Herr Mittler, ich will Sie noch einmal an Ihre Argumentation im vergangenen Jahr erinnern, als wir so heftig darüber gestritten haben, dass wir in diesem vergangenen Jahr schon eine Nachsteuerung mit einem Nachtragshaushalt gehabt hätten. Da haben Sie immer gesagt, die Situation der Kommunen hindert uns daran, einen Nachtragshaushalt zu machen. Sie waren, Sie sind irgendwie nicht sehr stringent in Ihrer Argumentation; denn heute und mit der Vorlage Ihres Nachtragshaushalts machen Sie etwas, was wir im vergangenen Jahr schon vorgeschlagen haben, indem wir gesagt haben, über Darlehensfinanzierung kann man die Situation der Kommunen stabilisieren. Wir haben es Ihnen nicht nur im letzten Jahr gesagt, sondern wir haben Ihnen diesen Vorschlag schon 1996 gemacht, als wir genau dieselbe Debatte schon einmal hatten.
Sie haben im vergangenen Jahr die Kommunen für Ihre Argumentation instrumentalisiert, und in diesem Jahr nehmen Sie sie quasi als Schutzschild, wenn es darum geht, dass Sie zusätzliche Einnahmen für Ihren Landeshaushalt mobilisieren müssen. Ihre gestrige Argumentation war aberwitzig, als Sie ausgeführt haben, dass es im Gegenzug zu dieser Darlehensgewährung an die Gemeinden notwendig sei, zur Begrenzung der Kreditaufnahme Forderungen aus dem Wohnungsbauvermögen des Landes in Höhe von 240 Millionen Euro zu verkaufen.
Herr Mittler, wenn Sie in den eigenen Haushalt schauen, dann stellen Sie fest, dass es tatsächlich so ist, dass Sie in diesem Jahr den Kommunen Darlehen in Höhe von rund 45 Millionen Euro gewähren. Das ist das Stabilisierungsdarlehen, das Sie veranschlagt haben. Die restlichen 195 Millionen Euro, die Sie aus dem Forderungsverkauf erzielen wollen, fließen doch in Ihren eigenen Landeshaushalt, und Sie geben sie aus.
Sie werden nun alle früheren Verpflichtungen der Kommunen, die sie gegenüber dem Land aus den vergangenen Jahren jetzt noch haben, zusammenzählen und dann so tun, als ob alles im Jahr 2003 abgerechnet würde. Meine Damen und Herren, das war nie Praxis. Sie wissen selbst, dass im Finanzausgleichsgesetz festgelegt ist, dass sie einen zeitlichen Puffer haben und
sie innerhalb von drei Jahren spitz abrechnen können. Im vergangenen Jahr haben Sie die Kommunen dafür instrumentalisiert und wollten keinen Nachtragshaushalt vorlegen. Heute instrumentalisieren Sie sie wieder, um das, was Sie an Nichtsparwillen in Ihrem Haushalt verankern können, nach außen schön ummanteln zu können.
Meine Damen und Herren, das ist weder zukunftsfähig noch kommunalfreundlich, sondern das ist einzig und allein Schuld Ihrer verfehlten Haushaltspolitik.
Sie können nicht die Kommunen für die Inkonsequenzen in Ihrem eigenen Haushalt haftbar machen. Das müssen Sie als Regierung schon selbst verantworten.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns am Anfang der Beratungen des Nachtragshaushalts. Schon bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2002/2003 haben wir uns über die Grundlinien der Landespolitik und notwendige Perspektiven gestritten. Wir wissen, dass es Differenzen und Punkte gibt, bei denen wir zusammenkommen könnten. Mit den Vorgaben, die Sie in Ihrem Nachtragshaushaltsentwurf vorlegen, verschärfen Sie aber diese Differenzen an vielen Stellen noch weiter. Deshalb gilt es, in den Beratungen des Nachtragshaushaltsentwurfs die sozialen Unausgewogenheiten in Ihrem Entwurf zu korrigieren und die Grundlagen für echte Strukturreformen zu legen. Wir sehen es als einen großen Auftrag an uns alle an, die Zukunft des öffentlichen Dienstes neu auszurichten. Ferner gilt es, tatsächlich eine Bildungsoffensive im Land zu starten, die nicht bei den Ganztagsschulen stehen bleibt, sondern Schulen und Hochschulen fit macht. Ferner gilt es in Zeiten knapper Kassen, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit nicht aus dem Blick zu verlieren. Nachhaltigkeit hat aber auch in ökologischer Hinsicht etwas mit einer finanziellen Perspektive für das Land zu tun.
