Protocol of the Session on June 4, 2003

Mein Kollege Michael Hörter hat gefragt, wer den Kollegen Schweitzer heute von der Leine gelassen hätte. Ich habe mir das überlegt und mich gefragt, ob es am Wetter liegt. Wenn auf der einen Seite unser Vorsitzender Christoph Böhr an das Rednerpult kommt und darum bittet zu versuchen, dieses interessante und wichtige Thema für die Kommunen gemeinsam zu lösen, dann muss man sich nicht wundern, wenn es am Ende zu nichts führt, wenn Herr Schweitzer so reagiert.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, die Frage, die wiederholt angesprochen wurde, wer wo abgeschrieben hat, wer was mit wem und mit was vermengt hat, ist relativ einfach zu beantworten. 1995 hat die CDU einen Entwurf eingebracht. Wir haben heute 2003. Wenn ich das nachrechne, dann sind das acht Jahre. Da hätte, nachdem wir wiederholt darauf hingewiesen haben, diese Landesregierung zu Potte kommen und einen neuen Entwurf vorlegen können. Der ist nicht vorgelegt worden. Dann kommt ein weiterer Punkt. Wenn wir vom Saarland einen Entwurf auf den Tisch bekommen, dann ist es doch nicht verboten, darüber nachzudenken, was bei uns passt und was nicht.

(Beifall bei der CDU)

Der Entwurf sieht am Ende gar nicht einmal so aus, wie das Saarland dies vorgeschlagen hat. Wenn Sie ihn genau gelesen hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass die völlig andere Überlegungen in Bezug auf die Frage angestellt haben, wer die Entscheidung zu begründen hat. Das ist das eine. Das andere ist, in unserem Entwurf ist eindeutig geregelt, dass wir uns unterhalb der gesetzlichen Bestimmungen bewegen, wir lediglich im Bereich der Verordnungen im Rahmen unseres Standardanpassungsgesetzes Änderungen wollen. Dann frage ich mich, wo da die Rechtmäßigkeit nicht vorhanden ist, wenn ein Ministerium seine Verordnung ändert, die es selbst erlassen hat, und zu dem Ergebnis kommt, dass sie änderungsfähig ist und sie dann auch ändert. Ich frage mich wirklich, wo da das Gesetz verletzt ist. Wo ist die Verfassungsmäßigkeit in irgendeiner Form verändert worden?

(Beifall bei der CDU)

Dass wir im Grund genommen diese Standardanpassung brauchen, weiß jeder. Wir alle, wie wir hier sitzen, gehören Stadträten, Gemeinderäten und Kreistagen an. Schauen Sie sich allein einmal an, was im Bereich Feuerwehrwesen los ist. Versuchen Sie doch einmal, ein gebrauchtes Fahrzeug in ein Feuerwehrfahrzeug umzufunktionieren.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Da scheitern Sie schon daran, dass Sie die Farbe nicht entsprechend bestimmen können.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Frau Morsblech, Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, wie ein Feuerwehrauto aussieht. Sonst würden Sie nicht so reagieren.

Dann haben wir die Landespflege. Ich führe Ihnen noch einmal ein Feuerwehrfahrzeug vor. Sie dürfen einmal mitfahren. Das verspreche ich Ihnen.

Aber unabhängig davon zur Landespflege: Wir haben im Bereich der Landespflege Bestimmungen, wie dick ein Baumstamm sein muss. Dies muss doch nicht von irgendjemand von der Landesbehörde entschieden werden. Das können die doch alle vor Ort machen.

Ein beredtes Beispiel dafür sind Mittel, die im Rahmen der Jugendhilfe seinerzeit gekürzt wurden. Auf der einen Seite ist im Bereich der Jugendhilfe gestrichen worden, auf der anderen Seite ist vorgeschrieben worden, dass die Jugendlichen nicht mehr in Zweibettzimmern, sondern entsprechend in Einbettzimmern untergebracht werden müssen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme gleich zum Schluss.

