Protocol of the Session on January 22, 2004

Ich ahne schon, dass Sie wissen, was ich meine, aber ich gehe gern deutlicher darauf ein.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt, nicht heute Abend!)

Ein System, wie jetzt mit 7 Millionen Menschen, die nicht arbeiten und die den Sozialsystemen nichts zuführen können,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil sie keine Arbeitsstelle haben!)

stattdessen 7 Millionen Menschen, die über Sozials ysteme finanziert werden müssen, die über Sozialsysteme wieder an Arbeit herangeführt werden müssen, die müssen dringend in großen Bereichen in Arbeit gebracht werden. Das ist das, was ich Frau Thelen auch vorwerfe, dass Sie beispielsweise Modellversuche, wie sie die Landesregierung angestoßen hat, wo Arbeitsamtsmaßnahmen und Sozialamtsmaßnahmen zusammengefasst werden, so, dass man Menschen Arbeit anbietet und so, wie ich es als moderne Sozialpolitik verstehe, und nicht mehr allein verstehe – ich hoffe, Sie haben den Antrag der beiden christlichen Kirchen, der katholischen und der evangelischen, zu einer neuen Sozialpolitik so aufmerksam studiert wie ich –, dann werden Sie alles das wiederfinden. Wenn Sie noch Fragen haben, lesen Sie vielleicht da nach, Frau Thomas. Ihnen werden die Augen übergehen. Ich glaube nicht, dass man diesen Organisationen Neoliberalismus vorwerfen kann.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber die anderen machen das doch!)

Meine Damen und Herren, wenn wir das tun, dann müssen wir für die Variante „Der Staat kann es“ keine neuen Antworten suchen, aber für die Variante „Der Staat schafft es nicht mehr“ können wir nicht einfach sagen, der zieht sich zurück, der hat das Geld nicht mehr. Dann müssen wir neue Wege suchen. Dann müssen wir vielleicht jetzt oder irgendwann zurück und überlegen, ob es christlich-abendländischem Selbstverständnis entspricht, christliche Caritas oder Sozialverantwortlichkeit – je nach weltanschaulichem Status – an die großen Organisationen, an die Kirchen und an den Staat zu delegieren.

Ich glaube, wir brauchen ein Umdenken in einer Neuentwicklung des Charity-Gedankens, der in anderen Ländern sehr viel besser verfestigt ist als bei uns.

Ich finde, Sponsoring sollte nicht nur für Hochglanzprojekte stattfinden, sondern Sponsoring, Hilfe des Einzelnen, Hilfe von Gruppen, Hilfe der Wirtschaft, sollte auch da stattfinden, wo der Staat sagt, ich brauche das auch. Der Staat sollte in diesen Dingen Katalysator sein. Er sollte diese Dinge anstoßen. Das geschieht auch im Bereich der Ehrenamtsförderung.

Meine Damen und Herren, der Staat sollte sich auch immer als Bürge dieser Sozialverantwortlichkeit sehen. Der Staat kann nicht sagen, das sollen andere machen, so bitte ich, mich nicht zu verstehen. Aber ich bitte mich so zu verstehen, dass wir uns alle Gedanken machen sollten, wie wir mit den Menschen umgehen, die wir vielleicht aus unseren staatlichen Kassen heraus nicht mehr in der Art und Weise fördern können, wie ich das für uns als Liberale für die Zukunft mit erhoffe.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Frau Staatsministerin Dreyer wollte am Schluss sprechen. Sie wollte dem Parlament den Vortritt lassen. Gibt es noch Wortmeldungen? Wenn das erkennbar nicht der Fall ist, dann sind Sie, Frau Staatsministerin, dran.

(Zuruf aus dem Hause)

Oh, Entschuldigung, Frau Ebli.

Ich erteile Frau Abgeordneter Ebli das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin davon ausgegangen, dass Herr Dr. Rosenbauer noch etwas zur Gesundheitspolitik sagen wird. Das hat er anscheinend nicht vor. Deswegen will ich zu diesem Punkt, der ein wichtiger Bestandteil des Einzelplans 06 ist, noch einige Dinge sagen.

