Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Braun, es reizt mich noch einmal, diese sehr merkwürdige Argumentation mit der Zinssenkung zu erwähnen. Man muss bei Subventionen zwischen Erhaltungssubventionen und anderen unterscheiden. Es geht nicht um Werften und Steinkohle, sondern es geht um Zukunft.
Zum Zweiten muss man darauf hinweisen dürfen, dass Sie vermutlich in einem Punkt einen Denkfehler gemacht haben, wenn Sie sagen, dass man damit weniger Kredite ausreichen kann. Die ISB reicht die Kredite nicht aus, diese reichen die Banken aus.
(Beifall bei FDP und SPD – Creutzmann, FDP: So ist es! – Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann geht die ISB hin und senkt richtigerweise den Zinssatz, Herr Dr. Braun. Sie haben im Wettbewerb der Standorte und der Länder vermutlich noch mit keinem Unternehmen gesprochen, das sich hier ansiedeln möchte, soll oder nicht soll.
Sie werden dann sehr schnell erleben, dass wir in Deutschland sowie schon insgesamt eine Schieflage bei der Förderung und den Möglichkeiten haben. Die Unternehmen verhalten sich so, wie sie es machen müssen. Sie sehen es von der Kostenseite her, müssen also ihre Investitionen möglichst günstig und zukunftsfähig auf den Weg bringen. Deshalb ist es gerade in der jetzigen Zeit genau richtig zu sagen, wir gehen da noch ein Stück herunter, damit die Investition in Rheinland-Pfalz stattfindet und in diesem Bundesland Arbeitsplätze sichert und schafft. Das ist im Grunde die Philosophie. Das können Sie jetzt lange bestreiten, es lohnt aber nicht, das zu bestreiten.
Gestatten Sie mir, zum Schluss noch etwas zur Selbs tzufriedenheit zu sagen. Herr Dr. Gölter, von Selbstzufriedenheit kann gar keine Rede sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ISB sind hoch innovativ.
Gut, wenn Sie mir Selbstzufriedenheit vorwerfen, dann können Sie das privat machen, aber das ist hier nicht der richtige Weg. Es ist belegt, dass die ISB insgesamt sehr innovativ und immer in der Lage ist zu versuchen, auf die Fragen der Zeit eine richtige Antwort zu geben. Ich möchte an dieser Stelle auch meinen Mitarbeitern im Hause sehr herzlich danken, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ISB, die ganz hervorragend aufgestellt ist.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind am Ende der Aktuellen Stunde und treten in die Mittagspause ein. Die Beratungen werden um 13:15 Uhr fortgesetzt.
Wir setzen unsere Plenarsitzung fort. Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Beate Reich und Gerd Schreiner. Die Rednerliste führt Herr Schreiner. Ich rufe die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung auf, die gemeinsam beraten werden:
Die Fraktionen haben eine Redezeit von 15 Minuten vereinbart. Ich gebe das Wort an die Bildungsministerin, Frau Ahnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat den Entwurf eines neuen Schulgesetzes in den Landtag eingebracht. Wenn ich „neues Schulgesetz“ sage, soll das nicht heißen, dass der Gesetzentwurf die Schule völlig neu erfindet, aber der Gesetzentwurf nimmt wesentliche Weichenstellungen vor.
Kontinuität und Innovation ist das Motto dieser Novelle. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Spruch „Stillstand bedeutet Rückschritt“ in keinem anderen Politikbereich so sehr Gültigkeit hat wie in der Bildung. Ich sage aber auch, gerade Reformen im Schulbereich müssen bas iserprobt sein, damit Misserfolge vermieden werden. Ich bin überzeugt, dass der jetzt vorliegende Gesetzentwurf, der die positiven praktischen Erfahrungen der vergangenen Jahre mit innovativen und neuen Elementen für die Zukunft verbindet, unser Bildungssystem nachhaltig verbessern wird. Lassen Sie mich dies an einigen Beispielen erläutern.