Wir wollen in dieser Frage keine Positivliste. Wir wollen keine Tabus. Wir wollen an allen Ecken und Enden überprüfen lassen, wo Standards nicht mehr in dieser Form erforderlich sind.

Der letzte Satz: Der Gemeinde- und Städtebund hat 60 Beispiele genannt. Wenn ich diese Beispiele an die Bürgermeister weitergebe, dann werden diese Ihnen im Nu noch einmal das Dreifache melden. Wir müssen dahin, dass wir an diesen Standards ein Stück abbauen.

(Beifall der CDU)

Wir sind damit am Ende der Diskussion. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU – Drucksache 14/2202 – und den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/2201 – an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen.

Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe die Punkte 6 und 7 der Tagesordnung auf:

Schule für kranke Schülerinnen und Schüler Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/1554 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/1866 –

Unterricht für kranke Kinder und Jugendliche Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/1649 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/1867 –

Die Fraktionen haben beschlossen, beide Punkte gemeinsam zu beraten.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel unserer GRÜNEN-Initiative, eine Schule für kranke Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz zu errichten, ist es, einen Rechtsanspruch auf Unterricht für Schülerinnen und Schüler im Schulgesetz zu verankern, die für längere Zeit erkrankt sind und deshalb nicht am „normalen“ Schulunterricht teilnehmen können.

Insbesondere für kranke Kinder und Jugendliche ist Unterricht von ganz besonderer Bedeutung, weil dadurch einerseits den betroffenen Kindern und Jugendlichen ein erfolgreiches Lernen trotz ihrer Krankheit ermöglicht werden kann, wobei Ängste, den Anschluss an den schulischen Alltag zu verpassen, vermindert werden. Gleichzeitig erleichtert der Unterricht den kranken Kindern und Jugendlichen den Umgang mit ihrer phys ischen und auch psychischen Situation.

Die gegenwärtigen Regelungen zum Krankenhaus- und auch zum Hausunterricht in Rheinland-Pfalz tragen diesen – wie ich glaube – von uns allen geteilten Zielen momentan keine Rechnung. Dies müssen wir ändern. Glücklicherweise haben die anderen Fraktionen die Notwendigkeit erkannt, tätig zu werden.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD und auch der FDP, das Problem ist, dass dort, wo Sie in Ihrem Antrag hätten konkret werden müssen, wo Sie konkrete Schritte auch zur Verbesserung der Situation hätten beschreiben müssen, Sie davon sprechen, die Organisationsstruktur überprüfen zu wollen und gegebenenfalls dann vielleicht auch noch zu optimieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir schlagen in unserem Antrag ganz konkrete Schritte vor. Wir fordern Sie auf, neben der Verankerung eines Rechtsanspruchs auf Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler nach dem Vorbild der Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen eine zentrale Schule für kranke Schülerinnen und Schüler einzurichten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den Beratungen im Ausschuss habe ich versucht zu verdeutlichen, wie wichtig und sinnvoll eine solche Schule ist, eine Schule, die als eine Organisationseinheit an einem Standort in Rheinland-Pfalz angesiedelt ist, an dem es eine Schulleitung gibt, die die verschiedenen Lehrerinnen und Lehrer an den verschiedenen Einsatzorten quer durch