Das Gesundheitswesen und unsere Gesundheitspolitik in Rheinland-Pfalz sind ohne Zweifel ein landespolitischer Schwerpunkt im Einzelplan 06. Wir können nicht verhehlen, dass natürlich auch gesundheitspolitische

Entscheidungen der Bundesregierung Auswirkungen haben, insbesondere auf den Landeskrankenhauszielplan, der jetzt gerade auf den Weg gebracht wurde, und zwar in einem sehr positiven Sinn.

Völlig unspektakulär vor dem Hintergrund des Fallpauschalengesetzes gehen wir davon aus, dass es zu weiteren Verkürzungen der Liegezeiten im Krankenhaus kommen wird, wobei wir auch in der Vergangenheit schon im Bundesvergleich hervorragende Zahlen uns erer Häuser vorzuweisen hatten. Es wird gelingen, eine Verkürzung bzw. eine Streichung der Betten um 1.700 auszuweisen.

Auf der Grundlage eines Gutachtens und unter Beteiligung aller wichtigen Verantwortlichen, seien es Träger der Anstalten, Krankenhausgesellschaft oder Krankenkassen, wurden damit Voraussetzungen geschaffen, die unsere Krankenhauslandschaft im Land in einen hervorragenden Zustand versetzen werden. Es wird zu weiteren Krankenhausverbindungen kommen. Es werden besondere Schwerpunkte gesetzt werden, wie beispielsweise bei der verstärkten Bekämpfung des Krebses, insbesondere des Brustkrebses. Ich erinnere an das große Engagement beim Thema „Brust-Life“, wo über 300 Veranstaltungen in unserem Land durchgeführt wurden.

Es werden zusätzlich onkologische Tageskliniken ausgewiesen werden, und es werden weitere diabetische Zentren und zusätzliche gefäßchirurgische Schwerpunkte entstehen. Es wird weitere Schlaganfalleinheiten zweiter Ordnung geben, sodass wir auch bei diesem Thema sehr gut aufgestellt sind. Es wird zu weiteren Angeboten im akutstationären geriatrischen Bereich kommen, weil uns die Versorgung von geriatrischen Patienten und insbesondere von demenzkranken Patientinnen und Patienten ein wichtiges Anliegen ist.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Es wird aber auch einen Ausbau neuer Schwerpunkte in der Psychosomatik geben. In diesem Zusammenhang ist meines Erachtens auch die Pflegeoffensive der Ministerin noch einmal anzuführen. Frau Kollegin Grosse ist vorhin schon einmal darauf eingegangen und hat sie erwähnt. Wir meinen, gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung müssen wir alles tun, um eine menschenwürdige Pflege zu gewährleisten, und zwar auf Dauer.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Meine Damen und Herren, nun hat die CDU in diesem Bereich Gesundheit einige, wie ich meine, schon sehr erstaunliche Kürzungsanträge gestellt, ausgerechnet bei der LZG. Sie begründen diese Streichung damit, andere Institutionen würden diese Aufgaben in größerem Umfang erfüllen können. Glauben Sie denn, andere Institutionen würden diese Aufgaben zum Nulltarif erfüllen? Schauen Sie sich doch den Haushalt einmal im Einzelnen an. Aufklärung und Prävention sind mit die wichtigsten Aufgaben einer verantwortlichen Gesundheitspoli

tik. Wo anders als in der LZG finden wir eine solche gebündelte Kompetenz vor?

(Beifall der SPD und der FDP)

Mit den Rehabilitationseinrichtungen, Selbsthilfegruppen, Frauenverbänden, Gesundheitszentren, Krankenkassen, Apothekern, Ärzteverbänden und Wohlfahrtsverbänden, um diese nicht zu vergessen, der Pharm azeutischen Industrie und vielen anderen – ich kann sie gar nicht alle aufzählen – verfügt die LZG über ein breites Wissens- und Unterstützungsforum, das den Menschen in unserem Land sehr zugute kommt und im Übrigen seinesgleichen sucht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, zum Glück für die Menschen in unserem Land verfügen Sie nicht über die Mehrheit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie beantragen, bei den Maßnahmen zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung 125.000 Euro zu streichen. Sie wissen doch, dass diese Mittel für die Umsetzung der gemeindenahen Psychiatrie gut angelegt sind. Wie stehen Sie denn zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen? Wie stehen Sie denn zu den Maßnahmen für demenzkranke Menschen? Wie stehen Sie denn zu den Projekten, die der Kostendämpfung im Maßregelvollzug dienen sollen?

