Protocol of the Session on September 11, 2003

Meine Damen und Herren, wir haben den Kommunen über andere Bereiche als über die Gewerbesteuer und die Gemeindefinanzreform zu helfen, und zwar bei der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, aber auch beim Standardabbau, bei der Verwaltungsmodernisierung und – ich habe vorhin schon darauf hingewiesen – der Einführung des Konnexitätsprinzips.

Wir werden dem Antrag, den die GRÜNEN vorgelegt haben, nicht zustimmen. Lediglich zu Punkt 4 können wir im Grund genommen unsere Zustimmung signalisieren, wo es um die Senkung der Gewerbesteuerumlage geht. Das wird von uns unterstützt.

Interessant ist, dass die GRÜNEN noch vor einem Vierteljahr einen Antrag von uns, die Gewerbesteuerumlage zu senken, abgelehnt haben.

(Jullien, CDU: Genauso ist es!)

Ich denke, dies zeigt wieder einmal, wie interessant diese Halbwertzeiten bei der Überprüfung von Beschlüssen bei den GRÜNEN sind.

Die einfachste und schnellste Lösung für uns alle im kommunalen Bereich wird sein, dass wir über die Gewerbesteuerumlage, die gesenkt wird, und insbesondere dann auch über die Erhöhung der Umsatzsteueranteile, was auch vorgesehen ist, den Kommunen etwas Luft geben.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Intention der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist offensichtlich. Nach der für das letzte Plenum vor der parlamentarischen Sommerpause beantragten Aktuellen Stunde zur Haltung der Landesregierung zur Reform der Besteuerungsgrundlage bei der Gewerbesteuer debattieren wir heute über einen Antrag, der sich mit genau derselben Thematik befasst und letztendlich zu nichts anderem dienen soll, als den untauglichen Versuch zu unternehmen, die Regierungskoalition von SPD und FDP auseinander zu dividieren.

Herr Kollege Marz, Sie müssen bereits im Rahmen der Debatte im Juli bemerkt haben, dass wir Ihnen diesen Gefallen nicht tun.

Meine Damen und Herren, FDP und SPD favorisieren, wie bekannt ist – Herr Kollege Itzek hat das auch schon betont –, in der Frage der Gemeindefinanzreform zwei unterschiedliche Modelle, die inhaltlich wohl umfänglich bekannt sein dürften, sodass ich es mir erspare, Ihnen noch einmal in aller Breite Ausführungen zu diesen beiden Modellen zu machen.

Allerdings verfolgen hinsichtlich der politischen Grundsatzausrichtung beide Fraktionen, SPD und FDP, das gleiche Ziel, die Finanzausstattung der Kommunen nachhaltig und dauerhaft zu verbessern. Ich denke, das ist das Entscheidende.

Meine Damen und Herren, dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zufolge soll die Landesregierung von Rheinland-Pfalz den Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat ablehnen und sich im Gesetzgebungsverfahren für das Modell der kommunalen Spitzenverbände einsetzen.

Herr Kollege Marz, das ist schon ziemlich pikant.

Hierzu möchte ich zunächst einmal etwas Grundsätzliches sagen. Was derzeit auf Bundesebene zur Gemeindefinanzreform abläuft, entwickelt sich immer mehr zu einem schlichten Trauerspiel. Dass sich die Mitglieder der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen nicht auf ein konsensfähiges Ergebnis einigen können, war abzusehen. Dass aber die Bundesregierung und die beiden Koalitionsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Hohn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Marz?

Nein. Ich möchte in meiner Rede fortfahren.

Dass die beiden Koalitionsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD auf Bundesebene in der derzeitigen Debatte um die Reform der Gemeindefinanzen völlig auf Konfrontation zueinander geraten sind, ist doch ein wenig überraschend. Der Dissens in der CDU ist ebenfalls bekannt.

Ich denke, dass dies der Sache keinesfalls dienlich ist und letztendlich eher den Betroffenen – sprich den Kommunen – mehr schadet als dient. Deshalb appelliere ich dringend an alle Beteiligten, sich schnellstmöglich auf einen konsensfähigen Kompromissvorschlag zu einigen, der die Finanzkraft der Kommunen wirklich nachhaltig stärkt.

Vielleicht sollten sich die GRÜNEN aus Rheinland-Pfalz einmal überlegen, ob es in der Sache nicht Erfolg versprechend wäre, in diesem Sinn auf ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin einzuwirken, bevor sie die hiesige Landesregierung zur Unzeit in eine Richtung festnageln wollen.

Diesen Appell richte ich auch an die CDU, die inhaltlich uneins ist, konzeptionslos nach außen hin auftritt und auf Bundesebene eine andere Position vertritt wie in den einzelnen Ländern.

Meine Damen und Herren, das Modell der kommunalen Spitzenverbände und mithin die Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler und Selbstständige erachten wir in einer Zeit mit nahezu fünf Millionen Arbeitslosen als ein völlig falsches Signal. Die Betriebe würden mit zusätzlicher Bürokratie und Abgabenlast überzogen werden, was gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen besonders massiv treffen würde. Zudem wäre hiermit eine steuerpolitische Kehrtwende verbunden, nachdem die Abschaffung der Gewerbesteuer durch ihre zumindest teilweise Anrechnung auf die Einkommensteuer bereits vorbereitet war.

Die augenblickliche Finanznot der Kommunen sollte uns nicht veranlassen, zunächst für richtig erkannte steuerpolitische Ziele aufzugeben und durch die Hintertür wieder die Gewerbekapitalsteuer zu revitalisieren. Nichts anderes verbirgt sich nämlich im Grunde hinter der Ausweitung der Gewerbesteuer.

