Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist sehr kreativ, und das jedes Jahr aufs Neue auf die gleiche Art und Weise, indem sie den Kalender neu schreibt. Sie definiert Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter, was Ausbildungsplätze angeht, wie folgt: Im Frühjahr ist die Situation der katastrophalen Ausbildungsplatzprobleme, im Sommer, da sind es die fürchterlichen Ausbildungsplatzprobleme. Der Herbst ist die unbefriedigende Situation, und am Ende des Jahres, so war es bisher, hatten alle Ausbildungswilligen und alle Ausbildungsfähigen eine Stelle gefunden.
(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir noch nie so behauptet, das stimmt auch überhaupt nicht!)
Dass das dieses Jahr auch so gut ausgeht, steht zu hoffen. Den Beleg können wir noch nicht antreten, aber es steht zu hoffen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist bei der Bedeutung dieses Themas, über die wir uns einig sind, ganz wichtig, dass das, was die Politik betreibt, nicht als süffisantes Ritual und als etwas gesehen werden kann, in dem die Freude an Katastrophen bedient wird, sondern dass wir bei diesem Thema ehrliche Betroffenheit zeigen.
Auf diese Lösungen, auch auf die Rolle von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im besonderen, die Haltung der Bundesregierung, von Rheinland-Pfalz, der Wirtschaft und ihrer Organisationen und andere Dinge werde ich in der zweiten Runde eingehen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Lage am Ausbil
dungsmarkt nach wie vor angespannt ist, ist man eigentlich aufgerufen, diese Thematik sehr ernsthaft und sehr solide zu bearbeiten, auch vonseiten der Politik.
Übrigens tut das die Landesregierung, aber nicht spektakulär. Es ist immer die Frage, ob es nützt, wenn wir hier diskutieren – Herr Wiechmann, man kann über unterschiedliche Modelle diskutieren –, oder ob man in der Tat an der Seite derjenigen steht, die jetzt vor dem Eintritt in das Berufsleben stehen und einen Ausbildungsplatz suchen. Es gibt nichts Schlimmeres – das wiederholte ich zum x-ten Male – aus unterschiedlichen, auch gesellschaftspolitischen Gründen, als nach der Schulentlassung in die Arbeitslosigkeit entlassen zu werden. Dessen ist sich die Landesregierung völlig bewusst.
Wir haben seit vielen Jahren einen so genannten ovalen Tisch. An dem ovalen Tisch sitzen alle verantwortlichen Akteure und Teile der Landesregierung, der Ministerpräsident selbst, meine Kolleginnen Frau Dreyer und Frau Ahnen und ich mit den Akteuren, das heißt, mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften, um das Problem einer Lösung zuzuführen. Das ist uns immer weitestgehend gelungen, und zwar nicht spektakulär, indem wir große Debatten vom Zaun brechen, ohne zu wissen, was wir für Konzepte anzubieten haben.
Es macht keinen Sinn, die Zahlen noch einmal zu wiederholen. Es wirft ein Schlaglicht auf die Art Ihres Handelns, wenn wir heute Morgen eine Mündliche Anfrage haben und jetzt eine Aktuelle Stunde dazu. Sie haben bei der letzten Landtagssitzung das gleiche Prozedere gemacht.
Damit helfen Sie übrigens keinem, der einen Ausbildungsplatz haben will. Sie helfen niemandem damit, indem Sie eine Diskussion darüber führen.
Frau Grützmacher, ich unterstelle Ihnen doch gar nicht, dass Sie nicht an der Seite derjenigen stehen, die einen Ausbildungsplatz suchen. Aber bitte unterstellen Sie der Landesregierung auch nicht, dass sie nicht alles unternimmt, um die Schere möglichst zu schließen.
Wir haben jetzt eine Situation, die statistisch eine Lücke von um die 1.300/1.400 Auszubildenden. Sie haben vorhin den 30. September erwähnt. Dazu kann ich Ihnen sagen, allein in der ersten Oktoberwoche sind bei den vier Handwerkskammern, ohne die Industrie- und Han
Ich gehe davon aus, dass die Maßnahmen, die jetzt von den Wirtschaftsverbänden und in Begleitung der Landesregierung ergriffen werden, weiter erfolgreich sein werden. Man kann nicht sagen, die Wirtschaft entzieht sich völlig der Verantwortung. Das kann man schlicht so nicht sagen.
Ich räume gern ein, dass eine Menge Defizit vorhanden ist. Das aber so pauschal zu sagen, ist auch etwas, womit man zumindest die Stimmung in der Wirtschaft nicht verbessert, um auszubilden.
