Protocol of the Session on August 22, 2001

(Beifall der FDP und der SPD – Lelle, CDU: Das ist nicht die Frage, Herr Kuhn!)

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der mich auch persönlich immer wieder betrifft, weil ich die Situation beobachten konnte. Wir haben ein Problem. Das ist „the point of no return“. Dieser wurde heute Nachmittag schon einmal angesprochen. Leider merken viele Studierende zu spät, dass sie für diesen Beruf nicht geeignet sind. Sie haben den „point of no return“ überschritten und bleiben in diesem Beruf. Das ist ein Unglück für diese Menschen und auch für die Schüler. Ziel dieses Antrags ist es, darauf einzuwirken und die Praxisorientierung sehr früh einsetzen zu lassen.

Der zweite Punkt ist der Praxisschock, der viele ereilt, wenn sie ihre Referendarzeit abgeschlossen haben. In der Ausbildung wird auf höchstem Niveau eine hohe methodische und didaktische Kompetenz vermittelt. Dann kommt man in diesen verflixten Alltag. Hier muss man 24, 26 oder 28 Stunden unterrichten. Das ist für viele ein Schock. Viele fühlen sich dann nicht mehr in der Lage, auf diesem hohen Niveau zu unterrichten. Sie lassen es ganz sein. Das ist ein riesiges Problem. Das muss man dadurch in den Griff bekommen, dass wir die Weiterbildung direkt nahtlos ansetzen, damit eine Kultur der Offenheit eingeführt wird und Qualitätsmanagement möglich ist.

Ich bedanke mich für die Geduld der Präsidentin.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Vorlage dieses Antrags wird das mangelnde Interesse der SPD-Fraktion, das Problem der Lehrerinnenbildung wirklich anzupacken, wieder einmal sehr deutlich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch der kleine Koalitionspartner kümmert sich sowieso, wie der Presse zu entnehmen ist, im Moment lieber um sein Leib- und Magenthema, die HochbegabtenSchulen.

Was Sie vorlegen, ist bis auf wenige unbedeutende Änderungen wortgleich der Antrag, den Sie bereits im Mai des vergangenen Jahres hier vorgelegt haben.

(Zurufe von der SPD)

Etwas Positives fällt allerdings bei der Wiedervorlage Ihres alten, übrigens damals auch schon veralteten Antrags auf.

(Zuruf des Abg. Hammer, SPD)

Mit der vorgesehenen Einsetzung einer Beratungskommission, die Sie gefordert haben, hätten Sie sich, wenn Sie diese wieder mit aufgenommen hätten, nach der Vorlage von ungefähr einem halben Dutzend Vorlagen von Regierungskommissionen aus anderen Ländern und der Vorlage der KMK-Kommission zum jetzigen Zeitpunkt nur noch lächerlich gemacht. Mit Ihrem damaligen Antrag haben Sie aber auch nur notgedrungen auf uns eren bereits seit September 1999 vorliegenden Antrag zur Lehrerinnenbildung reagiert.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Mit Ihrer Verzögerungstaktik ist es den übrigen drei Fraktionen gelungen, die parlamentarische Beratung unseres Antrags und damit eine abschließende Beschäftigung des Landtags mit diesem drängenden Problem über eineinhalb Jahre zu verzögern. Dann kam der Wahltermin. Sogar Anzuhörende für eine Anhörung zum Thema Lehrerinnenbildung waren schon bestimmt. Die Anhörung wurde abgesagt.

Erlauben Sie mir eine Frage: Was soll es eigentlich für die Lehrerinnenbildung bedeuten, wenn Ihre komplette erste und zweite Phase in den Verantwortungsbereich des Ministers für die Hochschulen übergegangen ist und somit von der Praxis, dem Schulministerium, getrennt wurde? Alle Welt ruft nach mehr Praxisanteilen auch in der Ausbildung, gerade in der ersten Phase der Lehrerinnenausbildung. Sie tun genau das Gegenteil.

Liebe Kolleginnen der SPD-Fraktion, Sie hatten bis heute jede Menge Zeit, die Kommissionsberichte von der KMK aus Hessen, Nordrhein-Westfalen oder Hamburg gründlich zu studieren, was Sie offensichtlich mit der Vorlage Ihres alten Antrags genauso gründlich versäumt haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines haben diese Kommissionsberichte bemerkenswert gemeinsam: Sie fordern und benennen klare strukturelle Änderungen bei der Lehrerinnenbildung, die sie bezeichnenderweise in Ihrem Antrag, wie Sie sich selbst ausdrücken, bewusst nicht gemacht haben. Sie glauben lieber an ein Wunder, wenn Sie meinen, dass sich Struktur und Organisation der Lehrerinnenbildung allein

aus Ihren wenig konkreten Zielsetzungen und Prüfaufträgen von allein ergeben würden.

Um Ziele zu erreichen, müssen moderne Instrumente, wie Zielvereinbarung und die dazugehörigen Strukturen, zu ihrer Durchsetzung geschaffen werden. Hier hätten Sie als SPD-Fraktion konkret werden müssen. Dort, wo Sie nicht umhin konnten, sich Strukturen zu nähern, wird bezeichnenderweise ganz unverbindlich ein Prüfauftrag vergeben, sei es nun das Stufenlehramt – bei Ihnen verschämt Modularisierung genannt – oder das allseits geforderte Praxissemester.

