Protocol of the Session on July 1, 2004

Zum Test selbst will ich auch das eine oder andere ansprechen, beispielsweise das Kapitel 3.6 „Noten und Kompetenzstufen“. Hier ist die Frage, wie Zeugnisnoten und Kompetenzstufen zusammenhängen. Ein interessantes Ergebnis. Schauen wir uns einmal die Einserschüler an, ob dies stimmt.

In der Arithmetik sind nur 2 % in der Stufe 1 und 30 % in der Stufe 2, bei vier Stufen, in der Geometrie 6 % in der untersten Stufe, nur 30 % in der Stufe 1.

Im Sachrechnen 2 % in der untersten Stufe, 27 % in der Stufe 1. (Abg. Frau Morsblech, FDP: Stufe 3 ist die Beste, nicht die Stufe 1!)

3 ist die Beste, es gibt aber die unterste Stufe. Dann gibt es die Stufen 1, 2 und 3. Es sind also vier. Wenn ich noch zählen kann, sind es vier.

(Abg. Frau Morsblech, FDP: Sie verwechseln gerade 1 und 3!)

Eine mangelnde Übereinstimmung von Noten und Kompetenz. Daraus schließe ich, es ist eine wichtige Aufgabe für die Landesregierung, ihre Hausaufgaben zu machen, – –

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss der ersten Runde.

nämlich die Fort- und Weiterbildung zu intensivieren, damit eine realistische Einschätzung der Leistungen der Schüler möglich ist und die Diagnosefähigkeit gefördert wird.

(Beifall der CDU)

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich noch Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Neuwied. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst darf ich nach der Rede des Kollegen Lelle feststellen, dass VERA einen sehr positiven Eindruck auf Sie gemacht haben muss; denn die Kritikpunkte, die ich mitzuschreiben versucht habe, waren – ich sage einmal – erfreulich gering. Ich freue mich darüber. Es waren Kleinigkeiten, die sicherlich sozialwissenschaftlich diskutierbar sind.

(Lelle, CDU: Wir bemühen uns immer um eine objektive Darstellung!)

Ob diejenigen, die mitgemacht haben, deswegen schlecht sind, weil sie mitgemacht haben, kann man gar nicht behaupten, solange man die anderen nicht gemessen hat.

Zu der Frage der Schulung oder Nichtschulung von Lehrkräften ist mir berichtet worden, dass auf der entsprechenden wissenschaftlichen Veranstaltung sehr ausführlich darüber gesprochen worden ist, wie Verfahren vereinfacht und standardisiert werden können und wie weitere Hilfen gegeben werden können. Ich denke, dies ist ein notwendiger und in der Sozialwissenschaft geradezu üblicher Lernprozess, dass am Ende einer Langzeituntersuchung das Verfahren verbessert werden kann oder verbessert wird.

Lassen Sie mich zunächst zu Beginn meiner Rede dem Ministerium, aber vor allen Dingen auch denjenigen, die die wissenschaftliche Arbeit geleistet haben, für die Entwicklung und Durchführung von VERA herzlich danken. Ich glaube, es ist für uns eine sehr große Hilfe, im Schulentwicklungsprozess Untersuchungen und Daten

zu erhalten, sowohl was die Tiefe der Untersuchung angeht – im nächsten Jahr haben wir nicht nur Vergleichsarbeiten in Mathematik, sondern auch in Deutsch – als auch was die Fläche angeht. Wir sind zwischenzeitlich bei sieben teilnehmenden Ländern angelangt. Ich gehe wie auch meine Kollegin davon aus, dass dies sehr schnell mehr Länder sein werden. Es handelt sich um eine Langzeitstudie, sodass es ab sofort jedes Jahr diese Untersuchungen geben wird. Ab dem nächsten Jahr werden wir auch in der Qualitätsuntersuchung permanente Vergleiche anstellen können.

Ich denke, es ist eine große Arbeit gewesen, die dort entwickelt worden ist und von der viele, die nicht daran teilgenommen haben, profitieren werden. Dies ist gut so, da es unseren Schulen sowie den Schülerinnen und Schülern auch in anderen Bundesländern nutzt. Dafür können wir froh und dankbar sein.

Zu der Bedeutung von Evaluation im Schulprozess brauche ich nichts zu sagen. Meine Kollegin Morsblech hat sehr deutlich dargestellt, wie wichtig das ist.

