Verehrte Kolleginnen und Kollegen, deshalb lehnen wir GRÜNEN heute die Änderung des Schulgesetzes ab, die ein grundlegendes Bürgerrecht, nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung volljähriger und voll geschäftsfähiger junger Menschen, einschränkt.
In den Beratungen im Ausschuss für Bildung und Jugend ist deutlich geworden, dass keiner von Ihnen und keiner von uns allen sagen und wissen kann, was eine solche Änderung des Schulgesetzes bringt, ob sie überhaupt etwas bringt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Ministerin Ahnen, wir haben uns die Köpfe heiß diskutiert. Im Ausschuss gab es eine sehr lebhafte Sitzung. Ich muss in aller Deutlichkeit sagen, dass wirklich niemand die Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung überzeugend darstellen konnte.
(Pörksen, SPD: Für Sie nicht! Das ist etwas anderes! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das muss an Ihnen liegen!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann, wenn wir wirklich überzeugt sind, dass die Änderung eines Gesetzes auch zu dem formulierten und beabsichtigten Ziel führt, ändern wir Gesetze. Wir prüfen die Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vielleicht kommen wir dann auch an dem einen oder anderen Punkt zu der Erkenntnis und in Abwägung der Argumente zu der Überzeugung, dass möglicherweise die Interessen der Allgemeinheit gegenüber den persönlichen individuellen Rechten überwiegen. An diesem Punkt sind wir bei der Änderung des Schulgesetzes nie angelangt.
Eines muss klar sein – hierzu stehen wir auch vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –: Aus purem Aktionismus heraus ist die Einschränkung von Grundrechten mit uns nicht zu machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die massiven Proteste junger Menschen, nicht nur aus der Landesschülervertretung, sondern auch aus politischen Jugendorganisationen von hier im Hause vertretenen Parteien und Fraktionen, nämlich der Jusos, der Jungen Union und der GRÜNEN JUGEND sowie der GEW sind deshalb absolut nachvollziehbar und zu unterstützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir erhoffen uns als eine Konsequenz aus der schlimmen Tat von Erfurt den frühzeitigen Auf- und Ausbau von guten und vertrauensvollen Kommunikationsstrukturen in den Schulen zwischen Schülerinnen und Schülern, Lehrerin
nen und Lehrern, Schulleitung, Schulpsychologischem Dienst und am liebsten natürlich auch der Schulsozialarbeit, wenn sie denn an der Schule vorhanden ist.
Frau Kollegin Morsblech, auf Sie komme ich gleich noch einmal zu sprechen. Dieser heute vorliegende Gesetzentwurf vereinfacht nicht, sondern erschwert eine solche offene und partnerschaftliche Kommunikation, da er das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Schülerinnen und Schüler infrage stellt. Er unterstellt und schafft Misstrauen, ohne zur Lösung konkreter Probleme beizutragen.
Frau Kollegin Morsblech hat mir in der letzten Plenardebatte vorgeworfen, es sei bei mir ideologisch immer öfter üblich, dass meine Politik durch Misstrauen bestimmt sei. Verehrte Frau Kollegin, durch solche Gesetzesänderungen schürt man Misstrauen gegenüber jungen erwachsenen Menschen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unserer Meinung nach geht es nun vielmehr darum, Ursachen für einen solchen Amoklauf wie in Erfurt zu bekämpfen und nicht an Symptomen herumzudoktern. Wir sollten uns fragen, wo das jetzige Schulsystem ernsthafte Probleme für unsere Schülerinnen und Schüler aufwirft und welches die tagtäglichen Hemmnisse und Schwierigkeiten sind, die unsere Schülerinnen und Schüler im Alltag bewältigen müssen. Es ist der falsche Weg, weiter die Rechte von jungen Menschen einseitig einzuschränken.
Es ist der falsche Weg, diese Rechte einseitig einzuschränken. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, der Schule einen Rahmen zu geben, damit generationsübergreifende Kommunikation, Toleranz
Frau Präsidentin, ich bin sofort am Ende. Die Selektivität unseres Bildungssystems muss abgebaut werden, somit auch die Angst zu versagen und keine zweite Chance mehr zu bekommen. Dies alles kann nur durch eine Verbesserung des Schulklimas erfolgen und nicht durch die Beschneidung von Grundrechten volljähriger Schülerinnen und Schüler. In diesem Sinn bitte ich Sie, diesen Gesetzentwurf auf der Grundlage der von mir
Herr Kollege Wiechmann, ich hatte mir vorgenommen, mich überhaupt nicht zu ärgern, weil ich im Grundsatz akzeptiere, dass man bei einem solchen Punkt sehr kritisch sein kann und Bedenken formuliert.
