Protocol of the Session on September 26, 2002

Die von der CDU erhobene Forderung, die Sozialversicherungspflicht für ehrenamtlich aktive Bürger wieder zu streichen, macht wenig Sinn; denn an Ihrer Stelle müsste statt dessen eine Pauschalbesteuerung für die sozialversicherungspflichtigen 325-Euro-Jobs eingeführt werden.

Meine Damen und Herren, ob die Abzüge an die Sozialversicherung oder an die Steuer abgeführt werden, ist für die Betroffenen völlig unerheblich. Ich apelliere noch einmal – Herr Staatsminister Zuber hat es gesagt –, immer wieder den Versuch zu unternehmen, die bürokratischen Hemmnisse, die eingeführt wurden, doch etwas zu beseitigen. Wir hoffen, dass er mit seinem Vorstoß erfolgreich sein wird.

Bei dieser Gelegenheit darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die Lohnsteuerrichtlinien bereits jetzt vorsehen, dass die Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen künftig nachweisfrei bis monatlich 154 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. Meine Damen und Herren, bürgerschaftliches Engagement ist jedoch nicht nur eine Frage des Geldes.

(Kramer, CDU: Richtig!)

Wir müssen in unserer Gesellschaft den Gemeinsinn wieder stärken. Ich will nicht verhehlen, dass es sehr viele junge Menschen, sehr viele Eltern, auch sehr viele ältere Mitmenschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren und damit unserer Gesellschaft und damit uns allen einen großen Dienst erweisen. Der Staat – selbst wenn er es wollte – kann ehrenamtliches Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger nicht ersetzen. Deshalb darf ich mich an dieser Stelle einmal sehr herzlich im Namen der FDP-Fraktion – aber ich gehe davon aus, im Namen von Ihnen allen – für die geleistete Arbeit der Ehrenamtlichen in Rheinland-Pfalz bedanken.

(Beifall bei FDP und SPD)

Vielen herzlichen Dank für den Dienst an unserer Gesellschaft, für die Menschen in unserer Gesellschaft und damit auch für unsere Gesellschaft!

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen hatten diesen Antrag gestellt, um auch eine Alternative zu dem Vereinsbesteuerungsantrag aufzuzeigen. Deswegen hat der Herr Kollege Pörksen sich noch einmal in seinem Redebeitrag erregt, weil wir beide dachten, man würde diesen etwas schwachen Antrag der CDU gemeinsam diskutieren können. Aber die Union hat auf getrennter Beratung bestanden.

(Schnabel, CDU: Nein, nein! – Jullien, CDU: Der Antrag war viel zu wertvoll, um ihn mit diesem Antrag zu diskutieren!)

Nun haben wir das natürlich getrennt diskutiert.

(Weitere Zurufe von SPD und CDU)

Da gehen die Ansichten auseinander. Herr Kollege Jullien, wir sollten uns zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erregen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich hoffe, dass Sie diesem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP zustimmen können.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch eine Bes uchergruppe im Landtag begrüßen, und zwar die Mitglieder des Westerwaldvereins Daubach. Herzlich willkommen im Landtag Rheinland-Pfalz!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Marz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Der Antrag der Koalitionsfraktionen zeigt wieder einmal den Spruch: Weniger ist unter Umständen mehr. –

Würde Ihr Antrag lauten: Der Landtag begrüßt – ich zitiere aus Ihrem Antrag –, dass der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ eingesetzt, dass diese Ihren Abschlussbericht vorlegt hat und dass die darin festgehaltenen Empfehlungen in der kommenden – also in der nächsten – Wahlperiode des Bundestages umgesetzt werden, wären wir erstens einverstanden gewesen, und zweitens hätte die Sache noch ein wenig Substanz gehabt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Kramer, CDU: So ist es! – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Ansonsten muten Sie uns einen Antrag zu, der sich im letzten Teil in einigen völlig unverbindlichen Äußerungen ergeht, die Sie natürlich draußen – ich weiß ganz genau, wie Sie das machen – zur Weckung von Hoffnungen verwenden und hier drinnen nein sagen, wenn entsprechende Vorschläge kommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Jullien, CDU: Ja, so ist es! – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich lese Ihnen jetzt noch einen Satz aus Ihrem Antrag vor, der deutlich macht, weshalb Sie überhaupt nicht erwarten, dass der gesamte Landtag an einem Strang zieht. Dieser Satz lautet: „Die Fraktionen von SPD und FDP haben im Rahmen der Haushaltsberatungen die Haushaltsmittel aufgestockt; damit können lokale Initiativen und der Aufbau einer örtlichen Infrastruktur in der Anfangsphase finanziell unterstützt werden!“

