Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Bericht über den Zeitraum 2001 bis 2003 zur Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes kommt die Landesregierung ihrer Berichtspflicht in einem außerordentlich beispielhaften Maß nach. Auch ich möchte mich für den nicht nur umfassenden, sondern auch sehr ehrlichen Bericht bedanken.
Die Zahlen und Problempunkte haben wir schon gehört. Wir haben im mittleren und gehobenen Dienst insgesamt eine Quote von über 50 %. Das ist sehr positiv. Probleme haben wir noch im höheren Dienst.
Das Präsidium ist jetzt schon zu Scherzen aufgelegt. Um mich ein bisschen zu veräppeln, haben Sie die Redezeit erst auf fünf Minuten eingestellt. Jetzt sind es doch zehn. Darüber freue ich mich.
Ich denke, es gibt einen Aspekt, der noch nicht erwähnt wurde, nämlich dass die Mittelinstanzen umstrukturiert worden sind. Hier gibt es noch positive Aspekte, die in dem Zusammenhang zu nennen sind; denn die Auswirkungen auf die dort beschäftigten Frauen werden mit untersucht. Es stellt sich heraus, dass der Reformprozess auch hier erhebliche Chancen zur Umsetzung von Frauenförderung als integralem Bestandteil der Modernisierung mit sich bringt. Ich denke, das ist positiv zu bewerten.
Im gesamten Landesdienst hat sich vor allem deshalb die Frauenförderung positiv entwickelt, weil die verschiedenen Frauenförderpläne adäquate Maßnahmen in den jeweiligen Häusern beinhaltet haben. Es gab jeweils einen spezifischen Mix, der dazu geführt hat, dass zum größten Teil die Frauenanteile merklich gesteigert werden konnten. Vor allem sind dabei Teilzeitarbeitsmodelle im Zusammenhang mit dem Projekt „Führen in Teilzeit“
zu nennen. Ich denke, gerade diese Mischung aus verschiedenen Maßnahmen hat wahrscheinlich letztlich etwas bewirkt.
Weiter sind die Einrichtung von Telearbeitsplätzen, bessere Möglichkeiten zum Wiedereinstieg, eine Umstrukturierung der Fortbildungsangebote im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Fortbildung zu nennen. Bessere Möglichkeiten zum Wiedereinstieg nach der Familienphase wurden geschaffen. Es gab eine veränderte Ausschreibungs- und Einstellungspraxis, die sich in den meisten Häusern gezielt an Frauen richtete. Eine Netzwerkbildung durch Mentorinnenprojekte unterschiedlicher Art sowie nicht zuletzt die erfolgreiche und engagierte Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten sind zu nennen.
In fünf von zwölf Ressorts innerhalb der Landesregierung liegt der Frauenanteil mittlerweile über 50 %. Das sind die Staatskanzlei, das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend, die Landesvertretung und das Justizministerium ohne den Strafvollzug. Dabei muss man anmerken, dass im Strafvollzug Tätigkeiten zu erledigen sind, die teilweise nur gleichgeschlechtlich erledigt werden können. Das gilt zum Beispiel bei Durchsuchungen. Wir können froh sein, dass wir dort nicht so viele Frauen finden, weil wir sehen, dass bei den Insassen der Justizvollzugsanstalten der Frauenanteil erheblich geringer als der der Männer ist. Das muss man dabei berücksichtigen.
Spezifische Beschäftigungsstrukturen gibt es auch noch im Innenministerium und im Ministerium für Umwelt und Forsten. Beim Innenministerium sind es noch immer die unterdurchschnittlichen Frauenanteile bei der Polizei, die die Gesamtfrauenquote stark beeinflussen. Im Ausschuss haben wir allerdings gehört – den Ansatz finde ich nach wie vor recht interessant –, aus der Diskussion um Gender Mainstreaming und aus dem dazu vorliegenden Bericht wissen wir, dass gerade im Polizeibereich eine Studie angefertigt wird, die stärker auf eine vernünftige Personalplanung im Hinblick auf Frauenförderung zielt, in der systematisch Karriereplanungen, die Ziele und die Bedürfnisse von Lebensgestaltung und Arbeitsplatzgestaltung von Frauen erhoben werden. Diese Bedürfnisse sollen in die Personalplanung einfließen. Das ist sicherlich auch sinnvoll im Hinblick auf höhere Positionen. Dort haben wir insgesamt Probleme. Wir sehen beispielhaft, dass es sehr lange dauert, weil man ganze Generationen in ihrer Karriereplanung und in ihrem Verhalten während der Karriere beobachten muss.
