angepasst haben und die Landesregierung gerade und vor allem Verbesserungen im Bereich der Tagesbetreuung für Kinder in Kindertagesstätten vorgenommen hat. Dort gibt es einen deutlichen Zuwachs an Ganztagsplätzen sowie verlängerte Öffnungszeiten. Dies gilt natürlich auch für den Bereich der Schulen vor allem durch den Ausbau der Ganztagsschulen.
Man kann immer wieder betonen, dass Rheinland-Pfalz gerade in diesen Punkten eine absolute Vorreiterrolle einnimmt. Wenn ich da einen Vergleich zu manchen CDU-Ländern ziehe – das ist einfach eine Tatsache –, in denen viel über Familie gesprochen wird, liegen wir ganz weit vorn und können uns mit unseren Resultaten zeigen.
Es ist für uns vollkommen klar, dass es in diesem Bereich noch Herausforderungen gibt, die zu bewältigen sind. Gehen Sie aber ganz beruhigt davon aus, dass die Landesregierung diese Ziele mit hohem Engagement und mit großer Konsequenz auch in der Zukunft verfolgen wird.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung natürlich auch unter finanzpolitisch schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen klare Akzente gesetzt hat und sie darüber hinaus die Vielfalt der familienrelevanten Leistungen im Wesentlichen erhalten hat.