Meine Damen und Herren, das sind unsere Prioritäten. Für diese Ausrichtung werden wir kämpfen. Wir bieten unsere Zusammenarbeit bezüglich struktureller Reformen an, die an diesen Zielen orientiert sind.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ausführungen der Frau Kollegin Thomas zu den Versorgungsproblematiken im öffentlichen Dienst bedürfen einer Klarstellung, einer Richtigstellung und einer Erwiderung.
Meine Damen und Herren, jedem, der sich mit Politik in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, ist das
Problem der Versorgung im öffentlichen Dienst bekannt. Verehrte gnädige Frau, der Erste, der das in diesem Haus angesprochen hat, war ich. Ich habe das vor vielen Jahren angesprochen, als Sie noch nicht im Landtag waren und die CDU sogar noch die Landesregierung stellte.
Mein Vorwurf an die politisch Verantwortlichen war – und zwar gestützt auf die Begründung des Bundesbesoldungsgesetzes aus dem Jahr 1957 –, dass alle Regierungen in Deutschland – unabhängig davon, wie sie zusammengesetzt waren – dem Problem der Vorsorge nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt haben. In der Begründung stand schon damals, dass die Beamtenbesoldung um 7 % für die Betroffenen abgesenkt wird. Das war damals sozusagen der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung. Der Arbeitnehmeranteil, der also weniger an die Beamten ausbezahlt wurde, zusammen mit dem Arbeitgeberanteil war sozusagen die Rücklage für die spätere Versorgung. Allerdings hat man das Geld nicht in Rücklagen angelegt, und zwar nirgendwo in Deutschland, weil man gesagt hat: Diese Probleme lösen wir dann, wenn sie eintreten. – Das war der Trugschluss. Dieser Vorwurf muss an alle gerichtet werden, die politisch gehandelt haben.
Sie behaupten nun, die Beamten zahlten keinen Beitrag zur Rentenversicherung, und wollen den Beamten einen Teil der Versorgungsansprüche abnehmen. Das hat Ihre Fraktion im Deutschen Bundestag gefordert und ist in den Protokollen der Sitzungen des Deutschen Bundestags nachzulesen.
Frau Thomas, so wie Sie das gemacht haben, kann man Gerechtigkeit nicht definieren. Dass wir das Problem lösen müssen, ist klar. Aber Ihre Vorstellung, das Problem würde sich lösen, wenn man keine Beamten hätte, ist volkswirtschaftlich völlig unsinnig.
Demnächst wird in der „Beamtenzeitung“ ein Artikel von mir erscheinen. Lesen Sie dort doch einmal die Zahlen nach, die maßgeblich sind. Hören Sie doch bitte auf zu unterstellen, dass Sie der Retter der Nation seien, was dieses Thema betrifft. Das ist nämlich nicht so. Wenn die Politik Ihren Vorschlägen folgen würde, dann gäbe es eine kleine Revolution in Deutschland.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Thomas, zunächst einmal herzlichen Dank für das Etikett des bekennenden Sparers. Das kann man sich merken. Das ist in Ordnung so. Ich gebe es aber zunächst an die Landesregierung weiter, die den Nachtragshaushaltsentwurf eingebracht hat. Es ist in der Tat ein Sparkonzept vorgelegt worden, das zu einer
soliden Haushaltspolitik des Landes beiträgt und die Basis für die weiteren Haushaltsjahre 2004 und 2005 ist. Das nehmen wir gern entgegen. Wir werden als Fraktion zeigen, dass wir diesem Anspruch gerecht werden.
