Protocol of the Session on August 23, 2001

Wir müssen uns auf den Weg machen, eine neue Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik zu gestalten, deren Leitbild die Nachhaltigkeit ist. Das Ziel muss sein, ein Bündnis zwischen Ökologie und Landwirtschaft zu schaffen, um die Zukunftschancen einer nachhaltigen Entwicklung als Gegenmodell der rein ökonomischen Globalisierung zu nutzen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die Bundesnaturschutznovelle überträgt eine große Verantwortung an die Land- und Forstwirtschaft. Ängste, dass an der guten fachlichen Praxis gerüttelt wird, sind unbegründet. Wir wollen, dass diese gute fachliche Praxis weiterhin in den Fachgesetzen geregelt ist. Dies wurde von der Landesregierung in der Bundestagsberatung somit beantragt. Sie sehen, dass sich die Landesregierung sehr wohl kümmert.

Dabei ist es keine Frage, dass die Tierhaltung in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenanbau stehen muss.

(Beifall bei SPD und FDP)

Positiv zu sehen ist die Verbesserung der Eingriffsregulierung. Durch Zusammenfassung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Eingriffs wird diese flexibler und praktikabler. Mit Panikmache ist niemandem gedient. Wir benötigen ein verantwortungsvolles Miteinander der Landwirtschaft, der Umweltverbände und natürlich der Verbraucher. Dabei ist mir sehr wohl bekannt, dass sehr viele Landwirte dieses verantwortungsvolle Miteinander längst praktizieren. Es kann nicht immer nur nach mehr und mehr gerufen werden, sondern wir benötigen Sicherheit in der Lebensmittelproduktion

(Beifall bei SPD und FDP)

und das notwendige Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit der Landschaft und der tierhaltenden Produktion. Zum Überleben der Erde gehört auch, auf etwas zu verzichten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Staatssekretär Hering das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Vorgehensweise der CDU-Fraktion und Ihre Rede, Herr Schmitt, sind – vorsichtig ausgedrückt – sehr sonderbar.

(Dr. Altherr, CDU: Das passt zu Ihnen!)

Seit Herbst vergangenen Jahres werden in der Öffentlichkeit die Eckpunkte des neuen Bundesnaturschutzgesetzes diskutiert. Alle gesellschaftlich relevanten Gruppen, die von dem Gesetz betroffen sind, setzen sich sehr intensiv mit diesem Gesetzentwurf auseinander, so zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in einem sehr differenzierten und ausführlichen Entwurf. Sie befasste sich rechtzeitig damit und teilte das Ergebnis der Landesregierung in einer sehr ausführlichen Stellungnahme im Mai dieses Jahres mit.

Es erfolgte nicht in geheimer Sitzung, sondern selbs tverständlich öffentlich – alle politisch Interessierten wissen, wann das beraten wird – am 13. Juli eine Debatte im Bundesrat mit einer klaren Positionierung der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Dazu gibt es ein Abstimmungsverhalten und ein Protokoll. Es ist schon sehr interessant, fünf Wochen später von Ihnen vorgetragen zu bekommen, was wir vor fünf Wochen hätten tun sollen, was wir im Wesentlichen getan haben. Das ist zumindest sehr sonderbar und ungewöhnlich.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich werde die Gelegenheit haben, Ihnen das im Einzelnen darzulegen. Bei diesem Gesetz sollten wir nicht vergessen, um welchen wesentlichen Punkt es geht. Einige Vorredner haben das zum Teil bereits ausgeführt.

Vor dem Hintergrund vielfältiger Umweltbelastungen kommt dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der biologischen Lebensvielfalt eine besondere Bedeutung zu. Erforderlich sind also Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, der Regenerationsfähigkeit der Naturgüter sowie der Tier- und Pflanzenwelt.

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass es in unserer Industriegesellschaft unvermeidbar ist, zusätzliche Flächen zu nutzen. Damit muss aber einhergehen, die Eingriffe in Natur, Umwelt und Landschaft verträglich

zu gestalten. Der Schutz, die Pflege, die Entwicklung und manchmal auch die erforderliche Wiederherstellung von Natur und Landschaft sowie die Verantwortung für künftige Generationen sind zentrale Anliegen dieses Gesetzentwurfs.

