Der Zwischenbericht zur Zukunft der Ausbildung wurde einstimmig angenommen. Er nimmt die Positionen aller Fraktionen auf. Er liegt dem Parlament unter der Drucksache 14/2880 vor.
Auch ohne dass über die Empfehlungen im Einzelnen abgestimmt wurde, zeigt der Bericht, dass es neben den Unterschieden auch zahlreiche gemeinsame Positionen gibt. Es ist dem Parlament vorbehalten, ob es Empfehlungen von Enquete-Kommissionen aufgreift. Die Fraktionen kamen deshalb überein, mit diesem Zwischenbericht dem Landtag zugleich Anträge zur Zukunft der Berufsausbildung vorzulegen. Die Anträge sollten nach Möglichkeit gemeinsam in den Ausschüssen beraten werden. Es wird sich dann zeigen, welche Schlussfolgerungen der Landtag konkret – gemeinsam oder mit Mehrheit – aus diesem Zwischenbericht ziehen will.
In der Aussprache ist Gelegenheit, auf Einzelheiten einzugehen. Ich möchte nur noch eines hervorheben: Weder mit der heutigen Beratung noch mit der Beratung der vorliegenden Anträge ist die Debatte um Qualifikation, um Aus- und Weiterbildung zu Ende. Dieses Thema – so viel wurde in den Beratungen der Kommission schon deutlich – ist eines der wichtigsten für eine gute Zukunft der Arbeit. Es wird uns weiter beschäftigen.
Abschließend möchte ich mich bedanken. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen in der EnqueteKommission für ihre sachliche und konstruktive Zusammenarbeit, bei den sachverständigen Mitgliedern der Kommission, die ganz wesentlich zu dem bisherigen Erfolg der Beratungen beigetragen haben, bei der Landesregierung, insbesondere bei Herrn Staatssekretär Dr. Auernheimer, sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, die durch ihre prompte und umfangreiche Zuarbeit diesen Zwischenbericht mit ermöglicht haben. Nicht zuletzt bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Landtagsverwaltung. Stellvertretend bedanke ich mich bei Herrn Dr. Edinger für die Abfassung des Zwischenberichts.
Die Fraktionen haben eine Redezeit von 15 Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Abgeordneten Weiner das Wort
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich mit der Zukunft der Arbeit befasst, muss zunächst einmal eine Analyse der gegenwärtigen Lage im Land erstellen. Einer der größten Problembereiche – da war sich die Kommission schnell einig – ist die berufliche Bildung. Wir haben das auch heute wieder in der Aktuellen Stunde zum Thema „Unterrichtsausfall“ kennen gelernt. Deshalb hat die Enquete-Kommission die berufliche Bildung zu ihrem ersten Schwerpunktthema gemacht.
Ich möchte mich dem Dank, den Herr Kollege Schwarz gegenüber allen Beteiligten ausgesprochen hat, anschließen. Wir danken allen Beteiligten, den Sachverständigen, den Anzuhörenden sowie den Mitarbeitern der Landtagsfraktionen und der Landtagsverwaltung für die gute Zusammenarbeit.
Ich würde sagen – ad fontes – gehen wir zu den Quellen. Wenn wir hinter den soliden Zwischenbericht schauen und das Protokoll der Anhörung vom 4. September 2003 zur Hand nehmen, können wir in einer noch viel deutlicheren Sprache die verbalen Hilferufe all derer, die mit der beruflichen Bildung zu tun haben, vernehmen und nachlesen.
Voranstellen möchte ich eine Feststellung der IHK, wonach – ich zitiere – „der Ausbildungsmarkt nur ein Spiegelbild der Wirtschaftslage der Unternehmen ist“. Der IHK-Vertreter stellte bei der Anhörung lapidar fest – ich zitiere wieder –, „dass Betriebe, die insolvent sind, nicht mehr ausbilden können“. Das ist eines der zentralen Probleme.
Die schlechten Bedingungen in der beruflichen Bildung sind aber der zweite Hauptbrocken unter den Problemen. Der Betriebsratsvorsitzende und Leiter der Verbundausbildung der Kömmerling Kunststoff GmbH, Herr Klaus Maier, hat dies in der Anhörung mit einfachen Worten so ausgedrückt – dieses Zitat sollten wir uns aufschreiben und merken –: „Die ersten sechs Monate“ – so Herr Maier – „machen wir keine Ausbildung. In den ersten sechs Monaten machen wir Reparaturbetrieb für das, was wir vom System der allgemein bildenden Schulen bekommen.“ Meine Damen und Herren, das spricht Bände. Ausbildungsfirmen sehen sich als Reparaturbetrieb für die Versäumnisse an den Schulen des Landes.
Die IHK beklagt, dass zu viele Bewerber keinen Schulabschluss haben. Ich zitiere: „Wir haben in Rheinland-Pfalz mehr Jugendliche, die keinen Schulabschluss haben, als unversorgte Bewerber um Lehrstellen.“ So viel zum Thema „Ausbildungsabgabe“ hätte ich jetzt sagen können. Frau Flach vom Landesarbeitsamt spricht das Problem der nicht vermittelbaren Jugendlichen an. Ich zitiere: „50 % aller Jugendlichen, die im
August als ausbildungssuchend gemeldet sind, sind so genannte Altbewerber, die bereits aus dem Jahrgang zuvor stammen. Das kann auf die Dauer nicht so weitergehen.“
Schüler, die zu wenig Wissen über Beruf und Wirtschaft mitbringen und nicht ausreichend motiviert sind – ich zitiere aus dem Protokoll der Anhörung –, das haben uns diejenigen berichtet, die tagtäglich mit den Auszubildenden und den Schülern des Landes zu tun haben.