Im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hatten wir einen Frauenanteil von 20 % im letzten Bericht. Das war nicht so toll. Da kann ich aber ein großes Lob aussprechen; denn der Frauenanteil hat sich auf 37,6 % erhöht. Das sind insgesamt 17,6 % Anstieg. Da kann man nur sagen: Weiter so!
Wir würden uns alle sehr freuen, wenn wir in Positionen mit Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen mehr Frauen in der Landesverwaltung antreffen würden. Das betrifft uns alle, auch die Herren in diesem Haus. Da ist mit Sicherheit noch der größte Batzen aufzuholen.
Ich denke, im Schulbereich haben wir noch etwas zu tun. Durch die Einwirkung auf Schulleitungen, durch das Steuern mit Aufgabenverteilung und durch das Fortbildungsangebot des IFB wird einiges getan. Der Anteil der Frauen ist in Schulfunktionsstellen in Rheinland-Pfalz von unter 20 % auf über 30 % innerhalb der letzten Jahre gestiegen.
Ich denke, die Teilzeitbeschäftigungen müssten auch noch einmal in die Diskussion einfließen und beleuchtet werden; denn diese werden zu 81 % von Frauen wahrgenommen. Immer noch ist der Frauenanteil auch bei der Inanspruchnahme von Elternzeit der größte. Bei der Gremienarbeit sind Frauen ebenfalls sehr wenig vertreten. An den von mir zuletzt genannten Punkten sieht man meiner Ansicht nach sehr deutlich, dass Frauenförderung mit Maßnahmen für eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf, wie Betreuungsangeboten und Ganztagsangeboten, einhergehen muss. Gleichzeitig muss das Gender Mainstreaming konsequent angewendet werden. Die Bemühungen im Bereich der Landesverwaltung sind im Beamten- und Angestelltenbereich natürlich schon sehr hoch, sodass man sich die anderen Bereiche ansehen muss.
Man sieht, dass selbst da, wo vorbildhaft Frauenförderung stattfindet, es ab einer gewissen Stufe in der Karriere sehr schwierig ist weiterzugehen. Man braucht deshalb tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, um das Problem dauerhaft und nachhaltig zu lösen. Dazu würde auch gehören, dass sich Paare die Familienarbeit gerechter teilen. Dazu würde gehören, dass die Nachfrage nach Job-Sharing steigt, dass sich auch Väter bewusst für die Wahrnehmung der Erziehungsphase entscheiden. Das geschieht immer noch nicht in dem Maß, wie es für einen Ausgleich nötig wäre.
Häusliche Pflege sollte nicht grundsätzlich weibliche Aufgabe sein. Die Familienarbeit sollte einen von beiden Partnern gleich geschätzten Stellenwert erhalten. Da ist sicherlich noch einiges zu tun. Dazu gehört auch, dass mehr Männer in den Berufen der Pflege und Erziehung vertreten sind. Soweit ich weiß, wird in der Pflegekampagne darauf ein besonderer Schwerpunkt gesetzt.
Beim „Girls Day“ hatten wir schon die umgekehrten Angebote mit drin. Ob der „Girls Day“ dann weiter so heißt, ist auch eine Frage der Marke, weil sich das so etabliert hat. Es wäre nicht besonders pfiffig, es umzubenennen. Diese Angebote fließen dort aber schon mit ein.
Mir bleibt leider wenig Zeit, die Situation der Gleichstellungsbeauftragten näher zu beleuchten. Das ist schade. Die Auswertung der Interviews hat sehr deutlich gemacht, dass die Arbeit zum einen nach wie vor sehr am persönlichen Engagement hängt. Das macht sich zum anderen immer wieder an der Bereitschaft und dem Konfliktbewusstsein der Dienstherren fest. Es hängt oft davon ab, welche Konkurrenzsituationen und Konfliktlinien es bei den einzelnen Personen innerhalb der Behörde gibt. Das ist bei den Personalvertretungen auch so.
Gleichstellung funktioniert dann, wenn alle diese Aufgabe ernst nehmen und die Arbeit der Gleichstellungsbe
auftragten nicht belächelt wird. Sie müssen in der Regel sowieso ihre eigene Karriere zugunsten der Aufgabe zurückstellen.
