Protocol of the Session on January 21, 2004

Machen Sie nicht „Ah“! Ich will Ihnen sagen, Ihr Innenminister hat dieses Gutachten in Auftrag gegeben. Nachdem ich es gelesen habe, weiß ich auch, weshalb es so lange gedauert hat, bis es auf den Tisch gelegt wurde. Es steht nichts darin, was die Aussagen, für die die Landesregierung seit Jahren wirbt, sie sei die kommunalfreundlichste Landesregierung, den rheinlandpfälzischen Kommunen gehe es besser als anderen, sie bekämen mehr Zuweisungen als andere, bestätigen würde.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

All das wird in diesem Gemeindefinanzbericht im Auftrag des Innenministers zerpflückt. Das Gutachten hätte ich wahrscheinlich an seiner Stelle auch noch eine längere Zeit zurückgehalten.

Ich möchte Ihnen sagen, was dort festgehalten wird, dass nämlich die rheinland-pfälzischen Kommunen bei einem Bevölkerungsanteil von 5 % ein Viertel, also 25 % der Gesamtdefizite der Kommunen in den westdeutschen Flächenländern aufweisen, das heißt natürlich, dass es der einzelnen Kommune und auch den Einzelnen – nicht allen gleich – in der Mehrzahl sehr viel schlechter geht als in anderen Bundesländern, was die Defizitentwicklung angeht. Sie bekommen nicht nur geringere allgemeine Zuweisungen. Auch das, was seitens der Landesregierung immer wieder propagiert wird, dass es nämlich höhere Zweckzuweisungen gibt und keine Kommune so gut gestellt ist wie die rheinlandpfälzischen Kommunen, wird in diesem Bericht konterkariert. Dort heißt es nämlich, dass die Investitionszuweisungen trotz des hohen Anteils der Zweckzuweisungen nicht geringer, aber auch nicht höher als in anderen Bundesländern liegen.

Bleiben Sie mir dann mit diesen Vorträgen zu Hause, die Sie uns alljährlich halten, dass Sie die Kommunalfreundlichsten und diejenigen sind, die die Kommunen in Rheinland-Pfalz retten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Das hat noch nie jemand gesagt!)

Ich sage damit nichts gegen den Beistandspakt. Zu Ihrer Praxis, mit dem Beistandspakt umzugehen und es für Ihre Zwecke zu nutzen, habe ich zu Beginn etwas ausgeführt. Ich sage nichts gegen den Beistandspakt, weil ich glaube, dass die Kommunen damit wirklich über längere Zeit eine Planungssicherheit haben.

Das Merkwürdige ist aber, als wir 1997, als wir eine ähnliche Situation hatten, den Vorschlag gemacht haben, man solle jetzt nicht den Verbundsatz herauf- oder heruntersetzen und man solle nicht mit einem Nachtragshaushalt eine sofortige Anpassung machen, weil die Kommunen dann entsprechende Einnahmenausfälle hätten, sondern wir sollten auf eine Darlehensform für

die Kommunen bei den Zuweisungen zurückgreifen, da war dieser Vorschlag noch Teufelszeug. Das will ich Ihnen sagen. Das wurde zurückgewiesen.

Herr Zuber, ich kann mich gut daran erinnern, dass Sie damals gesagt haben: Sie wollen doch nicht den kommunalen Finanzausgleich aushebeln. – Natürlich wollten wir das nicht. Wir wollten schon 1997 eine bessere Planungsgrundlage für die Kommunen. Sie sind erst sehr viel später auf den Trichter gekommen, vermutlich, weil Sie gemerkt haben, wie Sie den Beistandspakt innerhalb Ihres eigenen Haushalts auch zu Ihrem eigenen Nutzen gebrauchen können.

Ich möchte Ihnen sagen, dass die Kommunen in dieser Situation ziemlich allein gelassen werden. Im gesamten kommunalen Finanzausgleich haben wir keine großen Veränderungen vorgenommen. Wir haben aber mit unseren Änderungsanträgen an vielen Punkten dafür gesorgt, dass Leistungen, die von Verbänden, vom Land und aus anderen Institutionen kommen und in den Kommunen ankommen, nicht gekürzt und nicht verändert werden.

Meine Damen und Herren, für uns ist Ihr Haushaltsentwurf auch mit Ihren Änderungsanträgen kein Zukunftsentwurf. Uns fehlen die wichtigen Impulse für einen Innovationsstandort in Rheinland-Pfalz. Wir haben keine jährliche Haushaltsbilanz als Grundlage. Sie führen eine Rekordverschuldung der letzten Jahre fort. Ich glaube, auch bei dieser Höhe von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kann man sagen: Andere machen auch Schulden, aber sie machen sie nicht in diesem Umfang. Rechnen Sie das einmal auf den einzelnen Kopf herunter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie gehen den Subventionsabbau nicht entschlossen an. Wir dagegen wollen mit unseren Vorschlägen und Änderungen Innovationspotenzial im Land heben, dies in den Hochschulen, bei den jungen Menschen auch durch Verbesserungen in den berufsbildenden Schulen und im dualen Ausbildungssystem. Wir wollen Innovationspotenziale und das ökonomische Potenzial von nachhaltiger Technologie, von erneuerbaren Energien und anderen Energieträgern nutzen. Das sind unsere Vorschläge. Wenn Sie darauf eingehen, können wir noch über eine Zustimmung nachdenken.

In der vorgelegten Form werden wir Ihren Haushalt aber ablehnen.

