Protocol of the Session on December 10, 2003

Herr Wiechmann, diese Geschichte, dann machen wir einmal eine Stiftung, setzt dem ganzen die Krone auf.

(Jullien, CDU: Das ist richtig!)

Das Ganze wird in einem demokratischen Überbau, in einer Intransparenz und in einer Nichtmehrgreifbarkeit enden, die Sie alle schon aus ähnlichen Zusammenhängen kennen. Das wäre das Allerletzte, das wir brauchen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP, SPD und CDU – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beispiele!)

Ich erteile Frau Staatsministerin Malu Dreyer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Gleich zu Beginn möchte ich ein paar Zahlen zur aktuellen Ausbildungsplatzsituation in Rheinland-Pfalz nennen, damit wir auch wirklich wissen, über was wir diskutieren. Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres waren Ende September 2003 noch 2.058 Bewerberinnen und Bewerber in Rheinland-Pfalz unvermittelt. Ende November 2003 waren es noch fast 1.300 junge Menschen. Demgegenüber standen 1.290 Ausbildungsplätze, die unbesetzt waren.

Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze ging im Vergleich zum Vorjahr um 6,5 % zurück. Ich glaube, auch das ist eine wichtige Zahl. Die Zahl der gemeldeten Bewerber und Bewerberinnen stieg hingegen um 3 %.

Ein Vergleich dieser und der Besorgnis erregenden Zahlen noch im Spätsommer zeigt durchaus, dass wir in den letzten Monaten sehr viel erreicht haben. Da schließe ich mich auch an. Gerade die Aktivitäten seitens der

Wirtschaft waren wirklich herausragend, sodass man zu dem jetzigen Ergebnis kommen konnte.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dennoch, die Situation ist und bleibt landesweit nach wie vor angespannt. Sie bleibt es vor allem für diejenigen jungen Menschen, die aufgrund sozialer, schulischer, gesundheitlicher und persönlicher Problemlagen am Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sind. Das heißt auch für uns alle, dass wir in unseren Anstrengungen keinesfalls nachlassen dürfen.

Dies heißt auch, die Wirtschaft muss immer wieder an ihre Verantwortung erinnert werden, für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen zu sorgen. Das ist im Übrigen auch die Vereinbarung im Rahmen des dualen Ausbildungssystems. Auch der Staat zieht sich nicht auf das Argument mangelnder Mittel zurück, wenn es darum geht, zusätzliche Ausbildungsplätze im schulischen Bereich zu schaffen, was sicher keine leichte Leistung ist, auch in diesem Jahr. Ich denke, genauso kann man von der Wirtschaft abfordern, auch in schwierigen Situationen dafür zu sorgen, dass sie ihre Verantwortung im dualen System auch tatsächlich wahrnimmt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Sie wissen auch, dass nur noch bis zum Jahr 2007 die Schulabgangszahlen steigen. Das heißt, wir haben noch ein paar Jahre, in denen wir einer besonderen Herausforderung gegenüberstehen. Im Anschluss daran fehlen den Betrieben tatsächlich die Nachwuchskräfte; denn diejenigen, die heute ausgebildet werden, werden dann in diesen Jahren zwischen 20 und 30 Jahre alt sein. Ich höre jetzt schon das Klagen der Betriebe, dass dann ein Mangel an Nachwuchskräften und Fachkräften vorhanden ist.

Frau Huth-Haage, wir können es uns also nicht ganz so leicht machen, wie Sie es dargestellt haben. Wir haben in Rheinland-Pfalz die Situation, dass derzeit nur rund die Hälfte aller rheinland-pfälzischen Betriebe mit Ausbildungsberechtigung überhaupt ausbildet. Die restlichen Betriebe, die nicht ausbilden, sind nicht alles Betriebe, die sich in konjunkturellen Krisen befinden, sondern darunter befinden sich durchaus auch Betriebe, die nicht bereit sind, ihrer Verantwortung für die Ausbildung gerecht zu werden.

Ich denke, deshalb muss man mit sehr großer Sorge feststellen, dass alle Appelle an die Wirtschaft und die zahlreichen Aktivitäten im Land nicht ausreichen, um allen Jugendlichen tatsächlich einen Ausbildungsplatz anzubieten. Ich denke, es ist deshalb richtig und wichtig, was die Landesregierung macht, nämlich auch über Anreizsysteme und Unterstützungsstrukturen weiterhin nachzudenken, als Ultima Ratio auch über verbindliche alternative Umlagen, wie sie heute hier mehrfach angesprochen worden sind. Ich möchte dazu noch einmal sagen, die Haltung der Landesregierung ist und bleibt an dieser Stelle eindeutig:

