wieder herzustellen, andererseits aber auch Weiterentwicklungen zu ermöglichen. Die Menschen müssen im Mittelrheintal weiter arbeiten und leben können.
Das geht nur über die Modernisierung der Betriebsstätten, der öffentlichen Einrichtungen und vor allem auch der Verkehrsinfrastruktur. Es darf keine weiteren öffentlich-rechtlichen Hürden, beispielsweise bei Genehmigungsverfahren, in dem Zusammenhang geben.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine gesunde Entwicklung. Dazu zählt, dass auch die Ausweisung von Neubaugebieten möglich bleiben muss. Dazu zählt, dass nicht störende Gewerbetriebe weiter im Tal angesiedelt werden können. Die Möglichkeit einer künftigen strukturellen Weiterentwicklung ist eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz des Vorhabens in der Bevölkerung.
Wir haben uns vorgenommen, bei der konstruktiv kritischen Begleitung der Arbeit der Landesregierung in dieser Frage insbesondere hierauf zu achten.
Meine Damen und Herren, klar ist, dass es eine Vielzahl von Fehlentwicklungen in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten gab, die korrigiert werden müssen. Es müssen Wege zur Problemlösung gefunden werden, was zugegebenermaßen nicht immer einfach ist. Wenn eine Gemeinde, wie das in Trechtingshausen der Fall ist, beispielsweise vom Steinbruch lebt und dieser Steinbruch weg soll, benötigt man eine verträgliche Alternative für diese Gemeinde. Gleiches gilt für den Unternehmer mit dem Betonwerk gegenüber der Loreley, der betriebswirtschaftlich sein Auskommen hat, dessen Erscheinungsbild an der Stelle aber nicht gerade tourismusförderlich ist. Herr Staatssekretär, oder nehmen Sie das ehemalige Kloster Marienberg in Boppard, das sich leider in Privatbesitz befindet und zerfällt, was ebenfalls nicht unbedingt förderlich für unser Projekt ist. Es gibt eine Reihe weiterer Fälle, die schwierig zu lösen sind, die aber gelöst werden müssen.
Dabei will ich auch deutlich machen, dass uns bewusst ist, dass nicht alles mit Geld zu machen ist. Dennoch hat die Landesregierung mit ihrem bereits vor über zwei Jahren angekündigten 50-Millionen-DM-Programm – manchmal wird auch von 60 Millionen DM ges prochen – eine Menge Politik gemacht. Vor Ort können wir dieses Geld bisher aber nicht feststellen. Wir sind uns auch nicht sicher, wie ernst es die Landesregierung mit diesem Programm überhaupt meint.
Auf eine Anfrage von meiner Seite Mitte letzten Jahres hat die Landesregierung mir dargelegt, dass 10 Millionen DM von diesen 50 oder 60 Millionen DM schon in diesem Doppelhaushalt, also für letztes und dieses Jahr, veranschlagt seien. Jetzt ist schon drei viertel der Zeit vorbei, aber vor Ort ist nichts oder fast überhaupt nichts angekommen.
Wenn ich die Äußerung von Herrn Staatssekretär Hofmann-Göttig in einem in der „Rhein-Zeitung“ zitierten Resümee einer Serie von Wahlkampfveranstaltungen zu
dem Thema „Weltkulturerbe“ vom März sehe, dann wollte die Landesregierung offensichtlich bisher auch kein Geld ausgeben, zumindest wenn er richtig zitiert wurde. Im März dieses Jahres heißt es dort, dass in den nächsten Wochen das 50-Millionen-DM-Programm des Landes mit konkreten Inhalten gefüllt werden solle, um im nächsten Doppelhaushalt des Landes unter den einzelnen Etats ausweisen zu können, was zum Sonderprogramm gehört.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, Sie hangeln sich von Versprechen zu Versprechen. Das ist nicht in Ordnung. Wir haben den Eindruck, dass es Ihnen mehr um Machterhalt geht als darum, konkret zur Lösung von Problemen vor Ort beizutragen. Darauf weist auch – ich muss das an dieser Stelle sagen – die Wahlanalyse wenige Tage nach der Wahl von Ihnen hin, Herr Staatssekretär, mit der nachgewiesen werden soll, dass die bisherige Politik in Sachen Weltkulturerbe erfolgreich gewesen ist, obwohl es an einer konkreten Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen bisher mangelt.
Meine Damen und Herren, sofortiges Handeln ist erforderlich, wenn der Antrag auf Anerkennung als Weltkulturerbe erfolgreich sein soll. Wir dürfen nicht warten, bis er abgelehnt worden ist, sondern wir müssen vorher alles tun, damit wir die Chance erhöhen, dass er tatsächlich erfolgreich ist. Sofortiges Handeln ist erforderlich. Es gibt massenweise akuten Handlungsbedarf. Einen großen Teil davon hat gerade erst der Verkehrs- und Verschönerungsverein von Boppard dem Herrn Ministerpräs identen in einem langen Brief dargestellt.
Meine Damen und Herren, vor allem fordern wir Sie auf, jetzt endlich zu handeln und endlich den Gemeinden zu sagen, was gefördert werden kann, damit die entsprechenden Anträge eingereicht werden können.
Es dient dem Gesamtprojekt natürlich auch nicht, wenn Fördermittel am Ende nur nach Boppard, KampBornhofen und St. Goarshausen fließen, nämlich dorthin, wo SPD-Bürgermeister sitzen. Auch hier muss für alle gleiches Recht gelten, und alle müssen die gleichen Chancen haben, das Projekt „Kulturerbe“ mit voranzubringen.
Meine Damen und Herren, eine Auflistung von Zielen, ein Handlungskonzept, gibt es. Das ist sehr umfangreich. Es wurde von den regionalen Planungsgemeinschaften 1997 mit einer Vielzahl von Maßnahmen vorgelegt. Der eine oder andere wird das Konzept kennen. Wir müssen feststellen, dass ein großes Manko darin besteht, dass die vielen Maßnahmen bisher nicht in einen Prioritätenkatalog eingebracht wurden, den man sukzessive abzuhandeln versucht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der unverzüglich angegangen werden müsste.
Ich will einige wenige Dinge ansprechen, die wir in der Region für sehr wichtig halten und bei denen wir zwingenden Handlungsbedarf sehen: Das ist zum einen beispielsweise die Frage der Sicherung der Weinbauflächen. Jedes Jahr, wenn ich zum mittelrheinischen Weinbautag gehe, höre ich dort, dass die tatsächlich bestockte Fläche wieder abgenommen hat. Mittlerweile
sind wir bei etwas über 500 Hektar angelangt. Jedes Jahr werden es etliche Hektar weniger. Das zeigt, dass die Programme der Landesregierung, die bisher zur Steillagenförderung angewandt werden, absolut nicht greifen. Wir sind uns sicherlich einig, dass der Weinbau zentral zum Landschaftsbild des Mittelrheins gehört. Er gehört zum Kulturgut dieser Landschaft. Wir müssen uns da mehr überlegen, als das bisher der Fall war. Das, was bisher von der Landesregierung gemacht wurde, reicht nicht aus, um zumindest den Rückgang der Weinbergflächen zu stoppen, ganz zu schweigen davon, zusätzliche Weinbauflächen zu erreichen.
Ein anderes Stichwort ist der Ausbau des touristischen Profils. Es sind eine ganze Menge von Maßnahmen von den Planungsgemeinschaften aufgelistet worden. Ich spreche das Stichwort „Radwege“ an. Am Sonntag haben wir „Tal total“. Die Frau Ministerin wird zur Eröffnung kommen. „Tal total“ reicht nicht aus. Es reicht auch nicht aus, dass wir an der einen oder anderen Stelle linksrheinisch mit dem Radweg ein Stück weiter vorankommen. Wenn wir in den Schritten wie bisher weiter vorgehen, werden noch fünf Jahre vergehen, bis wir alleine linksrheinisch einen durchgehenden Radweg haben werden. Dann ist aber rechtsrheinisch noch lange nichts passiert. Wenn wir uns einig sind, dass ein durchgehender Radweg ein erheblicher zusätzlicher Beitrag für die touristische Infrastruktur des Mittelrheintals darstellt, müssen wir einen Schwerpunkt setzen, der anders aussehen muss als das, was bisher getan wurde.
Frau Präsidentin, ich komme dann zum Schluss. Beim Burgensonderprogramm könnte man auch mehr tun. Der Bahnlärm wäre ein weiteres Stichwort.
Ich fasse zusammen, die CDU will das Mittelrheintal zum Weltkulturerbe entwickeln. Wir fordern die Landesregierung auf, endlich auch für die notwendige Hilfestellung seitens des Landes zu sorgen, damit die Voraussetzungen für die Anerkennung geschaffen werden. Es besteht nämlich die große Gefahr, dass das Nichthandeln der Landesregierung die Chancen auf eine Anerkennung erheblich mindern. Diese Gefahr sollte seitens der Landesregierung tunlichst unterbunden werden. Wir fordern Sie dazu auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Marcel Reich-Ranicki versteht in der „Spiegel“Ausgabe von dieser Woche die Gedichte von Heinrich Heine als Bestandteil eines allgemein gültigen Literaturund damit Bildungskanons. Auch wenn man ReichRanicki und seinem Kanon zurückhaltend gegenüber steht, ist doch unumstritten, dass der auf die Ballade „Die Lore Lay“ von Clemens von Brentano zurückgehende Elfenfelsen und die damit verknüpfte romantische Geschichte zum weltweiten Bildungsgut gehört.
Fester Bestandteil einer japanischen Hochzeitsreise nach Europa ist das Mittelrheintal. Auch bei meinen Reisen in die USA, nach Frankreich oder Italien wurde ich gebeten, den Text von Heine zu versenden; denn Europa ist die Loreley, ist Mittelrhein.
Die Ausführungen meiner Kolleginnen und Kollegen zur Vorgeschichte und weiteren Entwicklung des Vorhabens der Anerkennung des Mittelrheintals als von der UNESCO zu schützendem Kulturgut zeigen auch, dass nicht nur breiter gesellschaftlicher, sondern auch breiter parteiübergreifender Konsens besteht. Die Gründe hierfür sind vielfältig und von vielen von Ihnen bereits genannt. Daher möchte ich nur einzelne hervorheben.
Dies ist zum einen, dass das Rheintal die Geschichte des Abendlands exemplarisch widerspiegelt. Zahlreiche hochgradige, hochrangige Baudenkmäler haben sich dort erhalten, die in keiner anderen europäischen Kulturlandschaft in dieser Dichte wieder zu finden sind. Ich möchte einige Beispiele dieser Bauten nennen: die Pfarrkirche St. Martin in Lorch, die best erhaltene Stadtbefestigung am Mittelrhein in Bacharach, die Burg Rheinfels in St. Goar, der Königsstuhl in Rhens, wo die Wahl von Karl IV. 1346 und von Ruprecht von der Pfalz 1400 stattfand, sowie die bekannte und berühmte Festung Ehrenbreitstein in Koblenz. Die Liste ließe sich um ein Vielfaches erweitern.
Meine Damen und Herren, zu den besonderen Bauwerken kommt ein Weiteres hinzu, nämlich die besonderen ökologischen Gegebenheiten im Mittelrheintal. In diesem klimatischen Gunstraum existiert eine große Zahl von Tier- und Pflanzenarten teils mediterraner Herkunft: die Smaragdeidechse, die Gottesanbeterin, der blauschwarze Eisvogel und der französische Ahorn sind einige exemplarisch aufgegriffene Arten.
Hinzu kommen nur im Mittelrheintal existierende Pflanzen und Tiere wie die Mittelrhein-Graseule und die Bopparder Schleifenblume. Das Gebiet der Dörrscheider Heide ist für 600, darunter auch gefährdete Schmetterlingsarten ein optimaler Lebensraum.
