Protocol of the Session on March 26, 2003

Gestatten Sie mir bitte bei den grundsätzlichen einleitenden Bemerkungen ein Wort zu dem, was Wettbewerbsföderalismus genannt wird. Wer könnte vernünftigerweise gegen Wettbewerb als etwas sein, das über die Konkurrenz anstachelnd wirkt, was Konzepte und Gegenkonzepte, was unterschiedliche Ausprägungen von durchaus in die gleiche Richtung weisenden Konzepten angeht. Aus meiner Sicht könnte niemand erns thaft etwas dagegen einwenden. Allerdings müssen die Voraussetzungen für einen solchen Weg gegeben sein. Es kann nicht sein, dass man mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen an die gleiche Startlinie gestellt wird und gesagt wird: Jetzt siegt einmal schön!

Das muss man aus der Sicht des Landes RheinlandPfalz natürlich einmal besonders betonen dürfen. Deshalb ist man nicht der Störenfried, der die schöne Grundidee stört; denn dies war ein Land, das es nötig hatte, weil außer der Johannes Gutenberg-Universität keine andere Hochschule im Land vorhanden war. Deshalb haben wir die Mittel angenommen, die der Bund im Rahmen der Hochschulbaufinanzierung angeboten hat. Wir brauchten sie damals dringend.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen diese Mittel nach wie vor für viele andere Bereiche. In den vergangenen Tagen habe ich mit Herrn Kollegen Bauckhage ein intensives Gespräch über die Frage der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ geführt. Natürlich wissen wir um die völlig unterschiedli

chen Voraussetzungen – selbst innerhalb unseres Landes – von landwirtschaftlich genutzten Gebieten. Wir müssen natürlich darauf achten, dass uns die ausgleichenden Wirkungen nicht einfach abgeschnitten werden, weil die Folgen für die Erhaltung der Kulturlandschaften, aber auch der Existenzen von vielen Familienbetrieben auf der Hand liegen. Diese Folgen wären äußerst negativ.

Ich will noch ein Beispiel aus dem Bereich der Kultur nennen. Es ist doch nicht in Ordnung, dass wir in diesem Land eine Institution auf der so genannten Blauen Liste der gemeinsam zu fördernden Kultureinrichtungen haben, während sich andere Länder richtig vollgestopft haben. Dann kann nicht gefordert werden: Jetzt macht einmal gemeinsam den gleichen Wettlauf! – Dann müssen die Chancen ausgeglichen werden. Im Galoppsport ist es so, dass die einen dann Gewichte tragen müssen, damit die anderen eine reelle Chance haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Von der Rolle der neuen Länder will ich jetzt nicht reden, aber natürlich muss die völlig unterschiedliche Ausgangslage in eine solche Überlegung einbezogen werden. Insofern würde ich den Wettbewerbsföderalismus im Idealfall gern mit einem klaren Ja versehen, aber in den Auswirkungen müssen wir insbesondere bezogen auf den Nachteilsausgleich auf sehr sorgfältige Lösungen hinwirken, die nur auf der Zeitschiene machbar und verantwortbar sind.

(Beifall des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir EU- und Wettbewerbsföderalismus sagen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir bereits jetzt, aber auch in der Zukunft für die Einhaltung von EU-Regelungen als Länder mit die Verantwortung tragen. Es kann nicht so sein – so schön dies sein mag, wenn man gerade in der Opposition ist –, dass der jeweilige Bundesfinanzminister dafür zuständig ist, die EU-Kriterien im Bereich der Stabilitätsabsprachen zur gemeinsamen Währung allein einzuhalten, während wir sagen: Wir machen Wettbewerbsföderalismus und bestimmen auch über die Einnahmen mit – das ist alles schön und gut und wird von der Zielrichtung her von mir überhaupt nicht infrage gestellt –, aber für das Unangenehme sind andere verantwortlich. – Man muss dies sagen dürfen und man muss dies wissen, weil dadurch die Möglichkeiten begrenzt werden, und weil ein Wettbewerb nach dem Motto „Wer nimmt die niedrigsten Steuern?“ nur kurzfristig ein schöner für diejenigen ist, die die Schraube nach unten bedienen wollen.

Das will ich auch in aller Deutlichkeit sagen, damit sich niemand Illusionen macht. Man kann vielleicht mit einem solchen Wettbewerb, die Kosten nach unten zu drücken, bei entsprechender publizistischer Begleitung eine Wahl gewinnen. Damit kann man aber ein Land nicht auf Dauer regieren oder gar nach oben führen. Auch das will ich sagen, damit wir beim Kaffeeklatsch nicht allzu dreist reinklatschen.

