Protocol of the Session on June 6, 2001

Seien Sie doch etwas souveräner. Lassen Sie uns im weiteren Gesetzgebungsverfahren versuchen, ein wirkliches Antidiskriminierungsgesetz aus diesem Gesetzentwurf zu machen, damit auch in Rheinland-Pfalz das Bundesrecht gelten kann.

Schönen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen enthält aus der Sicht der Landesregierung alle notwendigen Regelungen, um das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes ab dem 1. August 2001 in Rheinland-Pfalz ausführen zu können.

Meine Vorredner sind teilweise auf das Für und Wider des vom Bund geschaffenen Lebenspartnerschaftsrechts sowie den Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs eingegangen. Ich beschränke deshalb meine Ausführungen auf einige weitere Punkte, die aus der Sicht der Landesregierung in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind.

Lassen Sie mich jedoch sehr klar und zuvor feststellen: Die Landesregierung unterstützt das neue Lebenspartnerschaftsrecht, soweit damit Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Lebenspartner abgebaut und andere Lebensformen zur Förderung dauerhafter personaler Beziehungen, in denen die Partner Rechte und Pflichten haben, anerkannt werden.

Allerdings lassen Sie mich genauso klar feststellen: Die Landesregierung lehnt eine Gleichstellung oder eine wesentliche Gleichstellung dieser Lebenspartnerschaften mit der Ehe ab.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Seit sich abzeichnet, dass das Ergänzungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat aus überwiegend parteipolitisch motivierten Gründen keine kompromissfähige Fassung finden wird,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Verfassungs- rechtliche Gründe!)

hängen die Länder sozusagen in der Luft. Befürchtet wird, dass am 1. August 2001 ein Bundesgesetz in Kraft tritt, das mangels Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen nicht vollzogen werden kann.

Auch die Landesregierung bedauert es, dass bundeseinheitliche Regelungen zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes bisher nicht zustande gekommen sind. Andererseits bietet dieser Umstand für die Länder die Möglichkeit, Zuständigkeit und Verfahren selbst zu bestimmen.

Die Informationen, die wir bisher über die beabsichtigten Regelungen der anderen Bundesländer erhalten haben, sind nur bruchstückhaft. Abschließende Entscheidungen über die künftige Gestaltung der Ausführungsgesetze zum Lebenspartnerschaftsgesetz sind bisher noch in keinem Bundesland getroffen worden.

Im Hinblick auf die grundsätzliche Gestaltung zeichnen sich jedoch zwei Modelle ab. Ein Modell sieht vor, dass das Standesamt die zuständige Behörde ist, die ein Lebenspartnerschaftsbuch zu führen hat. Das andere Modell geht davon aus, dass nicht das Standesamt, sondern eine andere Behörde für die Begründung einer Lebenspartnerschaft zuständig ist und kein Lebenspartnerschaftsbuch geführt wird.

Der uns vorliegende Entwurf für ein Landesausführungsgesetz geht von dem zuletzt genannten Modell aus. Er führt damit in zweierlei Hinsicht den Weg fort, den der Bund mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingeschlagen hat. Zum einen ergänzt er, soweit die Gesetzgebungskompetenz des Landes reicht, die mate

riell-rechtlichen Regelungen des Bundesgesetzes um verfahrensrechtliche Bestimmungen. Zum anderen berücksichtigt der Gesetzentwurf in besonderer Weise, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes ein eigenes familienrechtliches Institut geschaffen hat, dass weder das Gleiche wie die Ehe noch eine Kopie derselben ist. Dies wird vor allen Dingen dadurch deutlich, dass der Gesetzentwurf als zuständige Behörde für die Begründung der Lebenspartnerschaft nicht das Standesamt, sondern die Kreisverwaltungen und die Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte bestimmt.

