Protocol of the Session on February 12, 2004

(Schweitzer, SPD: Ich habe Ihnen schon die Antwort gegeben!)

Ich habe es nicht für glücklich gehalten, als die CDU vorgeprescht ist. Ich habe nämlich Angst gehabt, dass der schwierige Prozess hinsichtlich Ihrer Fraktion sozusagen gestört würde und wir noch einmal ein halbes Jahr verlieren, wenn eine Fraktion vorprescht.

Dann haben Sie nichts Besseres zu tun gehabt, als einen Vorschlag dagegenzusetzen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich hielt die Vorarbeit, die Professor Dr. Schoch gemacht hat, für ausreichend, für ausgezeichnet und sah überhaupt keinen Anlass, aufgrund dieser Vorarbeit einen eigenen Antrag einzubringen. Ich habe das für eine hervorragende Grundlage gehalten, und das Ergebnis zeigt, dass wir sie genutzt haben.

(Schweitzer, SPD: Alle Fraktionen haben einen Antrag eingereicht, nur Sie nicht!)

Von daher war es an dieser Stelle albern und nicht sachgerecht, irgendwelche Anträge einzubringen. Es ist in der Rückschau weiterhin albern. Das Ergebnis zeigt es auch. Es hat nur den Prozess ein bisschen aufgehalten, konnte ihn aber nicht stören. Da wir das Konnexitätsprinzip von Anfang an haben wollten, wollten wir nichts tun, was diesen Prozess aufhält, im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich habe zu Anfang darauf hingewiesen, dass ich noch darauf eingehen will, weshalb dieses Ergebnis so gut ist, wie es ist.

Ich habe zunächst einmal gesagt, es ist eindeutig. Es ist eindeutig, weil wir die strikte Konnexität bekommen werden. Das ist bereits ausgeführt worden.

Es ist nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch politisch ein klares Signal an unsere Kommunen. Dieses Signal ist längst überfällig.

Zum Zweiten habe ich darauf hingewiesen: Die Kommunen können sich erstmals effektiv zur Wehr setzen, wenn dieses Prinzip durchbrochen werden sollte. Das ist auch wichtig. Es wird keine Klagewelle geben, sondern alle Erfahrungen zeigen, dass der Gesetzgeber klug genug sein wird, bei der Gesetzgebung darauf zu achten, keinen Verstoß in das Konnexitätsprinzip einzubauen.

Nun war in der Kommission die Frage umstritten – das kann man nicht so leicht abtun –, wie wir damit umgehen, dass es bundesrechtlich im Grundgesetz noch kein Konnexitätsprinzip gibt und es weiterhin bundesgesetzliche Regelungen geben wird, die die Kommunen negativ betreffen können.

Der Vorschlag von Professor Dr. Schoch lautete, dass das Land sozusagen in die Haftung für bundes- und EUrechtliche Regelungen eintritt, und wenn der Bund ein Gesetz beschließt, das die Kommunen finanziell belastet, hat das Land einzutreten.

Ich möchte Ihnen sagen, auch in diesem Punkt ist uns die beste Lösung gelungen. Verfassungsrechtlich macht die Formulierung, die Herr Professor Dr. Schoch vorgeschlagen hat, durchaus Sinn. Sie ist logisch; denn die Kommunen sind Bestandteil der Länder. Herr Schweitzer, das müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen.

(Schweitzer, SPD: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

Es gibt keinerlei Möglichkeit, dass sich die Kommunen direkt an den Bund wenden können, wenn ihre Interessen verletzt werden. Sie haben keinerlei direkten Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes. Von der gesamten Staatskonstruktion, von der kommunalrechtlichen Konstruktion unseres Landes ist es logisch, dass das Land hier eintritt, weil das Land den Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes hat.

Man kann natürlich nicht immer der strikten Logik, der verfassungsrechtlichen Logik folgen, sondern man muss auch die Politikpraxis mit einbeziehen. Wenn wir die Politikpraxis mit einbeziehen, müssen wir feststellen, dass die Übernahme der Haftung des Landes für die Gesetzgebung des Bundes das Land leicht überfordern könnte, und das können wir auch nicht wollen.