das ganze Land sowie den Unterricht im Krankenhaus oder auch als Hausunterricht organisiert und koordiniert. Wir brauchen eine verantwortliche Schulleitung, aber keinen Bruchteil von Verwaltungsstellen bei der ADD.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Schulleitung, die wir uns wünschen, sollte auch die ganz normalen Aufgaben, die jeder Schulleitung obliegen, übernehmen, also Bedarf feststellen, Personleinsatz organisieren, Fort- und Weiterbildung koordinieren usw.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in unserem Bundesland gibt es keine zielgerichtete Ausbildung und Auswahl der Lehrkräfte für diese besondere Form des Unterrichts. Sie werden von der jeweiligen Stammschule einfach abgeordnet. Die pädagogisch schwierigen und psychisch belastenden Umstände eines solchen Einsatzes der Lehrkräfte bleiben unberücksichtigt. An einer von uns geforderten Schule für kranke Schülerinnen und Schüler sollte genau aus diesem Grund eine gezielte pädagogische und psychologische Aus-, Fort- und Weiterbildung für die eingesetzten Lehrerinnen und Lehrer gemäß der Forderungen der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 1998 stattfinden, um sowohl für die Sicherheit der Lehrerinnen und Lehrer als auch für die Sicherheit der Schulen sowie die Schülerinnen und Schüler einen sachgerechten Einsatz zu gewährleisten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nur Lehrerinnen und Lehrer, die die nötigen Kenntnisse haben, langzeiterkrankte Kinder zu unterrichten und sich dieser sicherlich sehr schwierigen Aufgabe tatsächlich stellen wollen, sollten zur Erfüllung dieser Aufgabe eingesetzt werden. Dazu ist eine landesweite schulscharfe Ausschreibung der Stellen erforderlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Sinne der betroffenen Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern, aber auch im Sinne der Schulen und der Krankenhäuser muss das Ministerium ausreichend über die Möglichkeiten eines speziellen Unterrichts für kranke Schülerinnen und Schüler informieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, um im Bild des Fußballs zu bleiben und es etwas einfacher zu sagen: Nehmen Sie unsere präzise Flanke auf und stimmen Sie dem Original zu! Stimmen Sie unserem Antrag zu, der sehr viel konkreter und sehr viel kons equenter formuliert ist. Stimmen Sie unserer GRÜNENInitiative zu,

(Glocke des Präsidenten)

die sicherlich erheblich dazu beitragen kann, die Situation im Krankenhaus und im Hausunterricht in RheinlandPfalz zu verbessern. Gerade die Kinder und Jugendlichen, die sich aufgrund ihrer Krankheit ohnehin in einer oft sehr schwierigen Situation befinden, müssen es uns wert sein. Es ist Zeit zu handeln, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Heinrich das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal gehe ich auf den im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formulierten Vorwurf ein. In diesem Antrag wird behauptet, dass die KMK-Empfehlung zum Förderschwerpunkt „Unterricht kranker Schülerinnen und Schüler“ in unserem Land nicht oder zumindest nicht ausreichend umgesetzt sei. Es besteht kein Dissens darüber, dass Schülerinnen und Schülern, die aufgrund ihrer Krankheit längere Zeit keine Schule besuchen können, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unterricht erteilt werden soll. Dass dies in Rheinland-Pfalz umgesetzt wird und wie es umgesetzt wird, das hat Herr Staatssekretär Professor Dr. Hofmann-Göttig im Dezember-Plenum bereits ausführlich dargestellt.

Strittig bleibt nach wie vor die Frage, wie der Anspruch auf Unterricht für kranke Schülerinnen und Schüler im Schulgesetz verankert ist. Ich gebe gern zu, dass die Regelung in § 44 Abs. 3 des Schulgesetzes sehr zurückhaltend formuliert ist. Frau Ministerin Ahnen hat aber bereits in der Sitzung des Bildungsausschusses im Januar 2001 deutlich gemacht, dass diese Frage bei der anstehenden Novellierung des Schulgesetzes diskutiert werden sollte. Wir werden aber sicherlich keinen einklagbaren Rechtsanspruch formulieren; denn das alles muss nicht nur organisierbar, sondern auch finanzierbar bleiben.

Eine weitere strittige Frage bleibt die Organisationsform, also die Frage einer Schule für Kranke. Ich bin der Auffassung, dass eine zentrale Schule die erforderliche Beratung und Information nicht leisten kann. Dies kann nur in der konkreten Klinik durch die Ärzte und Lehrkräfte erfolgen, und zwar unterstützt durch die Schulaufsicht. Mit der festen Zuweisung von Lehrerstellen an die infrage kommenden Kliniken ist der Krankenhausunterricht an diesen Kliniken gesichert. Jede Klinik muss ihren eigenen Weg einer sinnvollen Organisation dieses Unterrichts gemeinsam mit Lehrkräften, Ärzten und der Klinikleitung gehen.

(Beifall bei der SPD)