Meine Damen und Herren, ich habe in der gestrigen Ausgabe der „Rheinpfalz“ einen interessanten Artikel gelesen, den ich kurz zitieren will: „Die Mainzer Landtagsopposition steht vor einer schwierigen Frage: Soll sie den Nachtragshaushalt, der heute von Finanzminister Gernot Mittler (SPD) im Landtag eingebracht wird, in traditioneller Manier torpedieren oder in großen Teilen mittragen? Angesichts der schwachen Wirtschaftsprognosen sind Alternativen zur Rotstift-Politik der Regierung kaum erkennbar.“ Ich konnte nachvollziehen, was gestern in der „Rheinpfalz“ stand.
Nun stellt sich natürlich die spannende Frage, wie sich das heute gestalten wird. Wie wird die Opposition auf diese Situation reagieren? Von Frau Thomas habe ich zunächst das Wort „Kurskorrektur“ gehört. Dann wollte ich einmal zusammenschreiben, was sie nicht haben will. Es wurden also alle Einsparmaßnahmen genannt und kritisiert. Zum Schluss bleibt wie immer die Verkehrsinfrastruktur, an der Sie herummäkeln. Wenn Sie die Verantwortung hätten, dann würden Sie von den GRÜNEN die Verkehrsinfrastruktur und damit den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz nachhaltig – Ihr Lieblingswort – ruinieren. Wenn das die einzige Alternative zu den Sparmaßnahmen ist, die Sie im Einzelnen kritisieren, dann wird deutlich, wo Sie stehen und was Sie für das Land Rheinland-Pfalz bedeuten.
Zunächst einmal zu den Fakten. Schon im Jahr 2001 und erst recht im Jahr 2002 erlebte Deutschland und somit auch Rheinland-Pfalz einen in dieser Größenordnung nie dagewesenen Einbruch der Steuereinnahmen. 7,5 % der veranschlagten Gesamteinnahmen – das sind 787 Millionen Euro – wurden weniger eingenommen als veranschlagt. Zum überwiegenden Teil waren die geringen Steuereinnahmen ursächlich für die Haushaltssituation Ende des Jahres 2002. Das muss man einmal ungeschminkt sagen. Zwar konnten die Ausgaben mit großen Anstrengungen um 300 Millionen Euro heruntergefahren werden – das sind 0,2 % weniger als im Vorjahr und 0,9 % unter dem Soll, das angestrebt wurde –, trotzdem musste die Nettokreditaufnahme um 600 Millionen Euro auf die schon genannten 1,5 Milliarden Euro erhöht werden. Unbeschadet dieser ernüchternden Bilanz für 2002 wurden die investiven Ausgaben zu Recht auf einem vergleichsweise hohen Niveau gehalten. Herr Böhr, dies eben nicht wegen der Bedürftigkeit, sondern wegen der dringenden Notwendigkeit im Interesse des Landes.
Niemand konnte den Absturz der Einnahmen in dieser Größenordnung im Jahr 2002 vorhersehen oder vorhersagen.
Meine Damen und Herren, die epochalen Steuerausfälle zwangen schließlich dazu, die ursprünglich für 2003 vorgenommenen Haushaltsansätze aufzugeben und mit einem Nachtragshaushalt für 2003 Konsequenzen zu ziehen und die Einnahmen und Ausgaben der veränderten Situation anzupassen. Im Nachtrag 2003 geht es darum, die Einnahmenerwartungen entsprechend der schwachen Konjunktur zurückzunehmen und bei den Ausgaben alle Anstrengungen zur Konsolidierung zu unternehmen, um das zentrale politische Ziel, hinter dem die FDP-Fraktion aus Überzeugung uneingeschränkt und entschlossen steht, zu erreichen. Dieses Ziel heißt: verfassungskonformer Haushalt 2003. – Anderen Ländern, die eine bessere Finanzausstattung als RheinlandPfalz haben, gelingt dies nicht.
