Meine Damen und Herren, ich kann der Ministerin Conrad nur beipflichten, wenn sie in ihrer Presseerklärung
von gestern die Verpackungsverordnung in der jetzigen Ausführung als unbequem und nicht verbraucherfreundlich bezeichnet.
Herr Kollege Braun, Sie werden doch nicht in Abrede stellen, dass die Verbraucher die Kosten bezahlen, wenn diese Dosenrücknahmeautomaten in den nächsten Monaten für immense Summen installiert werden. Wir brauchen uns doch nichts vorzumachen.
Meine Damen und Herren, wenn schon eine Pfandpflicht besteht, muss sie inhaltlich so ausgestaltet werden, dass sie für den Verbraucher transparent und nachvollziehbar ist und die Umsetzung den wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Zurzeit gibt es schwerwiegende Anlaufschwierigkeiten bei der Rückgabe von Pfanddosen und -flaschen. Das ist nicht überraschend und war auch vorhergesagt worden.
Viel gravierender ist es, dass das Regelwerk völlig unübersichtlich und verwirrend ist. Ich werde Ihnen einige Beispiele aufzeigen: Erfrischungsgetränke mit CO2Gehalt sind pfandpflichtig. Erfrischungsgetränke ohne CO2-Gehalt unterliegen dagegen nicht der Pfandpflicht. – Ich erkläre Ihnen das an einem Beispiel: Apfelsaft, nicht CO2-haltig, ist pfandfrei, Herr Kollege Braun. Apfelschorle, CO2-haltig, ist dagegen pfandpflichtig. Sie merken schon daran, wie sehr das ganze verbesserungsbedürftig ist. (Beifall bei der FDP)
Ich könnte Ihnen noch mehrere Bespiele aufzeigen, meine Damen und Herren. Eine klare Lösung wäre, Erfrischungsgetränke insgesamt in die Pfandpflicht zu nehmen oder generell herauszulassen. Eine andere mögliche Betrachtungsweise wäre die nach Verpackungsarten. Glas, Metall und Kunststoff wären pfandpflichtig, Verpackungen im Karton dagegen pfandfrei. Bei den einzelnen Verpackungsarten ist die Frage zu stellen, welche Umweltbelastungen von ihnen ausgehen, ob sie als ökologisch vorteilhaft anzusehen sind, oder ob das für eine bestimmte Verpackung nicht zutrifft. Glas, Metall und Kunststoff sind als nicht umweltfreundlich, Kartonagen als ökologisch wertvoll einzustufen.
Daraus hat auch die Zuordnung zur Pfandpflicht bzw. zur Pfandfreiheit zu resultieren, Herr Kollege Braun.
Meine Damen und Herren, in jedem Fall von der Pfandpflicht herauszunehmen sind Wein, Milch, Sekt und Spirituosen. Sie haben das zwar bekräftigt und gesagt, davon sei nie die Rede gewesen, aber bei Ihrem Umweltminister ist alles möglich.
Die Verpackung von Wein, Milch, Sekt und Spirituosen sind deswegen als Getränkesegment von der Pfandpflicht zu befreien, da ihre Einbeziehung in die Pfandpflicht überhaupt keinen Sinn macht, das heißt, es besteht überhaupt keine ökologische Lenkungswirkung, da es jeweils nur eine Verpackungsart gibt.
Meine Damen und Herren, alle erwähnten Änderungen und Verbesserungen im Interesse der Verbraucher und der Industrie sollten nach unserer Auffassung Eingang in die geplante Novellierung der Verpackungsordnung finden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte diese Aktuelle Stunde nutzen, um einmal ganz kurz über die Umsetzung der existierenden Pfandpflicht zu berichten und auch – wie Sie das gewünscht haben – auf die bisher vorliegenden Eckpunkte einzugehen.
Zunächst einmal können wir festhalten, dass die seit Januar dieses Jahres geltende Pflichtpfandregelung nicht zu dem geführt hat, was manche befürchtet haben, nämlich zu einem Chaos. Gleichzeitig müssen wir aber festhalten, dass aus der Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher das derzeit geltende Pfandsystem alles andere als befriedigend ist.
Die Herren Abgeordneten, die bisher geredet haben, haben alle übereinstimmend plastisch und drastisch dargestellt, wo diese Ungereimtheiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher liegen. Ich erspare es mir, diese Liste jetzt noch zu ergänzen.
Dieses Pflichtpfand ist vor allem unbequem und auch verbraucherunfreundlich; denn wir haben auch feststellen müssen, dass durch die mangelnden Vorkehrungen des Einzelhandels bisher kein einheitliches Rücknahm esystem existiert und deswegen viele Getränkevertreiber verlangen, dass die Dosen nur dort zurückgegeben werden, wo sie gekauft worden sind, entweder in der Handelskette oder bei manchen sogar nur in der jeweiligen Filiale.
