Protocol of the Session on May 8, 2003

Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Marz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Schmitz, jetzt haben Sie noch nicht einmal Ihre Redezeit verbraucht. Dann hätten wir uns die Kurzintervention sparen können.

Sie haben gesagt, Sie könnten den Anträgen der Oppositionsfraktionen nicht zustimmen, weil sie keine Aussage zur Finanzierungsgrundlage enthielten. Das haben Sie selbst zitiert. Aber ich wiederhole es gern noch einmal: Der einzige Beitrag der Koalitionfraktionen zu dieser Thematik ist der Auftrag an die Landesregierung, sich für eine dauerhaft sichere Finanzierungsgrundlage einzusetzen, und dann kommen die Lohnnebenkosten.

Ist das Ihr Beitrag?

(Dr. Rosenbauer, CDU: Das ist innovativ!)

Wegen dieses Satzes können Sie unserem Antrag nicht zustimmen und müssen dem Koalitionsantrag zustimmen?

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lächerlich!)

Herr Kollege Dr. Schmitz, dieser Satz ist sehr richtig, aber er enthält natürlich keinerlei Lösungsansätze darüber, wie es gehen soll. Aber um Ihnen eines zu erleichtern – Sie haben jetzt die Möglichkeit zu erwidern –: Wenn es daran hängt, übernehmen wir sofort diesen Satz mit Freude in unseren Antrag und erwarten dann Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Das Wort zur Erwiderung hat der Kollege Dr. Schmitz.

Verehrter Herr Kollege Marz! Im Rahmen der Pflegeversicherung bewegt uns das Phänomen der Demenz. Das

ist eine pathologische Erinnerungsunfähigkeit, um nur einen Teil dieser Problematik zu beschreiben.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erwiderung! – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr verkürzt, sehr verkürzt!)

Wenn Sie selbst Probleme haben, sich an die letzten Diskussionen in diesem Zusammenhang nicht zu erinnern, in denen wir sehr detailliert ausgeführt haben, wie wir uns die Finanzierung vorstellen, – – –

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich Ihr verehrtes Ohr noch einmal finde, erkläre ich es Ihnen gern. Sie müssten es an sich wissen.

(Zurufe des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Itzek, SPD: Das nützt doch nichts!)

Wenn Sie Klamauk haben wollen, höre ich auf. Aber wenn Sie es wissen wollen, erkläre ich es Ihnen gern.

Also, Sie wollen es wissen. Danke! – Dann sage ich es gern noch einmal: Wir stellen uns vor, dass wir eine kapitalgedeckte, nicht lohnzusatzrelevante Versicherung einführen plus Eigenvorsorge, sodass man auch Vermögenswerte einstellen kann.

Wir haben auch gesagt, bei den Dingen, die das Individuum und auch die Versicherung per Risiko nicht mehr absichern kann, muss der Staat in irgendeiner Form hilfreich sein. Das dreijährige Wachkoma lässt sich individuell nicht durch Ansparungen oder die Versicherung abdecken. Das sind die Punkte, die mir wichtig waren.

Herr Marz, zu Ihrem Antrag wollte ich an sich gnädigerweise nicht kritischer sprechen, weil ich auf den zukünftigen Konsens baue. Aber wenn ich es täte, wäre es mit einem Satz leider nicht getan. Es finden sich dort eine ganze Menge von Dingen, die ich im Zusammenhang mit der Pflegeproblematik nicht als zielführend ansehe. Die anderen typischen ideologischen Zusammenhänge der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN verstehe ich sehr gut.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Also was denn jetzt?)

Aber ich weiß nicht, was solche Dinge wie die schon eben angesprochene Untersuchung oder die Forderung, Supervision verstärkt auszubauen, sollen. Das sind Sprechblasen ohne Ende.

Wir wollen prozess- und ergebnisorientiert evaluieren. Wir brauchen klare Aussagen, ob wir zum Beispiel die prozessorientierte Evaluation nicht zurückführen sollten. Das ist beispielsweise meine Meinung. Wir müssen hin zu einer klaren Dokumentation und weg von einer Dokumentitis. Dazu verhilft eine ergebnisorientierte Evaluation. Aber diesen Wust, der da zusammengeschrieben wurde, können wir nicht mittragen.

