Protocol of the Session on October 9, 2003

(Ministerpräsident Beck: So weit geht die Liebe zum Subventionsabbau nicht!)

Mich wundert das aber nicht, weil es bisher schon in Ihrem Ministerium stiefmütterlich behandelt wurde. Ich nenne nur das Stichwort „Antragsstopp seit Februar“.

Natürlich habe ich gehört, wie sie von der Regierungsbank gesagt haben, so weit gehe der Subventionsabbau doch nicht.

(Ministerpräsident Beck: Die Liebe!)

Die Liebe zum Subventionsabbau nicht.

Ich will gleich klarstellen, wir wollen keine Dopplung der Förderung auf Bundesebene, aber speziell auf Rheinland-Pfalz zugeschnittene Angebote zur Ergänzung, zum Beispiel für die Biomassenutzung, für das Potenzial der Erdwärme, die wir in Rheinland-Pfalz haben, weil wir es nur so schaffen, meine Damen und Herren.

Man muss schauen, wie man solche Programme auflegt. Ich mache doch keine Ewigkeitsgarantie für solche Förderungsprogramme. Wir halten uns durchaus an unsere eigenen Vorgaben und sagen, so etwas muss degressiv gestaltet und zeitlich befristet sein. Wir können uns solche Chancen doch nicht entgehen lassen, wie einmal zum Beispiel Erwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft und gleichzeitig im Land dezentrale Erzeugungseinheiten zu schaffen.

Wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir die Chancen nicht nutzen würden, ökologisch sinnvolle Perspektiven und wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten zu verbinden. Herr Bauckhage, das müsste sogar Ihre Unterstützung bringen. Sie müssten Vorreiter und nicht Bremser in diesem Fall als Wirtschaftsminister sein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Bereich ist die Vorreiterrolle des Landes, die uns bei der besten Energiequelle fehlt, nämlich beim Energiesparen. Dafür bleibt ebenfalls kein Platz in Ihrem Haushalt. Es reicht nicht aus, eine Modellregion oder einen -kreis auszurufen und sich im privaten Bereich zu engagieren, Herr Mittler. Wir stehen in der Pflicht, unseren Anteil an der CO2-Minderung zu erbringen.

Wir haben die Aufgabe, im Bereich Bestandssanierung usw. und vor allem in den eigenen Immobilien Vorreiter zu sein. Das fehlt in Ihrem Haushalt auch. Das Gleiche gilt für Innovation, einen ökologisch sinnvollen Verkehrsbereich, von Antriebssystemen bis zu kundenorientierten Angeboten im ÖPNV-Bereich usw.

In diesen Bereichen liegen Chancen und vor allem Verpflichtungen zur Verbesserung im Haushalt. Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass Sie sagen, all

diese Bereiche sind dieser Landesregierung keinen müden Cent mehr Wert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Genau das habe ich gesagt, keine Parallelförderung, sondern speziell auf Rheinland-Pfalz zugeschnittene ergänzende Programme. Dann kommen Sie nicht zu einer Doppelförderung und halten die Maßgaben mit ein, die wir an Subventionsprogramme stellen.

Meine Damen und Herren, ich will zum Schluss kommen. Der Haushaltsentwurf verdient unserer Meinung nach die Bezeichnung Notverwaltung. Er ist kein Zukunftsentwurf, aber er ist ausbaufähig. Es ist vor allem notwendig, ihn umzubauen. Dafür sollten wir die nächsten drei Monate verwenden.

Wir sollten alle daran arbeiten, die geplante Rekordverschuldung zurückzuführen und nicht fortzuführen, wie Sie das vorhaben, die Geschichte der letzten Jahre weiterzufahren. Wir sollten alle dafür eintreten, dass nicht die Investition in Beton im Vordergrund steht, sondern die Investition in die Köpfe.

Wir sollten die Haushaltsberatung nutzen, um zusätzliche Einnahmenverbesserungen durch konsequenten Subventionsabbau im Bund zu erzielen und in eigener Zuständigkeit zu machen.

Ich bin der Meinung und sage das zum Schluss noch einmal, dass in wichtigen Fragen ein Konsens herbeigeführt werden könnte oder müsste. Unser Gesprächsangebot steht, jedoch nicht für traute Fotos für das Familienalbum, sondern für konkrete Mitwirkung bei der Ausgestaltung der Öffnungsklausel, bei notwendigen strukturellen Änderungen im Personalbereich, bei der radikalen Überprüfung von Subventionen im Bund wie im Land und Mitwirkung des Parlaments, bei den Entscheidungen im Bund und im Bundesrat und in den zentralen Strukturreformen, die in den kommenden Monaten anstehen.

All das ist in den nächsten drei Monaten zu schultern. Ich will Ihnen das am Schluss sagen. Sehen Sie es wie Wilhelm Meister, den Goethe sagen lässt: „Wenn die Welt nicht ganz verschwinden soll, so muss man sich zu denen halten, welche aufzubauen sie imstande sind.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Birkenfeld. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich wollte dem Hohen Hause noch mitteilen, dass Staatsministerin Doris Ahnen an einer Kultusminister

konferenz teilnimmt und entschuldigt ist. Herr Staatssekretär Professor Dr. Hofmann-Göttig vertritt sie.

