Auch bei den anderen Großereignissen – so der Fußballweltmeisterschaft – wird die Kultur nicht fehlen. Das wichtigste Ereignis soll jedoch last, but not least in Trier stattfinden. Das Land Rheinland-Pfalz plant für das Jahr 2007 eine Landesausstellung zum Thema „Konstantin – Legenden, Lebensbilder, Kulturen an der Schwelle zum christlichen Europa“. Konstantin war in der Zeit von 306 bis 337 römischer Kaiser. Er ist es gewesen, der die staats- und religionspolitischen Grundlagen für das christliche Abendland gelegt hat. Durch seine persönliche Hinwendung zum Christentum gab er den entscheidenden Anstoß zur Synthese von Antike und Christentum. Damit steht er gleichrangig zwischen Augustus, dem Begründer, und Karl dem Großen, dem Erneuerer des Römischen Reiches. Er regierte von Trier aus und lenkte von dort aus zeitweise das Römische Weltreich.
Die Ausstellung wird nicht nur die historischen, kulturellen, kunsthistorischen, geistes - und religionswissenschaftlichen Dimensionen der Herrschaft Konstantins aufzeigen, sondern sie ist auch als touristisches und wirtschaftliches Großereignis konzipiert. In ihrem Wirkungskreis werden auch die angrenzenden Nachbarländer, der Raum der römischen Provinz Belgica, deren Hauptstadt Trier war, mit einbezogen.
Die Ausstellung verfolgt zwei Ziele. Zum einen will sie eine wissenschaftlich anspruchsvolle Präsentation über Leben und Wirken der bedeutendsten Leitfigur des spätantiken Kaisertums realisieren. Zum anderen aber soll damit zugleich eine Neupositionierung des Landes Rheinland-Pfalz insgesamt in der Großregion Saar-LorLux-Trier-Westpfalz erfolgen. Die Konstantin-Ausstellung soll, und sie wird als zentrales Marketinginstrument zur Stärkung der touristischen Attraktivität und damit auch der Wirtschaftskraft dieser Region eingesetzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Konstantin-Ausstellung ist ein kulturelles Großereignis, das aus meiner Sicht geradezu idealtypisch verdeutlicht, was Kultur und Kunst im Zusammenspiel mit Wissenschaft für die Gesellschaft zu leisten vermögen: Verständnis des Heute und damit Hilfe für Morgen durch Erfahrungen, wie man geworden ist, persönliche Erbauung, Identitätsbildung, aber auch ein wirtschaftlicher Motor.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund eines tief greifenden Strukturwandels unserer Gesellschaft habe ich Perspektiven der Kulturpolitik in RheinlandPfalz aufgezeigt. Kunst und Kultur werden in unserem Land auch weiterhin eine gute Zukunft haben, eine gute Zukunft aber nur dann, wenn wir die Augen vor den notwendigen Veränderungen nicht verschließen, sondern uns ihnen innovativ und konstruktiv stellen.
Meine Damen und Herren, ich darf weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder und Freunde der SPD Pirmasens sowie Pfadfinder aus Frankenthal. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Zöllner, die Koalitionsfraktionen werden sicher ihre Regierungserklärung, insbesondere den wortreichen theoretischen Überbau im ersten Drittel, gleich über den grünen Klee loben.
(Kuhn, FDP: Richtig! – Pörksen, SPD: Sie können schon mal anfangen! – Hammer, SPD: Sie haben die Chance, Erster zu sein!)
Sie haben versucht, aus der Defensive, in die Sie an vielen Stellen im Land mit Ihrer Politik geraten sind, ein Stück herauszukommen. Sie werden den Beifall Ihrer Anhänger finden, ich habe aber Zweifel, ob die Menschen, die sich für Kultur interessieren, Sie wirklich verstehen können.
Ihre Thesen über die Bedeutung der Kultur im gesellschaftlichen Leben sind zumindest gewagt. Glauben Sie wirklich, dass Wirtschafts-, Rechts- und Bildungspolitik entscheidend durch die Kultur bestimmt werden können?
Auch Ihre Prognosen sind übrigens gewagt. Erhalten die Musikschulen 2006 wirklich drei Millionen Euro mehr als bisher? Das wäre richtig und schön.
Wird das Arp-Museum wirklich bis 2007 – das wären dann immerhin genau zehn Jahre nach dem ursprünglich festgelegten Termin – eingeweiht?
Als anspruchsvoll habe ich Ihre Regierungserklärung schon empfunden: ein philosophischer Diskurs, aber mit Schwächen in Thesen und Schlussfolgerungen.
Ein anderes Beispiel: Wenn wir Umbrüche den Wissenschaften verdanken – das ist sicherlich so –, ist dann die Förderung junger Künstler – so wichtig und notwendig sie auch ist – wirklich die logische Konsequenz aus diesem Sachverhalt?
Sie formulieren: „Wir“ – und zwar wir Menschen – „sind auf dem Weg vom Objekt über das Subjekt zum Projekt.“
Irgendwie fühle ich mich aus dieser menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen; denn ich bin im Moment genau auf dem umgekehrten Weg, nämlich auf dem Weg vom Projekt – meiner Antwort auf Ihre Regierungserklärung – über das Subjekt – so wie Sie mich hier stehen sehen – zum Objekt – nämlich zum Thema, zur Kultur und zur Kulturpolitik.
„Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist vom Staat zu fördern.“ Diesen umfassenden Auftrag gibt uns Artikel 40 unserer Landesverfassung. Er ist oberste Maxime für die Kulturpolitik des Landes.
Vor dem Handeln steht die Bestandsaufnahme. Da kann ich Ihnen nur Recht geben. Sie zeigt für Rheinland-Pfalz das Bild einer lebendigen, vielfältigen Kulturlandschaft. Sie spannt den Bogen vom antiken Erbe, zum Beispiel in Trier, den drei Domen am Rhein in Speyer, Worms und Mainz – von Ihnen zu Recht „Schum“-Städte wegen der Vergangenheit im jüdischen Bereich genannt – bis zu Laientheatern an vielen Stellen im Land, von unterschiedlichen Präsentationsformen der Kunst aus Vergangenheit und Moderne bis zu Spitzenorchestern, von über 400 Museen bis zur musikalischen Früherziehung in der Musikschule, von der Kleinkunst mit soziokulturellem Hintergrund bis zu Festspielen vor großer Kulisse.
Letztendlich stellt dieses Spektrum eine Gemeinschaftsleistung vieler Väter und Mütter dar, so zum Beispiel:
privat in Ateliers, Galerien, auf Bühnen und im Freien durch Künstler selbst, durch Kunst- oder Kulturschaffende oder durch ehrenamtliches Engagement,
im gewerblichen Bereich durch professionelles Management, aber auch in Form von Spenden, Stiftungen und Sponsoring,
im kirchlichen Sektor durch die Verantwortung für Baudenkmäler und Kunst am Bau, kirchenmusikalische Ausbildung, Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive,
im Bereich des Rundfunks, insbesondere auf dem öffentlich-rechtlichen Sektor, durch Kulturprogramme initiativ und berichtend, aber auch durch kulturelle Einrichtungen; so verfügt allein der SWR in seinem gesamten Sendegebiet über fünf attraktive Klangkörper,
im Bezirksverband der Pfalz, am Beispiel der Pfalzgalerie in Kaiserslautern oder des historischen Museums in Speyer,
auf kommunaler Ebene, wo organisiert und gefördert wird, Angebote vor Ort am Bedarf und an Schwerpunkten ausgerichtet werden.
Vor diesem Hintergrund sind die Rolle des Landes zu bewerten und die Ziele der aktuellen Politik festzulegen. Im Grundsatz muss das Land dort mit der Kulturförderung einsetzen, wo die vorher genannten Ebenen, zum Beispiel wegen der Größenordnung der Aktivitäten, nicht leistungsfähig genug sind.
Herr Minister, Sie haben diesen Begriff ebenfalls gebraucht. Sie haben aber aus diesem ganzen Spektrum, das ich eben aufgezählt habe, nur die Kommunen herausgegriffen und mit zwei lapidaren Sätzen abgespeist.
Subsidiarität bedeutet nach Ihrer Deutung: „Die flächendeckende Kulturarbeit ist kommunale Aufgabe, Handlungsmöglichkeiten in den kommunalen Haushalten müssen, wo immer möglich, geschaffen werden.“
Abgesehen davon, dass diese Definition eines wichtigen Begriffes der christlichen Soziallehre absolut zu eng ist, weil Sie a priori alle anderen von mir genannten Träger ausschließen, ist der zweite Satz nicht mehr als eine bloße Worthülse. Wo bleibt denn Ihr Regierungshandeln in Sachen kommunaler Finanzkraft?
Inzwischen haben fast alle Kommunen unausgeglichene Haushalte. Alle kreisfreien Städte und 22 von 24 Landkreisen schreiben rote Zahlen.
Die Kommunen in Rheinland-Pfalz tragen mit einem Viertel aller kommunalen Schulden in der Bundesrepublik zur Statistik bei. Die ADD verhindert inzwischen in vielen Gemeinden kulturelle und auch sportliche Förderung. So rächt sich gerade in der Kulturlandschaft die stiefmütterliche Behandlung der Gemeinden durch diese Landesregierung.
Herr Minister Zöllner, zunächst hatten Sie für Ihre Regierungserklärung den Titel „Stillstand ist Rückschritt“ gewählt. Leicht könnte man eine ganze Reihe kultureller
Aspekte aufzählen, bei denen teilweise allein schon durch die kritische Haushaltslage Stillstand zu attestieren ist, der aber nicht unbedingt in jedem Fall schon Rückschritt bedeutet. Umgekehrt ist längst nicht alles, was als Fortschritt deklariert wird, am Ende auch wirklich als Verbesserung einzustufen.
Möglicherweise haben Sie die selbst gegrabene Grube gerade noch rechtzeitig erkannt und sind deshalb einem anderen Wegweiser gefolgt: „Ohne Veränderung keine Zukunft!“ Damit verbinden Sie offensichtlich eine andere Suggestion, nämlich, dass sich Veränderungen prinzipiell positiv auswirken. Entscheidend ist aber in jedem Einzelfall nicht die Veränderung selbst, sondern ihre Qualität und die Notwendigkeit.
Lassen Sie mich zu diesem Gesichtspunkt einige Detailbewertungen zu Ihren Ausführungen und zu verschiedenen Entwicklungen Ihrer Kulturpolitik abgeben. Wir wissen doch alle – Zitat –: „Die Basis ist immer noch das beste Fundament einer jeden Grundlage.“