Es könnte gut sein, dass der Bundesinnenminister dann eine ganz neue Organisation präsentieren kann und will. Deshalb warne ich davor. Dann geht es nämlich um die Abteilung Kriminalpolizei, ehemaliges BKA, und dann geht es um die Abteilung Schutzpolizei. Das ist der Bundesgrenzschutz. Dann sind wir in Rheinland-Pfalz mittendrin. Dann geht es nämlich um die Grenzschutzdirektion in Koblenz mit mehreren 100 Beamten.
Wir sind meiner Meinung nach alle klug beraten, gemeinsam zu versuchen, dass es zu diesem Dammbruch nicht kommt. Wir sollten alles tun, damit das BKA an
seinen Standorten in Wiesbaden und Meckenheim bleibt. Ich begrüße es, dass ein zunächst auf unsere Initiative hin als erster Antrag formulierter Begleitantrag jetzt von allen Fraktionen mitgetragen wird.
Erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zur Situation der Kommunen und zu der von der Verfassung garantierten kommunalen Selbstverwaltung.
Meine Damen und Herren, nachdem wir dreidimensionale Farbaufnahmen vom Mars betrachten können, scheint mir der Abstand zwischen Mars und Erde weitaus geringer zu sein als die Kluft zwischen der verfassungskonformen Finanzausstattung und der tatsächlichen Finanzsituation in den Kommunen in RheinlandPfalz.
Lassen Sie mich dies anhand einiger weniger Zahlen und Aussagen nur des vom Innenministerium vorgelegten Gemeindefinanzberichts belegen. Seit mehr als zehn Jahren weisen die Haushalte der Gemeinde und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz einen ständig negativen Finanzierungssaldo aus. Das Finanzierungsdefizit in 2001 und 2002 umfasst insgesamt knapp 1 Milliarde Euro und ist damit im Zehn-Jahres-Vergleich mit Abstand das höchste Defizit gewesen. Man hatte nicht gedacht, dass man das noch einmal toppen kann. Das war in 2003 wiederum der Fall.
In 2003 hat sich die Situation nochmals dramatisch verschlechtert. Dort hatten allein 143 Kommunen in diesem Land einen Fehlbedarf von über 1 Milliarde Euro. Wir können Wetten abschließen, wie es im Jahr 2004 aussieht, wenn die Haushalte überall verabschiedet sind. Die Kurve von 2001, 2002, 2003 auf 2004 kann Ihnen sogar ein PISA-geschwächter Fünftklässer prognostizieren.
Man könnte in dem Zusammenhang auch noch darauf hinweisen – die Zahlen, Daten und Aussagen sind Ihnen allen bekannt –, dass auf die rheinland-pfälzischen Kommunen mehr als ein Viertel des Gesamtdefizits entfällt, obwohl der Bevölkerungsanteil nur bei knapp 5 % liegt. Diese Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.
Ich denke, es wäre für eine sachgerechte Diskussion schon viel gewonnen, wenn Sie nicht ständig die Situation der Kommunen schönreden würden, sondern gemeinsam an die Lösung der Probleme herangingen.
In diesem Zusammenhang will ich gleich mit noch einer Mär aufräumen, nämlich die Einnahmenentwicklung des Landes verlaufe etwa gleichmäßig wie die der Kommunen.
Ich will Ihnen auch diese Zahlen nicht vorenthalten. Von 1975 bis 2000 sind die bereinigten Einnahmen des Landes um über 184 % gestiegen, nämlich von 3,07 Milliar
den Euro auf 8,73 Milliarden Euro, im gleichen Zeitraum die der Kommunen nur um 138 % von 2,48 Milliarden Euro auf 5,91 Milliarden Euro. Unterstellt man eine gleichmäßige Einnahmenentwicklung – für die Kommunen in gleicher Weise wie für das Land – von 184 % stünde den Kommunen heute 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung.
Wenn man sieht, dass es in einer Reihe anderer Bundesländer den Städten möglich ist, auch in 2003 noch ausgeglichene Haushalte zu verabschieden, lässt sich feststellen, dass die Landesregierung ihre Verantwortung, für die kommunale Finanzausstattung zu sorgen, längst aufgegeben hat.
Die SPD hatte Recht, als sie auf den Vorschlag von Minister Bauckhage hin, die Verbandsgemeinden abzuschaffen, davon sprach, hier werde der zweite Schritt – ich meine sogar der dritte Schritt – vor dem ersten getan.
Meine Damen und Herren Kollegen, wenn man die Ergebnisse der Enquete-Kommission abwarten will, muss man die Kommission auch arbeiten lassen.
