Protocol of the Session on July 9, 2003

(Starker Beifall der CDU – (Jullien, CDU: Jetzt sind sie fertig!)

Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Schleicher-Rothmund.

Herr Bischel, das stimmt tatsächlich, dass Sie wahrscheinlich schon Hochschulpolitik hier für RheinlandPfalz gemacht haben, als ich noch nicht darüber nachgedacht habe, in den Landtag zu gehen. Deswegen ist dieser Niedergang der Qualität besonders bedauernswert.

(Beifall bei der SPD)

Es ist jetzt wirklich einmal zu erwarten, dass Sie tatsächlich einmal etwas Inhaltliches vorlegen.

(Billen, CDU: Dann sagen Sie inhaltlich nur ein Wort!)

Ich gehe einmal davon aus, dass oben auf der Tribüne einige Studierende sitzen. Die müssen sich doch fragen, was die da unten eigentlich für eine Diskussion führen, wer wann wie wo was zuerst gesagt oder gewusst hat.

(Jullien, CDU: Die haben Sie doch begonnen!)

Jetzt reden Sie doch bitte endlich einmal über Inhalte. Sie orgeln wirklich immer wieder die gleiche Mühle ab, und dann blicken Sie immer wieder in die Vergangenheit.

(Mertes, SPD: Richtig! Alles vor 1990! Eure Zukunft ist Eure Vergangenheit!)

Die Retrospektive scheint mir Ihre ganz große Stärke zu sein.

(Beifall bei der SPD – Mertes, SPD: So ist das!)

Ich weiß wirklich nicht, was daran so schlimm sein soll, wenn man Diskussionsprozesse durchlebt. Was ist daran eigentlich schlimm?

(Mertes, SPD: Es geht bei Ihnen um Sachen und bei denen um Personen!)

Wir haben das Selbstverständnis, dass das normal ist und konstruktiv sein kann. Wir empfinden das als durchaus konstruktiv. In der Summe liegen hier jetzt ein Änderungsantrag und ein Superhochschulgesetz vor.

(Keller, CDU: Die Regierungsvorlage war schlecht! Der Minister hat schlecht gearbeitet!)

(Beifall der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Abgeordnete Thomas das Wort.

Ich darf Sie herzlich bitten, den Geräuschpegel so einzustellen, dass wir hier lauschen können. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Mitglieder der Regierungsfraktionen! In einem muss ich Frau KohnleGros Recht geben.

(Mertes, SPD: Was die Uhrzeit angeht!)

Das sage ich gleich am Anfang, weil wir so viele Punkte nicht gemeinsam haben. Mit diesem Beratungsgalopp, mit dem Sie dieses Gesetz durch das Parlament bringen, haben Sie sich selbst keinen Gefallen getan, aber schon gar nicht dem Parlament und denjenigen, die an der Beratung teilhaben wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Jetzt komme ich zu dem Gesetz und zu dem Regelungsbedarf selbst.

Meine Damen und Herren, ich will auf einen Begriff zurückgreifen, den Herr Landfried, der Chef der Hochschulrektorenkonferenz, kürzlich in einem anderen Zusammenhang gesagt hat. Er hat von der „Zunkunftswerkstatt Hochschule“ gesprochen. Ich glaube, dass das ein wichtiger und richtiger Begriff ist; denn wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das, was wir an Veränderungen, an politischer Entscheidung und an Umfeld für die Hochschulen schaffen, daran messen lassen muss, wie Hochschulen aussehen und agieren können müssen, um den jungen Menschen, aber auch der Gesellschaft das leisten zu können, was sie an Rolle und Bedeutung in der Wissensgesellschaft haben, und wie sie aussehen, arbeiten und agieren können müssen, um dem auch standzuhalten und an dem mitzuwirken, was sich an Internationalisierung der Wissenschaft und der Wissensentwicklung ergibt.

Deswegen will ich am Anfang noch einmal so etwas wie ein Leitbild von einer zukünftigen und zukunftsfähigen Hochschule in den Begriff bringen. Ich glaube, das braucht man, bevor man sich mit den Einzelregelungen befasst.

Wir brauchen eine Veränderung an den Hochschulen. Wir brauchen Hochschulen, die sich selbstständig organisieren, eigenverantwortlich ihre Schwerpunkte setzen können, und dies im Dialog und in der Interaktion mit ihrer Umgebung, mit der Region und der Gesellschaft. Wir brauchen Hochschulen, die effektiv mit ihren Ressourcen umgehen. Wir brauchen eine demokratische Hochschule, die sich als Ort des öffentlichen Nachdenkens versteht und als Impulsgeberin in der Wissensgesellschaft agiert. Wir brauchen – dies ist in den Vordergrund zu stellen – eine gute Hochschule, die den weiter

steigenden Anteil von jungen Menschen wissenschaftlich ausbildet und sich dabei als weltoffene Hochschule versteht, international denkt und – ich erinnere an die Aktuelle Stunde, die wir heute nachmittag hatten – auch den europäischen Hochschulraum voranbringt. Genau das sind die Anforderungen, denen sich dieses Gesetz stellen muss, wenn es um die Beurteilung des Rahmens geht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die rotgrüne Bundesregierung hat mit den Änderungen des Hochschulrahmengesetzes hierfür Spielräume geschaffen, den Rahmen gesetzt. Wir sind der Auffassung – genau deswegen klinken wir uns auch inhaltlich in diese Debatte ein; deswegen haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt –, dass die Landesregierung mit ihrem Hochschulgesetz, mit ihrer Neufassung, die Spielräume des rotgrünen Hochschulrahmengesetzes nicht ausschöpft, damit wir deutliche Schritte nach vorn gehen können. Bei der Schaffung von mehr Selbstständigkeit der einzelnen Hochschulen, aber auch bei Punkten wie Besserstellung der Fachhochschulen, wenn es um die Belange und die Beteiligung der Studierenden, Frauenförderung und viele andere Punkte geht, die in unserem Änderungsantrag angesprochen sind, sind Sie längst nicht beim Optimum gelandet, sondern Sie sind auf halber Strecke stehen geblieben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das an ein paar Beispielen und den wichtigsten Punkten unserer Änderungsvorschläge festmachen. Bleiben wir bei der Grundordnung der Hochschulen. Das ist so etwas wie die Satzung. Das ist die Leitlinie, die sich eine Hochschule für ihre Entwicklung und Zielsetzung gibt. Ich finde, man sollte, wenn man über eine Grundordnung spricht und diese beschließt, auch so verfahren, wie wir das in Parteien, in anderen Institutionen machen, wenn wir über Satzungen entscheiden. Wir sollten eine solche Grundordnung, eine solche Satzung im Senat mit Zweidrittelmehrheit beschließen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit wären wir nicht nur an diesem Limit, sondern wir hätten Voraussetzungen dafür geschaffen, dass nicht nur eine einfache Professorenmehrheit in einem Senat ausreicht, um eine solche Grundordnung zu verabschieden. Die anderen Gruppen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der Mittelbau, vor allem die Studierenden, sollten dort qualifiziert mitwirken können. Eine Grundordnung muss eine gemeinsame Entwicklung der Hochschule formulieren. Dies muss gemeinsam formuliert und breit getragen werden. Wenn über Beteiligung von Studierenden oder Gruppen an den Hochschulen gesprochen wird, kommen wir zu einem anderen Bereich, wo wir uns durchaus auf Ihren Vorschlag zur Gründung eines Hochschulrats einlassen. Aber wir haben schon bei der ersten Beratung gesagt, dann bitte nicht so wie in Bayern und BadenWürttemberg, wo altgediente Herren der Wirtschaft in einem Hochschulrat sitzen, sondern wir wollen eine Beteiligung und ein Vorschlagsrecht aus der Hochschule heraus.

