Protocol of the Session on January 16, 2003

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist wahrscheinlich keinem entgangen, dass es seit diesem Jahr in der Bundesrepublik Deutschland das Dosenpfand gibt. Wir müssten dieses Thema heute nicht diskutieren, wenn Sie von der Landesregierung, der CDU und der FDP schon früher einer Novellierung der Verpackungsordnung zugestimmt hätten. Das haben Sie aber nicht. Deshalb ist das Dosenpfand immer noch ein politisches Thema. Deshalb ist das Dosenpfand auch ein aktuelles politisches Thema.

Wir können feststellen – das hat der Bundesumweltminister auch getan –, dass das Dosenpfand erfolgreich eingeführt worden ist. Trotz allem Widerstand aus der Politik und der Wirtschaft scheint es ein geordnetes Verfahren zu geben, nach dem – am Anfang natürlich mit ein wenig Chaos – sich eine Pfandregelung für Dosen durchsetzen kann. Man sieht auch schon die ersten Erfolge. Der Handel hat zum Teil die Einwegverpackungen aus dem Markt genommen und durch Mehrwegverpackungen ersetzt. Genau dieses Ziel wollten wir erreichen. Das war übrigens auch der Sinn des TöpferGesetzes. Wir können also feststellen: Die Dosenpfandregelung ist erfolgreich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen allerdings noch die Schwachstellen dieses Gesetzes beseitigen. Wir wollen, dass die Dosenpfandregelung einfacher und nachvollziehbarer wird. Es ist vollkommen klar, dass der Kunde – ich nehme einmal an, dass das auch für die Politikerinnen und Politiker gilt – nicht verstehen kann, weshalb eine Cola-Dose pfandpflichtig ist und dann, wenn dem Cola Whisky beigemischt wurde, keine Pfandpflicht mehr besteht. Man muss sagen, das ist eine schwachsinnige Regelung, die so nicht bleiben kann. Das ist aber eine Regelung, die auf das ursprüngliche Verfahren zurückgeht, das damals Töpfer und die CDU gemeinsam unter Zustimmung der anderen Parteien eingeführt haben, weil man gedacht hatte, man könnte durch diese Verpakkungsverordnung verhindern, dass die Mehrwegquote absinkt. Die Mehrwegquote ist trotzdem abgesunken. Da es keine Kompromisslösung im Bundesrat gab, ist das alte Pfand von Töpfer eingeführt worden.

Jetzt brauchen wir ein vereinfachtes Dosenpfand. Uns liegen die Vorschläge des Bundesumweltministeriums vor. Die haben wir übrigens vor anderthalb Jahren auch schon diskutiert. Damit ist klar, dass es kein Pfand – auch wenn der Landwirtschaftsminister dieses Angstthema für die Winzer immer wieder einmal anspricht – auf Weinflaschen, Sektflaschen und Spirituosen geben wird. Vor anderthalb Jahren hat das Jürgen Trittin in Mainz schon einmal versichert. Wenn Sie ihm damals geglaubt hätten, könnten wir uns die Diskussion jetzt sparen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die frühere Umweltministerin, Frau Martini, und der jetzige Landwirtschafts- und Wirtschaftsminister, HansArtur Bauckhage, haben immer wieder versucht, das Dosenpfand zu verhindern. Da müssen Sie nicht den

Kopf schütteln. Natürlich haben Sie versucht, das zu verhindern. Dies hat zur Konsequenz, dass die Einführung jetzt natürlich ein wenig ins Stottern geraten ist. Eine weitere Konsequenz ist, dass wir jetzt schon wieder eine Novellierung brauchen.

Diese Novellierung wird auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett hat vorgestern darüber beraten und wird mit den Ländern weitere Abstimmungsgespräche führen. Jürgen Trittin hat bereits mit Hessen, Bayern und Baden-Württemberg entsprechende Abstimmungsgespräche geführt. Man wird sich hoffentlich – mit den Ausnahmen, die ich eben genannt habe, nämlich Wein, Sekt und Spirituosen – darauf einigen können, ein verständliches und nachvollziehbares Pfandsystem durchzusetzen. Natürlich verbinden wir damit auch die Hoffnung – Frau Umweltministerin, auch wenn Sie das immer wieder anzweifeln –, das Mehrwegsystem damit stabilisieren zu können.

Es ist wichtig, dass wir ein ökologisch vorteilhaftes System haben. Sie haben vielleicht Recht damit, dass das Mehrwegsystem nicht per se ökologisch vorteilhafter ist, aber Ziel der Dosenpfandregelung ist es, ökologische und natürlich auch ökonomische Vorteile auf diesem Weg zu sichern.