Meine Damen und Herren, Sie bitten um eine richtige Weichenstellung bei der Beratung des Bundesrats. Es ist aber schwierig, die Weichen richtig zu stellen, wenn der Zug an der Weiche bereits vorbeigefahren ist.

(Beifall bei SPD und FDP – Ministerpräsident Beck: Herr Schmitt hat sich mit voller Verve hinter den Zug geschmissen!)

So sind im Antrag der CDU-Fraktion zu einem Teil Forderungen enthalten, die bereits in der Stellungnahme des Bundesrats enthalten waren und bereits umgesetzt wurden. (Glocke der Präsidentin)

Diese Stellungnahme ist in einer umfassenden Abstimmungsarbeit in den Ländern mit den Gruppen, die rechtzeitig gemerkt haben, dass eine Abstimmung ansteht, erfolgt. Vor allem hat sich Rheinland-Pfalz in diesem Prozess sehr stark engagiert, weil wir ein von Landwirtschaft geprägtes Land sind und deshalb rechtzeitig erkannt haben, dass wir die Interessen unseres Landes wahren müssen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Hering?

Ja.

Herr Staatssekretär Hering, nehmen Sie zur Kenntnis, dass in dem Antrag – jetzt Richtung Bundesrat – steht: Eine Landesregierung kann, weil auch der Herr Ministerpräsident einer Partei angehört, die in Berlin tätig ist, auch dafür sorgen, dass die Bundesregierung nachher nicht im Bundesrat das umsetzt, was die Landesregierung Rheinland-Pfalz gemeinsam vorgeschlagen hat. – Das ist die Richtung.

Ich bewerte das Gesetz erst dann, wenn das Ergebnis in Berlin abgestimmt worden ist. Dann werden wir sehen, ob es erfüllt ist oder nicht.

Herr Schmitt, wie lautet Ihre Frage?

Ich habe die Landesregierung nicht kritisiert. Davon haben Sie kein Wort gehört.

Herr Schmitt, bitte stellen Sie Ihre Frage!

Ich habe gefragt, ob er das zur Kenntnis genommen hat.

(Zurufe aus dem Hause)

Herr Schmitt, es wäre nicht hinderlich, wenn eine Oppositionsfraktion rechtzeitig erkennen würde, wann eine Abstimmung ansteht und dann rechtzeitig der Landesregierung ihre Hinweise mitteilen könnte. Das wäre zumindest nicht schädlich, Herr Schmitt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt keine ICE-Trasse, keine neue Autobahn, kaum ein neues Gewerbegebiet, die nicht mit Nutzungsansprüchen an land- und forstwirtschaftlichen Flächen einhergehen.

Viele von Ihnen wissen auch aus eigener Tätigkeit, dass die Diskussionen nicht immer ganz einfach sind und meist mit großer Intensität geführt werden müssen.

Zu einigen Punkten möchte ich konkret Stellung nehmen.

Es ist richtig, der Gesetzentwurf enthält in einzelnen Punkten kritische Passagen. Die haben wir erkannt, und wir haben sie rechtzeitig im Bundesrat vorgetragen.

So bot sicherlich die vorgeschlagene Regelung in § 5 des Entwurfs Anlass zur Kritik, nämlich die Führung einer schlagspezifischen Dokumentation über den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Diese Kartei wäre gemäß dem Entwurf von den Landwirten zu führen und von der Landespflegeverwaltung zu prüfen gewesen. Die Landesregierung hat dies von Anfang an erkannt, hat sich gegen diese Regelung gewehrt und hat im Bundesrat Erfolg gehabt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Nicht durchsetzen konnte sich das Land Rheinland-Pfalz mit seiner Forderung nach einer obligatorischen Ausgleichsregelung für naturschutzbedingte Nutzungseinschränkungen in der Landwirtschaft. Meine Damen und Herren, Sie kennen aber die klare Positionierung in der Koalitionsvereinbarung, in der festgelegt ist, dass in diesem Fall ein Ausgleich zu erfolgen hat. Wir haben die Möglichkeit, im Zusammenhang mit der Umsetzung des Rahmengesetzes entsprechende landesspezifische Regelungen zu schaffen.

