Verehrte Frau Kiltz, Herr Dr. Braun, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie ganz besonders spreche ich an – das darf ich so sagen –: Mir als ausgebildetem Tierhalter, auch als Tierfreund – dies dürfen Sie mir glauben –, tut es noch heute in der Seele weh, wenn ich an die wider besseres Wissen angeordnete Massenvernichtung von Rinderbeständen ohne Seuchenbezug à la Künast denke. Wo ist die Entschuldigung? Wo ist die Wiedergutmachung?
In der politischen Bewertung möchte ich feststellen, dass es ein politisches Zusammenwirken auf allen Ebenen, der europäischen Ebene, der Bundesebene und der Landesebene, geben muss und auch gibt. Durch eine eindeutige, politisch entschlossene Haltung ist es der Landesregierung bisher gelungen, die Tierschutzbelange in den Gremien des Bundes und der EU ganz besonders zur Geltung zu bringen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Tierschutzbericht für die Jahre 2000/2001 zeigt, der Tierschutz kann gerade in diesem Berichtszeitraum Fortschritte vermelden.
In Rheinland-Pfalz wurde der Tierschutz bereits im Jahr 2000 als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen. Ich finde es richtig, dass alle Rednerinnen und Redner darauf hingewiesen haben.
Die Verankerung des Staatsziels Tierschutz im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland erfolgte im Sommer des vergangenen Jahres – im Übrigen nachdem sich, aufgerüttelt durch das so genannte Schächturteil des Bundesverfassungsgerichts, schließlich auch im Bundesrat eine Mehrheit fand. Rheinland-Pfalz war
Vorreiter für diese Entwicklung gewesen und hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder nachdrücklich für eine solche Verfassungsänderung eingesetzt, schließlich im letzten Jahr mit Erfolg.
Durch diese Verfassungsänderung wird Tierschutz zum Verfassungsziel erhoben und die staatliche Gewalt auf die verstärkte Berücksichtigung dieser Zielsetzung verpflichtet. Der gesellschaftliche Stellenwert unserer Tiere und damit Mitgeschöpfe ist damit ohne Zweifel deutlich erhöht worden.
Meine Damen und Herren, ein Thema – das ist von Ihnen dankenswerterweise auch erwähnt worden – erhitzte immer und erhitzt auch heute noch die Gemüter von Tierschützerinnen und Tierschützern, aber auch der Allgemeinheit. Es betrifft die Käfigbatteriehaltung von Legehennen.
Die Landesregierung hatte sich in der Vergangenheit und hat sich auch bei den letzten Entscheidungen im Bundesrat für die Entscheidung stark gemacht, die Nutztierhaltung vor Ort zu ändern. Mit der Legehennenhaltungsverordnung werden wesentliche Verbesserungen für die Tiere erreicht – im Übrigen auch für Kälber –, die über die Mindeststandards der europäischen Richtlinie hinausgehen.
Frau Weinandy, ich will an dieser Stelle noch zwei Anmerkungen machen. Die Nutztierhaltungsverordnung kennt bereits differenzierte Standards oder unterschiedliche Standards für große und kleine Betriebe. Wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, dann greift diese erst ab einer Tierhaltungszahl von 500 Tieren bei den Legehennen, sodass man durchaus auch hier gewichtet hat.
Meine Damen und Herren, ungeachtet dessen – darauf will ich auch noch hinweisen – können jeder und jede von uns, die einkaufen gehen, etwas dazu tun.
Wir haben eine Kennzeichnungsverpflichtung durchgesetzt. Nun kann jeder und jede, der bzw. die das nicht weiß, auf der Verpackung nachlesen, wie die Kennzeichnung, die aus Ziffern und Buchstaben besteht, zu interpretieren ist, sodass niemand mehr sagen kann, er könne mit diesen Informationen nichts anfangen. Im Übrigen habe ich veranlasst, dass das auf unserer Homepage dargestellt wird.
Meine Damen und Herren, es ist tatsächlich so, dass jeder etwas tun kann. Es ist nicht nur die Frage der staatlichen Verordnungsgebung, sondern auch das aktive und bewusste Handeln von Verbraucherinnern und Verbrauchern.
Es ist richtig, dass es darum geht, diese Standards EUweit voranzubringen. Solche Initiativen sind bereits gestartet.
Mittlerweile liegen zum Bereich der Nutztiere zwei weitere Entwürfe zur Änderung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung vor. Erstmals soll die Haltung von Pelztieren bundesrechtlich geregelt werden.