(Frau Morsblech, FDP: Das sind zwei Paar Schuhe!)

Was sie hier vorlegen, ist ein halbwegs gelungener – das muss ich sagen – Besinnungsaufsatz zum Thema Lehrerinnenbildung, aber kein Antrag, der politischen Gestaltungswillen deutlich macht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem besteht bei Ihrem Besinnungsaufsatz die Gefahr, dass damit tatsächlich die notwendige Reform der Lehrerinnenbildung in Rheinland-Pfalz zum Schaden von künftigen Generationen von Schülerinnen und Schülern im Sand verläuft.

In einem sind sich die Experten der verschiedenen Lehrerbildungskommissionen einig. Ohne Fixpunkt für ein Lehramtsstudium bzw. für die Lehramtsstudierenden – ob man das nun, wie wir es nennen, Zentrum für Lehrerinnenausbildung oder wie auch immer nennt – wird sich am Angebot der Hochschulen für Lehramtsstudierende wenig bis gar nichts ändern.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Wir brauchen eine Institution, die die beklagte Beliebigkeit der Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende beendet und das Angebot an Lehrveranstaltungen in vernünftige Bahnen lenkt. Wir wollen in Übereinstimmung mit der KMK-Kommission ein solches Zentrum für Lehrerinnenbildung, um geeignete Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende an den Hochschulen zu institutionalisieren. Hier sollen die Fäden für die Lehrerinnenbildung in der ersten Phase zusammenlaufen und die Koordination mit der zweiten und dritten Phase betrieben werden. Hier wäre auch ein geeigneter Ort, um die Gestaltung von geeigneten Modulen koordinieren zu können.

Modularisierung ist eine feine Sache. Spätestens bei der Durchführung Ihres im Antrag genannten Prüfauftrags werden Sie bemerken, dass es sich bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I um mehr oder weniger pubertierende Jugendliche handelt mit zumindest ähnlichen daraus entstehenden Problemlagen für alle Schularten in dieser Schulstufe.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Somit wird offensichtlich, dass entsprechende pädagogische, psychologische und sozialwissenschaftliche Studien in Modulen für alle späteren Lehrkräfte in der Sekun

darstufe I gleich angeboten werden können. Wir haben dieses Kind in unserem Antrag beim Namen genannt, nämlich eine Ausbildung, die sich an den Entwicklungsstufen der Schülerinnen und Schüler orientiert, und zwar an den Schulstufen. Hier sind wir an dem Knackpunkt der Blockade der Lehrerinnenbildungsreform angelangt, der eher schulstufenbezogenen Lehrerinnenbildung, die die SPD immer wieder einmal durchzusetzen versucht, und der stur schulartbezogenen Reformidee der FDP.

Wir sind sehr gespannt, wie sich die neuen Machtverhältnisse in diesem Bereich auswirken werden.

Auch das allseits geforderte Praxissemester kann nur zu einem Erfolg werden, wenn die geforderte intensive Begleitung der Praktika durch die Hochschulen tatsächlich umgesetzt wird. Hier wäre ein Zentrum für Lehrerinnenbildung tatsächlich der geeignete Ort, um für eine Durchsetzung zu sorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der Kürze der Redezeit kann ich nur einige wenige Probleme bei der Lehrerinnenbildung ansatzweise ansprechen. Die zahlreich vorliegenden Kommissionsberichte zur Lehrerinnenbildung beinhalten sehr konkrete Vorschläge zu strukturellen Änderungen, auch in der zweiten und dritten Phase der Lehrerinnenbildung. Ich habe versucht, mich an Ihrem Antrag abzuarbeiten. Wenn der so unkonkret ist, kann ich nicht viel machen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Qualifizierung von Fachleiterinnen und die Gestaltung der Berufseinstiegsphase sind nur weitere zwei Problemstellungen.

Meine Fraktion kann mit Befriedigung feststellen, dass wir unseren Antrag aus dem Jahr 1999

(Mertes, SPD: Kopiert haben!)

nur mit sehr wenigen Änderungen wieder in die Beratungen einbringen können, da sich die meisten unserer Vorstellungen nämlich ganz konkret in den späteren Kommissionsberichten als Empfehlungen wiederfinden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz aller Kritik an Ihrem Antrag, er sollte wenigstens einen Zweck erfüllen: Er sollte nämlich der Anlass sein, die vor der Wahl bereits vorbereitete Anhörung zum Thema „Lehrerinnenbildung“ tatsächlich auch durchzusetzen. Wir begrüßen die Absicht, den Antrag in beide relevanten Ausschüsse zu überweisen. Eine wesentliche Fragestellung bei den Beratungen muss als Folge der vorliegenden Kommissionsberichte dann lauten: Welche institutionellen Strukturen müssen in allen Phasen der Lehrerinnenbildung gebildet werden, um die fast einver

nehmlich formulierten inhaltlichen Forderungskataloge an zukünftige Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich erfüllen zu können?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste begrüßen. Zu Gast sind Mitglieder des SPD-Ortsvereins Langenlonsheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Der SPD-Fraktion steht noch eine Redezeit von einer Minute zu.

Ich erteile der Kollegin Frau Brede-Hoffmann das Wort.