Nicht zustimmen werden wir – das will ich gleich in einem mitbehandeln – einem Vorschlag der Fraktion der GRÜNEN.
Dort geht es um die verpflichtende Einführung weiterer Beiräte etwa bei den kreisfreien Städten. Dort sollte man vor Ort regeln können, was sinnvoll ist.
Wir haben dies für Koblenz in einer bestimmten Form, über den Weg eines Beauftragten, geregelt. Andere Städte haben andere Regelungen getroffen. Ich bin sehr dafür, dass wir die Gemeinden nicht weiter mit Regelungen belasten. Dort sind verantwortliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker tätig, die alle auch wiedergewählt werden wollen, also sehr sorgfältig überlegen, was sie machen und was sie nicht machen.
Strich drunter: Wir werden der Vorlage, so wie sie vorliegt, zustimmen, hätten aber den Wunsch, in Zukunft auf manche Regelung, die nicht zwingend ist, zu verzichten. Aber das soll heute nicht der Grund sein, sie abzulehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In einer Zeit, in der sich die Gesellschaft verändert, müssen auch kommunale Strukturen diesen Veränderungsprozess mitmachen.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird diesem Anliegen gerecht, wenn er erstens wichtigen gesellschaftlich bedeutenden Gruppen wie Senioren und Behinderten ein größeres Mitspracherecht in der Kommunalpolitik einräumen will, zweitens durch eine erleicherte Bündelung von Wahlen die oft mangelhafte Wahlbeteiligung erhöht und damit auch die Akzeptanz stärken will und drittens
den kommunalen Entscheidungsspielraum erweitern will, indem die Möglichkeit der Personalunion von Bürgermeistern erweitert und die Delegation der Beihilfebearbeitung auf Dritte ermöglicht wird.
Meine Damen und Herren, in der Ausschussberatung war insbesondere – das ging auch aus den Bemerkungen des Kollegen Hörters hervor – die Einrichtung von Beiräten für Senioren und Behinderte oder anderer bedeutender Gruppen zwischen den Fraktionen strittig. Ich will deshalb die Gelegenheit nutzen, noch einmal für die Einbeziehung von Senioren und Behinderten in kommunale Entscheidungsprozesse zu werben, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Mitsprache und Mitentscheidung nicht Belastung, sondern Chance für die Politik vor Ort sind.
Politiker und Verwaltungen sollten sich von der Vorstellung endgültig verabschieden, sie könnten alle Probleme allein lösen. Der Staat und insbesondere die Kommunen brauchen, nein, sind angewiesen auf das private Engagement in der Gesellschaft.
Niemand weiß besser, wie die menschliche Würde und Persönlichkeit im Alter erhalten werden können, als Seniorenbeiräte. Niemand weiß besser, wie Barrierefreiheit und Behinderteninteressen im Ort berücksichtigt werden können, als Behinderte selbst. Mein Kollege Günter Rösch und ich sind deshalb froh, dass das zu Ende gehende Jahr des Behinderten auch in der Gemeindeordnung ihren Niederschlag findet.
Deshalb ist es nach unserer Auffassung und nach Auffassung der Koalitionsfraktionen sinnvoll und womöglich sogar kostengünstiger, diese bereits in Planungsprozesse und Entscheidungsstrukturen der Gemeinden einzubinden, auch damit angesichts der demographischen Entwicklung Entscheidungen für die Zukunft mit den Betroffenen hergestellt werden.
Wir wollen damit nicht neue Vorschriften schaffen. Deshalb stellen wir die Entscheidung darüber in das Ermessen der Kommunen selbst. Aber durch die Nennung in der Gemeindeordnung erhalten diese Seniorenbeiräte und Behindertenbeiräte natürlich eine größere Bedeutung, Herr Kollege Hörter.
Wie die Form – deshalb sind es keine neuen Standards – der Mitwirkung erfolgen kann, soll jede Kommune selbst entscheiden können; denn es macht bei der Vielfalt örtlicher Strukturen wenig Sinn, alle Gemeinden über einen Leisten zu schlagen.
Meine Damen und Herren, um es noch einmal deutlich zum Ausdruck zu bringen: Wir halten Ausländerbeiräte für ein wichtiges Instrument zur Integration, zum Abbau von Vorurteilen, zur notwendigen Zusammenführung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und nicht zuletzt zum friedlichen Zusammenleben von Deutschen und Nichtdeutschen.
Ich bitte aber auch um Verständnis, wenn wir es den Kommunen freistellen, ob sie eine Wiederholungswahl durchführen sollen, wenn die Wahlbeteiligung bei unter
10 % liegt oder nicht. Ich habe absolutes Vertrauen in die Kommunalpolitikerinnen und -politiker, dass sie geeignete Instrumente finden, Ausländer an der Politik in ihrer Gemeinde zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, der Vereinfachung dient auch die Möglichkeit, Direktwahlen von Bürgermeistern und Landräten mit anderen Wahlen zusammenzulegen. Die Beteiligung bei Urwahlen ist nicht nur bei uns ein Problem. In Schleswig Holstein sind Landräte mit einer Wahlbeteiligung von unter 10 % gewählt worden. Da stellt sich natürlich die Frage der Akzeptanz und der Legitimation.