Im Bereich der Unterstützung und Netzwerkbildung ist mir eines aufgefallen. Wir sollten vielleicht gerade darauf achten, dass diejenigen, die mit dem im Gesetz formulierten Passus zur Beratung bei sexueller Belästigung konfrontiert werden, die entsprechenden Handlungsmöglichkeiten in Form von kompetenten Ansprechpartnerinnen vor Ort haben. Entsprechende Netzwerke gehören dazu. Vielleicht muss es einmal einen Leitfaden geben, was man in dem Fall tut. In dem Interview steht zwar, dass es sehr wenig Fälle gibt, weil es keine Vorbereitung gibt und man sich vielleicht auch nicht innerbetrieblich an jemanden wendet. Vielleicht ist da noch etwas Kommunikation nötig.
Es stellt sich auch die Frage, bei einer der nächsten Änderungen des Gesetzes vorzusehen, bei gleichgeschlechtlichen Einstellungsverfahren die Gleichstellungsbeauftragte hinzuzuziehen. Es wurde geäußert, dass es im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Aufgabe wäre zu beachten, dass bei Bewerbungen Frauen mit Kindern gegenüber Frauen ohne Familie nicht benachteiligt werden.
Das sind die wichtigen Dinge, die es zu nennen gab. Wir werden noch genügend Möglichkeiten haben, uns mit Einzelheiten aus diesem Bericht auseinanderzusetzen. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung diesen Weg intensiv weiter beschreiten wird, den sie in den letzten vier Jahren gegangen ist. Der Bericht macht diesen Willen und das Engagement sehr deutlich und zeigt auch schon außerordentliche Erfolge.
Ich möchte deshalb nicht nur für diesen Bericht, sondern auch noch einmal für das Engagement in den Häusern ganz herzlich danken.
Meine Damen und Herren! Ich wünsche der Gleichstellungspolitik in diesem Land mehr Stärke. Ich wünsche ihr mehr Unterstützer und Unterstützerinnen. Ich wünsche ihr mehr Beachtung. Ich wünsche ihr mehr Anreize und da, wo es nötig ist, auch einen klareren gesetzlichen Rahmen. Ich will das alles an den Anfang stellen, weil meine Vorrednerinnen schon viel über Zahlen und Ergebnisse referiert haben. Ich muss das jetzt dankenswerterweise nicht mehr tun, sondern kann auch in der Bewertung und in der Konsequenz den Schwerpunkt in meinen Ausführungen legen.
Die Frauen sind im öffentlichen Dienst zwar auf dem Vormarsch – das hat Frau Ministerin Ahnen so auch richtig verkündet, und es ist zahlenmäßig jetzt auch von Frau Morsblech und den anderen Frauen belegt worden –, aber es ist auch richtig, dass in den Führungspositionen und dort vor allen Dingen bei den Beamtinnen und Beamten der Frauenanteil – ich sage es einmal höflich – noch sehr ausbaufähig wäre.
Das heißt, dieser Vormarsch hört auf einer bestimmten Ebene auf, und es ist meines Erachtens nach wie vor – das zeigt uns der Bericht, vor allen Dingen wenn wir ihn mit dem von vor vier Jahren vergleichen – schwierig, diese Schwelle zu überspringen. Es ist schwierig für die einzelnen Frauen. Es ist schwierig in einer bestimmten und vorhandenen, auch männlich geprägten Arbeitskultur, aber auch schwierig in einer Struktur von Institutionen, von Ressorts, von Behörden usw.
Schwierig ist auch die Stellung von Gleichstellungsbeauftragten. Das macht dieser Bericht deutlich. Dankenswerterweise findet sich auch ein Gruppeninterview zur Situation der Gleichstellungsbeauftragten. Da wird noch einmal ganz deutlich, dass es auch Mängel an dem Landesgleichstellungsgesetz gibt, dass das Gesetz den Gleichstellungsbeauftragten zu wenig Mitwirkungsmöglichkeiten einräumt. Das macht sich in ihrer konkreten Arbeit bemerkbar. Es fehlen Sanktionsmöglichkeiten im Gesetz – eine alte Forderung auch von uns –, wenn gegen das Landesgleichstellungsgesetz verstoßen wird. Es gibt eigentlich keine Sanktionsmöglichkeit in diesem Fall.
