Damit bin ich bei dem aus meiner Sicht entscheidenden Punkt, dass ich dem zentralen Satz von Herrn Böhr ohne Wenn und Aber zustimmen kann. Es geht darum, die Würde des Menschen zu schützen, und zwar unabhängig von seiner individuellen genetischen oder sonstigen Ausstattung. Das ist ein zentraler Satz für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Ich will mir nur erlauben, in dieser Diskussion darauf hinzuweisen, dass er so wichtig ist, weil er tagtäglich allein in Deutschland 80 Millionen lebende Menschen jede Minute und jede Sekunde betrifft. Deswegen ist er so wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der zweite Satz – Herr Böhr, ich hoffe, dass Sie das richtig verstehen, wenn ich an Sie anknüpfe – findet meine ungeteilte Zustimmung, nämlich dass wir in der konkreten Diskussion über Schlussfolgerungen überlegen müssen, was aus dieser Grundsatzposition in der Anwendung auf eine konkrete Fragestellung für die gesamte Gesellschaft daraus resultiert.
Da fängt die Sache an schwierig zu werden, weil ich bereit bin, mich zu outen, liebe Frau Thomas. Es gibt zumindest einen im Raum, der Ihre Position für eine in der Umsetzung wichtige Positionierung nicht teilt. Ich meine, eine Samenzelle ist auch schon etwas Lebendiges. Ich weiß nicht, ob es halbes Leben oder ob es ganzes Leben gibt.
Sehr verehrte Frau Thomas, wenn Sie mich zwingen – was ich tun muss – mich festzulegen, wenn ich mich bei dem im Augenblick festzulegenden Punkt fixieren müsste, würde ich die Vereinigung von Ei und Samenzelle nicht als den entscheidenden Punkt des Lebens definieren, weil vorher auch schon etwas Lebendiges da ist. Was danach passiert, ist auch nicht lebensfähig. Es ist immer noch künstlich.
Wenn Sie mich zwingen, es zu definieren, dann würde ich sehr wohl den Moment, in dem diese Einheit ohne
menschliches externes Zutun lebensfähig ist – über die Einnistung in den Mutterkuchen –, als den Zeitpunkt definieren, ab dem es von sich aus weiter existieren kann.
Ich meine aber, dass ich im Rahmen meiner politischen Verantwortung gezwungen bin, Ihre Position, die offenbar von der Mehrheit geteilt wird, völlig zu respektieren. Es ist also eine Lösung zu finden, die auch solche Menschen mit dem Problem umgehen lässt, die den Schnittpunkt an dieser Stelle setzen.
Das gilt nicht für die Frage der PID, sondern wenn ich aus der Haltung zur PID Grundsatzpositionen dergestalt ableite, dass die PID, wenn man sie zulässt, automatisch eine Aussage über den Wert des Menschen in Abhängigkeit von seiner genetischen Ausstattung treffen würde, gilt diese Grundsatzaussage auch für anderes. PID bedeutet, dass ich eine Diagnose mache – nicht die Folgerung. Eine Diagnose über die genetische Ausstattung mache ich auch bei der Amniozentese in der 15. Schwangerschaftswoche ober bei der Chorionbiopsie in der 10. Schwangerschaftswoche; dies in der Bereitschaft, in bestimmten Fällen danach zu handeln.
Frau Thomas, wenn der Nachweis angetreten ist, dass diese Gesellschaft in der Lage ist, damit umzugehen, und es Steuerungsmöglichkeiten mit allen Fehlern, die im Einzelfall einmal vorkommen werden, gibt, frage ich Sie: Warum soll das dieser Gesellschaft nicht auch im Bereich der PID gelingen? – Wenn wir diese absoluten Folgerungen aus PID in der Negation ableiten, muss sich dieses Parlament auch über die anderen Bereiche unterhalten, meine Damen und Herren. Ich sage ausdrücklich, dass man das kann, aber man darf nicht verschweigen, dass das eine notwendige Folgerung ist.
Frau Thomas, dann müssen Sie sich natürlich wieder die Frage stellen lassen, was mit den Millionen von Ehepaaren ist, die ohne In-vitro-Fertilisation keine Kinder bekommen können.
Tatsache bei der In-vitro-Fertilisation ist, dass Embryonen zumindest nach dem heutigen Stand – Frau Hammer hat Recht – nicht alle eingepflanzt und zum Leben gebracht werden können.
