Protocol of the Session on January 21, 2004

Es hilft uns nichts, wenn wir uns gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben. Wir werden dem nicht

gerecht, was die Bürger eigentlich verlangen. Wenn ich das von hier sage – Sie wissen, ich habe auch andere Reden von hier aus gehalten –, dann ist es notwendig, dass wir uns dabei zunächst einmal auf das Wesentliche besinnen. Die Situation der Bauern kennen Sie. Ich kann Ihnen auch sagen, Sie wären daran Schuld – das wäre aber auch unredlich –, dass die Bauern über 3.000 Euro weniger pro Haushalt haben als noch vor zwei Jahren, dass wir eine Spitzengruppe haben, die wohl hervorragend zurechtkommt, aber dass wir die Masse der Betriebe haben, die knapp über dem Existenzminimum liegen. Das ist auch keine Verteufelung oder Schwarzmalerei. Das sind einfach Fakten. Da muss man fragen: Was können wir als kleine Landespolitik leisten, weil wir dabei wirklich nur ein Rädchen sind?

Wenn Sie beim nächsten Haushalt diese ausgestreckte Hand, wobei wir wirklich sagen, wir sind bereit, uns auf diese Prioritäten mit einbinden zu lassen, nicht ergreifen, dann haben Sie etwas getan, was nicht nur dem Hause hier schadet, sondern was letztendlich den Bauern schadet. Unter diesem Gesichtspunkt bitte ich, folgende Überlegungen anzustellen:

1. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe haben Sie haushaltsmäßig sogar zurückgefahren. Ich wäre dankbar dafür, wenn Sie dies auch haushaltsmäßig noch einmal entsprechend werten. Sie haben es immerhin um 16 Millionen Euro – wenn ich die Zahlen richtig sehe – gegenüber 2002 zurückgefahren.

2. Als einen zweiten Punkt haben Sie eben Flurbereinigung genannt. Sie haben es zurückgefahren. Über Ihre Agrarverwaltungsreform hatte die CDU ein Modell vorgelegt, das effizienter war und uns wesentlich mehr Kosten eingespart hätte.

(Staatsminister Bauckhage: Das sagen nur Sie!)

Dieses CDU-Modell hätte Geld eingespart. Wir hätten eine einzige Bündelungsstelle gehabt, und wir hätten hinterher nicht gesagt: 40 % Personal kürzen beim Kulturamt. – Wie wollen Sie diese Flurbereinigung denn auf Dauer machen – Sie wollen 40 % Personal in den nächsten Jahren kürzen – und auf der anderen Seite sagen „Wir wollen etwas zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen“? Das geht nicht auf. Da sollten Sie die Ehrlichkeit haben und sagen: Jawohl, wenn es ein Schwerpunkt ist, werden wir das auch haushaltsmäßig entsprechend machen.

Jetzt komme ich zu etwas, was gar kein Geld kostet. Ich habe auch einmal im Internet die Suchmaschine angestellt wie heute Morgen Herr Mertes. Jeder kann sie bedienen. Ich habe danach gefragt, wie viel Bürokratie – Gesetze, Verordnungen – wir in gewissen Bereichen mehr oder weniger haben. Da kommen wir zu dem Ergebnis, alle miteinander predigen wir weniger Bürokratie, wir haben aber allein in den letzten zehn Jahren eine Erhöhung um 120 % im Bereich von Landwirtschaft und Weinbau. Es glaubt uns kein Mensch mehr draußen vor Ort, wenn wir sagen: Weniger Bürokratie! – Es wird

täglich mehr. Ich nenne zum Beispiel den Dornfelder. Ich will das heute gar nicht lange diskutieren.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Da hatten Sie die Chance: Staat halte dich da raus, womit du nichts zu tun hast, was du auf Weinwirtschaftsräte verlagern kannst. –

Herr Staatssekretär, jetzt nehmen wir Sie beim Wort. Sie haben erklärt: Wir sind bereit – Weinbautag Mosel; Gott sei Dank ein Weinbautag – doch alles abzugeben an die Weinwirtschaftsräte. Warum sollen wir uns die Finger dreckig machen? Dafür habe ich volles Verständnis. Das würde ich auch so machen. Je näher es ist, desto besser können Sie es machen. Wir sind bereit, Ihnen die Kompetenzen zu geben. – Das war Ihre Aussage.