Frau Schleicher-Rothmund, Sie haben das völlig missverstanden, wenn Sie sagen, dies sei dadurch, dass der Landtag ein solches Gremium oder aus einem Kreis von Vorgeschlagenen wählt, nicht hochschulnah. Die Hochschulnähe gewinnt es durch das Vorschlagsrecht der verschiedenen Gruppen in der Hochschule und neben dem Vorschlagsrecht, das wir auch dem Minister einräumen. Aber die Legitimation gewinnt ein solcher Hochschulrat durch eine Wahl und eine Bestätigung des Parlaments.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Frau Brede-Hoffmann, da geht es nicht um meine Person, sondern um das Parlament, vielleicht auch um Ihre Stimme und Ihren Blick auf ein solches Gremium.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Immerhin treten wir an den Hochschulrat auch Rechte ab.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Meine Damen und Herren, das sind zwei wichtige Punkte, wo wir eine stärkere Beteiligung der Hochschulen wollen. Wir sind aber auch der Meinung, dass wir die Hochschulen noch stärker in die Selbstständigkeit entlassen können. Darüber täuschen auch nicht die Vorschläge hinweg, die die Regierungsfraktionen gemacht haben, die der Regelungswut der Ministerialbürokratie an einigen Stellen Grenzen gesetzt haben. Wir wollen dies an zwei zentralen Punkten, nämlich an der Zustimmung zur Grundordnung, aber auch bei der Anerkennung von Studiengängen im Bachelor- und Masterbereich festmachen, wenn diese von einer Akkreditierungsagentur anerkannt werden und dort ein Genehm igungs-, Zustimmungs- und Überprüfungsverfahren über sich ergehen lassen, das organisiert und bezahlt wurde, auch durchaus vom Land mitbezahlt wird. Dann ist es unserer Meinung nach möglich und richtig, den Hochschulen mehr Leine zu lassen und die Funktion des Ministeriums auf eine reine Rechtsaufsicht zu beschränken.

Frau Schleicher-Rothmund, was die Zustimmung des Landtags angeht, wenn es um die Auslagerung der Hochschulhaushalte geht: Ich finde, wir sollten für die Hochschulen das Maß anlegen, das wir für andere Betriebe, die wir auslagern, auch angelegt haben. Ich nenne die Stichworte LSV, LBB usw. Was spricht dagegen, dass wir dies, vor allen Dingen, was die Regelungs- und Steuerungsinstrumente anbelangt, in einem eigenen Gesetz tun und dies mit entsprechender Gründlichkeit und Widmung beraten.

Meine Damen und Herren, ich will einen dritten Bereich ansprechen, der die Besserstellung der Fachhochschulen betrifft. Herr Zöllner, da hätte ich mir gewünscht, wenn Sie mehr als Wissenschaftsminister und etwas weniger aus Ihrer Tradition als früherer Universitätspräsident die Feder in Ihrem Gesetzentwurf geführt hätten. Sie wissen, dass das Hochschulrahmengesetz, aber auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats – das müssten Sie besonders gut wissen, weil Sie ihm angehören – gerade Wert darauf legen, die Entwicklungs

möglichkeiten, die Attraktivität und Ähnliches der Fachhochschulen zu erhöhen. Wenn wir uns in unseren Änderungen für eine klare Regelung für kooperative Promotionen, das Promotionsrecht verbunden an den Fachhochschulen, die Entwicklung von wissenschaftlichem Nachwuchs und auch die Intensivierung von anwendungsorientierter Forschung stark machen und mehr Raum einräumen wollen, dann können wir uns auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats beziehen, der dieses Maßnahmenpaket vorgeschlagen hat, weil er das Ziel verfolgt, mehr Studierende an die Fachhochschulen zu bringen und dafür auch dort mehr Raum zu schaffen.

Ich verstehe gar nicht, warum die Regierungsfraktionen in der Beratung des gesamten Gesetzentwurfs nicht erkannt haben, dass dort unglaubliche Potenziale stecken, die man frei lassen kann und nicht eindämmen muss, wenn wir wissen, dass Fachhochschulen als Nukleus, als Motor auch in regionalen Entwicklungen Bedeutung haben und dafür in ihrem Forschungsbereich gestärkt werden müssen.

Meine Damen und Herren, ein Letztes, und das werde ich in einer zweiten Rede noch einmal im Einzelnen begründen.

(Zuruf aus dem Hause)

Wir haben mehr Zeit, und wir können das durchaus auch aufsplitten.

Wir haben uns klar gegen die Einrichtung von Studienkonten nach dem Modell von Herrn Zöllner ausgesprochen.

Meine Damen und Herren von der SPD- und der FDPFraktion, ich kann noch nicht sehen, dass Sie dieses Modell mit dem, was Sie in das Gesetz geschrieben haben, eindeutig geändert haben. Für uns hat es vor dem Hintergrund der rückwirkenden Einführung, aber auch vor der Ausgestaltung des Modells einen Strafcharakter. Sie tragen das, was Sie in den vergangenen Jahren nicht in die Hochschulen gesteckt haben und was Sie in den nächsten Jahren nicht hineinstecken werden, auf dem Rücken der Studierenden aus, auch auf dem Rücken der Studierenden, die unter völlig anderen Bedingungen ihr Studium begonnen haben.