Wenn das Land als einziges Bundesland eine solche Regelung eingeführt hätte, hätte es schnell isoliert gestanden. Ich glaube, wir hätten dem Land keinen Gefallen getan, egal, wer die Regierung dieses Landes stellt. Deshalb haben wir auch hier keinen Kompromiss, sondern eine Lösung in der Form gefunden, dass wir in einem Entschließungsantrag die Landesregierung auffordern – – –

Um kurz wiederzugeben, welche lustige Diskussionen geführt werden: Es wurde vorgeschlagen, die Landesregierung aufzufordern, initiativ zu werden, um das Konnexitätsprinzip in das Grundgesetz einzuführen. Es gab dann einen Änderungsantrag der SPD, dem wir entsprochen haben, wo gesagt worden war, wir bitten die Landesregierung darum. Solche Kinkerlitzchen haben wir auch veranstaltet. Aber die Lösung, die wir gefunden haben, ist auch in dieser Frage insgesamt gut.

Zusammenfassend kann man sagen, das Konnexitätsprinzip, das wir nun bekommen werden, wird nicht schnell, nicht unmittelbar und nicht sofort etwas an der Finanzsituation der Kommunen verändern. Es wird die Kommunen zukünftig vor Mehrbelastungen schützen, die vom Land ausgehen. Damit wird Politik für die Kommunen ein Stück kalkulierbarer.

Was ich für ganz wichtig halte: Wenn ich mir einige Diskussionen der letzten Jahre anschaue, beispielsweise im Kinderbetreuungsbereich, dann wird der politische Widerstand vonseiten der Kommunen für bestimmte gesetzliche Regelungen des Landes zurückgehen, weil eine Motivation zumindest wegfällt, nämlich die, dass sie für etwas bezahlen müssen, wofür sich andere feiern lassen. Das heißt, die Konnexität ist ein kleines Mosaiksteinchen, das in der Zukunft bezüglich der Neuregelungen der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen immer stärker wirken wird.

Herr Kollege Pörksen, ich bin froh, dass Sie angekündigt haben, dass die Fraktionen sich in wenigen Wochen für einen gemeinsamen Gesetzentwurf zusammensetzen werden. Den Text des Gesetzentwurfs haben wir vorliegen. Von daher brauchen wir so viel Vorarbeit für den Text nicht mehr.

Ich gehe auch davon aus, dass wir sehr schnell eine Verfassungsänderung werden vornehmen können. Das befreit uns nicht von der Notwendigkeit, die Reform der Gewerbesteuer bzw. die Reform der kommunalen Finanzen auf Landes- und auf Bundesebene weiter voranzutreiben, die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen neu zu ordnen und, was das Land angeht, die besonderen Probleme der Oberzentren – die StadtUmland-Problematik – neu zu regeln und zu Verbesserungen zu kommen.

Manchmal gibt es Prozesse, die am Anfang etwas schwierig sind. Da kann man sich fragen, um noch einmal auf die gruppentherapeutische Situation vom Anfang zurückzukommen, ob jetzt vielleicht ein Knoten geplatzt oder sich ein entscheidender Widerstand gelöst hat. Ich kann Ihnen nach meinem Eindruck sagen, ich weiß es nicht, aber ich bin guter Hoffnung.

Ich danke Ihnen herzlich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgabe der Enquete-Kommission ist es, Vorschläge für die von den Kommunen wahrzunehmenden Aufgaben und deren Finanzausstattung zu entwickeln. So der Einsetzungsbeschluss aus dem Jahr 2002.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Sie werden es mir nachsehen, ich bin zum ersten Mal in einer EnqueteKommission. Es war für mich schon gewöhnungsbedürftig, wie wir die ersten Monate mit Papieren und Zahlen regelrecht zugeschmissen wurden.

