Protocol of the Session on July 1, 2004

Nur über den Weg, wie man zu dieser Reduzierung kommt, sind wir vielleicht sogar nur in Nuancen unterschiedlicher Auffassung.

Aber gleichsam von oben verordnet bringt unseres Erachtens überhaupt nicht den gewollten Erfolg. Wir wollen die Beteiligten vor Ort auf diesem Weg mitnehmen. Das sollte unser Ziel sein. So halten wir die Vorgehensweise, wie sie die Landesregierung angedacht und schon in der letzten Plenarsitzung vorgestellt hat, für richtig und letztendlich für zielführend.

Lassen Sie mich diese Vorgehensweise noch einmal kurz skizzieren. Einmal geht es darum, dass wir sagen, die Sanierung des Altbestandes geht vor die Ausweitung gerade auch wegen der sich abzeichnenden demographischen Entwicklung. Auch da habe ich das Gefühl, dass wir zwar alle wissen, welche Zahlen auf dem Markt gehandelt werden, aber oft vor Ort die Augen zumachen und das nicht wahrnehmen wollen. Auch das muss man kritisch anmerken. Man muss darüber nachdenken, ob eine Investition in Neubauten noch sinnvoll ist, wenn ich weiß, in 20 Jahren habe ich 30 % weniger vor Ort. Man muss dann darüber nachdenken, wie man die Konzepte künftig sinnvoll anwenden möchte.

(Beifall bei der SPD)

Es gilt, die Mobilisierung von Industriebrachen und Konversionsflächen vor der Ausweisung neuer Industrieund Gewerbeflächen zu haben. Ich glaube, wir können einheitlich feststellen, im Bereich der Konversionsflächen hat das Land im letzten Jahrzehnt hervorragend gearbeitet. Herr Ministerpräsident, ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen und beim Kabinett wirklich dafür zu bedanken, dass zum Beispiel in den letzten Jahren viele Millionen Euro in Pirmasens, meiner Heimatstadt, gerade in das Konversionsprojekt auf der Husterhöhe, aber auch im Landkreis Südwestpfalz eingesetzt wurden. Es war sinnvoll, und es ist eine positive Entwicklung zu spüren. Das muss man einfach so akzeptieren.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Drittes geht es darum, dass die Sanierung von Altlasten im Interesse eines ökologischen Flächemanagements nach vorn getrieben wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung unterstützt diese Entwicklung auch ganz konkret, indem zum Beispiel mehr als 20 Millionen Euro Landesmittel bereits eingesetzt wurden, damit Unters uchungen von Altstandorten vorgenommen werden konnten. Die Landesregierung unterstützt diese Wege auch, indem ein Bodeninformationssystem aufgebaut wurde, dessen Rechtsgrundlage sich letztlich im Landesbodenschutzgesetz befindet, das momentan noch in der Anhörung ist.

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kommunen vor einiger Zeit aufgefordert, Pilotprojekte für nutzungsbezogene Sanierungen vorzuschlagen. Innenminister Walter Zuber hat vor wenigen Wochen den Wettbewerb „Werkstatt Innenstadt“ auf den Weg gebracht. Nach meinen Informationen haben sich viele Kommunen daran beteiligt. Ich bin auf das Ergebnis dieses Wettbewerbs gespannt, bei dem es wirklich darum geht, Alternativen aufzuzeigen und in einem Vergleich zwischen den einzelnen Kommunen zu sehen, ob sie vielleicht Vorschläge haben, an die wir noch überhaupt nicht gedacht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen die Menschen und die Entscheidungsträger vor Ort mitnehmen und nicht „par ordre du mufti“ den Entscheidungsspielraum, der vor Ort vorhanden ist, einengen. Meine

sehr verehrten Damen und Herren, deswegen lehnen wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Billen das Wort.

(Itzek, SPD: Dazu spricht aber auch der Falsche!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Intelligentes Flächenmanagement oder Zielvorgaben?

(Dr. Schiffmann, SPD: Beides!)

Herr Dr. Braun, der Unterschied zwischen Ihnen und der CDU ist, dass Sie alles staatlich-dirigistisch regeln wollen und wir der Meinung sind – ausnahmsweise einmal ganz in Übereinstimmung mit der SPD-Fraktion –, dass man das vor Ort klären muss.

Wir sind uns im Ziel einig. Es gibt nur einen entscheidenden Unterschied. Wenn wir Festlegungen von oben machen, so nehmen wir jegliche Beweglichkeit vor Ort. Man kann mit dem Demographiefaktor arbeiten. Das schönste an Prognosen ist, dass sie meistens nicht eintreten, zumindest nicht so, wie sie dargestellt worden sind. Aber selbst in der Fläche haben wir Orte, die auch noch in 20 Jahren Zuwächse haben werden. Wir werden auch Orte haben, die vermutlich ganz aussterben.

Es ist dann die entscheidende Frage zu stellen, ob ich über Festlegungen von oben herab klar machen möchte: Ihr dürft euch vor Ort nicht mehr bewegen, ihr habt nur noch 1,5 im Durchschnitt. – Ich glaube nicht, dass das geht.