Ich will Ihnen nur einmal einen kurzen Abschnitt aus diesem Gruppeninterview bzw. aus dem Resümee vorlesen. Da heißt es, es gibt Dienststellen, wo das mit den Gleichstellungsbeauftragten eigentlich gut läuft, wo die mit ihrer Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte zufrieden sind, aber dann heißt es: „Quantitativ erheblich stärker verbreitet sind jedoch Verwaltungen, in denen die Gleichstellungsbeauftragten über Ignoranz und Widerstände der Dienststellenleitung, eine geringe Anerkennung des Themas und ein großes Akezptanzdefizit der Gleichstellungsbeauftragten innerhalb der Dienststellen berichten.“
Etwas weiter hinten steht: „Offensichtlich bereitet die Handhabung des Gesetzes Schwierigkeiten.“ – Dieses Gesetz existiert jetzt seit neun Jahren. Es wird hier im Parlament mehrfach berichtet. Es wird vor Ort diskutiert, aber nichtsdestotrotz kommen die Frauenbeauftragten ganz häufig in die Situation, dass sie irgendwie als nette Girlande in einer Behörde oder in einer Institution angesehen werden, dass sie bestenfalls als Interessenvertretung der Frauen wahrgenommen werden, dass aber nicht deutlich wird, dass Gleichstellungsbeauftragte einen Auftrag für die gesamte Behörde bzw. für die gesamte Institution haben. Gleichstellung und Frauenförderung geht alle etwas an. Sie sind auch für Männer ein Gewinn.
Vielleicht erleben Sie Ähnliches. Es gibt oft schon ein bisschen panisch gefärbte Reaktionen auch von Män
nern, die dann fragen: „Brauchen wir jetzt Männerzirkel? Brauchen wir Männerförderung usw.?“ – Ich darf Sie alle beruhigen. Die Zahlen, die dieser Bericht liefert, zeigen, Sie sind noch lange nicht so weit, dass Sie sich abschotten müssen, weil Sie in bestimmten Bereichen noch ziemlich abgeschottet sind. Es geht eigentlich darum, dass wir die Frauen in diesem Bereich noch weiter stärken und Sie sich vor allen Dingen für diesen Bereich auch noch weiter aufmachen, also nicht in Zirkeln unterbringen, sondern aufmachen und mitmachen bei dem großen Thema „Gleichstellung“.
Der Bericht hat für mich noch einmal eines klar gemacht, dass Gleichstellung, Frauenförderpläne und Ähnliches nicht isoliert betrachtet werden können und der Blickpunkt und die Beachtung oder die Bedeutung dieses Themas vor allen Dingen bei den Personalverantwortlichen Einzug halten muss.
Frauenförderpläne sind nicht Dinge, die man formal abarbeiten soll, sondern Frauenförderpläne müssen zentraler Bestandteil von Personalentwicklung sein. Personalentwicklung braucht Vorlauf. Es braucht auch Zielsetzung. Frauenförderpläne schlägt man nicht erst auf, wenn es um die Besetzung einer konkreten Stelle geht, sondern Frauenförderpläne müssen in der Art aufgegriffen und umgesetzt werden, dass man das mit einem Vorlauf macht, mit Zielsetzungen macht, mit klaren Zielvorgaben macht und dann auch überprüft, ob man sie erreicht hat.
Das ist eben nicht nur Sache der Gleichstellungsbeauftragten, sondern das ist auch Sache der Personalverantwortlichen. Da haben die sich zu schulen. Dazu müssen sie von Dienststellenleitungen auch verpflichtet werden. Wenn wir diese Nuss nicht knacken, dann kommen wir nicht weiter. Dann bewegen wir uns beim Thema „Gleichstellung“ in vielen Bereichen noch im Schneckentempo. Ich will da Tempo machen.
Ich will nicht, dass wir in 50 Jahren immer noch hier stehen und sagen, in bestimmten Bereichen sind wir nicht vorangekommen.
Es ist auch deutlich geworden, dass ganz gravierende Mängel auch im Bereich von Personalentwicklung bestehen, wenn es um die Teilhabe und die Möglichkeiten von Fortbildung und Qualifizierung geht. Nur wenige
Dienststellen bieten zum Beispiel Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in Teilzeit an. Für Teilzeitbeschäftigte bedeutet das aber, dass sie vieles in ihren Arbeits- und Lebensabläufen umorganisieren müssen, um an Fortbildungen teilzuhaben. Sehr viele Fortbildungsanbieter bieten aber zum Beispiel keine organisierte Kinderbetreuung und Ähnliches an. Auch das bringt Teilzeitbeschäftigte – in der Mehrheit Frauen – in einen Nachteil. Ich glaube, das sollte eine Grundvoraussetzung werden. Nur mit entsprechenden begleitenden Angeboten – ob es Kinderbetreuung ist oder auch eine Einstellung auf die Teilzeit, in der dann Frauen und Männer beschäftigt sind – nimmt man eine Hürde bei der Teilnahme an Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen weg. Nicht die Vollzeitkraft darf da Maßstab sein, sondern alle anderen Arbeitszeitformen müssen dort auch gleichgestellt werden.