Protocol of the Session on November 5, 2003

Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat nicht erst mit der Haushaltsberatung des Haushaltsentwurfs für 2004 ihren Auftakt genommen, sondern sie hat quasi schon mit der Diskussion um den Nachtragshaushalt im April dieses Jahres begonnen, als es um die Frage ging, ob das Land einer Öffnungsklausel für die Sonderzahlungen für Beamtinnen und Beamte im Bundesrat zustimmen soll oder nicht. Sie haben nicht zugestimmt. Herr Hartloff hat es soeben gesagt.

Wir haben schon im April deutlich gemacht, dass wir diese Öffnungsklausel begrüßen. Ich möchte auch noch einmal sagen, vor welchem Hintergrund wir dies tun. Wenn es um gemeinsame Entscheidungen ging, haben mich die aktuellen Diskussionen im Bundesrat nie in der Hoffnung gelassen, dass sich 16 Bundesländer über eine Umgestaltung der Sonderzahlungen im Bundesbeamtenbesoldungsrecht einigen würden. Jetzt kann darüber jedes Land in eigener Verantwortung entscheiden. Manche Länder versuchen, eine Angleichung oder ähnliche Regelungen mit ihren Nachbarländern zu erreichen. Vielleicht kommt man über diesen Prozess letztendlich wieder zu einer Einigung.

Aber uns ist klar, dass die Situation der öffentlichen Haushalte, insbesondere der Länderhaushalte, eine Veränderung auch bei den Personalausgaben notwendig macht. Deswegen haben wir uns dieser Öffnungsklausel nicht verschlossen und auch nicht einer Diskussion darüber, wie man diese Sonderzahlungen ausgestalten kann.

Was diese Frage anbelangt und was den größten Sparund Streichposten für 2004 anbelangt, gab es vonseiten der Regierungsfraktionen oder auch der Regierungsvertreter nicht viele Dialogangebote. Wir haben mehrfach nachgesucht, aber es ist noch nicht einmal im Ausschuss eine gescheite Diskussion darüber zustande gekommen.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Deswegen haben wir heute unseren Vorschlag erneut vorgelegt.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, wir bleiben bei unserer Aussage, dass unser Vorschlag sozial gerechter ist. Wir machen den Vorschlag, die Einkommensgruppen von A 3 bis A 8, die ca. 5.600 der aktiv Beschäftigten umfassen – ich nenne dabei nicht mehr die Zahl der Versorgungsempfänger –, von den Kürzungen des Weihnachtsgelds auszunehmen, sodass sie ihr Weihnachtsgeld in der bisherigen Höhe weiter beziehen. In der Gegenkompensation schlagen wir im gleichen Sparvolumen wie die Landesregierung stärkere Kürzungen bei den höheren Einkommensklassen ab A 15 vor.

Ich möchte Ihnen als Beispiel eine Zahl nennen. Herr Hartloff, auch Sie haben versucht, mit Zahlen zu operieren, aber Sie haben sie nicht auf den Tisch gelegt. Nach unserem Vorschlag würde ein Bezieher von A 15 nach den Berechnungen des Finanzministeriums statt rund 2.500 Euro rund 1.800 Euro bekommen, aber ein Einkommensbezieher von A 8 bekäme statt rund 1.200 Euro fast 2.000 Euro. Darin sehen wir den Ausgleich, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie könnten das in dieser Form aus- bzw. umgestalten. Die Landesregierung hat uns dankenswerterweise über das Finanzministerium Probeberechnungen ausgeführt, dass wir die geringere Ausgabenkürzung bei den 5.600 Beamtinnen und Beamten in den niedrigen Einkommensgruppen durch eine Kürzung der Einkommen der rund 5.600 Spitzenbeamten in den Einkommensklassen ab A 15 bis B 10 kompensieren können. Dieser Vorschlag ist durchgerechnet, und er ist machbar.

Ich komme nun zu Ihren Grenzfällen. Das Beispiel, das Herr Itzek im Haushalts- und Finanzausschuss vorgebracht hat, war ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Er hat einen alleinstehenden Beamten mit einer Besoldung von A 8, verheiratet, mit einem jüngeren Beamten in A 10 verglichen, der zwei Kinder hat und in einer völlig anderen Ausgangssituation ist. Sie wissen genau, dass die unterschiedliche Höhe der Besoldungen nicht aufgrund der Zuweisung des Weihnachtsgelds oder ähnlichen Sonderzahlungen stattfindet, sondern sie resultiert

daraus, dass jemand, der sich in einem höheren Lebensalter befindet, aufgrund der gesamten Anlage der Beamtenbesoldung bereits eine höhere Besoldung bezieht. Sie können doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, sonst vergleiche ich das Weihnachtsgeld eines Staatssekretärs mit B 10 mit dem Weihnachtsgeld eines Beamten, der A 10 bekommt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Itzek, SPD: Nein, ich habe Zahlen mit Zahlen verglichen!)

Insofern überzeugen Sie mit diesen Beispielen nicht, meine Damen und Herren.

