Gleiches werden wir selbstverständlich wieder von der Landesregierung hören, dass eine Festlegung zur Gesundheitsreform zur rechten Zeit erfolgt. Zur rechten Zeit heißt übersetzt: am Tag der Entscheidung im Bundesrat. –
Aber wir glauben, dass es so nicht geht. Die Menschen in Rheinland-Pfalz haben ein Recht zu erfahren, ob die Landesregierung diese unsägliche Gesundheitsreform mit tragen möchte, weil es sie unmittelbar berührt.
Die Gesundheitsreform ist nämlich geprägt durch das weitere Voranschreiten auf dem Weg des bürokratischen Staatsdirigismus. Im Ergebnis soll immer mehr Geld für Bürokratie und immer weniger für die medizinische Versorgung der Patienten aufgewendet werden.
Es wird auch nicht zu einer Senkung der Beitragssätze von einem Prozentpunkt kommen, da diese Sparmaßnahmen gerade einmal das aufgelaufene Defizit der Krankenkassen von ca. neun Milliarden Euro abdecken wird, wenn es gut läuft. Diese Landesregierung hat zu diesem schlimmen Zustand der gesetzlichen Krankenversicherung mit beigetragen und ihn mit verursacht. Sie ist mitverantwortlich dafür, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen immer mehr in eine Schieflage zwischen Einnahmen und Ausgaben geraten.
Es nützt überhaupt nichts, wenn Sie dies bestreiten wollen. Ich möchte das an zwei Beispielen deutlich machen.
Beispiel 1: Was haben die SPD und auch Minister Gerster insbesondere damals gegen die Einführung der Selbstbeteiligung hier gegen uns gewettert und uns als unsozial bezeichnet?
Herr Rösch, ich würde mir sehr gut überlegen, was ich sage; Ich habe die ganzen Zitate und die Redebeiträge dabei.
Nach dem Regierungswechsel hob man die Selbstbeteiligung bei den Zuzahlungen für die Medikamente auf und riss riesige Finanzlöcher in die gesetzlichen Krankenkassen, die nicht wieder zugekittet werden konnten. Damals betrugen die Zuzahlungen zwei und vier DMark. Heute sprechen wir im Entwurf von bis zu 12 Euro. Ich will gar nicht falsch verstanden werden, ich halte diese Maßnahmen für richtig. Sie fallen jetzt jedoch wesentlich drastischer aus, weil sie damals wichtige
Schritte in die richtige Richtung zurückgenommen haben. Da liegt Ihre Mitverantwortung und Ihr Mitverschulden.
Beispiel 2: 1999 – jetzt ist Herr Lewentz leider nicht da – wurde über eine Praxisgebühr diskutiert. Sie haben uns hier auch als unsozial beschimpft. Das war ein Vorschlag des Wirtschaftsrats der Union. Herr Lewentz hat damals hier Zwischenrufe gemacht. Auch die habe ich dabei. Sie machen jetzt genau das, was Sie vor zwei oder drei Jahren hier völlig von sich gewiesen haben und weswegen Sie uns damals als unsozial kritisiert haben.
(Beifall bei der CDU – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da verstehe ich aber nicht, warum die CDU etwas dagegen hat!)
Die Kernfrage lautet einfach: Wird diese Landesregierung diese Gesundheitsreform mittragen? Wird sie zum Beispiel die Abschaffung der vier Kassenärztlichen Vereinigungen mittragen, übrigens ein rein rheinlandpfälzisches Problem. Dieses Problem ist ein bundespolitisches geworden, weil Herr Gerster das so wollte. Kein anderes Bundesland interessiert sich für diese Frage. Nordrhein-Westfalen hat im Gesetzentwurf vorgesorgt: Bei mehr als 12.000 Ärzten soll es mehrere Kassenärztliche Vereinigungen geben.
Ich bin gespannt, wie Sie sich positionieren, Herr Ministerpräsident. An dieser Frage hängen viele Arbeitsplätze. Diese Frage muss beantwortet werden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Frage an die FDP stellen. Sie sind gesundheitspolitisch über all die Jahre schon abgetaucht. Wir würden von Ihnen schon gern wissen, ob Sie bei der Abschaffung eines freien Gesundheitssystems mitmachen wollen, bei der Abschaffung von Freiberuflern – – –
Frau Ministerin, Sie haben in einem Zeitungsartikel geäußert, Sie sagen nicht zu allem Ja und Amen. Da war ich zunächst erleichtert. Aber bis jetzt habe ich zu all den Punkten nur Zustimmung gehört. Wir erwarten gerade von der FDP, aber auch von Ihnen, der SPD, ein Nein danke zu dieser Gesundheitsreform, weil es für die Bevölkerung einfach besser ist. Diese Reformvorschläge müssen dringend überarbeitet werden, weil sie bei weitem nicht ausreichen, um dieses Gesundheitssystem zu retten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Rosenbauer, ich hatte überhaupt nicht vor zu sagen, Sie bringen bundespolitische Themen hierher. Wir haben das erwartet. Wir kennen das so. Ich dachte, es kämen innovative Vorschläge und konstruktive Beiträge. Das habe ich vermisst. Ich bin enttäuscht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das deutsche Gesundheitswesen war – soll es auch sein – das vorbildlichste in der ganzen Welt. Es soll Vorbild sein für alle Länder dieser Welt. Das ist Fakt. Das weiß man. Darauf können wir auch stolz sein.
Durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stehen 142 Milliarden Euro zur Versorgung von Patientinnen und Patienten zur Verfügung. Nur die USA und die Schweiz geben für die Gesundheit mehr aus als wir in der Bundesrepublik. Wir sind gehalten, mit diesen Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherungen, die diesen zur Verfügung stehen, sehr verantwortungsvoll umzugehen, das umso mehr vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung.
Sozialpolitische Entscheidungen spielen wohl in ihrer Wertung keine Rolle. Wenn man erkennt, dass es Fehl-, Über- und Unterversorgung gibt, dann muss man handeln. Wenn man erkennt, dass Leistungen nachweislich überflüssig und auch noch handwerklich nicht in Ordnung sind, dann ist es erst recht Zeit zum Handeln. Wenn man dann auch noch erkennt, dass im Verhältnis zum Aufwand der eingesetzten Finanzmittel das deutsche Gesundheitswesen zu teuer, zu wenig wirksam und zu wenig an den Erfordernissen der Patientinnen und Patienten orientiert ist, dann ist es fünf vor zwölf.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist allerdings nichts Neues; denn das hat auch schon eine christdemokratische Bundesregierung erkannt, die bekanntlich bei dem Versuch, das Gesundheitssystem zu reformieren, kläglich gescheitert ist.
Dass zu einem Reformwillen natürlich Mut und Überzeugungskraft gehören, ist unschwer erklärbar, vor allem wenn man eine breite Diskussionsplattform eröffnet, wie wir es vom sozialdemokratischen Selbstverständnis der Demokratie für uns in Anspruch nehmen. Es ist nicht so einfach, wenn man viele Menschen mit diskutieren lässt, mit einbindet und mitnimmt.
Meine Damen und Herren, wir können uns auf Dauer nicht leisten, dass unser Gesundheitswesen ständigem Druck einer Vielzahl von Lobbyistinnen und Lobbyisten ausgesetzt ist, Akteure, die sich wechselseitig blockie
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen keinen Systemwechsel. Aber wir wollen eine Verbesserung des Systems. Die solidarisch finanzierte Krankenversicherung muss erhalten bleiben, um allen Versicherten das medizinisch Notwendige sicherzustellen. Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen.
Ich war dieser Tage sehr angenehm überrascht, als ich eine Presseverlautbarung der Ersatzkassenverbände in die Hände bekam, in der ausdrücklich die vom Bundeskabinett beschlossene Vorarbeit für eine Gesundheitsreform begrüßt wird und insbesondere die Verbesserung von Qualität, Wirtschaftlichkeit sowie die geplanten Strukturveränderungen hervorgehoben werden.
Aus unserer Sicht ist beispielsweise die Positivliste eine längst überfällige Maßnahme, um den gesamten Wirrwarr auf dem Arzneimittelmarkt zu entzerren.
Auch das vorgeschlagene Hausarztsystem ist ein guter Weg, ohne jetzt aus Zeitgründen auf Details einzugehen; denn hier können Patientinnen und Patienten profitieren. Sie können selbst lenken und steuern.
Warum ausgerechnet bei diesen beiden Punkten die CDU-Bundestagsfraktion, allen voran Herr Seehofer, von purer Verweigerung bis zur Blockade gehen, hat sich mir bis heute noch nicht erschlossen.
Meine Damen und Herren, polemisieren bringt uns kein Stück weiter. Ich möchte auch nichts beschönigen. Es ist eine schwere Zeit. Wir müssen Verantwortung für die Zukunft übernehmen.
Ich lade Sie ein, bringen Sie sich ein, bringen Sie konstruktive Beispiele, damit unsere Gesundheitspolitik zukunftsfähig wird und orientiert an Qualität und Wirtschaftlichkeit sowie ausgewogen und solidarisch und gerecht ist. Wir haben Verantwortung für Patientinnen und Patienten, aber auch für über 4 Millionen Arbeitsplätze im Gesundheitswesen.