Protocol of the Session on May 7, 2003

(Itzek, SPD: Ich esse ja nichts mehr!)

Lassen Sie mich zunächst festhalten, dass Futtermittelund damit auch die Lebensmittelsicherheit für die gesunde Ernährung eine Einheit bilden. Da sind wir sicherlich einer Meinung. Das heißt, dass an die Kontrollhäufigkeit und -intensität hohe Anforderungen zu stellen sind. Wir hatten in den vergangenen Jahren bundesund europaweit verschiedene Lebensmittel- und auch Futtermittelskandale, die allerdings zum großen Teil auf kriminelle Energie zurückzuführen sind. Ich hoffe, dass wir darin auch übereinstimmen, dass solche Machen

schaften, die teilweise mafiöse Züge tragen, nie ganz auszuschließen sind,

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Muss man das nicht kontrollieren? – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deswegen fordern wir die Kontrolle!)

zumal wir europaweit kaufen und verkaufen. Hierbei muss zum Beispiel auch beachtet werden, dass der Futtermittelskandal aus dem Jahr 1999 zum Beispiel aus Belgien importiert wurde, nämlich mit Dioxin kontaminierte Fette, die zur Futtermittelherstellung verwendet wurden. Um solche kriminellen Fälle auszuschließen, müsste praktisch neben jedem Erzeuger ein Kontrolleur stehen.

Frau Kiltz, ich möchte Sie bitten, auch einmal zuzuhören.

(Schweitzer, SPD: Kann Sie doch nicht! Sie hat nur einen Sender! – Ministerpräsident Beck: Jetzt haben Sie schon zum falschen Antrag geredet, jetzt hören Sie einmal zu!)

Ich habe gesagt, um solche kriminellen Fälle auszuschließen, müsste praktisch neben jedem Erzeuger ein Kontrolleur stehen. Das kann kein Land leisten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Darum geht es doch gar nicht!)

Das Tragische an diesen Skandalen ist, – –

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin, Sie machen Katastrophenpolitik!)

Doch, so drücken Sie sich aus.

dass hierbei auch weite Teile der bäuerlichen Existenz vernichtet werden können; denn insbesondere die Bauern haben ein Interesse daran, gesunde Produkte herzustellen und zu vertreiben. Keiner sägt den Ast ab, auf dem er sitzt.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Ich brauche nicht daran zu erinnern, was der letzte Skandal ausgemacht hat. In diesem Zusammenhang ist es mir auch wichtig festzuhalten, dass gerade in Rheinland-Pfalz aufgrund der Erfahrungen in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen getroffen wurden, um die Lebensmittelsicherheit zu optimieren. Hierzu gehört auch, dass Rheinland-Pfalz das Bundesland mit den wenigsten gravierenden Lebensmittelskandalen ist. Das hat Gründe.

(Beifall der SPD)

Die Gründe sind, dass sofortiges Handeln in Absprache der beiden Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft erfolgt ist. So zeigte sich bei dem BSE-Skandal ebenso

wie bei diversen Futtermittelskandalen verantwortungsbewußtes Handeln der Ministerien und der Landesregierung. Die Vergangenheit macht eins überdeutlich, es wurde agiert und nicht reagiert. Möglich wurde das durch die Neustrukturierung des Landesuntersuchungsamts und damit der Komprimierung der ehemaligen drei Medizinaluntersuchungsämter und der vier Chemischen Untersuchungsämter, die zusammengeführt worden sind. Hier fehlt mir jedes Wort von Frau Kiltz, dass das auch einmal erwähnt worden wäre.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das heißt, dass die Informationen für die Kontrollinstanzen vor Ort deutlich schneller geworden sind, sodass auch die Hersteller und Vertreiber von Lebensmitteln – unsere größte Kritikerin ist nur am Schwätzen – ebenso wie die Verbraucher in kürzester Zeit informiert werden können. Ebenso bleibt festzuhalten, dass aufgrund der Skandale in den letzten Jahren, insbesondere durch BSE, im Bereich des Landesuntersuchungsamts die Mitarbeiterzahl um 22 erhöht werden konnte. Zu berücksichtigen sind hierbei auch die Planstellen zum Beispiel der Weinkontrolleure im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau ebenso wie die Planstellen, die jetzt dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit angegliedert sind.

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass die Verbraucherzentralen in 2001 deutlich mehr Geld, nämlich 350.000 DM allein für den Ernährungsbereich aus dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau bekommen haben. Diese Maßnahmen der Landesregierung für den Verbraucherschutz könnte ich jetzt noch beliebig fortsetzen. Aber das zeigt auch die hohe Priorität, die die Landesregierung dem Verbraucherschutz beimisst.