Ich muss noch einmal sagen, ich kann es nicht nachvollziehen, wie eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung an solchen sozialen Staffelungsmöglichkeiten vorbeigehen kann, wenn es um das Weihnachtsgeld geht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können es beim Urlaubsgeld machen. Dort ist es kein Systembruch. Wenn wir es jetzt aber für das Weihnachtsgeld vorschlagen, wird es auch vom Finanzministerium als Systembruch beschrieben. Ich sage Ihnen, in Nordrhein Westfalen gibt es Vorschläge für eine soziale Staffelung. Diese sind bereits beschlossen. In Schleswig Holstein gibt es Vorschläge für eine soziale Staffelung. Auch diese sind auf dem Entscheidungsweg. Sogar Bayern bekommt es hin. Das soll in Rheinland-Pfalz nicht möglich sein? Da kann ich nur sagen: Dafür werden Sie unsere Zustimmung nicht bekommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Das wissen wir!)

Wir haben noch drei andere Änderungen vorgeschlagen. Wir wollen nicht den Schein erwecken, dass man über eine Zwölftelung und eine Dynamisierung eine Art Ewigkeitsprinzip in dieser Gesetzesänderung hat. Wir wissen – genauso wird es auch die Öffentlichkeit wissen –, dass Sie jederzeit nach Haushaltslage auch diese Versprechungen zurücknehmen können. Wir wollen bei einer Einmalzahlung bleiben und diese beibehalten. Ich glaube, das ist auch im Zusammenhang mit konjunkturellen Effekten wichtig, die man in diesem Zusammenhang nicht außer Acht lassen kann.

Wir wollen auch eine Wirkungsüberprüfung. Deswegen wollen wir die Befristung auf 2006 auch in RheinlandPfalz. Andere Bundesländer sehen dies auch vor, damit man das in der Auswirkung für die Einzelnen sehen kann, aber auch zum Beispiel in der Auswirkung auf Kaufkraftverluste und ähnliche Dinge.

Ein Weiteres spricht für diese Wirkungsüberprüfung, dass man nämlich Luft für die zu erarbeitende Regelung im Tarifbereich hat, die auch Sie anstreben und bei der die Verhandlungen erst aufgenommen werden. Man sollte sich nicht auf die Zwölftelung festlegen, sondern es bei der Einmalzahlung belassen und tatsächlich die Möglichkeit eröffnen, das für den Tarifbereich und den Beamtenbereich gemeinsam zu machen.

Meine Damen und Herren, wir hatten Ihnen angeboten, in dem Gesetz eine Entkoppelung vorzunehmen und das für 2003 so zu regeln, wie Sie es vorhaben. Ich bin sicher, Sie werden letztendlich verstehen, warum wir diesen Schritt nicht mitgehen. Ich möchte Ihnen einen Satz dazu sagen. Bis September hat uns Herr Mittler immer in dem Glauben gelassen, mit diesem Haushalt sei alles in Ordnung, die Einnahmen sprudeln. Von den Ausgaben hat er kein Wort gesagt. Dann tritt er im September an die Öffentlichkeit und sagt, erstens Haushaltssperre, zweitens müssen wir das Weihnachtsgeld kürzen. An dieser Stelle können wir nicht mitgehen, weil Sie auch keine Alternativen geprüft und vorgelegt haben. Das ist eine Zumutung für eine Opposition. Das werden wir an der Stelle nicht machen. Sie haben das Ganze in einem Hauruck-Verfahren durchgezogen und erwarten dafür Applaus seitens der Opposition. Das kann wohl nicht wahr sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wir haben Ihnen aber das Angebot für 2004 gemacht. Wir haben konkrete Vorschläge vorgelegt. Ich sage Ihnen wirklich mit Nachdenklichkeit, ich finde, es ist für künftige interfraktionelle Gespräche oder Gespräche zwischen Regierung und den Oppositionsfraktionen kein gutes Omen, wenn solche Vorschläge, Debatten und Entscheidungen in der Form vorbereitet und durchgezogen werden und wenn es diese Auseinandersetzung nicht gibt.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Herr Kuhn, ich sage es mit aller Nachdenklichkeit. Deshalb haben wir unseren Vorschlag auf den Tisch gelegt. Er steht nachher alternativ zu Ihrer Abstimmung. Ich hoffe, dass sich der eine oder andere entschließen kann, auch unseren Vorschlag mitzutragen und uns zu unterstützen. Diese Gelegenheit wollen wir Ihnen bei einer namentlichen Abstimmung auch geben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einschnitte in die Beamtenbesoldung sind schmerzlich. Ich nehme an, dass jedem von uns abgenommen wird, dass solche Einschnitte, die Menschen betreffen, die auch sorgsam mit ihrem Geld umgehen müssen, wehtun.

Wir waren gezwungen, diese Maßnahmen zu ergreifen. Wir haben das in diesem Gesetz verifiziert, weil sich die Haushaltslage so entwickelt hat, wie es jetzt schon dargestellt wurde.