Meine Damen und Herren, wir haben gestern und heute schon gehört, dass das mit dem Rechnen so eine Sache ist.

Wenn wir Ihren Anträgen folgen würden, müssten die einmaligen Einsparungen in vielen Fachbereichen sehr teuer bezahlt werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt unserer verantwortlichen Gesundheitspolitik muss die Aufgabe stehen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erhalten, sie gegebenenfalls auch wiederherzustellen, aber auch durch Aufklärung Ängste zu nehmen. Alles andere muss sich diesen Zielen unterordnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministern Malu Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Es ist schon gut beschrieben worden: Die Haushaltsberatungen finden in einer Zeit statt, die einerseits

von einem verstärkten Konsolidierungszwang geprägt ist, aber andererseits auch in einer Zeit, die von grundlegenden Reformen in den sozialen Sicherungssystemen mit all ihren Auswirkungen auf die Landespolitik, aber auch auf die Kommunalpolitik geprägt ist.

Unsere strategischen Ziele waren und sind es daher, nachhaltige und innovative Sozialpolitik mit diesem Haushalt sicherzustellen und das mit einem ökonomisch verantwortlichen Handeln zu verbinden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Mit einem Haushaltsvolumen von über 1,2 Milliarden Euro garantiert der Sozialetat 2004 aus meiner Sicht, dass wir die politischen Ziele und Schwerpunkte der rheinland-pfälzischen Sozialpolitik verwirklichen können.

Gestatten Sie mir eine Anmerkung. Vom Sozialetat profitiert der typische Rheinland-Pfälzer oder die typische Rheinland-Pfälzerin in der Regel irgendwann einmal im Leben, wenn er bzw. sie einmal krank oder alt wird. Das ganz normale Leben ist ein Stück weit geprägt von der Struktur des Sozialhaushalts. Natürlich stehen die benachteiligten Menschen im Vordergrund unserer Politik. Das ist auch richtig so.

Unsere Hauptziele sind die Arbeitsmarktpolitik, auf die ich noch zu sprechen komme, mit 41,1 Millionen Euro, die Gesundheitspolitik mit 228 Millionen Euro, die Aktivitäten für ältere Menschen – mit der Qualitätsoffensive – mit 145,6 Millionen Euro, die Politik für Menschen mit Behinderungen mit 545 Millionen Euro, die Familienpolitik sowie die Bekämpfung von Armut und Wohnungslosigkeit.

Die Schwerpunkte und die Dotierung der Schwerpunkte belegen sehr nachdrücklich, dass die Landesregierung trotz schwieriger Zeiten Sozialpolitik gestaltet und Menschen Hilfe bekommen, die sie benötigen. Das ist nach wie vor eine hohe Motivation für die Landesregierung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zur Arbeitsmarktpolitik. Für die aktive Arbeitsmarktpolitik geben wir etwa 41 Millionen Euro aus. Darin enthalten sind die ESF-Mittel. Es ist wichtig, das immer wieder zu betonen. Damit wird deutlich, welche Wirkung der Antrag der CDU-Fraktion hätte, wenn er die Mehrheit bekäme. Wir geben diese Gelder aus, um Menschen zu integrieren, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, für schlecht qualifizierte Menschen, für behinderte Menschen, für allein erziehende Frauen, die den Einstieg schaffen wollen, sowie für Migrantinnen und Migranten und viele andere mehr.

Die Erfolge – ich werde an dieser Stelle nicht ausufernd – sind evaluiert. Natürlich kann ich bei der Vielzahl der Projekte aber nicht garantieren, dass es nicht auch das eine oder andere Projekt gibt, das vielleicht nicht optimal läuft. Ich bitte um Auskunft darüber, falls so etwas jemandem zu Ohren kommt. Ich halte es demgegenüber aber nicht für zulässig, dass die Tatsache, dass

es Einzelfälle gibt, dafür herhalten muss, dass die Gänze der arbeitsmarktpolitischen Projekte in Verruf gerät.