Das ist eine Leistung dieser Landesregierung und dieser Koalition. Ein weiteres Ziel ist: keine zusätzliche Kreditaufnahme. – Er ist nicht, wie Herr Kollege Böhr gesagt, nachfrageorientiert, sondern einnahmenorientiert. Genau das Gegenteil geschieht in diesem Jahr.
Meine Damen und Herren, noch exemplarisch ein Hinweis: Es hat mich doch ein wenig die Frage gefuchst, wie wir mit der Flutopferhilfe umgehen. Es wird pauschal gesagt, das sei so nicht in Ordnung und es gebe irgendwelche Beschlüsse. Das wird so pauschal in den Raum gestellt. Liebe Freunde von der CDU, nur anhand dieses Beispiels will ich Ihnen Folgendes sagen:
1. Einen Beschluss der Länderfinanzminister über die Behandlung der Flutopferhilfe als Investition gibt es überhaupt nicht.
2. Vom Haushaltsrecht her gesehen kann natürlich jeder beliebige Prozentsatz als Investition eingesetzt werden.
3. In der Arbeitsgemeinschaft der Haushaltsrechtler auf Bundesebene hat sich der Sprecher der Landesrechnungshöfe für eine Einsetzung zu 100 % als Investition entsprechend dem Gesamtveranschlagungsprinzip ausgesprochen.
4. Tatsächlich hat Rheinland-Pfalz 100 % eingesetzt, aber im Hinblick auf die Verfassungsgrenze sind nur die eigenfinanzierten Mittel – das sind 130 Millionen Euro – eingerechnet worden. Die 34 Millionen Euro, die sich auf die Kommunen beziehen, sind logischerweise nicht eingerechnet worden. Damit ist die Situation in Rheinland-Pfalz einwandfrei. Die Verfassungskonformität ist nicht gefährdet. Das ist ein ganz sauberes Verhalten.
Das ist aber exemplarisch für den Stil. Das wird einfach so hingewischt und erzählt. Wenn man den Dingen dann aber genauer nachgeht, ist nichts dran.
Meine Damen und Herren, eine Reduzierung bei den Ausgaben in Höhe von 353 Millionen Euro, die Auflösung der globalen Mindererausgabe von 65 Millionen Euro, der Beistandspakt für die Kommunen, auf den ich später noch eingehen werde, mit 290 Millionen Euro sowie der eben genannte Beitrag zur Fluthilfe von 164 Millionen Euro bedeuten eine Belastung für den Landeshaushalt und machen die bekannten tiefen Einschnitte bei den Ausgaben notwendig. Das erste Gebot, das wir – der Finanzminister und die Koalition insgesamt – pflegen, ist Klarheit und Wahrheit. Es geht darum, offen auszusprechen, um welche Maßnahmen es geht, dem Bürger klar zu machen, dass wir uns in einer kritischen Situation befinden,
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gilt vor allem für den Haushalt des Wirtschaftsministers, Herr Kuhn)
ungeschminkt die politisch notwendigen Einsparmaßnahmen zu erklären und für diese auch um Verständnis zu werben. Sie hinterfragen jede einzelne Maßnahme. Meinen Sie, das macht Spaß? Wir wissen genau, dass das zum Teil in dieser Situation nicht leistungsgerecht ist. Wir wissen, dass in vielen Bereichen Einschnitte erfolgen, die äußerst unerfreulich sind. Das wissen wir alle.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe nach Klarheit und Wahrheit in Bauckhages Haushalt gefragt!)