Die Novellierung des rheinland-pfälzischen Stiftungsgesetzes ist vor dem Hintergrund der neuen Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch zwingend notwendig geworden. Ziel dieser im Jahr 2002 durchgeführten Novellierung des Stiftungsrechts war die transparentere und einfachere Gestaltung der rechtlichen Anforderungen für das Gründen von Stiftungen. Mit dem vorliegenden Regierungsentwurf des rheinland-pfälzischen Stiftungsgesetzes gehen im Wesentlichen folgende Änderungen einher:
Der Umfang des Stiftungsgesetzes reduziert sich erheblich. Die Zahl der Paragraphen wird von 54 auf 15 zurückgeführt.
Meine Damen und Herren, bisher obliegt die Rechtsaufsicht über die Stiftungen den Kreisverwaltungen und den Stadtverwaltungen.
Durch diese Novellierung soll nunmehr eine einheitliche Stiftungsbehörde geschaffen werden, damit sichergestellt werden kann, dass das Stiftungsrecht in RheinlandPfalz einheitlich zur Anwendung kommt.
Zur Verbesserung der Transparenz im Stiftungswesen wird nach dem vorliegenden Gesetzentwurf bei der zentralen Stiftungsbehörde auch ein Verzeichnis der rheinland-pfälzischen Stiftungen angelegt. Zum Zweck der vereinfachten Einsichtnahme für Bürgerinnen und Bürger soll die Liste der Stiftungen auch ins Internet aufgenommen und dort für jedermann zugänglich gemacht werden.
Des Weiteren ist hervorzuheben, dass nach dem Regierungsentwurf in Änderung der bisherigen Praxis Entscheidungen der Stiftungsbehörde nicht mehr im Staatsanzeiger veröffentlicht werden müssen. Danach müssen die behördlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Stiftungen oder die spätere Änderung der Stiftungssatzung nicht mehr von den Stiftungen kostenpflichtig bekannt gemacht werden, womit auch einhergeht, dass bisher erheblich anfallende Gebühren wegfallen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf bezweckt vor allem eine Stärkung der Eigenverantwortung von Stiftungen und Stiftern und die Gewährleistung der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Stiftungsorgane. Daneben sollen mit dem Landesstiftungsgesetz auch die staatlichen Aufgaben im Bereich des Stiftungswesens auf den unbedingt notwendigen Mindestumfang zurückgeführt und zukünftig – wie bereits dargelegt – in einer zentralen Stelle als der landesweit zuständigen Stiftungsbehörde zusammengeführt werden. Neben der Zuständigkeit für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Stiftung, die Anerkennung einer vom Vorstand der Stiftung beschlossenen Satzung sowie der Führung des Stiftungsverzeichnisses handelt es sich hierbei um die Wahrnehmung der nach dem Willen einer Stifterin oder eines Stifters ausgestalteten reduzierten Stiftungsaufsicht.
Meine Damen und Herren, in Richtung des Bundesgesetzgebers ist allerdings noch folgender Hinweis anzubringen: Mit diesem neuen Landesstiftungsgesetz sollte auch eine vom Bund vorzunehmende Änderung einhergehen. Bisher beträgt der steuerlich absetzbare Höchs tbetrag 307.000 Euro. Bei dieser Größenordnung wäre es sinnvoll, über eine Erhöhung auf 500.000 Euro nachzudenken. Dieser Betrag sollte nicht nur einmal im Jahr der Gründung seine Anwendung finden, sondern auch für spätere Stiftungen gelten. Wenn diese Erhöhung des steuerlich abzugsfähigen Betrags erfolgen könnte und der Bund oder der Bundesgesetzgeber hierzu seine Zustimmung geben könnte, dann wäre in der Tat davon auszugehen, dass es sich um ein gelungenes Gesetzeswerk handeln würde,
weil damit in der Tat eine Attraktivitätssteigerung und eine erhebliche Verbesserung des Stiftungsrechts einhergehen.
Meine Damen und Herren, in einem sollten wir uns aber einig sein und darauf sollten wir großen Wert legen:
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit 17 Stiftungen pro 100.000 Einwohner – so war zu lesen – liegt Rheinland-Pfalz über dem Bundesdurchschnitt. Über 500 private Stiftungen – Herr Minister Zuber hat darauf hingewiesen – existieren mittlerweile in Rheinland-Pfalz. Die kommunalen Stiftungen kommen hinzu. Wie wir aus den Zahlen des laufenden Jahres wissen, ist es der Fall, dass täglich, wöchentlich neue Stiftungen gegründet werden. Der Stiftungswille scheint also ungebrochen. Dies bestätigt auch die Jahrestagung des Bundesverbands deutscher Stiftungen, die vor einigen Tagen in Trier zu Ende gegangen ist.