Herr Dr. Braun, manchmal muss man auf die Zwischentöne hören. Es ist in der Tat der Bund und nicht das Land hierfür zuständig. Deshalb kann ich die Pelztierhaltung in Rheinland-Pfalz nicht verbieten. Über Hintergründe hierzu habe ich Sie im nicht öffentlichen Teil der vergangenen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Forsten informiert. Richtig ist, dass wir diese Initiative der zuständigen Ministerin begrüßen.
Ferner sollen die Anforderungen für die Schweinehaltung grundlegend überarbeitet werden. Damit wird auf aktuelle Erkenntnisse im Bereich der Tierhaltung und Tiergesundheit reagiert, um damit den Bedürfnissen des Tierschutzes bei der Nutztierhaltung gerecht zu werden. Auch in diesem Fall begrüßen wir grundsätzlich ausdrücklich diese Initiative.
Meine Damen und Herren, das Thema „Tierversuche“ hat in den vergangenen Wochen in diesen Debatten auch durch die Vorlage des Tierschutzberichts eine starke Beachtung gefunden. Trotz aller Bedenken und der Notwendigkeit, verschärft und dauerhaft hinzuschauen, mache ich darauf aufmerksam, dass wir durch das Tierschutzgesetz bereits sehr hohe Hürden haben, was die Genehmigungsmöglichkeiten von Tierversuchen betrifft. Beispielhaft zitiere ich § 7 Abs. 2, weil immer so getan wird, als hätten wir keine Regelung: Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, soweit sie zu einem der folgenden Zwecke – die dann aufgelistet werden – unerlässlich sind.
Es heißt also nicht nur „erforderlich“, sondern „unerlässlich“. Ferner ist zu begründen, weshalb es keine Alternativen gibt. Wir prüfen dies auch, meine Damen und Herren. Im diesen Sinne haben wir also heute bereits Standards. Es wird auch in Zukunft – in dieser Hinsicht gebe ich allen Rednerinnen und Rednern Recht – darauf ankommen, dass wir in den Forschungseinrichtungen dafür sensibilisieren, aktiv nach Alternativen zu suchen. Ich füge hinzu, dass es in Rheinland-Pfalz zumindest bei einigen Projekten des Universitätsklinikums ein deutliches Engagement gibt, für das ich sehr dankbar bin und das ich ausgesprochen lobe.
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz prüft generell mit den so genannten drei „R’s“ – Refinement, Replacement und Reduction – ob Tierversuche überhaupt notwendig sind, damit sie möglichst, und wenn, sinnvoll ersetzt werden. So sind zum Beispiel in der Tumorzellforschung Methoden und Modelle entwickelt worden, die die Verwendung von Mäusen entbehrlich machen. So wurden neuronale Zellenmodelle entwickelt, die für die Schmerztherapie von Bedeutung sind und Tierversuche verzichtbar machen. Ferner wurden neuere Operationstechniken mit der Endoskopie entwickelt, zum Beispiel um Tier- oder Mäuseversuche in diesem Bereich zu vermeiden. In diesem Bereich konnte die Zahl der Tierversuche um 80 % reduziert werden.
Ich sage das bewusst, um darauf aufmerksam zu machen, dass es Fortschritte gibt, auch wenn in vielen Bereichen sicherlich noch mehr getan werden kann. Es ist auch wichtig, dass wir Alternativforschung weiter unterstützen. Im Übrigen sind wir neben BadenWürttemberg das einzige Bundesland, das aus eigenen Haushaltsmitteln Forschungsmittel für Alternativforschung für Tierversuche zur Verfügung stellt, und zwar in einer Größenordnung von 80.000 Euro jährlich. Über 330.000 Euro haben wir mittlerweile für solche Projekte zur Verfügung gestellt. Zurzeit stehen wir mit einem Forschungsprojekt der Akademie für Tierschutz des Deutschen Tierschutzbundes in Verhandlungen für ein weiteres Engagement.
Meine Damen und Herren, eine der wesentlichsten Entscheidungen, die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nach sich gezogen hat, war natürlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema „Schächten“. Das hatte zur Konsequenz, dass endlich die Staatszielbestimmung „Tierschutz“ aufgenommen worden ist und Mehrheiten fand.