Wir reden jetzt einmal über Beweglichkeit. Sie kennen doch Rheinland-Pfalz ein bisschen. Eben haben Sie über Ludwigshafen gestritten.

(Dr. Schiffmann, SPD: Und Mutterstadt!)

Und über Mutterstadt. Jetzt nehmen wir einmal ein ganz normales Dorf im Westerwald, im Hunsrück oder in der Eifel. Dort finden Sie Bauflächen innerhalb des Ortes. Trotzdem findet keiner eine Baufläche zum Bauen, weil diese Flächen privaten Personen gehören, die sagen, wir halten die Flächen fest für unsere Tochter oder unsere Nichte, wen auch immer.

Damit nicht neben dem Dorf ein zweites Dorf mit einem Neubaugebiet entsteht, ist zu fragen, wie man an diese Flächen herankommt und wie man das Dorf ausgestalten kann.

Ein zweiter Punkt, der in Ihrem Antrag steht, ist eigentlich in der Forderung schon erfüllt. Wir können es nicht zulassen, dass wir viele Altgebäude verfallen lassen und

gleichzeitig neben dem Dorf ein Neubaugebiet machen, das dann auch früher noch linealartig angelegt wurde und nicht zum Dorf gepasst hat. Da sind wir ein Stück schlauer geworden.

Wir dürfen uns aber die Beweglichkeit nicht nehmen. Insofern werden wir Ihren Antrag ablehnen, weil Sie einfach Festlegungen machen wollen. Im Ziel sind wir uns einig, aber die Beweglichkeit vor Ort muss bleiben.

Sie wissen auch, dass in dem jetzt angesetzten Flächenverbrauch in vielen Fällen Gewerbegebiete hineingerechnet worden sind, bei denen man sagte, sie werden bebaut, sie werden wahrscheinlich aber nicht bebaut. Sie können aber einer Kommune nicht verbieten – wir wollen doch auch Arbeitsplätze vor Ort –, dass man den Versuch macht, Gewerbe anzusiedeln. Mittlerweile sind viele auch schlauer geworden und sagen, wir machen interkommunale Gewerbegebiete mit mehreren Kommunen zusammen an den Verkehrsachsen, wo es am leichtesten ist. Insofern denke ich, das Ziel ist klar, aber der Weg dahin kann nicht Dirigismus sein, sondern der Weg muss die Beweglichkeit vor Ort sein. Es geht nicht darum, den schwarzen Peter weiterzugeben. Es geht auch nicht darum, die rote Laterne weiterzugeben, sondern wir wollen die Freiheit vor Ort erhalten und lehnen deshalb Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Thema „Flächenmanagement in RheinlandPfalz und Verringerung des Flächenverbrauchs“ möchte ich mich heute kurz fassen. Das Problem war bereits Thema in der letzten Plenarsitzung. Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist im Ausschuss für Umwelt und Forsten sowie im Innenausschuss diskutiert worden. In beiden Ausschüssen ist der Antrag abgelehnt worden. Unsere Fraktion wird dies auch heute tun.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal in Kürze auf die wesentlichen Argumente eingehen, die dem Antrag der GRÜNEN entgegenstehen. Ich denke, wir sind uns einig, dass der Landverbrauch reduziert werden muss. Der Landverbrauch entsteht im Wesentlichen im Siedlungs- und Verkehrswesen. Jedermann ist klar, dass auf Dauer der Flächenverbrauch eingeschränkt werden muss. Ich denke, das ist nicht strittig. Die Landesregierung ist in diesem Bemühen auf dem richtigen Weg. Ich erwähne als Beispiel das im Entwurf beschlossene Landesbodenschutzgesetz, mit dessen Hilfe die neue Inanspruchnahme von Flächen begrenzt und reduziert werden soll. Ich erwähne ferner die Einführung des zentralen Bodeninformationssystems, welches einen raschen Zugriff und eine rasche Weiterleitung von Daten ermöglicht.

Transparenz und moderner Service in den Vollzugsbehörden sind ein wirksamer Beitrag zum Bürokratieabbau.

Entgegen der Auffassung vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vertritt unsere Fraktion die Position, dass der Flächenverbrauch reduziert werden muss, und dies kann und darf nicht kurzfristig und vor allem nicht drastisch erfolgen. Nur ein Prozess, der mittel- und langfristig verläuft, ist aus folgendem Grund aussichtsreich: Solange der eindeutige Zusammenhang zwischen Flächenverbrauch und wirtschaftlicher Wertschöpfung besteht, würde eine abrupte Absenkung des Flächenverbrauchs zu schweren wirtschaftlich negativen Effekten führen, was bereits von meinen Vorrednern angesprochen wurde. Das will unsere Fraktion nicht. Ich denke, das kann niemand verantworten.

Unsere Fraktion setzt ihre Hoffnung auch darauf, dass es in Zukunft gelingen wird, die wirtschaftliche Wertschöpfung langsam aber sicher vom Flächenverbrauch abzukoppeln. Herr Kollege Dr. Braun, insoweit sind wir uns einig.