Herr Vorsitzender, Sie waren nicht ganz unbeteiligt, dass letztendlich so viel Papier produziert wurde.

Ich mache keinen Hehl daraus – Herr Kollege Marz, ich will Ihren Ausführungen nicht widersprechen –, dass es meines Erachtens letztlich die Sachverständigen Professor Dr. Schoch und Professor Dr. Wieland waren, die die Reißleine gezogen haben, um nach Monaten der Stagnation Bewegung in das Ganze zu bekommen. So hat sich letztlich bis Ende des Jahres 2003 doch noch etwas bewegt.

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der kommunalen Finanzen begrüßt es die FDP-Fraktion ausdrücklich, dass hinsichtlich der Frage einer Verfassungsänderung zur Einführung des Konnexitätsprinzips gegen Ende des abgelaufenen Jahres eine Einigung in der Enquete-Kommission erzielt werden konnte. Umfangreiche und gründliche Beratungen gingen dem voraus. Die Kolleginnen und Kollegen, die vor mir geredet haben, haben das im Detail dargelegt. Wir begrüßen ausdrücklich, dass in dieser wichtigen Frage alle Fraktionen an einem Strang gezogen haben – vor allen Dingen in die richtige Richtung. Damit wurde in RheinlandPfalz der Weg dafür geebnet, als letztes Flächenland der Bundesrepublik Deutschland ein finanzverfassungsrechtliches Konnexitätsprinzip in unserer Landesverfassung zu verankern und den Kommunen so einen formellen Rechtsanspruch bei finanziellen Mehrbelastungen durch die Einführung neuer Aufgaben oder die Aufstockung von landesrechtlichen Standards einzuräumen.

Meine Damen und Herren, wichtig war es uns stets, eine Formulierung zu finden, die möglichst wenig Anknüp

fungspunkte für verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Land und Kommunen bietet. Vor diesem Hintergrund haben wir wegen des Erfordernisses der Gleichzeitigkeit in der von der Enquete-Kommission beschlossenen Fassung einige Bauchschmerzen gehabt. Daraus mache ich keinen Hehl. Wir sehen in dieser Formulierung eine nicht gänzlich auszuschließende Gefahr, dass übertragene Aufgaben nur deshalb als nichtig angesehen werden könnten, weil eine Kostenerstattungsregelung in einem separaten Gesetz das Kriterium der Gleichzeitigkeit formal nicht erfüllen könnte. Dessen ungeachtet tragen wir selbstverständlich den gefundenen Formulierungsvorschlag uneingeschränkt mit.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hat stets den Standpunkt vertreten, dass hinsichtlich der Modalitäten der Kostendeckung Gestaltungsmöglichkeiten bestehen müssen. So müssen beispielsweise neue Finanzquellen erschlossen oder bestehende Finanzquellen erweitert werden können, um eine aus einer Aufgabenübertragung resultierende Mehrbelastung der Kommunen auszugleichen. Ferner muss dem Land die Möglichkeit eingeräumt werden, andere ausgabenträchtige Aufgaben abzubauen oder kostentreibende Standards zu senken. Um diese größere Flexibilität zu erhalten, hätten wir uns gewünscht, dass die Ergänzung „finanzieller Ausgleich“ aus der Formulierung gestrichen wird, um klar zum Ausdruck zu bringen, dass es gerade nicht zwingend darum geht, einen finanziellen Ausgleich für die Einführung neuer Aufgaben oder die Aufstockung von Standards zu schaffen, sondern dass dieser Ausgleich selbstverständlich durch andere Kompensationsmaßnahmen erfolgen kann.

Diese Anregung unsererseits fand jedoch leider keine Mehrheit in der abschließenden Beratung der EnqueteKommission. Die nun beschlossene Empfehlung der Kommission interpretieren wir aber dennoch so, dass hinsichtlich der Modalitäten der Kostendeckung zuvor aufgeführte Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.