Das Wort für die FDP-Landtagsfraktion hat Herr Fraktionsvorsitzender Kuhn.

(Beifall der FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war der Sicherheitsbeifall, falls es hinterher nicht mehr zutrifft! – Lelle, CDU: Vorschusslorbeeren!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsplanentwurf der Landesregierung 2004 beschäftigt uns in einer Zeit anhaltender Wachstumsschwäche, verunsicherter Investoren und Konsumenten, sehr hoher Arbeitslosigkeit, einer elementaren Strukturkrise der deutschen sozialen Sicherungssysteme und nicht zuletzt drastisch sinkender Steuereinnahmen, folglich einer nie gekannten Krise aller öffentlichen Haushalte vom Bund bis zu den Kommunen.

Noch nie hat eine Phase der Wachstumsschwäche in Deutschland die Reformbedürftigkeit der sozialen Sicherungssysteme so deutlich gemacht wie heute. Noch nie wurde so klar, dass seit Jahrzehnten verschlafener Reformbedarf sich so eklatant selbst als Wachstumsbremse erweist.

Noch nie wurde so deutlich, dass öffentliche Ausgaben für nicht finanzierbare Wohltaten überdimensioniert sind und es dem Staat somit erschwert wird, seine Kernaufgaben im wahren Interesse der Bürger ausreichend zu finanzieren.

So wie es bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme darum geht, das richtige Maß und die angemessene Struktur zu finden – diesen schmerzhaften Prozess verfolgen wir zurzeit eher zweifelnd, wenn wir die Bremser in den verschiedenen Lagern betrachten und es bedauern –, ist es unsere politische Aufgabe im Land, die Haushaltspolitik auf das Gesamtziel auszurichten.

Da die Einnahmenseite weitestgehend nicht in unserer Hand liegt, ist es unsere Pflicht, aber auch unsere Chance, die Ausgabenseite so zu gestalten, dass sie übergeordneten politischen Zielen folgt. Das höchstrangigste Ziel aus Sicht der FDP-Fraktion ist und bleibt, im Interesse der folgenden Generation – Sie haben von Kindern und Enkeln gesprochen, Frau Thomas, richtig – die ständig, logischerweise immer noch ständig wachsende Neuverschuldung zu bremsen und zu stoppen.

(Billen, CDU: Da habt Ihr das Ziel aber kräftig verfehlt! – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist höherrangiges Ziel. Dazu bekenne ich mich.

(Beifall der FDP und der SPD)

Sie müssen auch ein bisschen Realitätssinn haben. Ich werde Ihnen das einmal erläutern, Herr Kollege.

(Billen, CDU: Aha. Realitätssinn!)

Dabei das Ziel aus der Sicht des Jahres 2001 – aus damaliger Sicht – in wenigen Jahren machbar zu machen, waren wir sehr optimistisch. Man hat sogar das Ziel 2008 auf 2006 reduziert. Die katastrophalen Einnahmeneinbrüche der Folgejahre, die Ihnen nicht entgangen sind, führen dazu, dass dieses Ziel nur schwer erreichbar ist, es sei denn, die Einnahmensituation entwickelt sich überraschend positiv.

Wir brauchen also notgedrungen einen längeren Atem und noch größere Kraftanstrengungen, um möglichst zeitnah die Neuverschuldung zu stoppen. Ich glaube, wir sind uns diesbezüglich in diesem Hause einig.

Was können wir also tun? Zum Ersten gilt es, die Ausgaben so schnell wie möglich dauerhaft oder, wie man heute sagt, nachhaltig anzupassen, und dies nicht nur in den Jahren 2003 und 2004, um auf der Grundlage einer reduzierten Finanzplanung dieses Ziel ins Auge zu fassen.

Was können wir darüber hinaus tun?

In den Jahren 2003 und 2004 wird auf der Grundlage der November-Beschlüsse 2002 auf alle Ressorts ein harter Anpassungsdruck ausgeübt, der schon jetzt zu deutlich erkennbaren, selbst verantworteten Strukturveränderungen führt. Das Ziel wird letztendlich sein, über eine weitere harte Aufgabenkritik alle staatlichen Aufgaben auf das notwendige Maß zu reduzieren, um die Kernaufgaben erfolgreich auszufüllen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Ausgaben, die gestern nachvollziehbar und im Interesse des Landes RheinlandPfalz politisch positiv bewertet wurden – da mache ich auch unseren Vorgängern keinen wirklichen Vorwurf –, müssen heute und morgen nach neuen Kriterien beurteilt werden, da sich die Zeiten und die Situation geändert haben.

(Billen, CDU: Dann fangen Sie einmal damit an!)

Wir folgen aus heutiger Sicht klar der Linie und den übergeordneten politischen Zielen: Neu entscheiden und neu bewerten.

Der notwendige Umbau der sozialen Sicherungssysteme wie auch der öffentlichen Haushalte kann, wenn er uns in Deutschland gelingt – ich bin diesbezüglich nicht so pessimistisch wie manch andere –, die Voraussetzung für die Gesundung unseres Gemeinwesens schaffen und unseren Kindern und Enkeln eine gestaltbare Zukunft in ihrer eigenen Verantwortung ermöglichen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz stellen wir uns dieser Aufgabe. Es ist ermutigend, dass bei einer