Dazu kommt – das gehört auch zur ersten Bilanz –, dass manches Handelsunternehmen, also der Einzelhandel, einwegverpackte Getränke bis auf weiteres ganz aus den Regalen herausgenommen hat. Dies ist nicht nur verbraucherunfreundich. Diese fehlenden Vorbereitungen haben vor allen Dingen bei den Herstellern von Dosen, bei den Unternehmen und deren Arbeitnehm erinnen und Arbeitnehmern zu Kurzarbeit geführt, auch bei den Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fürchten, wenn es keine befriedigende Lösung gibt, um ihre Arbeitsplätze. Auch deswegen haben wir allen Grund, an diese Novellierung heranzugehen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die geltende Pfandpflicht mehrere Systemfehler hat. Der erste Fehler liegt darin, dass die Pfandpflicht an den Getränkeinhalt anknüpft und bestimmte Mehrwegmindestabfüllquoten fordert. Dies hat zur Folge, dass mit wechselnden Quoten unterschiedliche und nicht mehr durchschaubare Pfandpflichten begründet werden.
Der zweite Systemfehler liegt darin, dass die Verpackungsverordnung Mehrweg gegenüber Einweg generell als ökologisch vorteilhafter bewertet. Die Landesregierung hat sich daher folgerichtig in der Vergangenheit für eine Stärkung ökologisch sinnvoller Mehrwegsysteme eingesetzt. Herr Kollege Braun, deswegen brauchen wir jetzt weder eine Kehrtwendung zu machen noch in dieser Richtung eine neue Position einzunehmen.
Zum Vollzug: Die betroffenen Wirtschaftskreise haben mittlerweile versprochen, bis zum 1. Oktober dieses Jahres ein einheitliches System zur bundesweiten Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen einzuführen. Für diese Übergangszeit halte ich die gegenwärtig eingeschränkte Rückgabemöglichkeit für die bepfandeten Einwegverpackungen für hinnehmbar. Wir haben uns im Vorfeld der Erhebungspflicht zusammen mit den Ländern und dem Bund auf einen einheitlichen Vollzug verständigt. Wir haben in diesem Sinn auch die Wirtschaftsverbände angeschrieben sowie die unteren Kreisverwaltungen, die als untere Abfallbehörden für den Vollzug zuständig sind, und sie auf diesen einheitlichen Vollzug hingewiesen.
Man kann also trotz aller Anlaufschwierigkeiten durchaus zunächst einmal ein positives Resümee ziehen. Trotzdem besteht, wie wir festgestellt haben, Handlungsbedarf. Es gibt nach unseren Erkenntnissen nur vereinzelt Verstöße gegen die Pfanderhebungspflicht. Eine aktuelle Umfrage, die von unserem Ministerium bei den Kreis- und Stadtverwaltungen gemacht wurde, ergab zunächst, dass keine Anzeige vorliegt. In unserem Haus liegt seit gestern eine vor, die sich allerdings an einen Hersteller und Abfüller aus einem Nachbarbundesland richtet, der auch in Rheinland-Pfalz Getränke vertreibt. Auch Beschwerden aus der Bevölkerung sind in diesem Zusammenhang weitestgehend ausgeblieben.
Nun komme ich zu den Eckpunkten, die am letzten Sonntag von Vertretern sowohl der A- als auch der BLänder – das ist natürlich das qualitativ Neue – beim Bundesumweltminister getroffen wurden. Mögliche Eckpunkte einer Novelle der Verpackungsverordnung werden von uns zunächst einmal grundsätzlich – auch was die Initiative betrifft – begrüßt. Rheinland-Pfalz hat seit Jahren eine Novelle der Verpackungsverordnung gefordert. Die Eckpunkte, soweit sie vorliegen, entsprechen insoweit unserer Haltung, als ein einfaches und transparentes Pfandsystem existieren soll. Auch hier haben weder wir, im Übrigen auch nicht die Bundesregierung, etwas zurückzunehmen, weil sich alle im Jahr 2001 einig waren, dass ein einfacheres, transparenteres System notwendig ist.
Nach den Eckpunkten ist ein Pfand künftig vorgesehen für Glas-, Metall- und Kunststoffverpackungen. Ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen, wie zum Beispiel der Getränkekarton oder der Schlauchbeutel für Milch, fallen aus der Pfandpflicht von vorneherein heraus. Ebenfalls von der Pfandpflicht ausgenommen sind Wein und Sekt. Dies ist natürlich aus der Sicht des Weinlandes in der Bundesrepublik von ganz besonderer Bedeutung. Aber auch Spirituosen und Spirituosenmixgetränke sind ausgenommen, wie Sie schon richtig dargestellt haben, oder sollen ausgenommen sein.
Weitere Verpackungen, so sehen es die Eckpunkte vor, sollen einer ökobilanziellen Betrachtung unterzogen werden, um zu untersuchen, ob diese ebenfalls als ökologisch gleichwertig eingestuft werden und damit von einer Pfandpflicht befreit werden können. Die Pfandpflicht soll künftig eben nicht mehr an Mehrwegquoten geknüpft werden. Das ist das zentral Neue. Deswegen begrüßen wir diese Initiative.
Der Unterschied zu früher besteht darin, dass sich die Bundesratsmehrheit auf eine Abfüllmenge von damals ungefähr 23,5 Milliarden Liter bezog, die in Mehrweg abgefüllt werden sollte.