Nichtsdestotrotz sind viele interessante Aspekte darin, die wir hoffentlich in Zukunft gemeinsam aufgreifen können.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Dreyer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren und Damen! Für die Landesregierung hat die Pflege seit langem einen hohen Stellenwert, sehr verehrter Herr Abgeordneter Dr. Rosenbauer. Bevor Ihr Antrag eingegangen ist, war ich bereits – wenn auch sehr kurz – im Amt und hatte damals schon die Pflege zu meinem Schwerpunktthema erklärt.

Nichtsdestotrotz ist es eigentlich müßig, immer wieder über diesen Punkt zu debattieren, weil wir eigentlich froh darüber sein sollten, dass die Landesregierung und das Parlament gemeinsam der Auffassung sind, dass wir so etwas wie eine Qualitätsoffensive, eine Debatte über die Pflege und eine Weiterentwicklung der Pflege brauchen und wir uns darüber einig sind, dass in der Pflege Innovations- und Handlungsbedarf besteht.

Die Anhörung im November hat uns auf unserem Weg hin zu einer Qualitätsoffensive bestärkt. Wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind; denn kaum etwas, was gesagt worden ist, haben wir nicht in irgendeiner Weise aufgegriffen. Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, da die Qualitätsoffensive zusammen mit den Fachleuten entwickelt worden ist.

Deshalb denke ich, dass es richtig ist, noch einmal auf die vier Säulen hinzuweisen, auch wenn Ihnen das Programm allen vorliegt: Dies ist zum einen, die hohe Qualität in der Pflege weiterzuentwickeln und zu sichern, die Fachkräftesituation zu optimieren, die Situation der demenzkranken Menschen zu verbessern und die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen durch umfassende Informationen und verbesserte Mitspracherechte zu unterstützen.

Sehr verehrter Herr Dr. Rosenbauer, da ich nicht zu den Politikerinnen gehöre, die glauben, mit Worten die Pflege retten zu können – das wäre auch sehr hochmütig –, möchte ich lediglich ein paar Punkte nennen, was zurzeit geschieht.

Der erste Punkt zum Thema „Pflege“, den ich ansprechen möchte, ist, dass es zu meiner großen Freude im Januar schon gelungen ist, gemeinsame Leitsätze für die Pflege im Landespflegeausschuss zu entwickeln. Alle Partnerinnen und Partner in der Pflege haben sich darauf verpflichtet. Wir sind im Moment im weiteren Prozess der Umsetzung.

Der zweite Punkt, den ich als wichtig erachte, ist die Arbeitsgruppe, die sich mit den Ursachen der Mängel, die der MDK bei Qualitätsprüfungen festgestellt hat, befasst hat. Er hat seinen Bericht abgegeben und Lösungsvorschläge vorgelegt, um die Ursachen für die Defizite in der Pflege auch bewältigen zu können. Im Moment sind diese Lösungsansätze in der Überprüfung. Vielleicht haben Sie es gelesen, landesweit ist inzwischen das Informations- und Beschwerdetelefon Pflege eingerichtet worden. Ich denke, auch dies wird die Qualität im Bereich der Pflege sichern.

Wir leiten einen „Best-practice-Prozess“ ein, der damit beginnen wird, dass wir im Oktober eine große Konferenz veranstalten, um gute Beispiele im Land RheinlandPfalz darzustellen.

Das Thema „Überbürokratisierung“, das auch von verschiedenen Abgeordneten angesprochen worden ist, wird in einer Arbeitsgruppe beraten. Das habe ich schon einmal dargelegt. In ungefähr drei Monaten wird es erste Ergebnisse dazu geben, wie die Bürokratisierung in der Pflege abgebaut werden kann, ohne dass das Thema „Qualität“ beeinträchtigt wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich möchte noch ein Wort zum Thema „Finanzierung“ sagen. Natürlich müssen wir uns auch im Land mit diesem Thema beschäftigen. Das ist selbstverständlich. Ein Punkt, bei dem wir uns mit diesem Thema beschäftigen, steht im Zusammenhang mit den ambulanten Hilfezentren, bei denen wir zurzeit ganz klare Evaluationen vornehmen, um die Situation der ambulanten Hilfezentren und der ambulanten Pflegedienste zu überprüfen. Der zweite Punkt ist natürlich, dass wir über die Pflegeversicherung in Zukunft zu debattieren haben werden. Das ist ein Thema, mit dem sich eine Gesellschaft auseinandersetzen muss. Deshalb wird es auch in diesem Landtag zu einem späteren Zeitpunkt ein Thema werden.

