Protocol of the Session on November 7, 2002

(Jullien, CDU: Steuer, keine Abgabe!)

Im Jahr 2001 ist sie aufgrund der Steuerreform auf 21,6 % gesunken. Diese Differenz von 1,5 Prozentpunkten macht bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt eine Steuermindereinnahme des Staates von gut 30 Milliarden Euro aus. Das sind 60 Milliarden DM alter Rechnung. In diesem Jahr werden wir eine Steuerquote haben, die erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland unter 21 % sinkt, wahrscheinlich auf 20,8 %. Das bedeutet noch einmal eine weitere Steuermindereinnahme des Gesamtstaats um rund 16 Milliarden Euro, das heißt, von 2000 auf 2002 reduziert sich die gesamtstaatliche Einnahme um rund 46 Milliarden Euro, rund 90 Milliarden DM. Davor können wir doch nicht die Augen verschließen. Wir müssen auch die Frage – – –

(Jullien, CDU: Die Ökosteuer!)

Alles drin. Die Ökosteuer. Das ist doch alles drin.

(Jullien, CDU: Wie hoch ist die Abgabenquote?)

Selbstverständlich ist die Ökosteuer – – –

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Nein. Herr Jullien, machen Sie sich sachkundig. Es stimmt nicht. Die Ökosteuer ist in der Steuerquote enthalten. Sie wird auch als Steuer erhoben.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Die Abgabenquote ist ebenfalls gesunken.

(Jullien, CDU: Wo liegt die denn?)

Sie müssen sich schon sachkundig machen. Ich kann Ihnen das in fünf Minuten nicht erklären.

Deswegen müssen wir auch die Frage stellen, wie vital und leistungsfähig der Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland bleiben will. Die Gesundung der öffentlichen Finanzen kann nicht nur auf der Ausgabenseite geschehen, sondern auf der Einnahmenseite muss auch

mit berechenbaren Grundlagen weiterhin Politik gestaltet werden können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Jullien.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was wir von Herrn Finanzminister Mittler gehört haben, insbesondere in Bezug auf die Eigenheimzulage und die weiteren Steuererhöhungsabsichten der Bundesregierung, kann ich grundsätzlich nur unterstreichen. Herr Finanzminister, ich hoffe, dass Sie das auch wahr machen und umsetzen, was Sie gesagt haben. Jede einzelne Maßnahme wird auf den Prüfstand kommen. Daran werden wir Sie zu gegebener Zeit mit Sicherheit erinnern und das Ergebnis Ihrer Überprüfung abfragen, Herr Minister.

(Beifall des Abg. Kramer, CDU)

Herr Dr. Braun, Sie haben einiges gesagt. Ich bin der Auffassung, Sie sollten, wenn es um den Bereich geht, der nicht Ihr Kerngebiet ist, nämlich Steuern und Finanzen, nicht auf diese Art und Weise an die Öffentlichkeit gehen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da spricht der Richtige!)

Ich empfehle Ihnen die Lektüre dessen, was das Mitglied der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Oswald Metzger, am 2. November in einem Interview gesagt hat. Das Interview werde ich Ihnen gern zur Verfügung stellen. Ein Satz lautete: „Steuererhöhungen sind der falsche Weg, um Haushalte zu sanieren.“ Diesen Satz sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben, Herr Dr. Braun und die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich vielleicht noch etwas zu den Steuererhöhungen bzw. zu den Steuersenkungen sagen. In Amerika, das uns immer im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage vorgehalten wird, ist festzustellen, dass es in den vergangenen 20 Jahren nur Steuersenkungen gegeben hat. Ex-Präsident Reagan hat damit in den 80er-Jahre begonnen. Den Wirtschaftsboom in Amerika konnten wir in den 90er-Jahren feststellen.

Meine Damen und Herren, worauf ist das zurückzuführen? Die Philosophie ist relativ einfach. Je mehr Geld die Bürger und Unternehmer in der Tasche haben, umso besser kann die Wirtschaft angekurbelt werden. Das ist doch die Botschaft, die Rotgrün nicht wahrhaben will.

(Zuruf des Abg. Raumsauer, SPD)

Herr Ramsauer, Sie verkennen die Situation. Niedrige Steuern führen dazu, dass die Verbraucher mehr Geld in der Tasche haben. Niedrige Steuern führen dazu, dass den Unternehmern mehr Geld verbleibt. Was geschieht dann damit? Die Verbraucher konsumieren mehr, und die Unternehmer investieren mehr.