Frau Conrad, wir hoffen, dass sich die Landesregierung in ihrem Weg bestärkt fühlt, den Sie gestern angekündigt haben, nämlich eine Kehrtwende zu machen und das Dosenpfand jetzt zu unterstützen, eine vernünftige Novellierung der Verpackungsverordnung zu unterstützen, dass keine gesonderten Verhandlungen mit dem Land Rheinland-Pfalz notwendig sind, damit sich das Land Rheinland-Pfalz in seiner feindlichen Haltung gegenüber dem ökologischen Verpackungssystem profilieren kann.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe bei der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Stretz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Braun, wenn Sie es unterlassen hätten, wieder das alte Lied zu singen „Wir haben das schon immer gesagt, und wir haben wieder Recht bekommen“, hätte man zu einigen Teilen sagen können, wir sind uns jetzt einig. Sie haben aber zum Schluss gesagt, es sei eine Kehrtwendung erfolgt. Wir haben noch nie eine andere Position vertreten als die, dass wir gesagt haben, die alte Begriffsbestimmung „Mehrweg ist gut und Einweg ist schlecht“ sei der falsche Weg, und deshalb benötige man eine andere Definition. Darum ging es.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wenn die jetzt bekannt gewordenen Eckwerte deutlich machen, dass man vielleicht doch eine Kehrtwende

macht und vielleicht endlich begreift, dass es nicht angehen kann, den Mehrweg in den Himmel zu jubeln und alles andere zu verteufeln, können wir damit gut leben.

Ein Streit über die Frage, für was ein Pfand richtig ist und für was ein Pfand falsch ist, bringt uns keinen Millimeter weiter, weil wir ab 1. Januar dieses Pfand haben. Jetzt müssen wir sehen, wie wir die Verpackungsverordnung – Sie haben das auch angedeutet – handhabbar machen können. Jeder Verbraucher hat wohl schnell gemerkt, dass da ein paar Kröten enthalten sind. Das haben auch die Händler gemerkt.

Ich muss sagen, es war schon spannend, im Laden herumzulaufen – ich nehme jetzt die beiden großen Ketten Aldi und Lidl – und sich die Vorgänge zu betrachten. Die haben Anfang Dezember getönt, alle pfandpflichtigen Artikel nehme man aus dem Sortiment heraus. Die Bierdosen sind zum halben Preis verscherbelt worden mit der Aussage, die verkaufen wir künftig nicht mehr. Wer am 2. Januar durch die Läden gegangen ist, musste sich die Augen reiben. Da war plötzlich alles da mit dem Aufkleber, dass jetzt 25 Cent zu zahlen sind.

Das befürchtete Chaos – das haben wir gemerkt – ist ausgeblieben. Die Verbraucher haben sich sehr zurückhaltend verhalten – das ist auch verständlich –, weil niemand so richtig gewusst hat, wie man mit dem Phänomen umgeht. Man läuft durch einen Laden. Auf manchen Dosen – bei uns sagt man Büchsen – befindet sich ein Aufkleber, auf anderen mit dem gleichen Inhalt nicht. Das versteht kein Mensch. Es ist dringend erforderlich, dass man sich schnell auf eine Novellierung einigt.

(Zuruf der Frau Abg. Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir das vor eineinhalb Jahren so schnell auf die Reihe bekommen hätten. Das ist Kaffeesatzleserei, die uns nicht weiterbringt.

Dose neben Dose, einmal hü und einmal hott. Ich meine, Dose bleibt Dose. Deshalb ist der Weg richtig zu sagen, wir müssen von der Frage weggehen, welchen Inhalt die Dose hat. Wir müssen sagen, das soll bepfandet werden, damit die Leute das auch begreifen.

Wir begrüßen, dass nun nachgebessert wird. Wir werden das, was in den nächsten Wochen und Monaten laufen wird, kritisch begleiten. Die Überschrift für eine Regelung muss lauten: Ökologisch sinnvoll und vorteilhaft.

Herr Dr. Braun, über das andere können wir reden, wie wir wollen. Es kann nicht ökologisch sinnvoll sein, die Mineralwasserflaschen aus dem Norden Deutschlands in den Süden zu transportieren und sie dort wieder abzuholen und zurückzufahren. Die Bilanzen, die uns für andere Bereiche vorliegen, sprechen eine deutliche Sprache. Deshalb muss dieser Weg eingeschlagen werden.

Ich meine, man sollte sich hüten, bei dieser Novellierung wieder Quoten einzuführen. Was hat man von einer Quote, die besagt, dass 2006 80 % dieser Art der Ver

packung auf dem Markt sein sollen, wenn man nicht auch sagt, was passiert, wenn das alles nicht der Fall ist.

Die Quoten bringen uns nicht weiter, sondern man muss den richtigen Weg gehen, der sich ein bisschen andeutet. Diesen werden wir sehr kritisch begleiten. Wir begrüßen diese Nachbesserung und hoffen, dass sie schnell kommt.