Noch ein Wort zu der von mir angesprochenen Gesetzgebungskompetenz des Landes. Sicherlich nicht ohne parteipolitischen Hintergrund wird derzeit problematisiert, ob die Länder verfassungsrechtlich überhaupt befugt sind, Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu treffen. Teilweise ist zu hören, durch das vom Deutschen Bundestag bereits beschlossene Ergänzungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz sei aufgrund des Artikels 72 Abs. 1 des Grundgesetzes eine Sparwirkung eingetreten, die es den Ländern verbiete, anstelle des Bundes Ausführungsregelungen zu schaffen.

Die Landesregierung teilt diese Auffassung nicht. Spätestens seit der letzen Änderung des Artikels 72 Abs. 1 des Grundgesetzes ist klargestellt, dass der Bund nur dann von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Letzeres ist gerade wegen der fehlenden Zustimmung des Bundesrats zum Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz nicht der Fall.

Eine interessante verfassungsrechtliche Konstellation könnte allerdings eintreten, wenn die beim Bundesverfassungsgericht gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Erfolg haben, mit denen der Vollzug des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 gestoppt werden soll. In diesem Fall bleiben selbstverständlich auch die zum Lebenspartnerschaftsgesetz erlassenen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen ohne praktische Bedeutung. Wir müssen also zunächst gespannt abwarten, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die für Ende dieses Monats erwartet wird, ausfällt.

Jedenfalls ist es richtig, nicht wie einige andere Bundesländer auf einen Stopp des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu spekulieren, sondern sich zunächst auf ein InKraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 einzustellen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Lassen Sie mich als der für die Kommunen zuständige Minister noch kurz auf den Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Kosten eingehen, die mit dem vorgesehenen Landesgesetz für unsere Landkreise und kreisfreien Städte verbunden sind. Erfreulicherweise enthält der Gesetzentwurf Regelungen, die sicherstellen, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte für ihre Leistungen auch Gebühren und Auslagenerstattungen erhalten. Im Übrigen geht die Landesregierung davon aus, dass in den einzelnen Gebietskörperschaften nur

eine ausgesprochen überschaubare Zahl von Personen gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften eingehen werden.

Dafür sprechen jedenfalls die Erfahrungen, die bisher in Hamburg, wo es seit Mai 1999 die Möglichkeit einer Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften gibt, gemacht wurden. In den ersten 22 Monaten nach Einführung der eingetragenen Partnerschaft haben sich dort 149 Paare eintragen lassen. Auch in anderen europäischen Staaten mit vergleichbaren Instituten hat sich gezeigt, dass nur eine relativ geringe Zahl von Personen die mit einer eingetragenen Partnerschaft verbundenen Rechte und Pflichten tatsächlich übernehmen will. Meine Damen und Herren, dennoch ist es an der Zeit, endlich die rechtliche Klarheit dafür zu schaffen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Gesetzentwurf wird an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/10 – Erste Beratung

Landesgesetz zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/11 – Erste Beratung

Für die antragstellende Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Grützmacher das Wort.

Meine Damen und Herren, ich rede heute über einen Anachronismus, der im rheinland-pfälzischen Landtag heute immer noch gang und gäbe ist.

(Dr. Schiffmann, SPD: Was heißt das?)

Obwohl die GRÜNEN seit dem Jahr 1987 genau die gleiche Verantwortung übernehmen wie die anderen Fraktionen im Landtag und obwohl wir jetzt auch im Präsidium vertreten sind, bleiben sie aber bei der Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde, in der so genannten PKK, und bei der Kontrolle des Post- und Fernmeldegeheimnisses, in der G 10-Kommission, weiterhin außen vor. Das nenne ich einen Anachronismus, vor allen Dingen, wenn man berücksichtigt, wie das auf Bundesebene beziehungsweise in anderen Bundeslän

dern läuft. Dort ist es schon lange so, dass auch die GRÜNEN in diesen Gremien vertreten sind. Wir fordern in unseren Anträgen, dass dies nun endlich auch in Rheinland-Pfalz der Fall ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen erklären, weshalb das so wichtig ist. Ich weiß nicht, ob Sie es für normal halten, was mir des Öfteren in Sitzungen des Innenausschuss passiert. Wenn wir zum Beispiel über Rechtsextremismus diskutieren und wenn ich Nachfragen stelle, wird mir sogar in vertraulicher Sitzung des Innenausschusses gesagt: Frau Grützmacher, dazu können wir Ihnen leider nichts sagen. Darüber informieren wir schon die Parlamentarische Kontrollkommission bzw. die G 10-Kommission. Aber Ihnen können wir das leider nicht sagen, Frau Grützmacher.