Der Bundesverband bescheinigte dem Land RheinlandPfalz mit dem neuen Landesstiftungsgesetz eine Vorreiterrolle im Stiftungswesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gesetz ist im wahrsten Sinn des Wortes entrümpelt worden. Wenn man sich einmal die Mühe gemacht hat und den Text des alten Gesetzes mit dem dieser neuen Novelle verglichen hat, dann wird nicht nur deutlich, dass die Zahl der Paragraphen von 54 auf 15 zurückgenommen wurde, sondern man könnte eigentlich auch sagen, das Gesetz ist gesundgeschrumpft. An der Realität gemessen gab es eine solche Veränderung.
Die zentrale Aussage des neuen Stiftungsgesetzes des Landes findet somit auch in § 1 bereits ihren Niederschlag; denn dort wird ausgeführt, dass dieses Gesetz sicherstellen soll, dass der Stifterwille vorrangig beachtet werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Stifterwille zieht sich gleichsam wie ein roter Faden durch alle Bestimmungen dieses neuen Gesetzes. Beispielsweise
das Stiftungsverzeichnis, das künftig bei der ADD geführt wird, verlangt lediglich noch Grunddaten. Eingetragen werden in dieses Stiftungsverzeichnis rechtsfähige öffentliche Stiftungen. Private Stiftungen sollen dort nicht aufgenommen werden.
Ich meine, auch hier wird der durchgängige Wille des Gesetzes, nämlich die weitgehende Freistellung von der staatlichen Aufsicht und damit die Unterstreichung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung im Stiftungswesen deutlich. Diese Selbstbestimmung wird auch in anderen Regelungen deutlich, wie zum Beispiel in den §§ 7 und 8, wo die besondere Bedeutung der Satzung hervorgehoben ist und der Hinweis gebracht wird, dass nur dann, wenn die spezielle Satzung keine Regelungen enthält, gesetzliche Bestimmungen in dieses Stiftungsgesetz eingreifen sollen.
Wir wollen in Rheinland-Pfalz die Mitwirkung des Staates ausdrücklich auf die Förderung des Stifterwillens beschränken. Deshalb wird auch künftig kein Haushaltsplan mehr für die Stiftungen verlangt werden. Es gibt keine Bevormundung und keine übertriebene Beaufsichtigung mehr. Ich erlaube mir den Hinweis: In anderen Bundesländern wird beispielsweise immer noch davon gesprochen, dass man die Stiftung in die Obhut des Staates nehmen will. Das klingt für mich immer so wie „Wir haben nicht so viel Vertrauen dazu, da müssen wir ein bisschen nachschauen und noch einmal nachfragen“.
Wir geben mit diesem Gesetz ganz bewusst auch Rituale auf, die sich in vielen Jahrzehnten aufgebaut haben. Wir wissen alle, wie es in der Bürokratie ist: Immer dann, wenn sich etwas eingefahren hat, wird es oft schwer, der Bürokratie verständlich zu machen, dass man das weghaben will.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen Stiftungen als Kernstück eines gemeinnützigen dritten Sektors zwischen Staat und Markt und als Ausdruck einer Bürgergesellschaft, in der, so meine ich, jeder, der zu Wohlstand gekommen ist und sich das erlauben kann, vielleicht ein Stückchen dieses Wohlstands an die Gesellschaft wieder zurückgibt.
Noch einmal: Jeder, der künftig in Rheinland-Pfalz eine Stiftung gründen will, soll von uns in Rheinland-Pfalz auf diesem Weg positiv begleitet werden. Finanzielle und bürokratische Belastungen werden auf ein Mindestmaß beschränkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Stiftungen haben ihren festen Platz und gehören in unseren gesellschaftlichen Alltag.
Meine Damen und Herren! Eigentlich kann ich wieder nahtlos bei dem anfangen, wo ich gestern bei meiner Rede zum Ehrenamt aufgehört habe.