Meine Damen und Herren, ich sagte, dass es viele Anstrengungen zur Reform des Föderalismus gibt. Ich will

zum Stand der Diskussion auf unserer Verantwortungsebene, auf der Ebene der Ministerpräsidenten bzw. der beauftragten Verhandlungskommission, einiges konkret sagen: Sie wissen, dass Ende Oktober 2001 der Auftrag der Ministerpräsidentenkonferenz ergangen ist, gemeinsam mit dem Bund nach entsprechenden Regelungen zu suchen. Ich unterstreiche das, was Frau Thomas gesagt hat, wir wollen diese Gespräche bis Ende dieses Jahres abgeschlossen haben. Das Ziel ist, die gesetzliche Umsetzung dieser Reformen bis Ende 2004 abgeschlossen zu haben. Wir arbeiten daran mit Hochdruck.

Es kann nicht die Rede davon sein, dass da gerade einmal nur ein bisschen dahergeplätschert wird. Das ist nicht so und das kann meiner Meinung nach auch nicht so sein.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang zum Stand dessen, was auf der Ebene der Chefs der Staats- und Senatskanzleien bisher besprochen worden ist und was mehr oder weniger konsensfähig oder in Teilen konsensfähig ist, einige konkrete Anmerkungen zur gemeinsamen Information machen:

Der erste Punkt ist die zuvor schon einmal angesprochene konkurrierende Gesetzgebung. Zunächst einmal soll es den Ländern vorbehalten sein, ein eigenständiges Zugriffsrecht auf geeignete Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung eingeräumt zu bekommen, dessen Inhalte in einem Positivkatalog festzulegen sind. Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiger Punkt, der sich durchaus mit dem deckt, was in dem Forderungskatalog, der dem Beschlussvorschlag des heutigen Tages entspricht, steht. Da gibt es klare Überschneidungen. Das bedeutet, dass der Bund zunächst sein Regelungsrecht behält und die Länder für die im Positivkatalog aufgeführten Kompetenztitel ganz oder teilweise von der Regelung des Bundes abweichende Gesetze beschließen können.

Ich will nicht bestreiten, dass es da auch noch eine offene Frage gibt. Das ist nämlich die Frage, wie das InKraft-Bleiben der Landesgesetze, die so zustande gekommen sind, zu bewerten ist, wenn der Bund seinerseits dieselbe Materie aufgreift und seine Gesetzesvorgaben novelliert.

Gestatten Sie mir, zu dem so genannten Positivkatalog einige Beispiele zu nennen. Das sind wahrscheinlich weitestgehend diejenigen, die auch infrage kommen und die einbezogen werden könnten. Das sind aus der Sicht der bisherigen Arbeit das Notariatswesen, das Versammlungsrecht und das Wohnungswesen, wobei ich anfügen muss, dass dazu Mecklenburg-Vorpommern einen Vorbehalt angebracht hat, ob man diesen Weg mitgehen wird. Das ist aus der besonderen Lage eines Landes erklärbar. Ferner geht es um den Bereich der Förderung der wissenschaftlichen Forschung, um die Umweltgesetzgebung und dabei insbesondere um den Teilbereich der Lärmbekämpfung, soweit es sich um spezifisch lokal verursachten Lärm, wie beispielsweise durch Sport- und Freizeiteinrichtungen, handelt. Darüber hinaus geht es um den Bereich der öffentlichen Fürsorge. Allerdings haben wir dazu zu einigen Bereichen,

beispielsweise zum Heimgesetz, noch Klärungsbedarf, wie dies vernünftigerweise geregelt werden sollte.

Noch nicht festgelegt hat man sich bisher hinsichtlich der Bereiche der Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung und der Regelungskompetenz im Bereich der Heilberufe. In einem Dialog mit dem Bund wird darüber zu reden sein, welche Gegenstände sinnvollerweise bundeseinheitlich geregelt werden müssen.

Ich komme nun zum zweiten Komplex, nämlich dem Bereich der so genannten Rahmengesetzgebung. Die Rahmengesetzgebung soll nach den Empfehlungen an die Ministerpräsidenten, die von den Chefs der Staatsund Senatskanzleien zu erwarten ist, entfallen. Die Regelungsgegenstände sollen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes mit Zugriffsrecht der Länder bzw. in die Gesetzgebung der Länder oder des Bundes überführt werden. Es sollen also klare Zuständigkeitsregelungen erfolgen.