Alles in allem bleibt festzuhalten, die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben in puncto Verbraucherschutz gemacht. Wir brauchen hier keine Nachhilfe. Die Koordination zwischen den Ministerien klappt, was nicht heißen soll, dass wir die Hände in den Schoß legen können.

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

Verbraucherschutz ist und bleibt eine vorrangige Aufgabe der Landesregierung. Hierzu gehört insbesondere die Aufklärung. Zu diesem wichtigen Aspekt gehört eine Vielzahl von Bereichen, wobei nach unserer Auffassung der Bereich der Lebensmittelüberwachung einer der wesentlichsten ist. Diesem berechtigten Anspruch der Bürgerinnen und Bürger werden wir auch weiter entsprechen.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Schäfer das Wort.

Abg. Frau Schäfer, CDU

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lebensmittelsicherheit ist ein zentrales Anliegen von Verbraucherschutz. Die Risiken einer Verunreinigung von Lebens- und Futtermitteln sind in den letzten Jahren größer geworden. Allein durch die Öffnung des Marktes innerhalb Europas haben sich die Anzahl der Betriebe und die Vermarktungswege vermehrt und verlängert. Die Zusammenhänge innerhalb der Lebensmittelproduktion sind komplexer geworden. Die Krisen der letzten Jahre haben den Konsumenten verunsichert. Verbraucher wollen größtmögliche Lebensmittelsicherheit. Das ist berechtigt. Qualitativ hochwertige Nahrungsmittel unter Verwendung einwandfreier Futtermittel zu produzieren, liegt dabei auch im Interesse der Lebensmittelproduzenten wie auch des Naturschutzes.

(Beifall der CDU)

Es ist einleuchtend, dass das seinen Preis hat. Ganz wichtig ist die Information des Verbrauchers. Er sollte in die Lage versetzt werden, mündig und selbstverantwortlich über seine Lebensweise entscheiden zu können. Das heißt, er sollte darüber informiert sein, was in den Lebensmitteln steckt und welche Wege diese genommen haben, ohne dadurch weiter verunsichert zu werden. Er sollte rechtzeitig über Fehlentwicklungen in Kenntnis gesetzt werden, die sich als nachteilig abzeichnen.

Die amtliche Lebensmittelüberwachung und Futtermitteluntersuchung soll die Sicherheit gewährleisten. Folgenden Fragen müssen wir uns stellen: Wie viel staatliche Kontrolle und wie viel Eigenverantwortung ist notwendig und sinnvoll? Welche finanziellen Mittel stehen der amtlichen Lebensmittelkontrolle zur Verfügung? Welche konkreten Probleme bestehen bei der Umsetzung von Lebensmittelsicherheit in der Praxis? Lässt sich durch eine Bündelung von Kompetenzen auch im Bereich der Lebensmittelsicherheit mehr Klarheit und Transparenz erreichen und damit den Notwendigkeiten eines Qualitätsmanagements mehr entsprechen? Wurden aus den Vorkommnissen und Krisen der Vergangenheit die richtigen, das heißt, angemessene Kons equenzen gezogen?

Wenn nun also – wie die Landesregierung es selbst feststellt – die Anzahl der Betriebe und Vermarktungswege angestiegen ist und damit zugleich die Risiken heute größer und vielfältiger geworden sind, dann ist es doch folgerichtig, dass damit auch die Anzahl der amtlichen Kontrollen ansteigen müsste. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Auswertung der Großen Anfrage zeigt, dass im letzten Jahr in der Mehrzahl der Fälle die Zahl der Kontrollen zum Teil sogar sehr drastisch zurückging. In einer Reihe von Landkreisen und kreisfreien Städten wurden Planstellen gestrichen bzw. nicht besetzt oder mit Lebensmittelkontrolleuren, die sich noch in Ausbildung befinden, besetzt. Sie stehen der Kontrolle nicht in vollem Umfang zur Verfügung.

Das Land hat den Kommunen die Ausführung der Lebensmittelkontrolle überantwortet. Dazu brauchen sie aber die entsprechenden finanziellen Mittel. Dabei hat die Arbeit der Lebensmittelkontrolleure immer mehr

zugenommen. Vor allem die Lebens- und Futtermittelkrisen der letzten Jahre haben die Arbeitskraft über Wochen gebunden, während die anderen Aufgaben liegen blieben und Routinearbeiten nicht mehr erledigt werden konnten. Hinzu kommt eine Flut neuer EU-Regelungen.