Wenn aber jemand hier erklärt, der Versuch, ein gutes Klima zwischen Schule und Eltern auf diese Art und Weise zu transportieren und Schülerinnen und Schüler, die sich in einer Krise und in einer möglicherweise ersten großen Versagenssituation in ihrem Leben befinden, sei Aktionismus, dann muss ich sagen, dann stellen sich mir die Haare in voller Länge nach oben.
Sie haben formuliert: „weiter die Rechte von Schülerinnen und Schülern einzuschränken“. Wir haben in der Schulgesetznovelle die Rechte der Schülerinnen und Schüler deutlich ausgebaut. Ich habe eben versucht zu erläutern, wir nehmen ihnen kein Recht; denn sie müssen weiter selbst entscheiden. Kein anderer kann entscheiden, was sie tun werden, wenn die Katastrophe des Schulabbruchs passiert ist. Sie müssen es selbst entscheiden. Es wird lediglich die Informationsbarriere zwischen Elternhaus und Schule ein wenig für den Katastrophenfall, über den wir hier sprechen, gelockert und nicht für jeden Schüler und jede Schülerin im Land Rheinland-Pfalz. Dies ist weder Aktionismus noch versucht es, Schülerinnen und Schüler Nachteile zuzufügen, sondern es ist der Versuch, Schülerinnen und Schüler in einer schlimmen Situation mit der Chance zu versehen, die natürlichsten Hilfspersonen zur Hilfe zu rufen, nämlich die Eltern. Dass Schülerinnen und Schüler hin und wieder Probleme mit ihren Eltern haben und meinen, Eltern wären grässlich böse, das wissen wir vielleicht von unseren eigenen Kindern, Sie vielleicht sogar noch aus der Erinnerung. Wir wollen ihnen dort helfen. Das hat nichts mit Aktionismus zu tun. Ich möchte es noch einmal betonen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Wiechmann, es ist
schon interessant und war auch das erste Mal, dass ich so etwas in diesem Zusammenhang aus Ihrem Mund gehört habe, dass Sie sich dagegen aussprechen, Probleme, die wir im Land haben, mit Gesetzen zu lösen. Wenn ich mich daran erinnere, was Sie sonst einbringen, dann schieben Sie für jedes Problem ein Gesetz hinterher.
Vor allem machen Sie dies auch gern bei praktischen Problemen, die man nicht per Gesetz lösen muss. Ich erinnere an dieselbe Ausschusssitzung und die Diskussion um den Krankenhausunterricht. Ich fand es sehr interessant, dass Sie Probleme, die einfach nur eine praktische Dimension haben, mit Gesetzen lösen wollen. Dort, wo es wirklich um eine gesetzliche Änderung geht und wir sehr sorgfältig abwägen müssen, was Frau Kollegin Brede-Hoffmann schon gesagt hat, sehen Sie das anders. Natürlich muss man sehr sorgfältig zwischen den Grundrechten und den Chancen, die dieses Gesetz öffnet, abwägen. Ich finde deshalb die Argumentation, dass ein Gesetz nicht hilft, schon etwas merkwürdig.
Frau Kollegin Morsblech, Sie haben gerade eben zwei unterschiedliche Punkte angesprochen. Das eine ist ein offensichtlicher Bedarf, nämlich beim Krankenhausunterricht. Sehen Sie denn tatsächlich diese großen Probleme in Bezug auf die Schulgesetzänderung, die heute besprochen wird? Es war eine luftleere Diskussion in diesem Ausschuss.
Ich mache es gern noch einmal deutlich; ich muss nur auf die Zeit achten. Natürlich gibt es beim Krankenhausunterricht einen Bedarf, aber dieser Bedarf ist ein praktischer. Es geht darum, dass die Lehrer direkt an den Krankenhäusern unterrichten. Es geht darum, dass die Informationen verbessert werden usw. Dazu brauche ich kein Gesetz, das kann ich so umsetzen. Hier geht es um eine Gesetzeslücke, dass Schulen nicht handeln kön
Ich denke, man muss bedenken, dass Schulen öffentliche Einrichtungen sind. Wir haben gesehen, was in Erfurt und auch an anderen Stellen passiert. Es geht darum, junge Menschen in den Schulen zu schützen, auch andere, die in dem Moment nicht betroffen sind. Das ist eine Dimension, die in der Debatte noch keine Rolle gespielt hat.
Ich komme noch einmal zum Thema „Misstrauen“. Sie sagen nach wie vor dasselbe. Sie gehen diesmal sogar einen Schritt weiter und sagen, in dem Moment, in dem ein Schüler ein Problem hat und die Eltern dazu kommen, passiert eine Katastrophe, weil Eltern in dem Problem nichts zu suchen haben.
Sie gehen heute sogar so weit, dass Sie sagen, wenn die Eltern ins Spiel kommen, kann keine vernünftige Kommunikation mehr mit dem Schulpsychologischen Dienst stattfinden. Das haben Sie gerade gesagt.