Der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes mit Zugriffsrecht der Länder soll der Bereich der Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen angehören.

Wir erleben derzeit praktisch über die Diskussion zur so genannten Öffnungsklausel für die Zusatzleistungen nach dem Besoldungsrecht, wie die Interessen auseinander gehen. Rheinland-Pfalz hat als einziges Bundesland einer entsprechenden Initiative im Bundesrat nicht zugestimmt. Ich will Ihnen offen die Sorge des Kabinetts noch einmal nennen: Die zentrale Sorge ist, dass wir von Ländern umgeben sind, die uns aufgrund ihrer hergebrachten deutlich besseren Finanzstruktur in wichtigen Zukunftsbereichen über solche Zulageregelungen wichtige Persönlichkeiten beispielsweise im Bereich der Forschung, der Lehre, der Medizin oder auch in wichtigen Fachfunktionen im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der technischen Verwaltung usw. abziehen könnten, ohne dass wir in der Lage wären, dauerhaft in einem solchen Wettbewerb mit Kosten nach oben mitzuhalten. Das ist eine ernste Besorgnis. Wir haben sehr lange darüber diskutiert und uns am Ende entschieden, aus dieser zentralen Besorgnis heraus diese Haltung einzunehmen.

Es kommen einige andere Besorgnisse hinzu, die aber abwägungsfähig gewesen wären. Die Frage der Einheitlichkeit der Regelungen in diesem Sektor würde ich nicht gering schätzen. Das hat uns auch dazu gebracht, dass wir als Land Rheinland-Pfalz nach einer Prüfung gesagt haben, dass wir nicht aus der Tarifgemeinschaft der Länder austreten werden. Dieser Punkt macht uns aber sehr besorgt. An einem solch konkreten Beispiel, das jetzt auf dem Tisch liegt, wird deutlich, dass wir sehr, sehr gründlich überlegen müssen, wo nicht nur unsere jetzigen Alltagsinteressen, sondern wo auch dauerhaft unsere Interessen liegen. Solange dieses Land aufgrund seiner Struktur deutlich unter 100 % der durchschnittlichen Steuereinnahmen liegt – Sie wissen, wir liegen bei ungefähr 98 % –, können wir uns nicht erlauben, in anderen Bereichen deutlich überdurchschnittliche Ausgabenwettbewerbe mit benachbarten Ländern auszutra

gen. Das bitte ich mit zu bedenken, wenn wir über solche Regelungen sprechen.

Schließlich geht es bei diesem Bereich, der als Ablösung der so genannten Rahmengesetzgebung klar zugeordnet werden soll, um die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens. Allerdings gibt es da zwischen den Ländern auch unterschiedliche Positionen.

Das ist noch nicht entschieden. Es gibt den Bereich des Jagdwesens, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Bodenverteilung, die Raumordnung und den Wasserhaushalt. All dies steht natürlich unter dem Vorbehalt einer Gesamteinigung über diesen Vorschlag. Insoweit ist über keinen dieser Eckpunkte das letzte Wort geredet worden. Dies ist der Stand der Diskussion.

Ganz in die Gesetzgebung der Länder – das war der konkurrierende Bereich – sollte der Bereich der allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse überführt werden, während nach diesem Vorschlag der Bereich des Melde- und des Ausweiswesens ausschließlich der Bundesgesetzgebung zugeordnet werden sollte. Dies halten wir für richtig und notwendig; denn wir müssen eher zu europäischen denn zu kleiner strukturierten Lösungen kommen. Dazu gehört der Schutz des deutschen Kulturguts gegen die Abwanderung ins Ausland.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem Punkt kommen, der Rheinland-Pfalz wegen der Nachbarschaft immer besonders wichtig war, nämlich unsere Vorstellung, europäische verbindende Region zu sein und mit unseren Nachbarn im Elsass, in Lothringen, in Luxemburg, der Wallonie und der deutschsprachigen Gemeinschaft auch gemeinsame Aufgaben zu definieren und in den Großregionen anzugehen.