Meine Damen und Herren, hinzu käme, dass bei einer Substanzbesteuerung die Eigenkapitaldecke der Unternehmen noch dünner und die Insolvenzanfälligkeit noch verstärkt würde. In der derzeitigen konjunkturellen Krise wäre dies ein geradezu fatales Signal, das sich letztendlich auch auf die Beschäftigungslage auswirken würde.

Herr Kollege Marz, ich verstehe nicht, wie dies von den GRÜNEN im Land immer wieder aufs Neue gänzlich ignoriert wird.

Von dem ursprünglichen Konzept der kommunalen Spitzenverbände, die Gewerbesteuer zu revitalisieren, ist auch nur noch ein Torso übrig geblieben. Ich frage mich, ob mit diesem Rest eines aus unserer Sicht falschen

Konzepts überhaupt noch Wesentliches zur Verbesserung der Finanzsituation der Kommunen erreicht werden kann. Sollte nicht vielmehr noch einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht ein völlig neuer Weg beschritten und die Gewerbesteuer vollständig abgeschafft werden kann oder abgeschafft werden sollte, bevor weiter ziellos an dieser herumgebastelt wird?

Meine Damen und Herren, das Modell der FDP zur Reform der Gemeindefinanzen wäre sowohl von den Steuerpflichtigen als auch von den Kommunen und Finanzämtern gut nachvollziehbar und handhabbar, da es dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entspräche. Insgesamt würde es zu einer erheblichen Vereinfachung des Steuerrechts führen.

Die bislang von den Großstädten bei Wegfall der Gewerbesteuer befürchteten Benachteiligungen gegenüber den Umlandgemeinden würden durch eine Zerlegung der Kommunalsteuer nach Wohnort und Betriebsstätteneinkommen sowie durch die wirtschaftsbezogene Verteilung des Umsatzsteueranteils der Gemeinden ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann ich nur noch einmal dafür werben, die Gewerbesteuer völlig oder vollständig abzuschaffen und den Städten und Gemeinden ein Zuschlagsrecht zur Einkommen- und Körperschaftssteuer sowie einen deutlich erhöhten Umsatzsteueranteil einzuräumen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Bevor ich für die restliche Redezeit der FDP Herrn Kollegen Creutzmann das Wort erteile, begrüße ich noch weitere Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder des CDU-Ortsverbands Friesenhagen sowie Mitglieder der VdK-Ortsgruppe Dachsenhausen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Herr Kollege Creutzmann, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Marz, man kann doch Ihrem Antrag nicht zustimmen. Lassen Sie sich einmal einen Satz auf der Zunge zergehen. So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gelesen.

(Zuruf des Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Gewinnunabhängige Elemente, die heute als Steuerschlupflöcher genutzt werden“ – wir werden das auch draußen den Unternehmern sagen –, „insbesondere Dauerschuldzinsen, Mieten und Pachten dürfen nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden.“ Ent

schuldigung, so einen Schwachsinn habe ich noch nie gelesen.

Wir haben früher die Gewerbekapitalsteuer gehabt. Die hat die Dauerschuldzinsen und das Gewerbekapital in die Berechnung mit einbezogen. Das war aber abzugsfähig und lediglich Bemessungsgrundlage.

Herr Kollege Itzek, das hat natürlich zu der Verstetigung der Gewerbesteuereinnahmen geführt. Das ist richtig. Heute ist es nur noch der Gewerbeertrag, der für die Gewerbesteuer herangezogen wird.

Aber es gibt den Mittelstand, der gar nicht in der Lage ist, über Eigenkapital etwas zu finanzieren. Wenn eine Maschine über Eigenkapital finanziert wird, dann würden Sie die Abschreibung steuermindernd zulassen, wenn sie aber geleast ist – der Mittelstand kann gar nicht anders –, dann soll er darauf Gewerbesteuer bezahlen. Gehen Sie einmal zu DAL. Die sagen Ihnen, dass das in Rheinland-Pfalz ein großes Problem ist.

Wir reden nicht über die Tatsache, dass die Kommunen eine Verstetigung der Gewerbesteuer und mehr Geld brauchen. Darin sind wir uns einig. Wenn der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister es beide ablehnen, Schuldzinsen, Mieten und Pachten einzubeziehen, weil sie die Gewerbekapitalsteuer über die Hintertür nicht wieder einführen wollen, dann müsste Ihnen das doch zu denken geben, meine Damen und Herren. Daran sind allerdings die Kommunen interessiert.

Herr Marz, wir müssen festhalten, dass es in ganz Europa außer in Luxemburg und in Deutschland keine Gewerbesteuer mehr gibt. Das muss Sie doch nachdenklich stimmen. Wir müssen die Finanzierung der Kommunen auf andere Füße stellen. So kann es nicht sein. Sie können doch nicht dem Mittelständler sagen: Weil du die Dauerschuldzinsen absetzt, benutzt du ein Steuerschlupfloch. – Das kann es nicht sein.

Herr Kollege Itzek, auch Sie wissen, dass das, was bei einem Unternehmen Einnahmen sind, bei dem anderen Ausgaben sind.

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Ich kann dabei unterschiedliche Steuersätze ausnutzen. Das ist aber nicht unser Problem, meine Damen und Herren.

(Glocke der Präsidentin)

Unser heutiges Problem ist doch, dass uns die Gewerbesteuer weggebrochen ist. Wir müssen dort etwas machen. Wir sollten aber gerade die mittelständischen Betriebe nicht wieder belasten. Das wäre kontraproduktiv und kostet nur Arbeitsplätze.