Wir müssen deshalb alles unternehmen, um die Beteiligung an Direktwahlen zu verbessern. Die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung ist dazu ein Baustein, mehr aber auch nicht.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf macht auch mit einer Ungereimtheit Schluss, nämlich dass eine Personalunion als Bürgermeister einer Verbandsgemeinde nur mit dem Amt des Bürgermeisters der Sitzgemeinde vereinbar war. Künftig kann der Bürgermeister auch Bürgermeister einer anderen Gemeinde in seiner Verbandsgemeinde sein.
Meine Damen und Herren, dieses Landesgesetz ist eine Weiterentwicklung der kommunalrechtlichen Vorschriften, und deshalb wird die SPD-Fraktion dem zustimmen.
Meine Damen und Herren, es ist ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl. Die Landesregierung legt einen Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vor, der sich vor allem mit den Einrichtungen von Beiräten auf kommunaler Ebene beschäftigt.
So werden zum Beispiel die Seniorenbeiräte als mögliche Einrichtung gesondert aufgeführt. Das begrüßen wir. Das finden wir richtig. Allerdings sehen wir das bei den Behindertenbeiräten anders. Diese sind ebenfalls sozusagen nur mit einer Kann-Vorschrift versehen.
Wir fordern dringend, dass die verbindliche Einführung von Behindertenbeiräten aufgenommen wird, weil es sonst mangels Anzahl von Betroffenen und Engagierten größtenteils doch nicht zu einer Institution wie Behindertenbeiräten kommen wird. Es sind nicht so viele wie zum Beispiel Seniorinnen und Senioren.
Wir haben einen Änderungsantrag dahin gehend eingebracht, dass in kreisfreien Städten, in Großen kreisangehörigen Städten und in den Landkreisen doch ein Behindertenbeirat eingerichtet werden soll.
Ich finde, die wichtigste Änderung in diesen kommunalrechtlichen Vorschriften betrifft die Wahl zum Ausländerbeirat. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass es in Zukunft nur noch einen Wahlgang bei der Ausländerbeiratswahl geben wird.
Wenn dort das vorgeschriebene 10 %-Quorum nicht erreicht wird, dann kann die Wahl nicht wie bisher wiederholt werden. Dann gibt es keine Chance mehr.
(Schweitzer, SPD: Sie kann wiederholt werden, muss aber nicht wiederholt werden! – Innenminister Zuber: Muss nicht!)
Dann muss die Wahl nicht wie bisher wiederholt werden. Dann gibt es keine Chance mehr, in einem zweiten Wahlgang vielleicht noch die notwendige Wahlbeteiligung – – –
Die Chance wird verringert, dass in einem zweiten Anlauf doch noch die notwendige Wahlbeteiligung zu erreichen ist.
Meine Damen und Herren, aber eines ist klar: Hätte es bei den letzten Ausländerbeiratswahlen diese Wiederholung nicht gegeben, gäbe es heute ein Drittel der rheinland-pfälzischen Ausländerbeiräte weniger. Darauf hat auch die AGARP in ihrer gestrigen Pressekonferenz hingewiesen. Deswegen laufen die Betroffenen auch Sturm gegen diese Regelung. Die Landesregierung macht es ihrer Meinung nach den Kommunen zu leicht, sich ihrer Verantwortung für den nichtdeutschen Teil ihrer Gemeinde zu entbinden.
Dabei gibt es doch eine umfangreiche und aussagekräftige Untersuchung zu dem Phänomen der teilweise geringen Beteiligung an den Wahlen zum Ausländerbeirat. Ich frage mich, weshalb die Landesregierung diese Untersuchung, die nicht umsonst zu haben ist, überhaupt durchgeführt hat, wenn sie sie anschließend einfach ignoriert. Die Untersuchung zeigt nämlich sehr deutlich, dass die jetzige Konstruktion der Ausländerbeiräte und ihrer Wahl extrem ungeeignet ist, um Ausländerinnen für dieses Gremium zu interessieren.
Es stellt sich heraus, dass es auf der einen Seite die Gruppe der recht gut integrierten Ausländerinnen gibt, die kein Interesse mehr an einer Ausländerbeiratswahl haben, weil sie dessen Einflusslosigkeit und Beliebigkeit erkennen und der Ausländerbeirat eigentlich nicht mehr viel für sie tun kann. Auf der anderen Seite stehen die weniger oder gar nicht integrierten Ausländerinnen, für die dieser Ausländerbeirat vielleicht noch eine gewisse
Brücke in die Mehrheitsgesellschaft wäre, die jedoch über die Arbeit des Beirates eigentlich noch gar nichts wissen.
Damit ergeben sich unserer Meinung nach zwei konstruktive Wege aus der mangelnden Beteiligung: Zum einen muss dieser Beirat mehr Kompetenz und Einflussmöglichkeiten erhalten, zum anderen muss die ausländische Bevölkerung intensiver aufgeklärt werden, und es muss um sie geworben werden.
Die Landesregierung geht diesen konstruktiven und klaren Aufträgen nicht nach, sondern sie erschlägt mit der Veränderung der Wiederholung der Ausländerbeiratswahl das zarte Pflänzchen des Ausländerbeirats. Die Betroffenen fühlen dies sehr stark.