Was die Frage betrifft, ob ein Pfand Mehrweg stärken wird, bleibe ich bei meiner kritischen Auffassung, die im Übrigen deckungsgleich ist mit früheren Positionen, weil ich glaube, das Einzige, was wir erwarten können, ist, dass die Diskriminierung von Mehrweg aufgehoben wird, was die Unbequemlichkeit betrifft, etwas zurückzubringen.
Wir werden als ökologischen Effekt erreichen, dass wir durch Rücknahme eine höhere Wiederverwertungsquote haben. Das unbestreitbare Littering-Problem wird dadurch vorteilhaft beeinflusst.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat sich wiederholt – ich komme noch einmal auf die besonderen Spezialitäten zu sprechen, was den Wein betrifft, weil in der Öffentlichkeit falsche Informationen verbreitet worden sind – gegenüber der Bundesregierung, aber auch gegenüber den Berliner Koalitionsparteien für die Befreiung von Wein, Sekt und Spirituosen von der Pfandpflicht ausgesprochen, auch in jüngster Zeit.
Im Übrigen bestand hierüber schon im Jahr 2001 grundsätzlich Konsens; das ist richtig. Insofern habe ich die Debatte zu Beginn des Jahres sehr wohl bedauert.
Die deutschen und insbesondere die rheinlandpfälzischen Winzer verdienen eine große Anerkennung, da sie für sich allein betrachtet vor allem über die Direktvermarktung auf eine beachtliche Mehrwegquote von 52 % kommen. Das soll deutlich unterstrichen und anerkannt werden.
Demgegenüber liegt die nach der Verpackungsverordnung einzuhaltende Mehrwegquote für den gesamten Wein aus dem In- und Ausland bei 28,5 %. Schwankungen bei der Mehrwegquote von Wein liegen in der Struktur des Weinmarkts begründet.
Wenn zum Beispiel der Importanteil von Wein steigt – der Importwein wird ausschließlich in Einweg angeboten –, dann sinkt automatisch die Mehrwegquote. Deshalb besteht Handlungsbedarf, auch wenn diese vorgeschriebene Quote bis heute nicht unterschritten worden ist.
Ich korrigiere an dieser Stelle Äußerungen des Hauptverbands des Einzelhandels, der gesagt hat, das sei eine rein politische Entscheidung. Nein, auch die jetzige Verpackungsverordnung gäbe zurzeit keine Pfandpflicht für Wein her.
Nicht ohne Grund ist gerade die Erzeugerabfüllung in den vergangenen Jahren in der Gunst der Verbraucher und Verbraucherinnen so gestiegen. Das wollen wir heute noch einmal betonen. Sie ist heute so etwas wie ein Qualitätsmerkmal, auch was unsere rheinlandpfälzischen Weine betrifft.
Stellen Sie sich vor, dass künftig unsere Spitzenweine aus der Pfalz, aus Rheinhessen, von der Mosel oder der Ahr in Tankwagen nach Nordrhein-Westfalen oder nach Norddeutschland gebracht werden, um dort über den örtlichen Markt in Mehrwegflaschen abgefüllt zu werden oder umgekehrt jemand einen Bordeaux-Wein zum Beispiel aus einem Importcontainer haben möchte. Ich glaube nicht.
Solche Vorstellungen wären oder sind ein Affront gegen traditionelle Weinbaukultur. Dies macht deutlich, dass mit einer Bepfandung keine Steuerungswirkung zu erwarten wäre.
Meine Damen und Herren, im Übrigen gilt, dass wir im Vergleich zum Erfrischungsgetränkemarkt beim Wein, aber auch bei den Spirituosen eine ungleich größere Zahl von Marktteilnehmern haben. Es sind Tausende von Erzeugern, die auf den Märkten anbieten. Ein gigantischer, unverhältnismäßig hoher Logistikaufwand würde einem fraglichen ökologischen Nutzen gegenüberstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen werden wir die beabsichtigte Novelle konstruktiv begleiten. Wir wollen möglichst bald für Verbraucher einfache und transparente, für die Umwelt glaubwürdige und für die Wirtschaft – vom Hersteller bis zum Vertreiber – klare und verlässliche Lösungen.
Frau Präsidentin! Frau Ministerin, es hat niemand behauptet, dass Sie Ihre Meinung zum Dosenpfand geändert hätten. Das gestehe ich Ihnen zu, Sie waren schon immer für das Dosenpfand.
Das Ministerium aber in seiner Geschichte hatte eine ganz andere Meinung. Das wissen Sie auch. Wenn Sie von A- und B-Ländern sprechen und das unterscheiden wollen, muss man doch klar festhalten, initiativ war neben Bayern und Baden-Württemberg vor allem Rheinland-Pfalz in der Verhinderung des Dosenpfands.
In der Verhinderung des Dosenpfands war unser Bundesland aktiv. Wenn wir jetzt aktiv sind, konstruktiv eine Verbesserung des Dosenpfands zu begleiten, dann ist das ein Fortschritt.