Ein Schwerpunkt der Novelle und Kernpunkt des Gesetzes ist die Selbstständigkeit der Schule, die in ganz engem Zusammenhang mit einem weiteren Schwerpunkt der Novelle gesehen werden muss, nämlich der Schulentwicklung und Qualitätssicherung. Das Gesetz gibt nicht nur den Rahmen für pädagogische, personelle und wirtschaftliche Selbstständigkeit der Schulen vor, wichtig ist vor allem, dass die Schulen verpflichtet werden, pädagogische Ziele und Schwerpunkte festzulegen und deren Erfolg durch interne Evaluation, Überprüfung und Teilnahme an externen Evaluationen zu überprüfen.
Dieses Junktim zwischen pädagogischem Freiraum einerseits und Verpflichtung zu interner und externer Evaluation andererseits – man könne auch vereinfacht sagen, der Zusammenhang zwischen Freiheit und Ver
antwortung – ist aus meiner Sicht Garant dafür, dass zwar jede Schule ihren eigenen Spielraum hat, gleichzeitig jedoch das Gesamtsystem mit allen Anforderungen in den Blick genommen wird. Die Verantwortung der Schulen selbst im Zusammenhang mit Maßnahmen der Schul- und Qualitätsentwicklung trägt wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen Rechnung, dass Qualitätsentwicklung zwar angestoßen, aber nur bedingt hierarchisch verordnet werden kann, sondern von unten, also vor Ort in der Schule mit entwickelt werden muss.
Selbstverständlich brauchen die Schulen dabei Unterstützung durch die Schulaufsicht. Selbstverständlich müssen sie die Zusammenarbeit mit dem Schulelternbeirat und auch der Vertretung der Schülerinnen und Schüler pflegen, wenn sie diesen Weg gehen, der sich auch international bewährt hat.
Der zweite große Block der Novelle ist die Frage der Reform der berufsbildenden Schulen. Mit dem Gesetzentwurf werden aus meiner Sicht Meilensteine gesetzt, die auch von den Betroffenen gewünscht und gefordert wurden. Durch die strukturelle Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen wird der Stellenwert und die Attraktivität des beruflichen Bildungswegs gestärkt. Mir ist wichtig festzustellen, dass die berufsbildenden Schulen, die Berufsschule in Teilzeitform, nach wie vor als Partner der dualen Ausbildung im Mittelpunkt der berufsbildenden Schule steht.
Wir wollen aber darüber hinaus Schülerinnen und Schülern innerhalb des Systems der berufsbildenden Schulen auch den Weg zu weiterführenden Bildungsgängen eröffnen. Mit der neu einzuführenden Berufsoberschule II ermöglichen wir den Erwerb der fachgebundenen oder allgemeinen Hochschulreife innerhalb eines Jahres. Das ist ein wichtiger Beitrag für die uns sehr wichtige Stärkung der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung.
Dies liegt mir in diesen Zeiten besonders am Herzen; denn es geht letztlich darum, dass unsere Jugendlichen, insbesondere bei den derzeit drastisch veränderten Rahmenbedingungen, so gut wie möglich für die Zukunft qualifiziert werden. Die Berufsfachschule wird künftig aus zwei eigenständigen Bildungsgängen – der Berufsfachschule I und der Berufsfachschule II – bestehen. Damit wird auch der derzeit hohen Wiederholer- und Abbrecherquote bei der bislang bestehenden zweijährigen Berufsfachschule entgegengewirkt.
Meine Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht übrigens ein wichtiger Weg, um den verantwortungsvollen Umgang mit der Lebenszeit der Jugendlichen tatsächlich zu realisieren.
