Wir sind deshalb nach wie vor der Meinung, dass wir auf jeden Fall von Ihnen fordern müssen, sich schnellstmöglich auf Bundesratsebene einzuschalten.
Bisher haben Sie in diesem Bereich nach dem, was Sie gesagt haben, nichts getan. Ich darf Ihnen die Kleine Anfrage von mir bzw. die Antwort darauf vorlesen. Ich zitiere auf Seite 2: „Die Haltung der Landesregierung kann daher erst in der letzten Kabinettssitzung vor der Beratung des Gesetzes im zweiten Durchgang im Plenum des Bundesrates festgelegt werden.“ Wenn ich so Politik mache, dass ich die Haltung der Landesregierung daran orientiere, was in der letzten Kabinettssitzung beschlossen wird, dann armes Deutschland, armes Rheinland-Pfalz in der Beziehung. Herr Minister, tun Sie endlich etwas. Es wäre wichtig, damit die Leute wieder mehr Vertrauen in die Justiz haben.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Leider leidet die Rechtspolitik in diesem Haus seit einiger Zeit unter den Versuchen einer Oppositionspartei, lieber vermeintliche Skandale in der Justiz hochzuspielen und zu polemisieren, als an der Sache zu arbeiten. Das ist doch der Punkt.
Das Thema „Nachträgliche Sicherungsverwahrung“ heute in der Fragestunde zu nehmen und es in dieser Weise zur Aussprache zu stellen, ist leider ein weiteres Beispiel in dieser Reihe. Ich darf laut fragen: Was bringt uns das Ganze heute in Rheinland-Pfalz? – Ich darf aus der Pressemeldung des Herrn Kollegen Baldauf zu seiner Mündlichen Anfrage zitieren: Die SPD/FDPLandesregierung muss endlich aus der Defensive kommen und sich für die nachträgliche Sicherungsverwahrung stark machen.
Moment, es kommt noch etwas. Es ist leider dem Text nicht zu entnehmen. Ich gehe einmal davon aus, dass es der CDU-Opposition bekannt ist, dass es auf Bundesebene aktuelle Gesetzentwürfe in parlamentarischen Beratungen gibt.
Ich sage noch etwas zur weiteren Sachaufklärung. Gestern tagte der Rechtsausschuss im Bundestag. Gestern wurde das entsprechende Bundesgesetz der Bundesregierung beraten.
Sie merken, es wird zurzeit versucht, die nachträgliche Sicherungsverwahrung da zu regeln, wo sie von den Kompetenzen her hingehört, nämlich in Berlin.
Machen wir uns und den Bürgerinnen und Bürgern in der Sache nichts vor. Ich glaube, diese Bitte ist hinsichtlich der CDU-Fraktion vergebene Liebesmüh; denn der politischen und medialen Beliebtheit des Themas „Sicherungsverwahrung“ entspricht die justizielle Wirklichkeit nicht unbedingt. Das haben wir an Zahlen aus Rheinland-Pfalz gehört. Herr Baldauf, ich möchte ausdrücklich sagen, es sind Spekulationen, dass dieses Fälle für die nachträgliche Sicherungsverwahrung sind.
Bundesweit bewegt sich die Zahl der gerichtlichen Anordnungen aller Arten von Sicherungsverwahrung seit der 80er-Jahre zwischen 30 und 60 Fällen im Jahr. Auch seit den Verschärfungen des § 66 StGB im Jahr 1998 und der Einführung des § 66 a in 2002 sind diese Fälle nicht eklatant in die Höhe gegangen.
In der Anhörung im Rechtsausschuss im Bundestag ist von zehn Fällen bundesweit die Rede gewesen. Eine absolute Sicherheit gegen Rückfalltäter wird es mit diesem Instrument auch nicht geben. Herr Minister Mertin hat es heute Morgen gleich gesagt.
Meine Damen und Herren, ich sage eines in Ihre Richtung: Gutachter können auch irren. – Wenn diese Gutachter irren, dann frage ich: Wer schreit dann? – Das ist die Opposition.
Das Wichtigste scheint mir zurzeit zu sein, auf Bundesebene ein Gesetz zu verabschieden, das einer möglichen Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhält. Es gibt verfassungsrechtliche Bedenken von Sachverständigen während der Anhörung. Ich nenne nur das Verbot der Doppelbestrafung. Deshalb ist es nicht dienlich, wenn der Gesetzentwurf vonseiten des Bundesrates die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht auf Anwendungsgebiete wie Gewalt und Sexualstraftaten beschränkt.
Meine Damen und Herren, es muss uns allen darum gehen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das sorgsam abgewogen ist und Bestand haben kann.