Herr Böhr, das heißt, die absoluten Folgerungen führen dazu, dass in der gesellschaftlichen Konsequenz in ganz anderen Dimensionen gedacht und Handlungen vollzogen werden müssen, die Sie – zumindest wie ich es bisher gehört habe – nicht infrage stellen wollen. Deswegen mein ganz betonter Appell: Nehmen Sie das noch einmal auf und versuchen Sie, in der gemeinsamen Beratung eine Linie zu finden und letzten Endes die leicht unterschiedlichen Standpunkte in der Definition, in Wirklichkeit relativ akademischer Art, wann Leben mit welcher Auswirkung beginnt, doch unter einen Hut zu bekommen, weil damit das zentrale Anliegen, dass es eines Schutzes der Würde des Menschen völlig unabhängig von seiner genetischen Ausstattung in den Millionen und Abermillionen Fällen des täglichen Umgangs
und der täglichen Realität bedarf, eine massive Unterstützung und eine lang dauernde Sicherung erfährt.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Minister Zöllner, ich habe mich gemeldet, weil ich in einem Punkt am Beginn der Diskussion genauso wie Sie gedacht habe. Ich habe nämlich den Versuch unternommen, zwischen der Diagnostik als einer ganz wertfreien Methode und den nicht zwingend von der Anwendung dieser Diagnostik abgeleiteten möglichen Folgen zu unterscheiden. Sie haben diese Unterscheidung getroffen. Das war mein Denken am Anfang.
Ich glaube, dass diese Unterscheidung in einem Punkt eine Abstraktion vollzieht, die ich in der Schlussfolgerung für nicht erlaubt halte. Sie sieht völlig von der Intentionalität ab. Es ist natürlich eine abstrakte Konstruktion zu glauben, dass Präimplantationsdiagnostik vollzogen wird, ohne dass diesem Vollzug eine Intention zugrunde liegt. Die Intention des Vollzugs der Diagnose, die für sich wertfrei und wertneutral ist, kann natürlich nur die Unterscheidung bestimmter Risiken und eine davon abgeleitete Selektion sein, die dann auch vollzogen wird. Ich glaube, das ist mehr als eine abstrakte Gefahr. Es ist diesem Schritt innewohnend. Deswegen habe ich von der Unterscheidung zwischen der wertfreien diagnostischen Methode und dem durchaus wertgebundenen Handeln, das sich daran anschießt, Abstand genommen. Ich denke, man kann im Vollzug das eine nicht vom anderen trennen.
Herr Professor Zöllner, ich weiß nicht, ob wir damit weiterkommen, wenn wir nur die Ähnlichkeit zwischen PND und PID feststellen und sagen: Beides sind diagnostische Instrumente – ich sage es einmal wertneutral – in völlig unterschiedlicher Umgebung. – Das eine ist ein diagnostisches Instrument während der Schwangerschaft mit allen damit verbundenen Problemen, auch mit den Problemen von oft sehr problematischen Spätabtreibungen. Das andere ist die Anwendung einer diagnostischen Methode an einem Embryo, das in der Schale vor Ihnen liegt und wo die Diagnostik etwas anderes
ermöglicht außer der Frage einer negativen Selektion. Das ist das, was bei PID stattfindet bzw. stattfinden kann.
Für mich haben in der Diskussion zwei Fragestellungen, die in der Enquete-Kommission sehr klar formuliert wurden – so gut bekomme ich das gar nicht hin; deswegen will ich diese vortragen – schon eine andere Bedeutung bekommen. Diese hat gesagt: Steht PID am Ende der Methodenentwicklung der Reproduktionsgenetik, so bedarf vor allem die damit verbundene Selektion von Embryonen in vitro der ethischen und rechtlichen Bewertung. – Das ist die Diskussion, die heute geführt wird und in der hauptsächlich von der SPD und der FDP Vorschläge unterbreitet werden.
Die andere Frage lautet: Stellt PID hingegen lediglich einen Zwischenschritt auf dem Weg zur Identifikation zukünftig womöglich heilbarer genetischer Defekte bzw. veränderbarer genetischer Merkmale dar, so scheint die Diskussion um die Keimbahnintervention und die genetische Verbesserung des Individuums samt aller damit verbundenen ethischen und rechtlichen Probleme am Horizont der Beurteilung von PID als Teil der Reproduktionsgenetik.
