Protocol of the Session on April 28, 2004

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat für heute eine Aktuelle Stun

de zum Thema „Aktivitäten der Sekte ‚Zentrum des Lichts‘ an rheinland-pfälzischen Schulen“ beantragt. Auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde diese Thematik mit Zustimmung der Regierungsfraktionen und der Landesregierung bereits kurzfristig auf die Tagesordnung des Bildungsausschusses in der vergangenen Woche gesetzt.

Wir alle sind uns einig – daran darf es keinen Zweifel geben und gibt es keinen Zweifel –, dass eine Vermischung von privater Weltanschauung und schulischem Handeln nicht toleriert werden kann und obskure Heilslehren keinen Platz in unseren Schulen haben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Deshalb bin ich mit Entschiedenheit dafür, dass die im Raum stehenden Vorwürfe geklärt werden. Dies muss in einem rechtsstaatlichen Verfahren und mit rechtsstaatlichen Mitteln geschehen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Entscheidend ist für uns, was konkret in der Schule geschehen ist.

Herr Staatssekretär Professor Dr. Hofmann-Göttig hat den zuständigen Landtagsausschuss am 20. April 2004 umfassend sowohl über die Vorwürfe und die durch die Schulaufsicht eingeleiteten Maßnahmen informiert als auch auf alle Fragen vollständig Antwort gegeben. Ebenso hat die Koordinatorin für neureligiöse Gruppen und Sekten im Sozialministerium eine Einschätzung des „Zentrum des Lichts“ gegeben.

Der Staatssekretär hat im Ausschuss dargestellt, dass der Schulbehörde erstmalig am 15. März 2004 eine schriftliche Elternbeschwerde über Handlungsweisen von zwei Lehrkräften an der Grundschule Monsheim vorlag. Besorgte Eltern schrieben, dass dort weltanschauliche religiöse Inhalte des „Zentrum des Lichts“ im Unterricht und in Meditationen eine Rolle spielen würden.

Bereits am nächsten Tag war daraufhin die Schulaufsicht vor Ort, sprach mit Lehrkräften und der Schulleitung und untersagte im Einvernehmen mit den Kirchen als Sofortmaßnahme vorläufig den Religionsunterricht durch diese Lehrkräfte sowie die Meditationen in dieser Schule.

In eingehenden Gesprächen mit den Eltern, dem Schulelternbeirat und der Schulleitung wurde deutlich, dass der Schulfrieden erheblich gestört war. Die Schulaufsicht veranlasste deshalb neben den laufenden disziplinarischen Ermittlungen das Versetzungsverfahren mit Auflagen für beide Lehrkräfte. Das sind entschiedene Maßnahmen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die beiden Lehrkräfte sind derzeit aus persönlichen Gründen nicht im Dienst. Die beiden betroffenen Klassen in Monsheim haben bereits seit dem ersten Tag nach den Osterferien neue Lehrkräfte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies zeigt sehr deutlich, wie nachhaltig und schnell gehandelt wurde. Auch die laufenden disziplinarischen Ermittlungen werden konsequent, aber sorgfältig vorangetrieben.

Ich will den Aspekt noch einmal aufgreifen, den schon Frau Morsblech angesprochen hat. Sorgfalt ist vor allem deswegen notwendig, weil etwaige disziplinarische Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung standhalten müssen, sonst erreichen wir das Gegenteil.

(Beifall bei SPD und FDP)

Deshalb ist aus meiner Sicht beispielsweise der Vergleich mit hoch emotionalisierenden Straftatbeständen problematisch und trägt in keiner Weise zur Lösung der konkreten Problematik bei. Insbesondere in Verantwortung für unsere Schülerinnen und Schüler ist in solchen Fällen die Neutralitätspflicht unserer Lehrkräfte konsequent einzufordern und durchzusetzen. Dies tut die Schulaufsicht mit Nachdruck. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten.

Die eingeleiteten und mit Auflagen versehenen Versetzungsverfahren sind nach Einschätzung der Schulaufsicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichend. Ich sage vorweg, dass dies eine wichtige Information ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die zuständige evangelische Landeskirche nach der Anhörung einer der betroffenen Lehrkräfte derzeit keine Handhabe sieht, das zunächst angeordnete Ruhen der Vocatio, also der Lehrerlaubnis für evangelischen Religionsunterricht, weiterhin aufrechtzuerhalten.

(Dr. Schiffmann, SPD: Hört, hört!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ausschuss ist darauf hingewiesen worden, dass aus einer weiteren Schule in Rheinhessen Beschwerden laut wurden. Das geschah zunächst anonym und vertraulich bei der Koordinierungsstelle für neureligiöse Gruppen und Sekten im Sozialministerium. Danach kam es auch schriftlich vonseiten des Schulelternbeirates. Auch hier gab es eine sofortige Anhörung einer Lehrkraft, weitere Gespräche mit den Eltern und Lehrkräften durch die Schulaufsicht. Obwohl bei dieser zweiten Schule die Vorwürfe weniger fassbar waren, sind vorsorgliche Maßnahmen angeordnet worden, weil die Mitgliedschaft dieser Lehrkraft im „Zentrum des Lichts“ der Schulbehörde bekannt ist. Die Lehrkraft wurde angewiesen, alle unterrichtlichen und schulischen Aktivitäten zu unterlassen, die mit dieser Mitgliedschaft in Zusammenhang gebracht werden könnten.