(Schweitzer, SPD: Genau so ist es!)

Meine lieben Damen und Herren, wie kommen Sie eigentlich darauf? Wir müssten eigentlich völlig doof sein, wenn eine Oppositionsfraktion einem solchen Antrag zustimmt,

(Schweitzer, SPD: Warum!)

nachdem in den Haushaltsberatungen die Anträge der Opposition zum Ehrenamt gänzlich abgelehnt wurden. Dann sollen wir Sie dafür jetzt noch loben? Das kann wohl nicht in die Tüte kommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nicht nur dieses Problem haben wir mit Ihrem Antrag. Ihr Antrag geht auch insgesamt nicht auf die Problematik ein. Er geht völlig am Thema vorbei.

(Kramer, CDU: Schauantrag!)

Ich zitiere, das Verständnis der Präsidentin selbstverständlich vorausgesetzt, die „AZ“ vom 13. September. Diese berichtet über eine Studie der Landesregierung, nicht der GRÜNEN, nicht von sonst jemandem, sondern von der Landesregierung zum Thema „Ehrenamt“. Dort steht: „Rheinland-Pfalz ist nur Durchschnitt beim ehrenamtlichen Engagement.“ Dann kommen die Gründe – Zitat –: „Rheinland-Pfälzer sind nicht dümmer als ihre Nachbarn.“ Das kann ich nur unterstreichen. „Dass sie aber zu 42 % einen einfachen Bildungsabschluss haben, während der Bundesdurchschnitt bei 41 % liegt, bleibt nach der Auswertung der Landesstudie nicht ohne Folgen für das Ehrenamt;“ – –

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, hören Sie zu.

„denn die Neigung, sich ehrenamtlich zu engagieren nimmt nach Erkenntnis der Wissenschaftler mit höherer Bildung und sozialem Status zu.“ Dann kommt es: „Staat, Organisationen“ – – –

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Wissen Sie, Zuhören bildet auch. Das könnten Sie sich einmal merken.

„Staat, Organisationen und Verbände müssen ihre Strategien bei der Förderung des Ehrenamts also vordringlich auf diese Zielgruppe ausrichten.“

(Schweitzer, SPD: Haben wir Vorlesestunde?)

Wo ist denn die Antwort bei Ihrem Antrag auf irgendetwas? – Keine Antwort. Nichts dazu.

(Jullien, CDU: Nur heiße Luft!)

Heiße Luft, um es draußen zu verkaufen, wenn die Zeit wieder einmal reif ist.

Wie gesagt, Sie sprechen hier und draußen mit gespaltener Zunge.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jullien, CDU)

Sie haben auch die Empfehlungen der EnqueteKommission des Bundestags, die ich bereits erwähnt habe, selbst erwähnt. Aber für die zentralen Punkte, was die Bildungspolitik, Transparenz, die Öffnung staatlicher Entscheidungen, die Öffnung der Institutionen angeht, haben Sie absolut keine Antworten.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Dieser Antrag, den Sie stellen, ist, wie ich es anfangs sagte, für das Parlament eine Zumutung. Meine Damen und Herren, Sie erwähnen mehrere Zumutungen. Aber er ist vor allem für die vielen Ehrenamtlichen im Land eine große Zumutung; denn er bedeutet, Sie wollen heiße Luft produzieren, aber nichts in der Sache machen.

(Schweitzer, SPD: Was wollen Sie eigentlich?)

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kramer, CDU)