Zu dem Thema „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ sind Gespräche mit dem Bund erforderlich; denn wir haben es hier, wenn ich einmal von der Regelung im Karlsruher Abkommen absehe, mit dem internationalen Recht und damit mit einem Bereich zu tun, der bisher eindeutig der Bundespolitik zuzuordnen ist. Ich denke, dass wir zu zustimmungspflichtigen Gesetzeskompetenzen des Bundes kommen sollten; denn dort würde der Bund etwas abgeben. Wir haben Interesse daran, dass Handlungsfelder der grenznahen Zusammenarbeit definiert werden, die es uns ermöglichen, gemeinschaftlich mit europäischen Nachbarregionen Entscheidungen zu treffen und diese auch zu verantworten.

Als vierten Punkt nenne ich das Stichwort „Zustimmungsbedürftigkeit“. Soweit es die Frage der Zustimmungserfordernis angeht, ist zunächst die Position des Bundes abzuwarten – sie liegt uns noch nicht vor –, und zwar insbesondere bei Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung mit Zugriffsrechten der Länder. Wir werden sicher mit dem Bund noch intensiv diskutieren müssen. Es hat – ich will dies nicht verschweigen – eine erste vorsichtige Diskussion im Rahmen der A-LänderKoordinierung gegeben. Ich bin mir seit dessen zumindest gewiss, wie weit die Interessen und Positionen in diesem Bereich auseinander liegen. Es ist nicht immer so, dass man sagen kann, dass es sich um den Egoismus derjenigen handelt, die zuständig sind. Es gibt manches, was daraus entsteht, aber es gibt auch man

ches, was durchaus argumentativ so untermauert ist, dass man sich damit sehr gründlich auseinander setzen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will den Bereich der Medien besonders ansprechen, und zwar nicht nur wegen Zuständigkeit, die wir im Land für die bundesweite Koordination der Medienpolitik haben, sondern wegen der Bedeutung dieses Bereichs. Auch auf diesem Feld haben die laufenden Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern zur Frage der neuen Medien eine Reihe von Fortschritten gebracht. Sie wissen, dass wir im Bereich des Jugendschutzes eine klar abgestimmte und abgegrenzte Regelung haben. Wir suchen jetzt im Bereich des Datenschutzes nach solchen Entscheidungen. Wir kommen durchaus voran.

Ich denke, wir sollten darauf achten, dass wir sinnreiche Abgrenzungen und am Ende ein Medienrecht für den gesamten Bereich der multimedialen Regelungen finden, das durchschaubar, so einfach wie möglich geregelt ist und nicht gegen die Länderkompetenz spricht, was aber im Regelfall staatsvertragliche Regelungen bedeutet. Ansonsten hätten wir Abgrenzungen, die letztendlich kein Mensch hinsichtlich der technologischen Entwicklungen und der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Bereichs verantworten könnte.

Ein gesondertes Wort zum Verbraucherschutz. Die Länder sind wohl eher gegen einen neuen Kompetenztitel des Bundes für diesen Bereich. Dort laufen die Diskussionen noch. Es lohnt sich, die Argumente genau anzuschauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das schwierige Thema der Gemeinschaftsaufgaben, insbesondere der Mischfinanzierung, ist zu Recht genannt worden. Ich habe dazu dem Grunde nach Stellung genommen. Ich will darauf hinweisen, dass es seit Juni 2001 einen Auftrag der Regierungschefs der Länder gibt, an der Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen zu arbeiten. Ich glaube, dass wir dies vor dem Hintergrund tun und ihn nicht wegen der gefundenen Finanzausgleichsregelungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs infrage stellen sollten. Diesen haben wir erst geregelt. Die neue Regelung ist noch gar nicht in Kraft. Wir bereiten das In-Kraft-Treten der neuen Regelung vor.

Herr Kollege Dr. Gölter, insoweit ist es ein bisschen problematisch, solche Zahlen zu nennen. Die genannten Zahlen sind zwar richtig, sie beruhen aber auf der Grundlage eines Rechts, das sich in der Übergangsphase zu einem neuen, den Wettbewerbsgedanken und Eigenbehalt stärkenden Ansatz befindet, den wir miteinander gefunden haben. Ich bleibe dabei, dass mir auf diesem Feld idealistische Lösungen von Ihnen nicht abgenommen worden wären. Davon bin ich fest überzeugt.