Es ist zu bedauern, dass die sachliche Atmosphäre in der Kommission nicht auch im Plenum möglich ist und in dieser Sitzung alle Fraktionen einstimmig einen Weg beschließen – ich kann mir nach dem, was der parlamentarische Geschäftsführer der SPD zum Haushalt des Landtags gesagt hat, den Appell sparen –, um die Frage des vertikalen Finanzausgleichs und der sachgerechten und aufgabengerechten Finanzausstattung zu ermitteln. Das ist der Einstieg für die Frage, wie es mit den Kommunen weitergehen kann.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Normalerweise könnte man sagen: Gut gebrüllt Löwe. – Es hört nur niemand mehr zu. Da Ihr Fraktionsvorsitzender rechtzeitig zu Ihrer Rede aufgetaucht ist, war mir klar, welche Rede gehalten wird. Wenn Sie Ihre Rede mit Herrn Freiberg anfangen – Sie hätten auch Herrn Märkert nehmen können –, erschreckt mich deren Zitate nach deren Verhalten in den letzten Monaten nicht so sehr.
Das heißt nicht, dass die Innere Sicherheit nicht ein besonderes Problem darstellt. Die Äußerung und die Verhaltensweisen dieser Herren sind nicht dazu angetan, ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Das gilt in besonderer Weise für Herrn Märkert.
Wenn Sie sich mit Zahlen auseinander setzen und über die Entwicklung der Einkommensverhältnisse der Polizei reden, reden Sie über eine sehr positive Entwicklung. Sie müssen wissen, dass die Zahl derjenigen, die damals im Jahr 1991 3.500 DM verdient haben – das waren damals ca. 60 % bis 68 % – heute bei 2,4 % liegt.
Warum ist das so? Das ist so, weil sie eine Ausbildung erfahren haben, die in der ganzen Bundesrepublik ihresgleichen sucht. Das ist der Hintergrund. Das hat doch wohl auch etwas mit Innerer Sicherheit zu tun. Es ist völlig klar, dass Sie die Aufklärungszahlen nicht nennen. Herr Böhr hat sie etwas – ich will nicht sagen lächerlich gemacht – relativiert.
Setzen Sie sich mit diesen Zahlen auseinander! Es ist nachzuvollziehen, wie viele Polizisten es tatsächlich gibt. Natürlich haben wir jetzt etwas weniger als vor drei oder vier Jahren. Die Zahlen werden steigen. Das wissen Sie auch. Sie haben den Bericht zitiert. Dieser liegt Ihnen vor. (Hörter, CDU: Das muss man doch umsetzen!)
Lassen Sie mich doch einmal ausreden. Sie reduzieren die Frage der Inneren Sicherheit auf die Einstellung von 200 oder 300 Anwärtern. Das ist doch wohl keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Frage.
Natürlich wollen wir uns alle bemühen, die Zahl der Polizisten, die in den Polizeidienst kommen, zu erhöhen. Das haben wir in den letzten Jahren bis auf eine einzige Ausnahme – ich glaube, es war 1996 – auch getan.
Nein, ich habe keine Zeit. Ich will die Redezeit bis zum Ende ausnutzen. Der Kollege Schweitzer muss auch noch ein paar Minuten haben.
Wenn Sie nur die Polizeidichte nehmen, nämlich die Einwohnerzahl pro Polizist, die wird von den Innenministern gar nicht mehr als wirkliche Größe angenommen.
Er kann doch gleich dazu reden. Ich rede doch nicht für den Minister, sondern neben dem Minister. Ich denke, wir kommen zum gleichen Ergebnis.
Wir werden uns – das werden Sie erleben – mit dem zitierten Bericht über die Situation der Polizei, der bei mir heute Morgen oder gestern Abend eingegangen ist, auseinander setzen. Wir werden eine Vielzahl von Dingen zu bereden haben. Darüber müssen wir uns unterhalten und nicht über die Frage der Dichte 1 zu 465 oder 1 zu 413. Wir müssen über die Frage reden, welche Auswirkungen bestimmte Entwicklungen in unserem Land auf die Polizei und die Kriminalität haben. Das ist die Frage der Demographie. Diese wird Auswirkungen haben. Ob sie die hat, die wir erwarten, bleibt einmal dahingestellt.
Es sind Fragen wie die Zuwanderung. Lassen Sie mich eine Bemerkung machen. Ich finde es erstaunlich, dass man auf der einen Seite nach mehr Polizei ruft, aber gleichzeitig in den Bereichen Gelder streichen will, in denen man etwas für junge Leute tut, damit sie nicht kriminell werden.
Schauen Sie sich doch einmal den Bereich der Aussiedler an, die nach 1993 gekommen sind, was sich dort entwickelt! Wenn wir dort nicht mit solchen Maßnahmen aus dem Bereich des Ministeriums arbeiten, sind diese Menschen völlig verloren. Ich finde es erstaunlich, dass Sie die Wurzellosigkeit dieser Menschen beklagen. Das hätten Sie sich vor 10 Jahren und nicht heute überlegen müssen, wo wir die Probleme haben.
Wir werden natürlich über die Fragen der Veränderung des Deliktverhaltens reden. Wir werden über die Frage der älter werdenden Bevölkerung reden müssen. Wir werden auch über die Entwicklung der zunehmenden Zahl von Frauen in der Polizei reden müssen, die wir alle sehr begrüßen. Heute Morgen wurde beklagt, dass im Bereich Gender Mainstreaming nichts passiert. Innerhalb weniger Jahre – Frau Grützmacher, das wissen Sie auch – ist die Zahl der Polizistinnen von 0 auf 900 angestiegen.