Protocol of the Session on November 7, 2002

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, kehren Sie und die Landesregierung endlich zu einer seriösen und Recht und Ordnung entsprechenden Haushaltspolitik zurück.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Kehren Sie an Ihren Platz zurück!)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor nicht allzu langer Zeit haben wir nachvollziehbar und glaubwürdig den Fahrplan erläutert und begründet, in welcher Art und Weise der Finanzminister den wegbrechenden Einnahmen in diesem Land gerecht geworden ist. Ich möchte den sehen, der diese dramatische Einnahmensituation vor Jahresfrist so vorausgesehen hat. Frau Thomas, das nehme ich Ihnen nicht ab.

Dieses Wegbrechen der Einnahmen hat in der Bundesrepublik kein Vorbild. So etwas erleben wir zum ersten Mal in dieser Dimension.

(Beifall der FDP und der SPD)

Im Verlauf des Jahres 2002 hat der Finanzminister jeweils angemessen auf die neue Einnahmensituation reagiert. Dieser Haushalt hat kein Ausgabenproblem, sondern er hat ein Einnahmenproblem. Damit stehen wir bundesweit nicht allein, und das ist allgemein bekannt.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Meine Damen und Herren, der Fahrplan, der vorgelegt wurde, ist seriös und nachvollziehbar. Dieser Fahrplan ist zwingend, wenn wir die kurz bevorstehende Steuerschätzung im November abwarten. Unmittelbar darauf, in einer Haushaltsklausur des Kabinetts, werden Maßnahmen erörtert, die letztendlich in den Entwurf des Nachtragshaushalts einfließen werden.

Dann brauchen Sie nur noch Ihre vier Finger. Es ist dargestellt worden, dass man vier Monate benötigt. Daraus folgend ergibt sich ein Zeitraum bis Anfang April. Dieses Verfahren ist ein normales Verfahren. Es ist auch nicht zu beschleunigen. Da hat der Kollege Ramsauer völlig Recht. Es ist auch im Interesse der Opposition, dass wir das Verfahren nicht im Schweinsgalopp durchziehen.

Es ist in den Umrissen bereits bekannt, welche Einnahmenverluste uns 2003 treffen werden. Diese Einschnitte sind so gravierend, dass wir uns sehr intensiv auch in der Diskussion mit der Opposition damit beschäftigen

müssen. An diesem Fahrplan führt kein Weg vorbei. Der Termin „2. April 2003“ ist in der Tat unumstößlich.

Das bedeutet nicht, dass der Finanzminister und das Kabinett nicht in der Lage wären, im Zeitraum von Januar bis Anfang April die entsprechenden haushaltspolitischen Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist machbar. Sie können nicht den Eindruck suggerieren, als wäre die Zeit bis Anfang April haushaltspolitisch von der Landesregierung nicht zu handhaben. Ich bin sicher, dass dieses so erfolgen wird. Der Fahrplan ist in sich logisch. Der Zeitraum ist nicht zu verkürzen. Aus diesem Grund verstehe ich, offen gesagt, Ihre Kritik an der Terminplanung nicht.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht nun Herr Finanzminister Mittler.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Thomas, ich schlage vor, wir lassen die Tassen einmal im Schrank.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Tassen?)

Wir lassen die Tassen im Schrank, wo sie auch hingehören.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es ist doch absurd, der Landesregierung oder dem Finanzminister zu unterstellen, er betreibe Verschleppung, Verzögerung und was sonst noch gesagt wurde. Das ist doch absurd.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben angekündigt, dass wir für das Jahr 2003 einen Nachtragshaushalt einbringen werden. Wir werden uns in einer zweitägigen Klausur im Ministerrat Ende November zur Beratung zurückziehen. Wir werden dort die Grundlage dieses Nachtragshaushalts sowie auch für die fortzuschreibende Finanzplanung legen.

Wir werden Anfang Dezember den Aufstellungserlass auf dieser Grundlage an die Häuser herausgeben, und dann beginnt Business as usual. Dies erfolgt nicht gemächlich, sondern durchaus zielorientiert. Dann beginnen die Ressortverhandlungen, die wir im Januar abschließen werden – die Weihnachtsferien liegen dazwischen –, und dann beginnt viel Technik.