Der dritte große Punkt befasst sich mit der Ganztagsschule. Hier wird eines der Erfolgsprojekte des Landes – ich sage auch: inzwischen rheinland-pfälzisches Markenzeichen – rechtlich verankert. Mit Beginn des Schul
jahres 2003/2004 verfügen wir im Rahmen dieses Programms über 163 Ganztagsschulen in neuer Form. Sie wissen, der nächste Aufbauschritt ist in Vorbereitung. Wir haben die neue Ganztagsschule unter dem Begriff „Ganztagsschule in Angebotsform“ in das Gesetz eingeführt, um zu unterstreichen, es ist ein freiwilliges Angebot, aber dann auch mit entsprechenden Verpflichtungen für die Schülerinnen und Schüler. Mit den Bundesmitteln erhält unser Projekt noch weiteren Schub, und vor allem erhalten die Kommunen zusätzliche finanzielle Unterstützung.
Wenn ich in der letzten Woche verkünden konnte, dass im Land Rheinland-Pfalz nicht nur die für das Land vorgesehene Tranche der Bundesmittel insgesamt bewilligt wurde, sondern dem Land mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden konnten, weil andere Länder die Mittel nicht abrufen, dann sind das nicht nur Zukunftsinvestitionen in Bildung, sondern dann sind das auch Investitionen, die in diesem Land getätigt werden.
Der Gesetzentwurf enthält eine Reihe weiterer wichtiger Punkte. Wir haben die Schulzielbestimmungen ergänzt um die Ziele des gewaltfreien Zusammenlebens, das Ziel der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, die Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen sowie die Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Das sind wichtige Ziele, denen wir mit unserer Bildungspolitik Rechnung tragen wollen.
Der Gesetzentwurf stärkt die integrative Unterrichtung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, und er trifft auch Aussagen zum Krankenhausunterricht. Konkreter ausgestaltet wird die Zusammenarbeit der Schulen mit außerschulischen Partnern. Hier ist mir besonders wichtig die Zusammenarbeit mit Betrieben, Hochschulen, aber auch mit Kindertagesstätten. Die frühe Förderung ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung.
Dabei nehmen wir auch die Einschulungsfrage in den Blick. Mit der Flexibilisierung der Einschulung durch den Gesetzentwurf tragen wir dazu bei, dass in Zukunft viele Kinder früher zur Schule gehen können und auch zur Schule gehen werden. Entscheidend für die Aufnahme von Kindern in der Grundschule ist die individuelle Entwicklung und Förderung des Kindes. Die Rückstellung vom Schulbesuch erfolgt künftig nur noch aus gesundheitlichen Gründen, damit die individuelle Förderung in der Grundschule so früh wie möglich einsetzen kann. Die PISA- und auch die IGLU-Studie haben gezeigt, dass verspätete Einschulungen und verzögerte Schulkarrieren nicht förderlich sind. Auch eine großzügige Kann-Kinder-Regelung mit Zurückhaltung bei Rückstellungen ist ein sorgsamer Umgang mit Lebenszeit von jungen Menschen.
Lebenszeit junger Menschen und der verantwortungsvolle Umgang damit sind uns große Anliegen. Aber ich sage auch, hier sind intelligente und flexible Lösungen gefragt, damit Zeitgewinn ohne Qualitätsverlust realisiert werden kann; denn die Aufgabe ist eine vierfache:
Wir müssen Leerlaufphasen und Übergangszeiten zwischen Ausbildungsabschnitten soweit wie möglich beseitigen und
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies waren für uns auch die Leitmotive bei der Frage der Schulzeit bis zum Abitur und vor allem bei der Einführung des vorgezogenen Abiturs. Wir haben gehandelt. Über 20.000 junge Menschen, die seither ein halbes Lebensjahr gewonnen haben, sind – wie man in der Wirtschaft so schön sagt – 10.000 Mann- oder Frau-Jahre.
Da redet die CDU-Fraktion von Nachholbedarf gegenüber anderen Ländern. Ich kann nur sagen, da haben die einiges nachzuholen, vor allem, wenn man sieht, dass dort Zeitgewinn frühestens ab 2008 realisiert werden soll.