Die Forderung der Länder, nicht mit zusätzlichen Aufgaben befrachtet zu werden, ist immer legitim. Allerdings hat der Bundesrat festgestellt, dass der vorgelegte Gesetzentwurf nicht seiner Zustimmung bedarf. Wir waren in diesem Fall anderer Ansicht. Hieraus können wir aber

auch schließen, selbst wenn der Bundestag und die Mehrheit des Bundesrats der Ansicht sind, dass keine Zustimmungsbedürftigkeit gegeben ist, dass Zusatzbelastungen auf die Länder nicht zukommen dürfen. Wir werden das aufmerksam und auch rechtzeitig beobachten, ohne Ihren Hinweis abwarten zu müssen, Herr Schmitt. Dann könnte es schließlich zu spät sein.

Das gilt auch für den Bereich der Eingriffsregelung, mit der sich die CDU-Fraktion ebenfalls beschäftigt hat. In diesem Fall folgt zwar auf Betreiben des Landes Rheinland-Pfalz eine Erweiterung. Diese zielt darauf ab, dass die Ökokonto-Regelung künftig umfassender eingesetzt werden kann. Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, ist die Ökokonto-Regelung derzeit ausdrücklich nur für den Bereich des Baurechts gesetzlich geregelt. Sie hat sich sehr bewährt und die Kompensation vereinfacht. Sie soll nun generell nutzbar gemacht werden können. Das ist eine Tatsache, die uns insbesondere in der Landwirtschaft zugute kommt. Das wollen wir der Landwirtschaft auch gern zugute kommen lassen.

Meine Damen und Herren, da wir gerade von der Landwirtschaft sprechen, liegt es besonders nahe, auch kurz auf den Bereich des Vertragsnaturschutzes einzugehen, den Sie im Antrag auch erwähnt haben. Diese Forderung erscheint mir in Ihrem Antrag deshalb überflüssig, weil die besondere Bedeutung des Vertragsnaturschutzes nicht nur in der Koalitionsvereinbarung erwähnt ist, sondern weil er schon seit Jahren das Bild der rheinlandpfälzischen Umweltpolitik prägt. Wenn Ihnen das noch nicht bekannt ist, sind wir gern bereit, das im Ausschuss näher und ausführlich darzulegen, Herr Schmitt.

Ich erinnere daran, dass das Förderprogramm „Umweltschonende Landbewirtschaftung“ von Rheinland-Pfalz als einem der ersten Bundesländer umgesetzt worden ist. Das Programm läuft gut. Wir werden auf unseren Erfahrungen mit dem Vertragsnaturschutz weiter aufbauen.

Die Zeit zur Auswertung der Erfahrungen mit dem zuletzt 1998 geänderten und wegen EU-Vorgaben nicht umfangreich genug geänderten Bundesnaturschutz hat ausgereicht. Die CDU ist da anderer Auffassung. Aus meiner Sicht besteht aber kein Anlass, weiter zu warten.

So beschäftigt sich beispielsweise schon der Europäische Gerichtshof mit dem Vorwurf, die HabitatRichtlinien aus dem Jahr 1992 seien im Gesetz von 1998 nicht ausreichend umgesetzt. In diesem Fall wird durch den vorgelegten Gesetzentwurf eine Klarstellung erfolgen, die den Vorwurf ausräumen soll.

Sie verschafft den Ländern keine neuen Aufgaben; im Gegenteil, sie wird die Arbeit der Länder erleichtern. Auch in diesem Fall bestätigen mich die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Kompensation bei dem Bau der ICE-Trasse. Wir möchten gern bei weiteren sinnvollen Projekten solche vereinfachten, zielführenden Verfahren einsetzen. Deshalb wollen wir auch eine Umsetzung im Bundesnaturschutzgesetz, was schon einige Jahre vorher hätte erfolgen können, womit man der Landwirtschaft und den Verwaltungen einiges hätte erleichtern können.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat das bisherige Gesetzgebungsverfahren konstruktiv und dort, wo es notwendig war, auch sehr kritisch begleitet. Wir waren damit auch erfolgreich. In diesem Sinn wird die Landesregierung auch das weitere Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleiten.