Protocol of the Session on June 21, 2001

Frau Thomas, man muss auch wissen, wer sie blockiert hat. Der Redlichkeit halber muss man auch sagen, dass die Petersberger Beschlüsse ganz eindeutig wegen der Bundestagswahl aus dem Saarland blockiert worden sind. Das muss man auch wissen.

(Dr. Weiland, CDU: Von der SPD blockiert worden!)

Habe ich etwas anderes gesagt? Oder ist Herr Lafontaine bei Ihnen?

(Dr. Weiland, CDU: Ich wollte Sie unterstützen!)

Ich habe doch gesagt, von Herrn Lafontaine. Herr Dr. Weiland, das brauchen Sie nicht; denn ich kann mir selbst helfen.

Diese Blockadepolitik musste durchbrochen werden. Diesmal hatten Frau Merkel und Herr Merz versucht, eine Blockadepolitik zu betreiben. Ich war im Bundesrat dabei.

(Dr. Weiland, CDU: Das ist jetzt aber nicht richtig!)

Deshalb haben wir die Initiative ergriffen und eine Steuerreform auf den Weg gebracht, die als Steuerreform Nummer 1 eine gute ist, um den Mittelstand zu entlasten und damit zur Eigenkapitalbildung beitragen kann.

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Dr. Braun, nun muss man wissen, wie eine Landesregierung mit dem Rating und mit Basel II umgeht. Zunächst einmal muss man festhalten, dass die großen Sieger bei diesen Verhandlungen die Amerikaner waren und die amerikanischen Kapitalfonds eine große Rolle spielen werden. Es ist keine Frage, dass man in Amerika eine andere Unternehmenskultur hat als in Deutschland. Daher ist es klar, dass man die kurzfristigen Kredite anders bewertet, als bei uns die langfristigen Kredite bewertet werden. Wir werden alles unternehmen, um den Mittelstand darüber entsprechend zu informieren. Deshalb habe ich in meinem Haus zusammen mit den mittelständischen Banken Vorbereitungen getroffen, um gut informieren zu können und darüber hinaus andere Verfahren einsetzen zu können.

Man kann das aber nicht eher machen, als bis man weiß, welche Kriterien zugrunde gelegt werden müssen. Es wäre fahrlässig und unverantwortlich, im Nebel herumzustochern und nicht zu wissen, wie die Kriterien genau aussehen werden. Sobald die Kriterien festliegen, werden wir das tun, Herr Dr. Braun. Darüber hinaus werden wir auch über andere Instrumente staatlicher Begleitung nachdenken müssen. Man muss darüber nachdenken, ob man nicht das Instrument der Haftungsfreistellung anders bewerten kann oder ob man die Bürgschaften anders ausrichten muss. Das sind die wichtigen Fragen. Wir werden den Mittelstand in Rheinland-Pfalz dabei nicht im Regen stehen lassen, weil wir wissen, dass dieses Bundesland hervorragende Wirtschaftsdaten hat.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

- Jetzt kann man lange über den Export streiten, Herr Wirz. Ja gut, ich will dazu noch etwas sagen. Wir liegen bei der Wachstumsrate über dem Bundesdurchschnitt. Wir liegen bei der Beschäftigung am Arbeitsmarkt über die Fünfjahresschiene an drittgünstigster Stelle. Das sind Fakten, die man nicht wegwischen kann, sondern

die man einmal zur Kenntnis nehmen muss, egal ob einem das gefällt oder nicht.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich habe vorhin etwas zu den Existenzgründungen und zur Selbstständigenquote gesagt. Da liegen wir vor dem vorderen Mittelfeld bundesweit an der Spitze. Deshalb kann sie doch nicht so schlecht sein. Deshalb sollten wir versuchen, in dieser Welt zu argumentieren und uns in diesem Bundesland zu bewegen, damit niemand den Eindruck bekommt, es wird von ganz anderen Welten und von ganz anderen Bundesländern gesprochen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Wir wissen auch, dass der Arbeitsmarkt in RheinlandPfalz so ist, wie er ist, nämlich relativ gut. Das ist in erster Linie das Verdienst des Mittelstands. Das in einer Zeit, in der die Großindustrie – – –

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können auch gern über die BASF usw. diskutieren, Herr Dr. Braun. Chlorchemie usw. lässt grüßen. Lassen wir das aber alles mal außen vor.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Thomas, in einer Zeit, in der die Großindustrie fast 100.000 Arbeitsplätze abgebaut hat, hat allein das rheinland-pfälzische Handwerk fast 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir sind mittelständisch strukturiert und können deshalb relativ gute Zahlen vorweisen. Unsere Wirtschaft weist eine entsprechende Robustheit auf. Der Mittelstand bildet dafür die Grundlage. Deshalb wird die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik nach wie vor Mittelstandspolitik bleiben. Der Antrag ist deshalb sinnvoll, damit die Positionierung im europäischen Konzert jetzt erfolgen kann.