Meine Damen und Herren, als zwei Anzuhörende sogar von sozial behinderten Bewerbern sprachen, gab es ähnlich wie eben Unruhe im Raum. Angesichts der mittlerweile immer stärker bekannt werdenden Welle von Gewalt unter Jugendlichen, insbesondere in den Berufsvorbereitungsjahren, ist dieser Begriff eher noch eine feinsinnige Umschreibung.
Meine Damen und Herren, neben den Ausbildungsbetrieben sind die Berufsschulen der zweite Reparaturbetrieb für die Versäumnisse der Bildungspolitik an den allgemein bildenden Schulen. Selbst die Schulabgänger mit einem Abschluss haben viel zu wenig Wissen über einfache wirtschaftliche Zusammenhänge und die Berufswelt.
Herr Lange von der Landesschülervertretung unterstreicht dies mit der Aussage, dass den Schülern vor ihrer Berufswahl – ich zitiere – nur etwa 10 % der Berufsbilder bekannt sind. Ein Umfrageergebnis des Bundesverbands deutscher Banken bringt an den Tag, wie weit Anspruch und Wirklichkeit an unseren allgemein bildenden Schulen auseinanderklaffen. 65 % der Hauptschulabsolventen geben an, noch nie etwas vom Grundprinzip Angebot und Nachfrage im Unterricht gehört zu haben. So zieht sich die Klage über das Bildungssystem in Rheinland-Pfalz wie ein roter Faden durch die ganze Anhörung.
Meine Damen und Herren, als Ergebnis dieser Anhörung kann ich nur feststellen, dass die Politik, insbesondere die Bildungspolitik, in einem viel größeren Maß für die Misere der beruflichen Bildung verantwortlich ist, als viele im Raum zuzugeben bereit sind.
Bevor nachher – wir ahnen es – die GRÜNEN wieder mit dem Finger auf die Betriebe zeigen und eine Ausbildungsabgabe fordern, sollten erst einmal im Land wie auch im Bund die Hausaufgaben in der Politik gemacht werden.
Die CDU-Landtagsfraktion hat als erste Fraktion des Hauses einen Antrag vorgelegt. Diese Initiative wird Ihnen meine Kollegin, Frau Thelen, in der zweiten Runde ausführlich vorstellen.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen sollen in Zukunft nicht mehr die Reparaturbetriebe für die Versäumnisse an den allgemein bildenden Schulen sein.
Herr Ministerpräsident, die Landesregierung ist gefordert, die Lehren aus diesem Bericht zu ziehen. Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor ein paar Tagen sprach mich eine Schülerin an, sie hätte große Angst, keinen Ausbildungsplatz zu bekommen, und bat mich um meine Hilfe. Dieses überaus sympathische junge Mädchen wird mit Sicherheit große Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, weil sie nämlich eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen besucht.
Von zentraler Bedeutung ist es für uns – darum habe ich diese Geschichte vorab gestellt –, Mittel und Wege zu finden, denjenigen noch mehr Hilfen an die Hand zu geben, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den gemeinsamen Antrag der SPD und FDP ansehen, werden Sie feststellen, dass der Themenbereich „Unterstützung leistungsschwacher und benachteiligter Jugendlicher“ einen großen Rahmen einnimmt. Ziel muss es sein, allen Jugendlichen, auch den lernschwachen und den eher praktisch Begabten, eine betriebliche Ausbildung zu ermöglichen. Es soll erreicht werden, beispielsweise durch Teilqualifikationen, die zertifiziert worden sind, Angebote gestufter oder modalisierter Aus- und Weiterbildung und die Vereinfachung von Nachqualifizierungen einen vollwertigen Berufsabschluss zu erreichen.
Wir wollen diesen benachteiligten Jugendlichen Schritt für Schritt helfen, eine berufliche Qualifizierung zu erhalten. Wir müssen über viele Dinge reden, inwieweit das verbessert werden kann. Fest steht, das ist unser eiserner Wille.
2. Für wahrscheinlicher halte ich, dass Sie ihn gelesen und missverstanden haben; denn es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass wir an der Seite der jungen Menschen stehen und sie fördern wollen.
Es gibt bereits viele Maßnahmen, die die benachteiligten jungen Menschen unterstützen, wie beispielsweise die Jugendscouts. Wir wollen diese laufenden Maßnahmen noch mit den Maßnahmen flankieren, die wir in unserem Antrag erwähnt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, all das geschieht unter der Überschrift „Fördern und Fordern“. Ich halte es für redlich, darüber nachzudenken, was wir mit den jungen Leuten machen. Es sind zum Glück nur ein paar. Von den GRÜNEN wird es so aufgebauscht, als wäre die ganze Jugend so, und sie hätte keine Lust auf eine Ausbildung.
Abgesehen davon ist das eine Verfahrensweise, die in vielen Landkreisen und Städten schon durchgeführt wird. Das ist zum Glück selten der Fall, passiert aber. Ich halte es auch für legitim. Ich halte jedoch nicht für legitim, dass die GRÜNEN meinen, sie sind die Guten und diejenigen von der SPD und der FDP sind die Bösen, weil diese Sanktionen in Erwägung ziehen. Das halte ich für unredlich.