Inzwischen gibt es an dieser Schule auch unabhängig von der Verbindung zum „Zentrum des Lichts“ innerschulische Vorgänge, die den Schulfrieden erheblich beeinträchtigen. Auch diese werden von der Schulaufsicht überprüft. Es werden gegebenenfalls weitere Konsequenzen eingeleitet. Die betroffene Lehrkraft ist derzeit ebenfalls aus persönlichen Gründen nicht im Dienst.

Meine Damen und Herren, ich habe das etwas ausführlicher gemacht, um darzustellen, dass an beiden Schulen die erforderlichen Maßnahmen konsequent eingeleitet wurden. Wir haben es nicht mit der Veranlassung dieser

Maßnahmen bewenden lassen, sondern weitere prophylaktische Vorkehrungen getroffen.

1. Alle Schulen in Orten, die in einer Veröffentlichung des „Zentrum des Lichts“ als Orte des Netzwerkes genannt wurden, haben wir darüber informiert und um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten.

2. Der Schulpsychologische Dienst berät auch in Zusammenarbeit mit den Sektenbeauftragten der Kirchen Schulen in Fragen von neureligiösen Gruppen und zum Beispiel bei der Abgrenzung von sinnvollen Konzentrations- und Entspannungsübungen von manipulativen Techniken.

3. Die Schulaufsicht berät und begleitet die Schulen insgesamt in dieser Frage mit erhöhter Sensibilität.

4. Die Sensibilität ist auch in den Kindertagesstätten zu erhöhen. Dies ist in erster Linie Aufgabe der Träger, die dabei vom Landesjugendamt unterstützt werden.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, die Aktivitäten des „Zentrum des Lichts“ an rheinland-pfälzischen Schulen sind das Thema dieser Aktuellen Stunde. Wie bereits im Ausschuss habe ich Ihnen konkret von Vorwürfen an zwei Schulen berichtet. Das dort erfolgte schulaufsichtliche Handeln habe ich dokumentiert. Eine Schulaufsicht für rund 1.800 Schulen ist bei Vorwürfen, wie sie hier im Raum stehen, immer auf die Mitarbeit von Lehrkräften und Eltern angewiesen. Dies zeigt erneut, wie wichtig das Thema „Zivilcourage“ auf allen Ebenen ist, insbesondere aber, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Ich kann nur an alle Eltern und all diejenigen, die an der Bildung und Erziehung von jungen Menschen beteiligt sind, appellieren, sich vertrauensvoll und mutig an die jeweilige Aufsicht zu wenden. Die Aufsicht wird jeden Einzelfall sachgerecht und intensiv prüfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich bin ich als Ministerin besorgt, wenn solche Vorwürfe erhoben werden. Das gilt vor allem dann, wenn sie sich erhärten. Ich sage es noch einmal, unsere Schulen sind kein Tummelplatz für Sektierer. Die Schulen haben einen klaren Bildungs- und Erziehungsauftrag, den es zu erfüllen gilt. Bei all unseren Maßnahmen lassen wir uns von Fakten leiten, handeln konsequent, treffen geeignete und rechtsstaatlich einwandfreie Maßnahmen und müssen aber auch bemüht sein, unnötige Verunsicherung zu vermeiden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordnete Keller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Ministerin, alles, was Sie gesagt haben, spricht nicht gegen eine mögliche Suspendierung. Ich bzw. wir verstehen nicht, dass Sie das nicht gemacht haben. Eben haben wir gehört, die betroffenen

drei Lehrerinnen haben sich quasi selbst suspendiert, selbst beurlaubt. Das heißt, sie schätzen sich sicherlich gefährlicher ein, als Sie es tun.

(Beifall bei der CDU – Unruhe im Hause)

Anders wäre es doch gar nicht möglich. Das ist doch ein Widerspruch. Uns geht es um die Kinder in diesem Land.

Frau Grützmacher, denken Sie einmal nach, das stimmt schon.

(Pörksen, SPD: Ist das ein Kasperletheater hier?)

Im Interesse der Kinder würden wir es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen, wenn es sein müsste.

Frau Ministerin, Sie müssten die oberste Kinderschützerin sein. Was Sie geboten haben, hat auch der Herr Staatssekretär gemacht. Das hat uns nicht überzeugt.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wir haben einige Fragen im Ausschuss gestellt, beispielsweise ob die von staatlichen Stellen seit einigen Jahren angebotenen Meditationskurse im Fortbildungsbereich nicht möglicherweise von den Mitgliedern des „Zentrum des Lichts“ als Rekrutierungsmöglichkeit benutzt werden. Ich habe gefragt, ob die betreffenden Lehrerinnen vielleicht dort Leitungsfunktionen hatten. Das konnte der Staatssekretär erst auf Nachfrage verneinen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Verneinen!)

Ja, es musste aber erst noch einmal nachgefragt werden.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Ist diesem Verdacht nachgegangen worden, ob die Sekte dort ihre Fühler ausgesteckt hat und möglicherweise Lehrerinnen oder andere Pädagoginnen rekrutiert? Da sind Sie uns noch eine Antwort schuldig.

Vermutlich stehen wir erst am Anfang dieser Debatte. Alle Fraktionen haben ein Schreiben des selbst ernannten Führers bekommen. Es erinnert mich fatal an die Scientology-Diskussion.

Jetzt beginnt die Phase 1 dieser Sekte. Jetzt werden missliebige Journalisten diskreditiert.

(Glocke des Präsidenten)

Politiker, die Fragen stellen, werden diskreditiert. Dann geht es weiter. Das kennen wir auch. Ich hoffe nur, dass Sie diesmal entschiedener reagieren als Frau Götte, als wir hier Scientology – Stichwort Helnwein – diskutiert haben.

(Beifall der CDU)