Ich weiß nicht, wie Sie sich dann als Abgeordnete fühlen. Ich fühle mich nicht mit dem nötigen Respekt behandelt. Herr Zuber, das liegt nicht an Ihnen, sondern an den Vorschriften und daran, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer noch nicht in diesen Gremien vertreten ist. Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, dass das geändert wird und man sich in RheinlandPfalz nicht weiter nach dem „Orwell‘schen-Prinzip“ benimmt und sagt: Alle Abgeordneten sind gleich, nur einige – in diesem Fall die meisten – Abgeordneten sind gleicher.

Herr Bischel, wenn Sie sagen, es habe sich in der vergangenen Legislaturperiode nichts geändert – das haben Sie vorhin bei der Debatte über den Antrag zur Geschäftsordnung ausgeführt –, kann ich Ihnen sagen, dass sich natürlich etwas geändert hat, und zwar haben wir die Landesverfassung neu konzipiert und in der Landesverfassung die Stärkung der Oppositionsrolle im Parlament ausdrücklich festgeschrieben.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alle zusammen! – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle vier Fraktionen haben das ausdrücklich festgeschrieben. Damit will meiner Meinung nach überhaupt nicht einhergehen, dass eine Oppositionsfraktion von der Parlamentarischen Kontrollkommission und von der G 10-Kommission ausgeschlossen wird. Die Verfassung legt nämlich fest – das ist gerade in diesem „Oppositionsartikel“ 85 b noch einmal deutlich geworden –, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Landtag in den Grem ien widerspiegeln müssen. Das heißt also, dass alle Fraktionen daran beteiligt sein müssen.

(Ministerpräsident Beck: Das heißt das nicht!)

- Das ist richtig. Das war das Gegenargument. Ich habe gerade an der falschen Stelle begonnen.

In Artikel 85 b wird die Stellung und die Stärkung der Opposition geregelt. Das ist eine originäre Sache, wie wir sie alle in Rheinland-Pfalz beschlossen haben. Die GRÜNEN werden in ihrem Kontrollauftrag in Bezug auf

die Verfassungsschutzbehörde und in Bezug auf das Fernmeldegeheimnis eingeschränkt.

Meine Damen und Herren, deshalb halten wir es weiter für wichtig, dass die GRÜNEN auch an diesen Kommissionen beteiligt werden. Wir fordern ein Grundmandat für alle Fraktionen, damit der anachronistische Zustand, von dem ich am Anfang gesprochen habe, endlich beendet wird.

Ich beantrage, die beiden Gesetzentwürfe an die Ausschüsse zu überweisen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hartloff das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich könnte man, wenn es um die Beteiligung geht, alte Zitate anführen. Ich erinnere nur an eine Kommentierung zur Weimarer Verfassung von Laband der Folgendes geschrieben hat: „Für jede hohe Ausschaltung an einer Stelle kann sich jede Gruppe an anderer Stelle, mindestens aber im Wahlkampf, rächen. Wer nicht im Ausschuss ist, redet umso länger und lästiger im Plenum. Wer nirgends einen Vorsitz erhält, macht allen anderen Vorsitzenden das Leben umso schwerer.“ Wir kämpfen und streiten letztlich also um eine politische Frage.

Frau Kollegin Grützmacher, Sie haben Artikel 85 b der Landesverfassung als neues Argument vorgetragen. Wir sind wohl einer Meinung, dass man nicht direkt aus dem Artikel 85 b der Landesverfassung Klagerechte geltend machen kann.