Wir plädieren dafür – dies ist mehrfach dargestellt worden –, die vorhandenen Institutionen und Strukturen, die

schon jetzt zentral in der Ausbildungsakquisition tätig sind, wie zum Beispiel die Kammern, tatsächlich zu nutzen; denn sie können viele Maßnahmen im Vorfeld ergreifen, wie beispielsweise bereichstarifvertragliche Regelungen – wie dies Frau Grosse angesprochen hat –, Senkung oder Verzicht auf Gebühren seitens der Kammern, wie es uns die IHK Koblenz vormacht,

(Beifall der SPD und des Abg. Dr. Geisen, FDP)

aber auch Verbundlösungen, die es den kleineren Betrieben möglich macht, ihre Verantwortung zu übernehmen, inter- und überregionale Ausgleichsmechanismen, Mobilitätshilfen usw. usf., um letztendlich eine Abgabe entbehrlich zu machen, die wir – dies ist mehrfach zum Ausdruck gekommen – als bundesweite Abgabe viel zu bürokratisch empfinden. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die Abgabe in Form einer Bundesstiftung oder Ähnlichem konzipiert. Ich glaube, der Aufwand, den wir an dieser Stelle mit einer solchen Konstruktion betreiben müssen, ist schlicht und ergreifend viel zu hoch.

Wir werden deshalb auch in Zukunft am ovalen Tisch des Ministerpräsidenten diesen Weg weitergehen und mit den Kammern reflektieren, welche zusätzlichen Maßnahmen nötig sind, um in den nächsten Jahren allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu bieten.

Frau Huth-Haage, ich denke, um auch für mich die Jahreszeit noch einmal in Anspruch zu nehmen, wir sollten es nicht dem Christkind überlassen, wie viele Betriebe in Rheinland-Pfalz in Zukunft ausbilden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, den Fraktionen stehen insgesamt, das heißt, allen Fraktionen zusammen, noch fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Das teilen wir dann durch vier. Großzügig bemessen ergeben sich anderthalb Minuten pro Fraktion.

(Mertes, SPD: PISA ist angekommen!)

Der Mathetest kam zu spät.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Weiner das Wort.

Herr Präsident, ich will die Zeit nutzen, der Landesregierung noch zwei Vorschläge mitzugeben.

Es wird immer die Rolle der Wirtschaft betont. Ich bin bei der Anhörung aber auch darauf hingewiesen worden, dass es Hemmschuhe gibt, die von der anderen Seite der Tarifparteien, nämlich von den Gewerkschaften ausgehen.

Herr Ministerpräsident, da könnten Sie vielleicht Ihren guten Draht zu den Gewerkschaften nutzen, dass bei

denjenigen, bei denen in den Tarifverträgen noch die Übernahmepflicht drinsteht – – –

Diese Übernahmepflicht nützt natürlich den Jugendlichen, die bereits eine Lehrstelle haben und sich freuen, wenn sie ein Jahr danach noch weiterbeschäftigt werden. Aber sie hindert die Betriebe daran, über ihren Bedarf hinaus auszubilden.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Es ist faktisch eine Bremse für die Betriebe, über ihren Bedarf hinaus Lehrstellen anzubieten.

Vielleicht können Sie durchsetzen, dass ein paar Öffnungsklauseln, beispielsweise bei der IG Metall, in den Tarifvertrag aufgenommen werden.

(Zurufe von der SPD)

Die zweite Anregung: Folgen Sie dem Beispiel Ihres Kollegen Müller aus dem Saarland, der einen großen Teil der Verordnungen und Vorschriften im Saarland entrümpelt hat.

Wenn wir diese beiden Dinge anpacken, weniger Abgaben und weniger Bürokratie, dann haben die Betriebe auch entsprechend Freiräume, um mehr Lehrstellen anbieten zu können.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Es spricht Herr Abgeordneter Schwarz.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die letzten Beiträge dem Anspruch, den wir uns alle gemeinsam im Zusammenhang mit der Unterstützung zur Findung von Ausbildungsplätzen auf unsere Fahnen geschrieben haben, nicht gerecht werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Weiner, Sie leugnen konsequent die recht einheitliche und zielführende Diskussion in der EnqueteKommission, wo wir uns über weite Strecken einig waren, dass es Instrumentarien geben muss. Sie haben selbst eines in die Diskussion eingebracht, wo Sie der Meinung waren, es müssten Ablösesummen gezahlt werden.

(Zuruf des Abg. Weiner, CDU)

Wer über Abgaben redet, sollte zunächst in seiner eigenen Tasche Ordnung schaffen.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe nur noch eine Bemerkung zu machen. Wir reden immer davon, dass es für den Einzelnen kein Recht auf einen Ausbildungsplatz gibt. Wir dürfen aber eines nicht vergessen: Es gibt die Verpflichtung der Wirtschaft, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.

(Glocke des Präsidenten)

Es gibt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eindeutig und klar feststellt, dass 112 Ausbildungsplätze auf 100 Bewerber kommen sollen. Von dem sind wir noch sehr weit entfernt.