Der Zeitplan für das Gesetz steht fest. Herr Minister Mertin hat es gesagt. Am 18. Juni 2004 ist die abschließende Beratung im Bundestag. Am 2. Juli ist es im Bundesrat. Die Verabschiedung ist in naher Zukunft abzusehen.
Meine Damen und Herren, wieder einmal wird von der CDU an einem aktuellen Fall ein gezieltes Spiel mit Sorgen und Ängsten der Bevölkerung gespielt.
Ich freue mich, weitere Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Landfrauen aus der Verbandsgemeinde Hahnstätten und Schülerinnen und Schüler der Regionalen Schule Simmern. Herzlich willkommen!
Die zweite Gruppe aus Simmern fehlt noch. Ich hoffe, dass sie noch in den Genuss einer Landtagssitzung heute kommt.
Meine Damen und Herren, worum geht es inhaltlich? Es geht darum, dass wir uns um den Schutz von potenziel
len Opfern sorgen. Es geht um wenige Fälle. Das wurde gesagt. In diesen Fällen geht es um Opfer von schrecklichen Straftaten. Die Opfer sind fast ausnahmslos Kinder und Frauen. Das ist die eine, die schwierige und schreckliche Seite des Problems. Das ist das, worauf Sie sich beziehen, wenn Sie über Polch reden. Ich möchte noch einmal ganz deutlich machen, dass wir im Parlament und im Wahlkampf uns davor hüten müssen, Verdächtige zu Tätern zu machen, solange es nicht so ist. Herr Baldauf, gerade das war bei Ihnen nicht mehr ganz deutlich zu sehen.
Meine Damen und Herren, diese schrecklichen Ereignisse sind die eine Seite des Problems. Die andere Seite sind die überragenden Freiheitsrechte aller Menschen. Das gilt auch für Strafgefangene. Das ist genau das, was das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung versucht auszubalancieren. Es ist eine schwierige Aufgabe, die richtige Lösung zu finden. Ich wage es sehr zu bezweifeln, ob das das richtige Thema für eine Aktuelle Stunde ist.
Wenn wir wirklich sachlich diskutieren wollen, verbietet sich jede Polemik, wie Sie sie an den Tag legen, Herr Baldauf. Sie wollen, dass der rheinland-pfälzische Justizminister bzw. die rheinland-pfälzische Landesregierung handelt. Das Verfassungsgericht hat sehr deutlich gezeigt, dass die Länder hier nicht handeln können. Die Länder, deren Gesetze für verfassungswidrig erklärt wurden, haben einen Etikettenschwindel betrieben. Wir haben schon häufiger darüber geredet. Sie haben die Materie der Sicherungsverwahrung dem Polizeirecht zugeordnet. Das Bundesverfassungsgericht hat ganz deutlich gesagt, so geht das nicht. Die Sicherungsverwahrung ist ein Teil des Strafrechts und gehört damit zur konkurrierenden Gesetzgebung. Herr Baldauf, Sie als Jurist sollten wissen, was das bedeutet. Das bedeutet, dass dafür der Bund zuständig ist.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass die rotgrüne Bundesregierung gehandelt hat. Wir haben es schon gehört. Die Aufgeregtheit der CDU heute ist purer Populismus.
Sie versetzen damit die Bevölkerung in Unruhe. Sie können damit keine Lösung aufweisen. Sie gaukeln Ihnen vor, dass es für komplizierte Probleme schnelle und einfache Lösungen gibt. Das ist falsch. Das führt immer wieder zur Politikverdrossenheit, meine Damen und Herren von der CDU.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns nicht nur gesagt, dass der Bund für diese Gesetzgebung zuständig ist, er hat auch auf eine Lücke in der Sicherungsverwahrung hingewiesen. Er hat gezeigt, dass die Regelungen bezüglich der erleichterten Anordnung der Sicherungsverwahrung und der Vorbehalt der Unterbringung nur für die Zukunft gelten. Das hat das Bundesverfassungsgericht dargestellt. Das bedeutet, im Strafvollzug gibt es Straftäter, bei denen möglicherweise die formalen Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung vorliegen, die aber nicht durch die erleichterte Anordnung oder durch die Anordnung des Vorbehalts in Strafhaft gehalten werden können. Darum hat die rotgrüne Bundesregierung beschlossen, diese Lücke zu schließen. Sie hat auf das Bundesverfassungsgericht reagiert, indem in diesem Gesetz eine Regelung für Altfälle eingeführt wird. Das ist die Lücke, die das Bundesverfassungsgericht aufgezeigt hat.