Betonen möchte ich einen Leitsatz am Ende von VERA: Evaluation heißt nicht und nicht automatisch Verbesserung von Unterricht. Ich bin sehr froh, dass in der Untersuchung sehr viele sehr konkrete und umsetzbare Hinweise darüber gegeben worden sind, wie man aus den Ergebnissen einer solchen Studie Wesentliches und Wichtiges für Schulentwicklungsprozesse ableiten kann, auch wenn es die erste Studie war und noch kein Langzeitschnitt vorhanden war. Das Allerwichtigste, das wir uns alle klar machen müssen und das sich die Gesellschaft in der Diskussion über Schulentwicklung klar machen muss, ist, dass ein Evaluationsprozess immer bedeutet, dass er so dargestellt werden muss, dass diejenigen, die es angeht, ihn auch verstehen können. Das Ganze wird wissenschaftlich als Rezeption bezeichnet. Es ist wichtig, dass sie in der Lage sind, sich und ihr Arbeiten vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse zu reflektieren und daraus gemeinsam, nicht für sich allein, neue Arbeitsformen entwickeln und Schulentwicklung vorantreiben zu können.

Das, was dabei herauskommt, muss wieder neu evaluiert werden. Ab sofort befinden wir uns also in einem permanenten Kreislauf, der für mich eine ganz wichtige Botschaft hat. Diese Botschaft müssen wir uns, aber auch den Lehrkräften und den Schulen in unserem Land zusichern.

Wenn man sich in diese Veränderungsformen begibt, muss man auch riskieren, dass Fehler gemacht werden und Veränderung Fehler hervorbringt, die beim nächsten Evaluationsprozess festgestellt werden und dann korrigiert werden können. Diese Sicherheit brauchen unsere Schulen und unsere Lehrkräfte. Diese Sicherheit müssen die Öffentlichkeit, die Gesellschaft, aber vor allen Dingen auch die Eltern den Schulen geben, da ansonsten das, was VERA anmahnt, nämlich den Mut der einzelnen Lehrkräfte und des Schulteams, sich mit dem eigenen Arbeiten und den Ergebnissen bei den Kindern, die man unterrichtet hat, auseinander zu setzen und daraus Schlussfolgerungen für sich selbst zu ziehen, nur dann positiv wirken wird, wenn die Lehrkräfte den Mut haben, wirklich Veränderungen vorzunehmen mit dem

Risiko, sich auch einmal zu irren. Darüber sollten wir uns im Klaren sein und nicht bei der nächsten Diskussion sagen, wie man so etwas aber auch machen könne, könne man überhaupt nicht mehr verstehen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

VERA ist der Auftrag zu Selbstverantwortung und zu Mut, aber auch die Antwort für die Gesellschaft, Verständnis zu entwickeln und Qualitätsprozesse, die in den Schulen stattfinden, entsprechend mit einer gemeinsamen Diskussion über das zu begleiten, was für die Kinder am besten sein kann. Dies gilt auch für die geforderte Erweiterung von Kompetenzen bei Lehrkräften,

(Glocke der Präsidentin)

die dort für den Prozess der Diagnostik angemahnt wird. In der zweiten Runde kann ich dazu noch das eine oder andere sagen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Berufsschulklasse für Industriekaufleute und der Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung der Berufsbildenden Schule Frankenthal. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiechmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als wesentliches Ergebnis der Vergleichsarbeiten VERA im Fach Mathematik an den rheinland-pfälzischen Grundschulen verkündet die Landesregierung: „Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 4 sind mathematisch gut ausgebildet.“

Sie werden sich nicht wundern, dass ich Ihnen ein bisschen Wasser in den Wein gießen muss.

(Itzek, SPD: Das sind Ihre Erfahrungen aus der Schulzeit, was? – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wer hätte denn ein anderes Ergebnis überhaupt erwarten können? – Dieses Ergebnis ist schließlich am eigenen Erwartungshorizont orientiert durchgeführt worden. Diese Studie hat einen Erwartungshorizont, den die Landesregierung selbst aufgestellt hat. Diesen zu erfüllen, ist wohl kein Wunder, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem vorsichtigen Umgang mit den Ergebnissen und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen mahnen

nämlich auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst, die die Studie erarbeitet und ausgewertet haben. So gibt es zurzeit überhaupt keine notwendigen Vergleiche mit einer Zentralstichprobe aus anderen Ländern oder keine Vergleiche zwischen Bundesländern oder mit national gültigen Bildungsstandards.