Jetzt muss man in aller Nüchternheit festhalten und sagen dürfen, dass durchaus auch viele Bewerberinnen und Bewerber noch auf dem Markt sind. Wir haben nach wie vor noch viele Berufsbilder, die angeboten werden.
Mir ist klar, dass man nicht mit allem Zwang jemanden in die Nahrungsmittelberufe bringen muss. Deshalb noch einmal mein Appell von dieser Stelle an diejenigen, die noch nicht ausbilden. Sie müssen alle wissen, die Verantwortungsbereitschaft in der Wirtschaft ist gegeben. Alle wissen, dass der gut Ausgebildete von heute der Facharbeiter von morgen ist, auch bei den Betrieben, die nicht ausbilden. Das muss man in aller Klarheit sagen.
Jetzt will ich etwas zur Situation sagen, wie sie ist. Wir haben jetzt ein Defizit von 1.300, wobei man die 250 herunterrechnen müsste. Die Lage wird noch entspannter. Ich will damit nicht sagen, sie wird am Schluss ausgeglichen sein, wobei man immer sagen muss „statistisch“.
Ich appelliere gleichzeitig an die Jugendlichen, ihre Zweit- und Drittberufswahl anzunehmen; denn eines ist auch klar, dass beispielsweise in Nahrungsmittelberufen eine gute Perspektive besteht. Ich bin sicher, das ist eine bessere Perspektive als in dem Berufsbild, das derzeit stark nachgefragt wird, Bürokaufmann oder Bürokauffrau. Wir erleben derzeit, was bei den großen deutschen Banken mit den Bürokaufleuten und Bankkaufleuten geschieht, und sehen gleichzeitig, wie im Nahrungsmittelgewerbe händeringend nach Ausbildungsbewerbern nachgesucht wird, die derzeit nicht vorhanden sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch meinen Kollegen Schartau zitieren. Ich gehe in der zweiten Runde gern noch einmal darauf ein. Ich darf Ihnen versichern, dass wir demnächst wieder die Probleme am ovalen Tisch besprechen, und zwar nicht spektakulär. Wir haben unter Beteiligung des Ministerpräsidenten, der Frau Kollegin Ahnen, der Frau Kollegin Dreyer und meiner Beteiligung einzelne Ausbildungskonferenzen bei den Arbeitsverwaltungen mit den Jugendlichen mit durchgeführt und auch mit den Ausbil
Gestatten Sie mir noch einen Satz von meinem Kollegen Schartau zu zitieren, der schlicht sagt – SPD-Minister Schartau „Lehrstellenabgabe für staatliche Ausbildung“; ich lese einmal die dpa-Meldung vor –: „Der nordrheinwestfälische Wirtschaftsminister Harald Schartau befürchtet im Falle einer Lehrstellenabgabe eine Verstaatlichung der Ausbildung. Im ARD-Morgenmagazin plädierte er am Donnerstag für den Erhalt der dualen Berufsausbildung mit Schule und Betrieb. Die Pflichtabgabe könnte dazu führen, dass eine riesige Menge an Geld zusammenkomme, sagte Schartau. Was aber dann mit dem Geld passiere, wo die Ausbildung dann stattfindet, da ist meine Prognose – so Schartau –, das wäre der direkte Einstieg in eine ausschließlich staatliche Ausbildung.“
Ich bitte, vor diesem Hintergrund die Diskussion möglichst sachlich zu führen und zu wissen, dass nicht alles unproblematisch ist.
Ich füge noch etwas hinzu, was mir sehr wichtig erscheint. Am 16. November steht das so genannte Finale an. Dann wird sich noch einmal etwas bewegen. Das ist doch gar keine Frage. Im Gegensatz zu Ihnen steht jetzt einer vor Ihnen, der ausgebildet hat.
Ich füge hinzu, dass wir auch die Modulausbildung, von der in diesem Staat leider viel geredet, aber nicht entsprechend gehandelt wird, noch einmal erweitern werden, weil wir in die Modulausbildung die Institutionen mit hineinnehmen. Das heißt: Betrieb plus Institution, damit wir die Modulausbildung verbessern können; denn das ist ein großes Problem insgesamt, nämlich das breite Ausbildungsbild und die Spezialisierung der Unternehmen, die nur noch in bestimmten Segmenten ausbilden können.
Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass wir am Schluss ein besseres Ergebnis haben werden als das, was jetzt auf dem Tisch liegt. Das entbindet uns nicht, uns ständig zu bemühen. Man muss einmal den Tarifpartnern danken, die sich beide sehr darum bemühen, das Ausbildungsplatzproblem zu entschärfen.