Dann erwarte ich, dass wir im Laufe dieses Jahres gemeinsam sagen, welche Kompetenzen – ich weiß, dass vieles nicht geht – auf die Weinwirtschaftsräte zu verlagern wären, weil wir dann nicht nur hier diskutieren werden, sondern dann müssen Sie es vor Ort regeln. Das wäre ein wichtiger Beitrag der Glaubwürdigkeit. Ich werde in einem Jahr oder wann auch immer hier erneut anfragen: Landesregierung, was hast du mit dieser Ankündigung gemacht? – Die Zeiten sind herum, wo wir ankündigen können und nichts in die Tat umsetzen. Das kostet kein Geld. Das wäre leicht realisierbar.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Dann kommt ein Lieblingsbeispiel von mir, weil ich nur Schwerpunkte nennen will. Sie wissen, dass ich vor zehn Jahren ein Kulturlandschaftsprogramm gefordert habe. Das habe ich in diesem Landtag gefordert. Diejenigen, die lange genug dabei sind, werden das wissen. Wir haben an der Mosel darüber diskutiert: Beginnen wir auch die Frage der Steillagen? – Mit der Steillagenförderung in der jetzigen Art retten wir nichts. Jeder von uns weiß um die Lebens- und Zukunftsqualität. Es geht nicht nur um die Winzer. Es geht um die Erhaltung ganzer Regionen. Sind wir nicht in der Lage, ein gesamtheitliches Kulturlandschaftsprogramm auf den Weg zu bringen, wie es die FDP in Trier gefordert hat? Es darf doch einem FDP-Minister nicht sonderlich schwer fallen, das, was seine Fraktion richtigerweise in Trier gefordert hat, dann auch umzusetzen. Auch das kostet nicht unbedingt mehr Geld, sondern das ist auch eine Frage des gesellschaftlichen Stellenwerts.

Lassen Sie uns auch da – das biete ich an, in einer Arbeitsgruppe oder wie auch immer – zusammenarbeiten. Auch da müssen wir vorankommen. Wir können nicht über Jahre den Leuten erzählen, wir haben ein Kulturlandschaftsprogramm, wir tun dies oder jenes, und wir stellen fest, täglich werden mehr Brachflächen in den Steilhängen anfallen. Das kann nicht sein, dass wir auf Dauer hinterher kommen und sagen, jetzt werden wir mit viel Geld, mit staatlichen Mitteln, hingehen, die früher bewirtschafteten Flächen, die wir für wichtig halten, zu versuchen, dann noch einmal zu bewirtschaften, wenn die Winzer längst mit den Füßen abgestimmt haben. Es ist meine Bitte, aus diesem Grund heraus dort auch einmal ein Pilotprojekt zu starten und mehr als das zu tun, was wir jetzt schon tun.

Ich rede das nicht klein. Dann hätten wir eine Perspektive aufgezeigt. Dann wären wir auf einem Weg.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Herr Minister, ich habe es Ihnen eben angeboten. Ich habe nicht gesagt, wir brauchen soundso viel Millionen. Ich habe bewusst eine absolut andere Rede gehalten, weil es mir auf ein paar Punkte ankommt. Es kommt mir nicht auf die kleinkarierte Diskussion an, in dem Haushalt da ein paar tausend Euro oder da tausend Euro mehr. Das ist diesem Stellenwert nicht mehr angemessen.

Wenn Sie zu diesen drei Punkten, die ich eben genannt habe, Ja sagen wollen, dann können wir gemeinsam etwas bewegen, gemeinsam etwas dort einbringen, dann wären wir einen Schritt weiter. Dann machen auch solche kleinen Haushaltsdebatten für einzelne Bereiche Sinn, weil sie ergebnisorientiert sind. Dann können wir nachher sagen, ob wir einen Schritt weitergekommen sind oder nicht.