Grundsätzlich halten wir es für notwendig, dass einheitliche Richtlinien geschaffen werden, um die Risiken für die Verbraucher zu minimieren und auch um Wettbewerbsnachteile für unsere heimische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion auszumerzen. Das sollte im Übrigen auch über die GATT-Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten und den Drittländern erreicht werden.

(Beifall der CDU)

Beispielsweise wäre es wichtig, dass in der Lebensmittelüberwachung nicht nur die einheimischen Lebensmittel überprüft würden, sondern auch nicht heimische. Das gilt nicht nur für Produkte aus dem Ausland. Schon zwischen einzelnen Bundesländern sind die Produktionsvoraussetzungen teilweise recht unterschiedlich.

Allein die Tatsache, dass in Rheinland-Pfalz die Schlachtnebenkosten am höchsten sind, vermindert die Marktchancen rheinland-pfälzischer Landwirte. Betrachtet man beispielsweise die Schweinefleischversorgung in Rheinland-Pfalz, so zeigt sich, dass sie nur zu 18 %, also nicht einmal einem Fünftel, aus Eigenversorgung besteht. Damit hat die amtliche Kontrolle nur auf einen geringen Teil der Produktion Einfluss. Geschieht die Überwachung dieses Teils dann nur stichprobenhaft, reduziert sich die Effektivität der Kontrolle noch einmal erheblich.

Wie gesagt, grundsätzlich halten wir entsprechende EUMaßnahmen für richtig. Nur, und damit kommen wir zu dem praktischen Teil des Problems, während in Brüssel eine Vielzahl von Beschäftigten die Richtlinien erarbeitet, sind dagegen in den Kommunen, also dort, wo die Umsetzung erfolgt, zum Teil nur ein bis drei Beschäftigte im Einsatz. Diese müssen dann auch noch das gesamte Themenspektrum beherrschen. Das ist kaum leistbar.

In den kommenden Jahren sind durch EU- und Bundesvorschriften zusätzliche Anforderungen bezüglich der Lebensmittelsicherheit und Futtermittelüberwachung zu erwarten. Da interessiert es uns, wie die Landesregierung den notwendigen personellen Anforderungen begegnen will. Vorstellungen, die derzeit in der Diskussion sind, wonach möglichst einmal pro Jahr ein Betrieb überprüft werden sollte, sind unter solchen Voraussetzungen jedenfalls akademisch.

Konkret sieht es so aus: Der Zeitaufwand für eine Betriebskontrolle beträgt gut eine halbe Stunde bis zu drei Stunden. Dazu kommen Vor- und Nachbereitung. Selbst wenn tatsächlich nicht mehr als vier Betriebe pro Tag besucht werden sollen, wie es geplant ist, dann braucht man nur die Anzahl der Betriebe in Relation zur Zahl der Kontrolleure zu setzen, um festzustellen, dass das so nicht zu bewerkstelligen ist.

Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Beratung. Vorbeugender Verbraucherschutz bedeutet, die Betriebe zu bera

ten, bevor es zu Kontrollen kommt. Die Erfahrung zeigt, dass Betriebe, die von Anfang an beraten wurden, insgesamt weniger Anlass zu Beanstandungen geben. Das kostet aber ebenfalls Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Auch für die Futtermitteluntersuchung wird der Aufwand zunehmen. Die EU denkt bekanntlich darüber nach, die gesamten Futtermittel, also auch die vom Landwirt selbst erzeugten, unter die Kontrolle zu bringen. Das ist zwar noch nicht spruchreif, wird aber mit Sicherheit eintreten.

Die Futtermittelüberwachung ist auch ein Thema der Agrarverwaltungsreform. Es geht dabei um die Frage, wer die Kontrollfunktion ausüben könnte. Wir könnten uns vorstellen, dass es diejenigen sind, die etwas von der Landwirtschaft verstehen, also die Kontrolle von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier auf die künftigen Dienstleistungszentren für den ländlichen Raum übertragen wird.

(Beifall der CDU)

Häufig fehlt es auch an der notwendigen technischen Ausstattung, um den zunehmenden Kontrollbedarf befriedigen zu können. Eine einheitliche EDV-Ausstattung und Vernetzung mit den Untersuchungsinstituten ist keineswegs gegeben. Das ist die Realität.

Die neuen Technologien ermöglichen immer ausgereiftere Auswertungsmethoden. Das hat seinen Preis. Es nutzt nichts, beispielsweise die Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel herabzusetzen, wenn es an entsprechend modernen Geräten fehlt, um Schadstoffe auch tatsächlich nachweisen zu können.

Wir sehen also, auch beim Verbraucherschutz besteht eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.