Darüber hinaus werden wir im Ausschuss an der Beratung gern konstruktiv teilnehmen. Wir erwarten von der Opposition nicht, dass sie die gute Wirtschaftspolitik des Landes lobt, aber wir erwarten von ihr, dass sie dieses Land nicht kaputtredet.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Wirz hat beantragt, beide Anträge – Drucksachen 14/40/43 – an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr – federführend – und an den Ausschuss für Europafragen zu überweisen. Gibt es Gegenstimmen? – Das sehe ich nicht. Dann sind diese beiden Anträge an die Ausschüsse überwiesen.

Meine Damen und Herren, ich begrüße Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Schülerinnen und

Schüler der 12. Klasse des Peter-Joerres-Gymnasiums Bad Neuenahr. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Programm für „Seiteneinsteigerinnen“ und „Seiteneinsteiger“ in den Schuldienst Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/41 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von zehn Minuten verständigt.

Frau Brede-Hoffmann hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst an den Antrag der SPD-Fraktion zur Lehrer- und Lehrerinnenbildung vom 4. Mai 2000 erinnern. Dort wurde unter Punkt 12 festgelegt:

„Die besondere Bedeutung der Persönlichkeit im Erziehungsgeschehen spricht dagegen, ausschließlich auf dem normalen Weg Lehrer oder Lehrerin zu werden. Für qualifizierte Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind deshalb Chancen zu öffnen, auch Lehrerin und Lehrer zu werden.“

Damals schon und heute noch viel mehr ist uns klar, dass bundesweit ein Lehrerinnen- und Lehrermangel für einige Schularten und für einige Fächer besteht. Im Bereich der BBS in den Bereichen Technik, Elektronik, Informatik demnächst, im Bereich der Hauswirtschaft, aber auch im Bereich der allgemein bildenden Schulen für Musik, Kunst, Naturwissenschaften, Mathe und wiederum Informatik sieht es auf dem Arbeitsmarkt der Lehrerinnen und Lehrer bundesweit zumindest schwierig aus.

Schon im letzten Jahr haben wir daher das Ministerium gebeten, darüber nachzudenken, auf welche Art und Weise Menschen mit beruflichen Qualifikationen, die uns in der Schule, sowohl in den Schularten als auch in den Schulfächern, helfen könnten, Unterricht zu erteilen, als Pädagoginnen und Pädagogen in die Schule gebracht werden können.

Lassen Sie mich ein paar Zahlen nennen, um aufzuzeigen, dass dies wahrlich kein rheinland-pfälzisches, sondern ein bundesweites Problem ist. Die Einstellungschancen von Lehrerinnen und Lehrern im Jahr 2005 sind errechnet worden im Verhältnis von Bewerberinnen und Bewerbern und dem Bedarf, der vorhanden ist. Insgesamt für alle Schulen, berufsbildende und allgemein bildende Schulen zusammen, sieht es für das Jahr 2005 bei der momentanen Berechnung so aus, dass wir 26.892 neue Lehrerinnen und Lehrer bundesweit brauchen werden, dass aber maximal 19.000 Lehrerinnen und Lehrer in diesem Jahr ausgebildet auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Diese Diskrepanz ist groß.

Wenn man sich diese Entwicklung für den Bereich der berufsbildenden Schulen anschaut, wird einem klar, worüber wir diskutieren. In den berufsbildenden Schulen werden wir im Jahr 2005 etwa 6.100 Lehrerinnen und Lehrer neu brauchen, aber maximal 1.380 auf dem ganz traditionellen Ausbildungsweg angeboten bekommen.

Es müssen also andere Wege gefunden werden, und für uns stellt sich eigentlich gar nicht mehr die Frage, ob dies schwierig oder nicht schwierig ist, sondern wir haben uns die Antwort gegeben, dass dies gut ist, weil Menschen in die Schulen kommen, die nicht den ganz typischen Weg Schule, Universität, Schule hinter sich bringen, sondern Menschen in die Schulen kommen, die vielfältigste Vorerfahrungen aus einem Berufsleben oder einem Ausbildungsweg mit einbringen, der nicht dem ganz normalen Weg entspricht, und sowohl die Schulen als auch die Lehrkollegien, vor allem aber die Kinder und Jugendlichen, davon profitieren können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Was in den vergangenen Jahren passiert ist, belegt eine andere Zahl: Im Jahr 1990 haben sich als Studienanfängerinnen und Studienanfänger 43.370 Studierende für Ausbildungsfächer eingeschrieben, die zur Lehramtsprüfung führen sollten. Im Jahr 1999 sind es lediglich noch 34.700 in ganz Rheinland-Pfalz. Darin sind die Bereiche für die berufsbildenden Schulen noch gar nicht mit eingerechnet. Sie würden diese Diskrepanz noch viel deutlicher zeigen.