Meine Damen und Herren, es wäre vermessen zu glauben, dass die Einführung des Konnexitätsprinzips eine 100%ige Sicherheit gegen Mehrbelastungen der Kommunen bei der Einführung neuer Aufgaben bietet. Sie kann aber sehr wohl ein Instrument zur verlässlicheren Gestaltung der kommunalen Einnahmenseite und damit zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung sein.

Deshalb war und ist die Einführung des Konnexitätsprinzips ein richtiges und vor allem ein außerordentlich wichtiges Signal für unsere Städte und Gemeinden. Diese haben deshalb völlig zu Recht seit langem eine entsprechende Verfassungsänderung in Rheinland-Pfalz eingefordert.

Meine Damen und Herren, die Enquete-Kommission hat sich auf eine Empfehlung verständigt, wonach an die Ausführung von Bundesgesetzen und des Rechts der Europäischen Union ohne eigenen landesrechtlichen Gestaltungsspielraum keine Konnexitätsfolgen geknüpft werden. Das war richtig so. Eine Ausdehnung des Konnexitätsprinzips auf Entscheidungen des Bundes und der Europäischen Union würde dieser Verknüpfung zwischen Kostenverursacher und Kostenbelasteten nicht

entsprechen. Aus dem Grundsatz „Wer bestellt, der bezahlt“ würde das Prinzip „Das Land Rheinland-Pfalz zahlt immer“. Das kann nicht sein. Deshalb haben die Regierungsfraktionen Bestrebungen der CDU-Fraktion in diese Richtung von vornherein eine klare Absage erteilt.

Meine Damen und Herren, dessen ungeachtet müssen wir für die Finanzierung der durch Bundes- und EURecht veranlassten Aufgabenübertragungen Vorsorge treffen. Verantwortlich hierfür ist allerdings der Bund als Verfassungsgesetzgeber. Dieser muss die Konnexitätsgrundsätze nach dem Grundgesetz auch auf die Kommunen erstrecken.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss kurz einen Ausblick auf die weitere Arbeit der Enquete-Kommission geben. Angesichts der teils prekären Situation unserer kommunalen Haushalte müssen der Einführung des Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung weitere Maßnahmen folgen. Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Standardflexibilisierung im kommunalen Bereich wurde hierzu ein erster Schritt gemacht, um die Kommunen im bestehenden System schrittweise von Aufgaben und Kosten zu entlasten. Gleichwohl müssen wir uns in der EnqueteKommission weiter mit dem Thema befassen, um so die Kommunen weiter von Standards zu entlasten und ihnen wieder spürbare Handlungsspielräume zu verschaffen.

Meine Damen und Herren, zu den künftigen Aufgaben der Enquete-Kommission wird es auch gehören, das Miteinander von Land und Kommunen noch verlässlicher zu gestalten; denn letztlich geht es nicht nur darum, die kommunalen Finanzen zu verstetigen, sondern auch unsere Kommunen in die Lage zu versetzen, modernen Anforderungen an die öffentliche Verwaltung zu entsprechen. Hierzu sind die Verwaltungen zu veschlanken, zu modernisieren und ihre Funktion neu zu gestalten.

Meine Damen und Herren, bei aller Aufgabenkritik dürfen allerdings keinesfalls Aspekte der Wirtschaftlichkeit, der Qualität und vor allem der notwendigen Bürgernähe von kommunalen Verwaltungen unberücksichtigt bleiben. Für die FDP-Fraktion hat die kommunale Selbs tverwaltung in Rheinland-Pfalz absolute Priorität.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Zuber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In ihrem Zwischenbericht an den Landtag empfiehlt die EnqueteKommission „Kommunen“ die Aufnahme eines strikten Konnexitätsprinzips in die rheinland-pfälzische Landesverfassung. Als Kommunalminister begrüße ich diesen Vorschlag, wobei mir besonders bemerkenswert erscheint, dass dieser Bericht einvernehmlich mit den

Stimmen der Kommissionsmitglieder aller im Landtag vertretenen Fraktionen gefasst worden ist.