Es wird den Bürger wenig interessieren, wie viel – – – Er wird hören, wie viel Milliarden Schulden wir haben. Es wird ihn interessieren, was wir aus unseren Möglichkeiten machen. Hierzu die Aufforderung und die Bitte. Ich sage das heute in einem so zurückhaltenden Ton, wie ich hier noch nie gesprochen habe. Das ist allerdings die letzte Chance, dass die Opposition das anbietet.

Nehmen Sie es an, oder Sie verkennen das, wofür Sie Ihren Eid geleistet haben.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Ebli das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schmitt, Sie fordern neue Wege und hoffen, dass wir uns auf Ihre ausgetretenen Pfade begeben. Das passt nicht. Das werden wir nicht tun.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Creutzmann, FDP – Dr. Schiffmann, SPD: Sehr gut!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Landwirtschaft und Weinbau sind Teil der Volkswirtschaft in Rheinland-Pfalz und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Landwirtschaftsund weinbaulichen Unternehmen finden in RheinlandPfalz gute Bedingungen vor. Wenn ich von guten Bedingungen und einem günstigen Klima rede, dann meine ich damit nicht nur das gute Wetter, das wir in vielen Regionen im Land haben, gemeint sind damit auch die hervorragenden Bedingungen, die die Betriebe in uns erer Fraktion, in der Koalition und in der Landesregierung insgesamt vorfinden.

Auch wenn von den Zahlen her betrachtet nur noch verhältnismäßig wenig Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, ist der Stellenwert in Wirtschaft und Gesellschaft ein wesentlich höherer, als die reinen Zahlen dies erscheinen lassen.

Wir können über eine Vielzahl von guten und zukunftsorientierten landwirtschaftlichen Unternehmen stolz sein, die sehr selbstbewusst hinter ihren Produkten stehen, ganz gleich, um welche es sich handelt, ob Gemüse, Weinbau oder Produkte aus der Tierhaltung.

Qualität ist zunehmend zur Selbstverständlichkeit geworden, ob mit oder ohne Gütesiegel. Viele Unternehmen bürgen für die Qualität mit ihrem Namen.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Zusammenhang – Herr Kollege Schmitt, Sie sind ebenfalls darauf eingegangen – die landespflegerischen Maßnahmen, die von dem Berufsstand in der Landwirtschaft und auf den Steillagen zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft geleistet werden. Diese Leistung muss von der Allgemeinheit bezahlt und getragen werden. Diese Arbeit hat ihren Preis. Das ist für uns überhaupt keine Frage.

Das positive Urteil des Präsidenten des Deutschen Bauernverbands, Sonnleitner, der nicht in dem Verdacht steht, uns nahe zu stehen, zur Agrarentwicklung in Rheinland-Pfalz im Situationsbericht 2004 des Deutschen Bauernverbands bestätigt, dass wir in unserem Land genau auf dem richtigen Weg sind. Allerdings wissen wir auch, dass die Einkommenssituation unserer Betriebe bei einer Einzelbetrachtung sich natürlich relativieren lässt. Wenn man von einer Erhöhung der Einkommen von 7 % oder 29 % spricht, dann muss man die Zahlengrundlage sehen, ob es 24.000 Euro, 50.000 Euro oder 60.000 Euro sind. Das wissen wir und sehen wir auch sehr differenziert und mit großem Verantwortungsbewusstsein.

Was uns sehr freut, ist die Entwicklung junger Unternehmen, junger Landwirte, junger Winzerinnen und Winzer, die sich mit der Situation sehr kritisch auseinander setzen. Sie beobachten den Markt und stellen sich dem Markt, dem nationalen und auch dem europäischen Wettbewerb, indem sie mit großen Kraftanstrengungen ihre Betriebe und Produkte wettbewerbsfähig machen.

Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe ist es, genau diese Betriebe und den gesamten ländlichen Raum auf diesem Weg zu begleiten, fachlich und sachlich zu beraten und, wenn es angebracht ist, auch monetär.

Modern und zukunftsorientiert haben wir im vergangenen Jahr mit großer Kraftanstrengung eine Agrarverwaltungsreform auf den Weg gebracht.

Herr Staatssekretär – den Minister sehe ich nicht –, die Früchte dieser Saat brauchen ihre Zeit. Aber ich bin überzeugt, dass diese Frucht eine gute Ernte einbringen wird.

Vor dem Hintergrund des Strukturwandels im Bereich der Landwirtschaft und der knappen Finanzsituation ist Rheinland-Pfalz nicht außen vor geblieben. Von daher muss es erlaubt sein, beispielsweise die bisherige ver

traute Förderpolitik zu hinterfragen. Ein Gießkannenprinzip wird es nicht mehr geben. Jedem ein bisschen, das geht nicht. Es müssen Prioritäten gesetzt werden, die aber auch einer ständigen Überprüfung auf ihre Wirksamkeit hin unterzogen werden müssen.

Herr Kollege Schmitt, ich war auf die im Ausschuss angekündigten Vorschläge vonseiten der CDU zur Einsparung in unserem Haushalt sehr gespannt. Was finden wir vor: Streichung des Ackerrandstreifenprogramms. (Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Lieber Herr Kollege, in unserem Land werden 210 Hektar mit einem Aufwand von 147.000 Euro gefördert. Davon übernimmt die EU 50 %. Es verbleiben 73.000 Euro. Ich würde mich schämen.

Haben Sie denn vergessen, warum dieses Programm eingestellt wurde? Die Landwirte würden wenige Quadratmeter mehr bewirtschaften können. Oder glauben Sie oder sind Sie so blauäugig, dass es nach einer Streichung oder Kürzung dieses Programms zu einer freiwilligen Ackerrandstreifenpflege käme? Ich nicht. Ich fürchte, dass wir dann in unserer Landschaft keine Kornblumen und keinen Klatschmohn mehr sehen werden. Ich wäre sehr traurig, wenn ich zu diesen blühenden Zeiten die roten Flecken in unserer Landwirtschaftskultur vermissen müsste.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Große Ohren habe ich heute Morgen bei der Rede von Herrn Kollegen Böhr bekommen, als er sagte, wenn sparen, dann alles ausschöpfen. Herr Dr. Böhr, Sie haben gesagt, dann werden nicht alle Programme abgerufen. Es wundert mich nicht, dass Sie diese Aussage getätigt haben, wobei ich Zweifel habe, dass die Kolleginnen und Kollegen im Landwirtschaftsausschuss hinter dieser Aussage stehen. Aber Ihre Freunde in Berlin haben in der Tat beantragt, die GA-Mittel um 100 Millionen Euro auf 635 Millionen Euro zu kürzen.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Von daher ist es zwangsläufig, dass man nicht mehr alles abbuchen kann, wenn man oben zu kürzen beantragt hat. Da müssen wir schon ehrlich miteinander umgehen.

Herr Dr. Böhr, ich habe von daher großes Verständnis für diese Aussage. Sollten die Damen und Herren der CDU im Ausschuss hinter der Aussage stehen, dann sind sie in kurzer Zeit vom Saulus zum Paulus geworden.

Herr Kollege Schmitt, ich kann mich noch gut an eine Ausschusssitzung erinnern, als von Ihrer Seite sehr kritisiert wurde, dass EU- oder Bundesmittel nicht abgerufen wurden. Diese heiße Diskussion haben wir nicht vergessen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Landwirte und Winzerbetriebe müssen investieren können. Wir wollen, dass sie investieren können, um den Wettbewerb bestehen und gegebenenfalls Auflagen, zum Beispiel im Tier

schutz, erfüllen zu können, die von anderer Seite getätigt werden. Man muss entsprechend reagieren können.

Genauso wichtig ist es uns aber auch, die Junglandwirteförderung zu erhalten.