Wenn man sich also den Rückgang dieser Zahlen, wenn man sich die Diskrepanz zwischen dem Neubedarf und den ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern anschaut, dann weiß man, dass wir ein Programm für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger brauchen. Wir sind deswegen heute sehr froh, dass die Bildungsministerin bereits in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage darauf hingewiesen hat, dass das Ministerium dabei ist, ein solches Programm zu konzipieren.

Unser Antrag soll deutlich machen, dass wir für ein solches Programm als besonderen Wunsch haben, eine besonders flexible Einstellungschance zu definieren, dass die Grenzen, welche Menschen sich bewerben können sollen, besonders weit offen sind.

Es ist klar, dass wir es natürlich mit Lehrkräften zu tun haben werden, die eigentlich schon vorhanden sind, aber eine zusätzliche Qualifikation in einem Mangelfach erwerben könnten, dass es sich um Lehrkräfte handelt, die bereit sind, sich für eine andere Schulart, in der Mangel besteht, besonders für die Sonderschulen weiterzuqualifizieren, dass es sich aber vor allen Dingen um solche Menschen handeln wird, die Hochschulexamina in einem Fachbereich oder einem Fach haben, das uns fehlt, die aber keine Prüfung haben, die wir gewohnt sind, also kein erstes und zweites Staatsexamen, dass es sich um Menschen handeln wird, die zum Beispiel diplomiert sind, also nur das erste Staatsexamen haben, die eine Magisterprüfung haben, die eine Promotion abgeschlossen haben und eine hohe fachliche Qualifikation haben, die beispielsweise von den Fachhochschulen kommen und in technischen Fächern ausgebil

det sind oder – das ist ganz besonders interessant – die Kunst oder Musik studiert haben und dort Examina gemacht haben, die aber kein Lehramtsstudium hinter sich haben. All diese Menschen bringen fachliches Wissen und berufliche Erfahrung mit, aber es fehlt ihnen zum größten Teil etwas, was sie in der Schule notwendig brauchen, nämlich eine pädagogische Qualifizierung.

An dieser Stelle möchte ich deutlich betonen – ich hoffe, unser Antrag macht es auch unmissverständlich deutlich –, was wir für das Seiteneinsteigerinnen- und Seiteneinsteigerprogramm wünschen und hoffen, ist, dass die Menschen, die kommen, eine ganz hohe pädagogische Qualifizierung erhalten, wir auf gar keinen Fall durch ein solches Fach eine pädagogische Entprofessionalisierung an unseren Schulen wollen, sondern wir nutzen wollen, dass Menschen andere Erfahrungen haben und wir ihnen die Qualifizierung, die sie für die Schule brauchen, nämlich eine pädagogische, eine didaktische und vor allen Dingen eine fachdidaktische Ausbildung auf einem attraktiven Weg anbieten wollen, der sie laufbahn- und besoldungsrechtlich in die Lage versetzt, von diesem Landesangebot als angestellte Lehrerinnen und Lehrer mit einer gewissen Freistellung, berufsbegleitend und damit voll bezahlt, angezogen werden, die pädagogische Qualifizierung an unseren erfahrenen Studienseminaren und den Ausbildungseinrichtungen für Lehrerinnen und Lehrer zu erwerben.

Wir wollen also keine anderen Lehrkräfte erzeugen, sondern wir wollen gute und akzeptierte Lehrerinnen und Lehrer am Ende einer solchen Weiterqualifizierung, eines solchen Seiteneinsteiger-Ausbildungsprogramms, die nur einen anderen Berufsweg gehabt haben. Von guten Lehrerinnen und Lehrern mit einen anderem Berufsweg können unsere Schulen eigentlich nur profitieren.

(Beifall bei der SPD)

Da es so vielfältige Wege gibt, die nach Rom und zum Beruf des Lehrers und der Lehrerin führen, erachten wir es auch als wichtig, dass das Ministerium überprüft, inwiefern und vor allen Dingen welche Zertifikate, Weiterbildungskurse oder vielleicht auch Bestätigungen von bereits ausgeübter Weiterbildungsarbeit in der Wirtschaft anerkannt werden können als Modul, das ansonsten in einem Seiteneinsteigerprogramm extra gelernt werden müsste.

Wir denken auch, dass die Türen weit aufgemacht werden sollten, zu akzeptieren, dass auch die Wirtschaft, also völlig andere Stellen in unserem Staat, Ausbildung, auch pädagogische Ausbildung und Qualifikation, leisten und anbieten und Menschen dort Zertifikate und Prüfungen erworben haben können, die für uns genauso wertvoll und qualifizierend wie Ausbildungen sind, die in unseren traditionellen Wegen gemacht worden sind.