Insoweit sind wir der begründeten Überzeugung, dass die leichte tendenzielle Absenkung des Flächenverbrauchs in den Jahren 1999 bis 2002 in den kommenden Jahren anhalten und sich verstetigen wird und sich der abwärts gerichtete Trend beim Flächenverbrauch in Zukunft verstärken wird.

Ich will noch auf einen weiteren Baustein der Reduzierung des Flächenverbrauchs aufmerksam machen. Es wurde bereits erwähnt, die demographische Entwicklung legt es nahe, dem Innenstadtbereich eine verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. In den Städten liegt es an den potenziellen Investoren, zum Beispiel attraktive Angebote für Parkflächen zu machen. Unsere Fraktion ist optimistisch, dass es einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik gelingt, den Flächenverbrauch rückläufig zu gestalten. Beim Ressourceneinsatz für wirtschaftliche Zwecke hat jede einzelne Ressource, zum Beispiel Energie, Wasser und Arbeitsstunden, im Zeitraum von 1991 bis 2000 mit der einzigen Ausnahme abgenommen, die Siedlungs- und Verkehrsfläche hat zugenommen.

Einer Wirtschaft, die in der Lage ist, den Flächenverbrauch aller Ressourcen degressiv zu gestalten und trotzdem in ihrer Wertschöpfung zuzunehmen, wird es gelingen, das Bodenkapital in der gebotenen Sparsamkeit und Zurückhaltung einzusetzen.

Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Walter Zuber das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits in der letzten Plenarsitzung haben die Fraktionen weitgehend übereingestimmt, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um

den derzeitigen Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche von 5 Hektar pro Tag zu verringern. Dabei wurde aber auch deutlich, dass es des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht bedurft hätte.

Einerseits verkennt die Forderung der GRÜNEN nach einem pauschalen Zielwert auch heute wieder die Komplexität des Themas. Andererseits sind entsprechende Maßnahmen bereits im Gang. Dies betrifft sowohl eine Reduzierung des Umfangs als auch qualitative Verbesserungen, die ich besonders betone, bei auch weiterhin notwendigen Inanspruchnahmen, was niemand bestreiten mag.

Die bislang hierzu veranlassten Maßnahmen habe ich bereits in der letzten Plenarsitzung erläutert. Ich brauche sie nicht zu wiederholen.

Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass die Verringerung der Flächeninanspruchnahme ein wichtiges Teilziel einer nachhaltigen Raumentwicklung ist. Es ist aber eben nur ein Ziel. In der Raumordnung und in den Fachbereichen muss eine Abwägung mit den anderen Zielen der Nachhaltigkeit getroffen werden. Dazu gehören soziale und ökonomische Belange. Dass sich der Landtag dieser Notwendigkeit bewusst ist, wurde in der Mehrheit der Redebeiträge damals und heute deutlich.

Die Abwägung von konkurrierenden Belangen betrifft in erster Linie die Kommunen, sei es in Ausfüllung ihrer grundsätzlich gesicherten Selbstverwaltung, im Rahmen der Regionalplanung oder im Einzelfall bei der Aufstellung von Bauleitplänen. Sie bewegen sich dabei in dem durch die Landesregierung vorgegebenen rechtlichen Rahmen.

Hier ausschließlich restriktive Planung quasi von oben betreiben zu wollen, kann nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Darauf habe ich bereits hingewiesen und möchte dieser Feststellung heute einen besonderen Nachdruck verleihen. Dauerhaft wirksame Erfolge sind nur zu erzielen, indem regional passende Lösungen in Zusammenarbeit mit den einzelnen verantwortlichen Akteuren vor Ort erarbeitet werden. Aufklärung, Bewusstseinsbildung, Beratung und Unterstützung der kommunalen Entscheidungsträger durch die Landesverwaltung stehen deshalb an erster Stelle.

Vor diesem Hintergrund kommt der Rolle flankierender weicher Instrumente und informeller Verfahren zukünftig eine noch höhere Bedeutung zu. Das Landesinformationssystem des Statistischen Landesamtes sowie das Bodeninformationssystem des Ministerums für Umwelt und Forsten stellen dabei eine wichtige Informationsgrundlage dar.

Meine Damen und Herren, der Ministerrat hat am 27. April dieses Jahres den Auftrag zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsprogramms erteilt. Er wird zur Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung erforderliche landesplanerische Ziele aufgreifen. Dazu gehören insbesondere:

1. Die Verbesserung bzw. Schaffung von Rahmenbedingungen zur Reduktion der quantitativen Flächeninanspruchnahme. Zum Beispiel ist die verstärkte Inan

spruchnahme der Innenentwicklung angesprochen worden. Hier sind insbesondere die Wiedernutzung von Industriebrachen, Flächen der militärischen Konversion bis hin zu nicht länger für den Bedarf erforderliche Flächen der Bahn und Post zu nennen.