Zum Dritten müssen wir uns natürlich auch bei der Umsetzung der DRGs, wenn wir an die Krankenpflege denken, darüber unterhalten, ob die Finanzierung im Bereich der Krankenpflege wirklich ausreichend gesichert ist.

Diese Punkte sollen keinesfalls in der Qualitätsoffensive unter den Teppich fallen.

In der Bildungs- und Fachkräfteoffensive gibt es unterschiedliche Schwerpunkte, von denen ich einen nennen möchte, da er auch in dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP enthalten ist. Ich meine das Thema der landesrechtlichen Umsetzung des Alten- und Pflegegesetzes. Wir stehen mittendrin. Die Lehrplankommission ist schon in enger Abstimmung mit dem Bildungsministerium eingerichtet. Ich bin sehr optimistisch, dass wir damit den neuen Anforderungen der Pflege auch gerecht werden. Natürlich werden Themen wie „Gerontopsychiatrie“ in der neuen Lehrplankommission aufgenommen werden.

Das Modellprojekt „Integrierte Kranken- und Kinderkrankenpflegeausbildung“ läuft seit dem 1. Oktober 2002. Es ist unser Ziel als Landesregierung, sobald die Kranken

pflege auf Bundesebene im Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, weitere Modelle im Land zu initiieren, die beabsichtigen, die integrierte Ausbildung zwischen Krankenpflege und Altenpflege zu erproben, sodass in weiteren Gesetzgebungsschritten entsprechende Dinge umgesetzt werden können.

Es gibt Maßnahmen der Arbeitsverwaltung im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Ich verweise auch auf die Werbekampagne. Wir haben außerdem eine repräsentative Studie zur Fachkräftesituation und zum Fachkräftebedarf schon im August letzten Jahres in Auftrag gegeben. Ich denke, wir können auf die Ergebnisse gespannt sein.

Ein letztes Wort möchte ich zu dem Thema „Menschen mit Demenzerkrankungen“ machen. Das ist ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt, weil wir inzwischen so viele betroffene Menschen in unserer Gesellschaft haben. Am 28. April 2003 haben wir mit einer großen Fachtagung mit einer enormen Resonanz im Land das Aktionsprogramm „Menschen mit Demenzerkrankungen“ gestartet. Wir haben viele unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet, unter anderem ein Modellprojekt, an dem mehrere Einrichtungen teilnehmen können, um ihre eigene Struktur zu verändern und ihre Mitarbeiter entsprechend zu qualifizieren, damit sie mit diesem neuen Krankheitsbild auch entsprechend gut umgehen können.

Wir haben außerdem mit der Landesärztekammer vereinbart, dass Hausärzte und Hausärztinnen zum Thema „Demenz“ geschult werden, weil wir festgestellt haben, dass eine Ursache für die mangelnde Versorgung darin liegt, dass nicht ausreichende Kenntnisse bei den Hausärzten vorhanden sind. In Trier hat unter Teilnahme von 200 Hausärzten und Hausärztinnen die erste Schulungsmaßnahme stattgefunden.

Ich habe meine Redezeit schon knapp überschritten. Ich höre deshalb gleich mit meiner Rede auf. Ich bedanke mich trotzdem für alle Anregungen und Initiativen, die in den unterschiedlichen Anträgen zum Ausdruck kommen. Ich freue mich auch darüber, dass es trotz unterschiedlicher Anträge einen breiten Grundkonsens in diesem Haus insgesamt zu diesem Thema gibt. Wir brauchen zu diesem Thema einen gesellschaftlichen Konsens. Dazu sollte auch die Demonstration am heutigen Tag beitragen. Wir sind alle auch als Politikerinnen und Politiker in der Pflicht, dieses Thema in Zukunft voranzutreiben und positiv zu besetzen.

Vielen Dank.