Auch die Reform des Stiftungsrechts dient der Stärkung unserer modernen Bürgergesellschaft. Während das alte Stiftungsrecht bürokratisch und bürgerfern war und wenig Anreize für normale Bürgerinnen und Bürger bot zu stiften, soll jetzt das neue Stiftungsrecht die Stifterfreiheit stärken und die gesetzlichen Regelungen auf das unbedingt Notwendige beschränken. Die Stifterinnen und Stifter werden als verantwortungsvolle Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt gerückt.
Meine Damen und Herren, was uns heute im rheinlandpfälzischen Gesetzentwurf als ein schlankes, modernes Recht entgegenkommt, hat eine Vorgeschichte.
1997 haben die GRÜNEN auf Bundesebene einen umfassenden Vorschlag zur Verbesserung des Stiftungsrechts vorgelegt, dessen Hauptziel es war, Anreize für Stifterinnen und Stifter und Interesse an Stiftungen zu wecken. Wir GRÜNEN hatten schon damals erkannt, was heute jedermann versteht, Stiftungen wecken kreative Kräfte, sie sind Ideenschöpfer für eine moderne Bürgergesellschaft.
Im Sommer 2000 gab es dann die steuerrechtlichen Reformen für Stiftungen und Stifter von der rotgrünen Bundesregierung, und die konkreten Anreize für Stifterinnen und Stifter auch mit kleinem Vermögen wurden geschaffen. Schon damals kam es bundesweit, aber auch in Rheinland-Pfalz verstärkt zu Stiftungsgründungen.
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem modernen Stiftungsrecht erfolgte dann mit der Novellierung des BGB mit dem materiellen Stiftungsrecht im Sommer 2002 durch die rotgrüne Bundesregierung. Dieser zweite Teil, der zivilrechtliche Teil dieser Modernisierung, kann nur zusammen mit den Ländern gestaltet werden. So freut es uns auch, dass Rheinland-Pfalz jetzt als sechstes Bundesland dabei ist, sich ein modernes Stiftungsrecht zu geben.
Der Rahmen des neuen Stiftungsrechts, der bundesweit festgelegt wurde, wird von vier Grundregeln bestimmt:
1. Es gibt ein eindeutiges Recht auf Stiftung. Das heißt, es gehört zu den grundlegenden Rechten jedes Einzelnen, dass er oder sie Stifter sein kann.
2. In das BGB ist eine abgeschlossene Liste aufgenommen worden, welche materiellen Voraussetzungen für
die Errichtung einer Stiftung notwendig sind. Damit wurde ein Mindeststandard für die Errichtung von Stiftungen gewährleistet. Das bringt aber auch Übersichtlichkeit, Einfachheit und Transparenz.
3. Jedes Anliegen einer Stifterin oder eines Stifters kann als Stiftungszweck dienen, wenn es nicht gegen Gesetze verstößt oder das Allgemeinwohl gefährdet.
4. Stiftungen werden nun nicht mehr von Behörden genehmigt oder in Obhut genommen, sondern eine Stiftung ist anzuerkennen. Auch darin zeigt sich die neue Auffassung, dass das schöpferische Potenzial und die Entfaltungsfreiheit der Menschen im Vordergrund stehen müssen.
Meine Damen und Herren, auf der Basis dieser vier Grundregeln ist auch das rheinland-pfälzische Stiftungsgesetz konzipiert worden. Mit der Vereinfachung, die sich durch die bereits angesprochene Reduzierung der Zahl der Paragraphen von 54 auf 15 zeigt, gehen auch finanzielle Erleichterungen für die Stiftungen einher, die vor allem durch die ersatzlose Streichung der Veröffentlichungspflicht im Staatsanzeiger zustande kommt. Ferner haben die Stifter in Zukunft nur noch eine Anlaufstelle, nämlich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier.
Meine Damen und Herren, nach den steuerrechtlichen Änderungen im Jahr 2001 kam es neben den „normalen“ Stiftungen zu einer hohen Zahl von Bürgerstiftungen. Dies ist eine besondere Form von bürgerschaftlichem Engagement. Sie verzichtet auf etwas, was Einzelstifter haben, nämlich auf den eigenen Namen. In diesen Bürgerstiftungen finden sich häufig Menschen zusammen, um für die Kommune etwas Dauerhaftes zu schaffen. Die Stiftung „Mainzer Theaterkultur“ in der Landeshauptstadt ist hierfür ein sehr gutes und nachahmenswertes Beispiel.