So sehr wir uns im Idealistischen einig sind, wäre ich wahrscheinlich von Ihnen zu Recht heftig kritisiert worden, wenn Herr Kollege Mittler und ich von den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich heimgekommen wären und gesagt hätten – es gab durchaus

solche Modelle –: Tut uns leid, in Zukunft haben wir von vornherein im Jahr aufgrund der neuen Verteilungsmechanismen mehrere hundert Millionen Euro weniger. Hier geht es letztendlich um das Eingemachte und die Handlungsfähigkeit des Landes. Das sind idealistische Positionen, die sicher zur Grundorientierung wichtig sind. Sie können aber letztendlich nicht Maßstab für die konkreten Verhandlungen einer Landesregierung sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass wir uns diesem gesamten Bereich annähern müssen und lediglich in der Lage sein werden, auf der Zeitschiene die notwendigen Entscheidungen herbeizuführen. Ich glaube, dass bei den so genannten Geldleistungsgesetzen, wie zum Beispiel dem Wohngeld, dem Unterhaltsvorschuss und der Ausbildungsförderung, der Bund die Finanzierung übernehmen sollte. Das heißt nicht, dass wir nicht die verwaltungsmäßige Umsetzung übernehmen. Das muss klar zugeordnet werden. Das sind abgrenzbare Aufgaben, die der Bund entscheidet und die er auch entscheiden und durchfinanzieren soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zu der Frage des Konnexitätsprinzips , das in der Diskussion zwischen Europa und den Nationalstaaten, aber vor allen Dingen auch dem Bund und den Ländern und den Ländern und den Kommunen bemüht worden ist. Ich bin idealistisch s ofort auf Ihrer Seite.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Verehrter Herr Kollege Schreiner, das ist manchmal ein bisschen schwierig. Ich möchte dieses Land davor bewahren, dass es ständig mit einer Vielzahl von Klagen beim Verfassungsgericht überzogen wird. Sie werden bei komplexen Aufgabenübertragungen immer streiten können, ob das Konnexitätsprinzip in vollem Umfang oder nur teilweise erfüllt ist. Ich möchte auch dabei bleiben, dass wir Lösungen suchen. Wir haben an manchen Stellen – Stichwort „Unterhaltsvorschussgesetz“ – auch solche gefunden, wo wir erst den Anreiz setzen mussten, eigene Finanzinteressen zu haben. Wir haben erreicht, dass im Interesse des Steuerzahlers die Zugriffe auf Säumige – hierbei handelt es sich in der Regel um Väter – deutlich größer geworden sind als zu einem Zeitpunkt, in dem die Kommunen nur die Kosten weitergegeben und gegenüber dem Land in Rechnung gestellt haben. Wir müssen uns solche Möglichkeiten offen halten.

Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor. Die Urwahlen, so sehr wir sie befürwortet haben, sind natürlich ein verlockendes Instrumentarium – Kommunalwahlen sind es auch –, um die jeweilige Regierung, wer immer es ist, mit einem Sammelsurium von Klagen zu überziehen. Wir haben uns in diesem Land und darüber hinaus in Deutschland einen Sprachgebrauch angewöhnt, dass alles, was jemand für verfassungsrechtlich bedenklich hält, sofort als verfassungswidrig bezeichnet wird.

Die Verlockung, dort einzusteigen und daraufhin einen politischen Alltagsstreit zu führen, ist groß. Meine Damen und Herren dieses Parlaments, ich bitte Sie dringend, darüber nachdrücklich nachzudenken, weil daraus tiefgreifende Störungen im Vertrauensverhältnis entste

hen können, das es zwischen Kommunen und einem Land immer geben muss.

Herr Schmitt, sie schütteln den Kopf. Es kann sein, dass Sie dies anders sehen. Ich sage meine Meinung. Glauben Sie mir, ich habe schon überlegt, was ich sage. Es wäre viel angenehmer, wenn ich durch das Land ziehen und sagen würde: Jawohl, das Konnexitätsprinzip.

Ich werde mich aber dagegen wehren, dass wir wie in manchen Ländern ein Scheinkonnexitätsprinzip einführen. Das Wort irgendwo hinzuschreiben, ist keine Kunst. Schauen Sie aber einmal, wie die Wirkungen sind. Wenn wir dies machen, muss es ehrlich gemeint sein und Wirkungen entfalten. Dann muss es auch politisch gemeinsam verantwortet werden.

Ich sage Ihnen offen, in diesem Punkt habe ich aufgrund der Erfahrungen in jüngster Zeit erhebliche Zweifel, was die politische Ausnutzung einer solchen Regelung bedeuten würde.

(Beifall bei SPD und FDP – Glocke des Präsidenten)