Diese Perspektive hat mich dazu geführt, dass ich in meinem ersten Beitrag Beispiele aufgeführt habe, wo schon weit über das hinaus gegangen wird, was wir diskutieren. Damit unterstelle ich keinem von Ihnen, dass Sie genau diese Praxis wollen. Das tue ich nicht. Ich möchte nur, dass man die nachfolgende Entwicklung mit bedenken muss, wenn man sich auf diesen Weg und die Weiterentwicklung in der Reproduktionsgenetik begibt. Das können wir doch auch bei den anderen in der Entwicklung sehen. Das ist doch nicht von Anfang an die Intention gewesen. In dem Moment, in dem das Embryo in der Petrischale vor Ihnen liegt und Sie diese Diagnostik unternehmen, ist der Schritt bis hin zu einer Veränderung – ich spitze es zu – im Sinn einer Manipulation gegeben. Das ist für mich ein konsequenter Schritt, den man mit bedenken muss. Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie das möchten.
Wir sehen aber, dass diese Praxis vollzogen wird. Wir sehen vor allen Dingen, wie schwierig die Eingrenzung ist, wenn wir auf diesem Weg der Reproduktionsgenetik weiter in dieser Konsequenz gehen würden.
Wir sind damit am Ende der Aussprache. Es liegen vier Anträge vor, davon drei Anträge mit einer Beschlussempfehlung. Von Herrn Kollegen Dr. Böhr ist angedeutet worden, dass auch Einzelabstimmung gewünscht ist. Ich rufe die Anträge im Einzelnen auf und bitte um entsprechende Wortmeldung.
der Bioethik: Embryonenschutz sichern und Verbot der Präimplantationsdiagnostik beibehalten, verbrauchende Embryonenforschung verhindern und geeignete Alternativen in der biomedizinischen Forschung nutzen“ – Drucksache 14/1077 – betreffend. Die Beschlussempfehlung empfiehlt die Ablehnung. Gibt es besondere Wünsche für das Abstimmungsverfahren? – Herr Jullien, bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU schlägt folgenden Abstimmungsverlauf vor: Wir bitten, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/1077 – wie folgt in vier Einzelabstimmungen aufzuteilen:
Innerhalb der Fraktion wurde dahin gehend Übereinstimmung erzielt, dass hinsichtlich der Thematik „Präimplantationsdiagnostik (PID) “ Ausschussüberweisung erfolgt.
Ich frage die Antrag stellende Fraktion, ob sie mit diesem Verfahren einverstanden ist. Der Antrag ist eine Einheit. Es gibt auch Passagen, die Herr Jullien nicht zur Einzelabstimmung gestellt hat. – Frau Kollegin Thomas.
Vielen Dank. Wir können so verfahren. Ich will noch einmal bestätigen, dass alle Passagen, die in dem Antrag über die Präimplantationsdiagnostik enthalten sind, herausgenommen und an den entsprechenden Ausschuss überwiesen werden.
Meine Damen und Herren, dann gehen wir jetzt im Einzelnen vor. Ich rufe jetzt den ersten Teil der Drucksache 14/1077 auf, den Herr Jullien nicht genannt hat. Wer dem Abschnitt I zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Ich stelle fest, dass dieser Abschnitt mit den Stimmen der SPD und der FDP abgelehnt ist.
Ich schlage vor, dass wir nunmehr die Einzelabstimmung zu Abschnitt II vornehmen. Dann stimmen wir in einer Schlussabstimmung über den Rest ab. Das ist in der Reihenfolge sinnvoll. Wir fangen mit der Abstimmung II an, wie Herr Jullien das vorgeschlagen hat.
Wir halten fest, dass wir über den Abschnitt I abgestimmt haben und überlegen, ob wir das nachher bei der Bewertung noch brauchen.
Jetzt kommen wir zum Abschnitt II, zu dem Herr Jullien die Einzelabstimmung beantragt hat. Wir stimmen zunächst über die ersten drei Spiegelstriche ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer lehnt ab? – Ich stelle fest, dass die ersten drei Spiegelstriche des Abschnitts II mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt sind.
Dann kommen wir zu dem zweiten Teil, der beginnt: „Der Landtag von Rheinland-Pfalz begrüßt,...“, und zwar die sechs Spiegelstriche auf Seite 2. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Enthaltung? – Ich stelle fest, dass diese Spiegelstriche mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt sind.
Wir kommen dann zur Seite 3. Es handelt sich um einen Spiegelstrich, der mit der Einleitung „Der Landtag teilt die Auffassung der Mehrheit des Deutschen Bundestages,...“ beginnt. Wer diesem Teil zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Ich stelle fest, dass dieser Teil des Abschnitts II angenommen ist.
Wir kommen jetzt zu Abschnitt III, die Präimplantationsdiagnostik betreffend. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Ich stelle fest, dass die Ausschussüberweisung einstimmig beschlossen ist.