Das rituelle Schlachten, also das so genannte Schächten, muss nach dieser Entscheidung unter einem ganz anderen Blickpunkt bewertet werden. In Rheinland-Pfalz haben wir frühzeitig Hinweise für eine enge, am Tierschutz orientierte Auslegung der gesetzlichen Möglichkeiten gegeben, um damit den Kreisbehörden Hilfestellungen an die Hand zu geben, und dies bereits im Herbst vergangenen Jahres, damit sie für jede Einzelfallentscheidung Rahmenbedingungen und Grundlagen haben.
Meine Damen und Herren, ein Abschnitt des vorliegenden Tierschutzberichts betrifft das Spannungsfeld zwischen Tierschutz und Gefahrenabwehr. Das Thema „gefährliche Hunde“ ist zum Teil bereits angesprochen worden und ist leider immer noch ein Thema von aktueller Bedeutung. Ich betone ausdrücklich, dass Tierschutzaspekte berücksichtigt werden können und müssen, auch wenn die Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde in erster Linie dem Schutz der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit von Menschen dient. Es muss unterstrichen werden, dass dies absolute Priorität hat.
Aufgrund der im Jahr 2000 gesammelten Erfahrungen wurde vom Ministerium des Innern und für Sport in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Umwelt und Forsten ein gemeinsames Rundschreiben zum Vollzug der „Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde“ erarbeitet. Hierbei wurde ein vertretbarer Ausgleich zwischen dem berechtigten Schutzbedürfnis der Allgemeinheit und den Belangen des Tierschutzes gefunden. Als Beispiel kann die nunmehr differenzierte Pflicht zum Anlegen von Maulkörben genannt werden.
Gerade weil Tierheime oft die Auffangstation für so genannte gefährliche Hunde sind, haben wir die Fördersät
Trotz der angespannten Haushaltslage war es im Berichtszeitraum möglich, Tierschutzorganisationen und Tierheime mit 472.000 Euro finanziell zu unterstützen. Das kann ich auch im Vergleich mit anderen Bundesländern sagen. Diese Zahlen und diese Form der Unterstützung eines Landes für Tierheime kann sich im Vergleich tatsächlich sehen lassen.
Einen besonderen Dank möchte ich zum Schluss insbesondere den Mitgliedern des Tierschutzbeirats zollen. Wir waren eines der ersten Bundesländer, das überhaupt einen Tierschutzbeirat eingerichtet hat. Im vergangenen Dezember hat er sein 10-jähriges Jubiläum feiern können. Durch die Zusammensetzung des Tierschutzbeirats aus Tierschutzverbänden, Personen unterschiedlicher Profession und Nutztierhaltern war ein ausgesprochen kompetentes und diskussionsfreudiges Beratungsgremium gegeben.
Das ist für mich und unsere Arbeit eine sehr wertvolle, eine sehr anregungsgebende und durchaus auch mit kritischer Begleitung versehene Unterstützung. Ein herzliches Dankeschön für dieses ehrenamtliche Engagement im Bereich des Tierschutzes.
Lassen Sie mich auch noch etwas zum ehrenamtlichen Engagement insgesamt sagen: Tierschutz findet im Wesentlichen außerhalb von gesetzlichen Verordnungen statt. Es ist immer wieder der Erfolg von vielen einzelnen Initiativen, von vielfältigen Engagements, die an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt und gewürdigt werden müssen. Der Tierschutzpreis ist eine kleine Möglichkeit, ausgewählten Personen, Gruppen oder Verbänden Anerkennung zu zollen, die nur exemplarisch für ein sehr breites Engagement in unserer Bevölkerung stehen, das wir tatsächlich auch brauchen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mit dem Hinweis schließen, dass wir Fortschritte gemacht haben. Wir werden in der Zukunft Fortschritte aber nur dann verzeichnen können, wenn wir ein politisches Klima in unserer Gesellschaft in dem Sinn erhalten, dass wir für unsere Tiere – angefangen vom Nutztier bis hin zum Haustier – als Mitgeschöpfe verantwortlich sind. Wenn wir das schaffen und das ehrenamtliche Engagement weiter unterstützen, werden wir die weiteren Themen, die auf der Agenda stehen, die wir heute aber gar nicht diskutieren konnten, gemeinsam voranbringen.
In diesem Sinn aber auch ein Dankeschön an das Parlament für die sehr engagierte Begleitung dieser Arbeit in den vergangenen Jahren und wohl auch in der Zukunft.
Aufgrund der längeren Rededauer der Frau Ministerin verlängert sich die Redezeit für die Fraktionen. Ich erteile zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort. Ihnen steht noch eine Redezeit von sechs Minuten zur Verfügung.