(Pörksen, SPD: Luxemburg sage ich da nur!)

Durch Investitionen entstehen Arbeits- und Ausbildungsplätze. Das sollten auch die Sozialdemokraten wahrnehmen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist doch ein Vierklang, den wir derzeit von Rotgrün aus Berlin erleben, der nur nach dem Motto geht: Streichen, Kürzen, Sparen und Steuererhöhungen vornehmen. Wie das funktionieren soll, dass sollten Sie einmal darlegen.

Der Herr Finanzminister hat immer sehr deutlich von der Steuerquote gesprochen, aber leider nicht von der Abgabenquote.

(Glocke des Präsidenten)

Darauf muss der Fokus gelenkt werden; denn wir haben in Europa die höchste Abgabenquote. Es ist eine Abgabenqoute, die bei insgesamt über 50 % liegt. Das ist einfach zu viel. Wir müssen die Abgabenquote einschließlich der Steuerquote senken. Daher sind Steuersenkungen, aber nicht Steuererhöhungen das Gebot der Stunde. Meine Damen und Herren, daran wird diese Landesregierung gemessen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schwarz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorhin ist auch von der Einnahmenseite gesprochen worden. Es wird immer wieder darüber philosophiert, wie das verändert werden kann. In der Koalitionsvereinbarung wird deutlich, dass es darum geht, mehr Beschäftigung zu bekommen. Darüber hinaus wird in der Koalitionsvereinbarung darauf hingewiesen, dass es darum geht, den Arbeitsmarkt neu zu konsolidieren. Das heißt also, dass wir in Zukunft eine ganze Menge mehr tun müssen, um mehr Beschäftigung zu erreichen.

Wenn wir über mehr Beschäftigung reden, müssen wir uns aber auch vor Augen halten, dass Investitionen in Zukunft verstärkt eingesetzt werden müssen. Sehen Sie sich die Koalitionsvereinbarung doch einmal an. Beginnen Sie mit dem Zukunftsprogramm „Mobilität“. Vergleichen Sie das mit den Zahlen aus der Vergangenheit, als Sie noch Verantwortung in diesem Bereich hatten. Die Zahl von 9,4 Milliarden ist im Jahr 2002 auf 11,5 Milliar

den gesteigert worden und wird im Jahr 2003 auf 12,3 Milliarden gesteigert.

(Jullien, CDU: Nur durch Schulden!)

Nehmen wir als zweiten Punkt die Bereiche Bildung und Forschung. In der Vergangenheit waren es 7 Milliarden, und jetzt ist es auf 8,5 Milliarden gesteigert worden. Das sind Investitionen in die Zukunft.

(Jullien, CDU: Wie solide finanziert?)

Sie werden finanziert. Die Koalitionsvereinbarung sagt aus, dass es durchgesetzt wird. Mich hätte an dieser Stelle interessiert, wie Sie in der Lage sein wollen, die Zukunft der Bundesrepublik zu gestalten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Jullien, Sie haben es lediglich heruntergeredet und schlechtgemacht. Das müssen Sie aber auch tun; denn Sie haben an diesem Pult nicht davon geredet, dass wir weniger Arbeitslose haben müssen, sondern Sie haben eine Prognose abgegeben, dass wir 4,5 Millionen Arbeitslose haben werden. Dann müssen Sie die Situation auch schlechtreden, damit Ihre Prognose eintritt. Drehen Sie sich und helfen Sie mit, dass der Arbeitsmarkt wieder anspringt! Hören Sie auf, dagegen zu reden!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir führen derzeit eine Diskussion, in der erkennbar ist, dass man sich überhaupt nicht bewegen will. Vorhin ist der Begriff „interessengeleitete Diskussion“ gefallen. Das steht im Zusammenhang mit dem Vorschlag von Herrn Clement in Bezug auf die Umsetzung der Leiharbeit. Das sind natürlich Interessen. Aber auch dort wird es zu einem Kompromiss kommen. Es gibt Öffnungsklauseln. Gerade diejenigen, die dies wahrscheinlich in der Vergangenheit gar nicht genutzt und nicht umgesetzt haben und die keine Erfahrung damit haben, treten großmäulig auf dem Markt auf und sagen, dass das kontraproduktiv sein könnte.

(Pörksen, SPD: Sprechen Sie von Herrn Jullien?)

Das gleiche gilt für das Gesundheitswesen. Ich kann verstehen, dass man der Meinung ist, dass man mit der Deckelung nicht auskommen kann.

(Glocke des Präsidenten)