Die Bewirtschaftung der Trockenwälder stellt eine weltweit einzigartige Kulturform der Waldwirtschaft dar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die einzigartige Landschaft des Mittelrheins als Weltkulturerbe anzuerkennen und zu pflegen, ist gerade für die nachfolgenden Generationen enorm wichtig und bedeutet nicht, wie Schüler in einer der letzten Ausgaben der „FAZ“ befürchteten, die Welt erbt, und wir werden enterbt. Es bedeutet vielmehr, dafür zu sorgen, dass auch in 100 Jahren noch Menschen ins Mittelrheintal reisen, um diese einzigartige Landschaft mit all ihren Besonderheiten und die letzte Kulturlandschaft Europas zu sehen, die noch Wein in Steil- und Steilstlagen anbaut.
Die Landesregierung hat sich in vielerlei Hinsicht für den Mittelrhein stark gemacht. Von den zahlreich eingeleiteten Maßnahmen zur Förderung des Raumes nenne ich nur folgende:
Seit Oktober 2000 besteht die Förderinitiative „Mittelrhein“, die einen Investitionsschub im Bereich Hotellerie und Campingplätze erreichen will. Im Februar dieses Jahres startete im Mittelrheintal ein Pilotprojekt „Kulturtourismus“ als Gemeinschaftsprojekt des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen und des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau mit dem Ziel einer noch engeren Zusammenarbeit von Kultur und Tourismus.
Eine Kooperation zwischen den Bundesländern bietet sich im Bereich des Fahrrad-, Wander- und Wasserstraßentourismus an. In diesem Bereich arbeitet die Landesregierung daran, die Radwegelücken entlang der B 9 und der B 42 zu schließen.
Die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und der Schutz des Steillagenweinbaus als Voraussetzung für den Erhalt der charakteristischen Kulturlandschaft und eines landestypischen traditionellen Erwerbszweiges sind weitere Handlungsfelder dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, vieles ist bereits in Angriff genommen oder erreicht, damit der Mittelrhein zum Weltkulturerbe werden kann. Für den Erfolg des Projektes „Anerkennung als Kulturerbe“ ist es wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. Dies ist in diesem Fall offensichtlich in der Tat geschehen. Das Projekt wird auch von der im Rheintal lebenden und arbeitenden Bevölkerung sowie von der heimischen Wirtschaft getragen. Gemeinsam macht man sich stark für die Kulturlandschaft und den Wirtschaftsraum Rheintal.
Die Einbindung aller Anrainerländer des Rheins verspricht zahlreiche Synergien und neue Impulse für die Entwicklung dieses Talabschnitts. Im Sinne einer Weiterentwicklung des Rheintals werden die Interessen der touristischen Entwicklung, der gewerblichen Nutzung, des Verkehrs, der Denkmalpflege und des Landschaftsschutzes im Rheintal sorgfältig und sensibel abgewogen. Ein ganzheitliches Handlungskonzept ist also erforderlich. Dazu müssen alle mitmachen, und dies geschieht bei diesem Projekt in vorbildlicher Manier.
Allerdings – damit möchte ich zum Abschluss meiner Ausführungen meinen Finger in einen wunden Punkt legen, welcher außerhalb der Handlungsmöglichkeiten des Parlaments liegt – muss sich auch noch die Qualität der Gastronomie in diesem Talabschnitt des Rheins verbessern.
Ich wünschte mir – und damit stehe ich gewiss nicht allein –, dass neue gastronomische Akzente gesetzt würden mit einer gehobenen Gastronomie ebenso wie mit einer die Bedeutung des Tales aufgreifenden Erlebnisgastronomie.
Meine Damen und Herren, die Anerkennung des Mittelrheintals als Welterbestätte durch die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen – UNESCO - ist für die zukünftige Entwicklung des Mittelrheintals und für Rheinland-Pfalz eine große Chance. Die FDP will den „neuen Aufschwung für eine alte Kulturregion“ und stimmt dem Antrag zu.