(Frau Morsblech, FDP: Wenn Sie das gemacht hätten, wäre alles da auf einen Schlag!)

Frau Kollegin Morsblech, wir sollten ein bisschen relativieren und nicht überall ein Triumphgeheul ausstoßen. Das ist das, was ich Ihnen sagen möchte.

(Frau Morsblech, FDP: Das habe ich überhaupt nicht getan!)

Meine Damen und Herren, erst wenn über die rheinlandpfälzische Landesgrenze hinaus Vergleiche möglich sind und die Ergebnisse an bundesweiten Bildungsstandards gemessen werden können, lassen sich zuverlässige Aussagen über die mathematischen Kenntnisse unserer Schülerinnen und Schüler treffen. Nichtsdestotrotz – das muss ich auch sagen – sind die Ergebnisse natürlich höchst interessant. Mit VERA wird ein erster Schritt unternommen, um die Leistungsfähigkeit der Grundschulen und des Bildungssystems insgesamt zu überprüfen, nämlich dann, wenn die Schulen die Ergebnisse der Überprüfung tatsächlich auch zur Überprüfung und zur Reflexion ihrer eigenen Arbeit nutzen, wenn sie Defizite und Stärken der schulischen Arbeit herausarbeiten und diese Ergebnisse eben nicht als einen weiteren Selektionsaspekt ansehen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen einen Paradigmenwechsel von Leistungskontrollen hin zu motivierenden Leistungsrückmeldungen, wie Herr Schleicher von der OECD dies richtig darstellt. Herr Lelle, darin bin ich auch völlig anderer Meinung als Sie. Es stellt sich die Frage, ob solche Vergleichsarbeiten wie VERA zu einem solchen Paradigmenwechsel beitragen können. Ich glaube, dass sie es dann können, wenn wir die Chance ergreifen und die Ergebnisse tatsächlich richtig nutzen.

Meine Damen und Herren, während die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Studie den Schülern in Arithmetik und in Geometrie gute Ergebnisse bescheinigen, so zeigen sich beim Sachrechnen, also bei den Textaufgaben, einige Mängel. Aber gerade im Bereich des Sachrechnens geht es um die zentrale Kompetenz des Textverständnisses und um die Kompetenz, mathematische Kenntnisse miteinander zu verknüpfen und problemlösend anzuwenden. Gerade dieser Bereich ist auch für den zukünftigen Beruf und die Ausbildung von enormer Wichtigkeit. An dieser Verknüpfung sind die deutschen Schülerinnen und Schüler auch schon bei der internationalen Vergleichsstudie TIMSS gescheitert. Deshalb glaube ich, dass die Ergebnisse von VERA und insbesondere die aufgetretenen Defizite ein Auftrag an die Bildungspolitik im Land darstellen, daraus die notwendigen Konsequenzen für die zukünftige Arbeit der Schulen zu ziehen.

Meine Damen und Herren, als zentrale Herausforderungen für die Verbesserung des Unterrichts wurden bei

VERA auch die Verbesserung der diagnostischen Kompetenz der Lehrkräfte und die daraus folgende Kompetenz zur Gestaltung von gezielten individuellen Fördermaßnahmen herausgestellt.

Mit den am Dienstag vorgestellten Standards für die Bildungswissenschaften in der Lehrerinnenausbildung, die Frau Ahnen zusammen mit Herrn Professor Dr. Zöllner vorgestellt hat, die die Basis für alle Lehrämter bilden sollen, besteht aus meiner Sicht die Hoffnung, dass die notwendige diagnostische Kompetenz tatsächlich mit den zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern an den rheinland-pfälzischen Schulen einzieht.

Es sind aber als Folge von VERA trotzdem noch alle Anstrengungen zu unternehmen, um möglichst umgehend alle Lehrkräfte, also meiner Meinung nach beginnend bei den Lehrkräften an den Grundschulen, in dieser zentralen Kompetenz, nämlich in der Diagnosekompetenz, weiter zu qualifizieren.