(Anhaltend Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich Herrn Kollegen Bischel das Wort zu einer Kurzintervention erteile, begrüße ich als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag Berufsschülerinnen und Berufsschüler der Diakonie Bad Kreuznach sowie Schülerinnen und Schüler der Höheren Berufsfachschule Wissen mit dem Schwerpunkt „Betriebswirtschaft“. Seien Sie herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Kollegen Bischel zu einer Kurzintervention das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die unqualifizierte Bemerkung von Frau Thomas gegenüber meinem Ludwigshafener Kollegen veranlasst mich, meine Kurzintervention jetzt etwas anders als ursprünglich beabsichtigt einzuleiten.

Verehrte Frau Thomas, ich habe Sie immer für eine intelligente Frau gehalten. Ihre Argumentation in Bezug auf das öffentliche Dienstrecht und auch Ihr Antrag, den Sie in dieser Richtung vorgelegt haben, beweisen, dass Sie die Diskussion seit einigen Jahren überhaupt nicht beurteilen können.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh je, jetzt kommt der Beamte wieder!)

Sie fordern in dem ersten Spiegelstrich wieder das einheitliche Dienstrecht für den öffentlichen Dienst. Im dritten Spiegelstrich Ihres Antrags reden Sie davon, dass das Berufsbeamtentum auf die konkreten Kernaufgaben des Staates beschränkt werden muss. Also brauchen Sie doch auch weiterhin bei Ihrer Intention die zwei Dienstrechte, einmal ein einheitliches und dann das Dienstrecht für Beamte.

(Itzek, SPD: Das widerspricht sich!)

Das ist schon ein Widerspruch in sich, den Sie hier von sich geben.

Ich möchte aber zur Sache selbst etwas sagen. Meine verehrten Damen und Herren, das Thema ist so wichtig, dass es nach meiner Auffassung nicht ständig unter den ideologischen Vorstellungen der GRÜNEN leiden soll, die aus ihrer Gründungszeit hervorgehen, als Sie ständig demonstriert haben und von der Startbahn West weggetragen worden sind und einen Hass gegen das Berufsbeamtentum entwickelt haben. Das muss immer wieder Grundlage für Diskussionen bei uns sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ganz viele Lehrerinnen und Lehrer sind bei den GRÜNEN!)

Meine Damen und Herren, wenden Sie sich endlich einmal den Realitäten zu, und betrachten Sie auch die verfassungsrechtliche Situation. Vor wenigen Tagen haben wir eine Kleine Anfrage an die Landesregierung zu diesem großen Thema gerichtet.

(Mertes, SPD: Ach! Jetzt wird alles klar!)

Dankenswerterweise hat die Landesregierung mir eine wunderbare Antwort gegeben.

(Mertes, SPD: Natürlich!)

Sie hat sich persönlich und dezidiert selbst nicht festgelegt, Sie hat aber auf die Besprechungen in der Innen

ministerkonferenz verwiesen. Es ist ein großes Exposé über die Weiterentwicklung des Beamtentums bzw. des öffentlichen Dienstrechts in Deutschland beigefügt.

In nächster Zeit werden Sie diese Stellungnahme erhalten. Ich empfehle Ihnen, das einmal zu lesen.

Herr Kollege Mertes, das ist genau das, was wir als CDU seit Jahren sagen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kurzintervention! Man darf nur auf den Vorredner eingehen!)

Selbstverständlich muss das im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gegebenheiten fortentwickelt werden. Die Verfassung werden Sie mit uns nicht ändern. Wenn Sie darangehen wollen, dann gibt es viele Dinge, die man vielleicht doch ändern will, kann oder sollte. Es gibt aber auch Dinge, die im Interesse des Staates nicht verändert werden sollen.

Das deutsche Berufsbeamtentum ist eine so tolle Entwicklung in unserem Land, dass es völlig sinnlos, ungerecht und dann auch noch staatsschädlich wäre, wollte man es abschaffen.

(Mertes, SPD: Da sind Sie aber ganz allein!)

Nein, es steht genau dort drin, Herr Kollege Mertes.

(Glocke des Präsidenten)

Ich empfehle Ihnen deswegen, unterlassen Sie die Aufforderung an die CDU, wir würden da nicht mitmachen. Wir sind an der Fortentwicklung in den Intentionen interessiert, wie es dort steht, was offensichtlich auch Allgemeingut der Landesregierung ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas zur Erwiderung das Wort.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Bischel, Sie kennen doch die Geschäfts- ordnung! Sie dürfen sich in einer Kurzintervention nur auf den Vorredner beziehen! – Bischel, CDU: Das habe ich doch! Sie haben nicht zugehört! – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben nur Herrn Mertes angesprochen!)

Ich wäre den beiden Kollegen dankbar, wenn Sie Ihren Dialog abbrechen.

Herr Kollege Bischel, darf ich jetzt bitte einmal erwidern?

Lieber Herr Kollege Bischel, ich finde es schon putzig, wie Sie sich bemühen, Begründungen in der Person

oder in der Sozialisation der GRÜNEN zu finden, warum wir mit dem Beamtentum nicht mehr so viel am Hut haben. Das ist wirklich putzig. Ich kann Ihnen zusichern, nicht alle GRÜNEN laufen aufgrund von Begegnungen – mehr oder weniger gewaltfrei – zwischen Demonstrierenden und Polizeibeamten mit irgendwelchen persönlichen Traumata herum. Das ist mitnichten so.

Aber Sie haben mir an keiner Stelle in den Diskussionen, die ich seit sieben Jahren, zum Teil auch mit Ihnen, darüber führe, wirklich überzeugend darlegen können, warum zum Beispiel Professorinnen und Professoren Beamte sein müssen.

(Mertes, SPD: Oder Lehrer!)