Der 2. April ist doch kein politisches Datum. Es ist doch keine politische oder ideologische Frage, wann wir den Nachtragshaushalt einbringen, sondern es ist eine praktische Frage. Wir werden doch in der Zwischenzeit keine

Zeit verschenken, sondern wir werden mit dem Instrument des Haushaltserlasses Vorkehrungen dafür treffen,

(Wirz, CDU: Am Parlament vorbei!)

dass das Parlament in seinen Handlungsmöglichkeiten in keiner Weise eingeschränkt wird. Das ist doch selbstverständlich.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Unabhängig vom Interesse des Parlaments ist dies doch auch das ureigene Interesse des Finanzministers.

Meine Damen und Herren, hätten wir den Nachtrag im Sommer verabschiedet, was wäre denn dann heute anders?

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kann höchstens der arroganten Selbstüberschätzung entspringen anzunehmen, dass dann irgendetwas anders wäre und sich auf der Einnahmenseite irgendetwas anderes vollzogen hätte als das, was nun eingetreten ist.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es redet doch niemand von der Einnahmenseite!)

Nein, das ist billige Polemik, die mit der Sache überhaupt nichts zu tun hat.

(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)

Ich hänge auch nicht an dem 2. April. Ich sage dies in aller Offenheit. Wenn sich im Verlauf der Ereignisse darstellen sollte, dass es auch eine Woche oder zwei früher geht, hätte ich überhaupt nichts dagegen einzuwenden. Wir werden es auch mit großem Druck vorantreiben. Aber ich bitte doch zu sehen, dass wir das Haushaltswerk, das Zahlenwerk, das für 2003 bereits verabschiedet ist, nicht nur marginal verändern werden, sondern es wird eine von Grund auf neue Haushaltsplanberatung geben.

(Beifall der FDP)

Nach aller Erfahrung, die wir in diesem Land seit 50 Jahren gesammelt haben, wird dafür ein Zeitmaß von rund vier Monaten gebraucht; denn wenn die Schnelligkeit mit der Gründlichkeit im Wettbewerb liegt, so hat in einer solchen Frage immer die Gründlichkeit zu obsiegen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte eine letzte Anmerkung zu dem Thema machen, das Sie angesprochen haben, Frau Thomas. Es wird Ihnen nicht gelingen, in der Frage der Vermögenssteuer einen Dissens zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister auszumachen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den gibt es doch schon! Den brauchen wir gar nicht erst herbeizureden!)

Lassen Sie mich das einmal erläutern. Herr Dr. Braun, Sie sind so sehr in sich verliebt,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagt genau der Richtige!)

dass Sie bei dem, was andere zu sagen haben, schon gar nicht mehr zuhören.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit Jahren mache ich unter Hinweis auf den alljährlich erscheinenden Finanzbericht der Bundesregierung darauf aufmerksam – ich tue dies, solange ich im Amt bin –, dass in keinem Industriestaat der Welt der Beitrag des Vermögens und des Vermögensverkehrs zum Gesamtaufkommen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen so niedrig ist wie in Deutschland.

Ich weise außerdem immer wieder darauf hin, dass in allen anderen europäischen Ländern, mit Ausnahme von Österreich, dieser Beitrag doppelt und dreifach so hoch ist. Wenn man gar über den Kontinent nach Großbritannien, USA, Kanada und Japan hinaus geht, dann stellt man fest, dass diese Steuerquote des Anteils des Vermögens und des Vermögensverkehrs am Gesamtaufkommen bis mehr als viermal so hoch wie in Deutschland ist. Deswegen bin ich auch der Meinung, dass wir in Deutschland eine seriöse Debatte über die steuerliche Gesamtarchitektur dringend brauchen, was also in welchem Umfang zum Gesamtsteueraufkommen beitragen soll. So sind die Zeiten aber nicht.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Ich komme nun zu meiner Aussage. Es gibt die definitive Aussage und Festlegung der Oppositionsparteien im Bundestag, was auch mit dem Bundesrat zu tun hat, dass es eine Wiederbelebung und Revitalisierung der Vermögenssteuer nicht geben wird. Allein aus diesem Ereignis ziehe ich den Schluss, wenn dies so ist, dann muss ich mich, was die aktuelle Diskussion angeht, damit nicht beschäftigen.

(Creutzmann, FDP: Sehr gut!)