So, wie es Frau Thomas dargestellt hat, ist es nicht gewesen. Ich kann von der Seite der FDP-Fraktion bestätigen, dass der Finanzminister niemals den Anschein erweckt hat, als wäre die Einnahmensituation im Jahr 2003 so gesichert, wie es am Anfang den Eindruck erweckte.

(Beifall bei FDP und SPD – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lesen Sie doch einmal seine Presseerklärungen! – Lelle, CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Er hat immer vor zu optimistischen Einschätzungen gewarnt, da man leicht von Wachstumszahlen verführt wird, die zunächst einmal gut aussehen. Das habe ich im Ohr. Das können Sie nachlesen.

(Lelle, CDU: Märchenerzähler!)

Er hat vor zuviel Optimismus gewarnt. Es ist in der Tat so, dass sich die Einnahmensituation in der zweiten Jahreshälfte, was auch viele befürchtet hatten, noch einmal dramatisch nach unten entwickelt hat.

In unserem Nachtragshaushalt 2003 haben wir die Voraussetzungen für einen vernünftigen und soliden Haushalt dieses Jahres geschaffen. Vor dem Hintergrund der damaligen Situation waren wir uns auch weitgehend sicher, dass wir dies umfassend erreichen werden.

Vor diesem Hintergrund haben wir auch gezögert, diese zusätzlichen Maßnahmen für das Jahr 2003 in Angriff zu nehmen. Wir waren vorsichtig und hatten zunächst auch die Hoffnung, dass das Gesamtpaket, das auch Einbußen bei den Beamten zur Folge hatte, ausreichen würde.

Die Realität ist eine andere. Wir haben zum Ersten wiederum massive Einnahmeneinbrüche zu verzeichnen, zum Zweiten auch Ausgabenerhöhungen, die im Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung zu sehen sind. Es gab keine andere Wahl, als schon im Jahr 2003 auf diese Situation zu reagieren. Das ist schmerzhaft.

Die Reduzierung des Weihnachtsgelds um 14 % ist spürbar. Aber lassen Sie mich auch sagen, vor dem Hintergrund der Gehaltserhöhungen bilanziert sich das in einem Rahmen, der natürlich für die Beamten unerfreulich ist, der aber immerhin noch ein, wenn auch sehr schwaches Wachstum der Gehälter zur Folge hat. Wir wollen es also auch nicht zu sehr dramatisieren. Diese minus 14 % sind nach unserer Einschätzung auch zu verkraften, so schmerzhaft es auch ist.

Der zweite Aspekt ist, wie wir in der Zukunft mit den Sonderzuweisungen umgehen. Die Koalition hat sich entschieden, 50 % des Weihnachtsgelds zugrunde zu legen, also von 84 % auf 50 % zu kürzen. Gleichzeitig soll die vom Beamtenbund gewünschte Zwölftelung herbeigeführt werden, damit eine Dynamisierung, die den Beamten mittelfristig auch erheblich zugute kommt.

Das wird nicht kompensiert; das ist klar. Der Beamtenbund hätte sich einen wesentlich höheren Sockel gewünscht. Das ist uns klar.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Kuhn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Bischel?

Der beamtenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion hat das Wort.

(Dr. Altherr, CDU: Des Landes Rheinland-Pfalz!)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuhn. Darf ich Sie fragen, wie Sie das mit der Dynamisierung einschätzen? Was glauben Sie, bis zu welchem Zeitpunkt die rheinlandpfälzischen Beamten durch diese Dynamisierung die Situation der Bundesbeamten, die sich für diese im Jahre 2004 ergibt, erreicht haben?

(Lelle, CDU: Das weiß er nicht!)

Dass Sie die Bundessituation im Vergleich darstellen, ist verständlich. Ich werde nachher in meinem Redebeitrag noch darauf hinweisen, wie die Ländersituation ist. Dann werden sich manche noch die Augen reiben. Wenn wir die Situation der rheinland-pfälzischen Beamten mit der anderer vergleichen, dann werden wir auch klarstellen, dass die Bundessituation natürlich für die Beamten erfreulicher wäre, was ganz klar ist, dass wir aber vor dem Hintergrund der Ländersituationen diesen Vergleich nicht anstellen können.

Es gibt einen kleinen Zinsvorteil von 2 %. Das ist ein ganz kleiner Vorteil, der auch noch mit hinzuzurechnen ist. Das muss man sagen, wenn man die ganze Wahrheit darstellen will.

Eine so dargestellte entscheidende Frage ist, wie es mit der sozialen Komponente steht. Wir haben uns in der Koalition natürlich intensiv damit beschäftigt. Im Zusammenhang mit dem Urlaubsgeld, mit der Erhaltung oder der ganzen Abschaffung des Urlaubsgeldes haben wir die soziale Komponente ganz bewusst eingefügt. Dies wurde durch die Kinderkomponente ergänzt, die nicht erheblich ist. Das ist eine soziale Komponente.