Danke schön.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Kollegen Licht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Braun, die Union war nicht grundsätzlich gegen die Einführung, sondern in dem Abwägungsprozess über das Pro und Kontra und die Betrachtung der Entwicklung, seit Töpfer das vorgelegt hat, zu der Ablehnung gekommen.

Meine Damen und Herren, das, was wir jetzt in der Entwicklung sehen, rechtfertigt nach wie vor diese Haltung. Dennoch – daran führt kein Weg vorbei – müssen wir uns jetzt mit einem Zwangspfand beschäftigen. Zur Historie und Wahrheit gehört, dass es niemand so wollte, wie wir es jetzt haben.

Darum müssen wir uns sehr schnell über eine Novelle verständigen, um einigen Unsinn vom Tisch zu bekommen; denn zurzeit weiß keiner so richtig, welches Produkt vom Pfand betroffen ist und was passiert, wenn die Quote eingeführt wird. Der Verbraucher steht mit schüttelndem Kopf vor manchen Regalen. Das ist das, was dabei herausgekommen ist.

Herr Kollege Braun, in der Debatte gibt es einen Bruch. Mehrweg ist grundsätzlich besser als Einweg. Das stimmt schon lange nicht mehr. Auch hier hat sich eine deutliche Entwicklung ergeben.

(Beifall der CDU)

Wenn man über die Novelle spricht, birgt das die Gefahr, doch wieder eine Quote einzubauen.

Frau Ministerin, Sie werden vielleicht dazu etwas sagen, ob man in der Novelle doch wieder eine Quote festhalten oder komplett auf eine solche verzichten soll; denn ein kompletter Verzicht wäre, was das Handling angeht, wesentlich einfacher und praktikabler.

Meine Damen und Herren, eine Novelle soll vereinfachen. Danach soll ein generelles Pfandpflicht auf alle Einwegverpackungen unabhängig vom abgefüllten Getränk eingeführt werden. Davon ausgenommen sind Getränkekartons und Schlauchbeutel für Milch sowie Wein- und Spirituosenflaschen. Auf die Mehrwegquote

als Kriterium für ein Auslösen der Pfandpflicht soll künftig verzichtet werden. Ich glaube, so ist die Einigung.

Frau Ministerin, ich bin gespannt, was Sie ausführen, nämlich ob es dabei bleibt oder wie die Einigung sein kann, auf die sich die Bundesländer festlegen.

Wir werden in einiger Zeit auch bei uns noch einmal bewerten müssen, mit welchem Erfolg das Ganze eingeführt würde. Ein Blick nach Schweden zeigt, dass dort nicht weniger, sondern wesentlich mehr Dosen im Umlauf sind. Die Dosen – das ist vielleicht das Positive – werden weniger im Wald, sondern mehr im gelben Sack verschwinden. Es lässt sich darüber streiten, wie wir uns insgesamt in dem System weiterentwickelt haben.

Meine Damen und Herren, das ist eine Entwicklung, die viele Fragen ausgelöst hat. Alles ist noch nicht geklärt. Ich bin gespannt, was sich in der Novelle letztendlich zeigt. Wir werden mit den Umständen leben. Wir sollten sie so vereinfachen, dass die Umsetzung für alle praktikabel ist, und zwar trotz der riesigen Investitionen, die auf den Handel zukommen werden. Das wird die Verbraucher belasten; denn das wird umgelegt. Was am Schluss in der so genannten Ökobilanz volkswirtschaftlich herauskommt, halte ich immer noch für ein Fragezeichen.

Danke. (Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hohn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Koalitionsvereinbarung der Regierungsfraktionen wird deren Haltung zur Ablehnung des Zwangspfands bekräftigt. Die Würfel sind gefallen. Das Dosenpfand ist seit zwei Wochen geltendes Recht. Gegner und Befürworter des Dosenpfands haben die Fakten zu akzeptieren und zu versuchen, das Beste daraus zu machen.

Herr Kollege Braun, man kann trefflich darüber streiten, wer eine Kehrtwendung machen muss. Wenn jemand eine Kehrtwendung machen muss, ist es Ihr Umweltm inister in Berlin.

(Beifall des Abg. Creutzmann, FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch jetzt Quatsch!)

Meine Damen und Herren, nach wie vor ist die FDPFraktion nicht davon überzeugt, dass das Dosenpfand zu einer wesentlichen ökologischen Verbesserung führt und der Mehrweganteil erhöht wird. Wir sind außerdem davon überzeugt, dass die entstehenden Kosten für die Umsetzung des Dosenpfands letztendlich der Verbraucher bezahlen muss.

Meine Damen und Herren, ich kann der Ministerin Conrad nur beipflichten, wenn sie in ihrer Presseerklärung