Protocol of the Session on August 30, 2002

Das Ziel, das in der EU festgelegt wurde, ist es, die erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 von 6 % auf

12 % zu steigern. Dazu bedarf es zunächst einer großen Anstrengung. Wenn man sich die Zahlen vor Augen führt, wissen wir, in welcher Ausgangslage wir uns in Rheinland-Pfalz zurzeit befinden.

Es ist schon bemerkenswert, dass die sozialdemokratischen Debattenredner höhere Beiträge und Ziele nennen, als dies die GRÜNEN im Landtag getan haben. Bisher fehlt aber in der Tat ein konkreter Umsetzungsplan, den wir auch heute noch einmal fordern.

(Beifall bei der CDU – Schmitt, CDU: So ist das!)

Meine Damen und Herren, dazu gehört zum einen eine breite Energiepotenzialanalyse für alle im Land vorhandenen Energieformen, dazu gehört ein Szenario der Machbarkeit der Umsetzung, und dazu gehört die verstärkte Nutzung auch von Energieeinsparung. Ich denke, dass wir in vielen dieser Bereiche deckungsgleich sind. Ich hoffe nur, dass es uns gelingt, in der Entwicklung dieses Ziels einen Konsens zu erreichen.

Wir als Opposition sind dazu bereit. Wir haben dies des Öfteren angemahnt. Aber letztendlich bedarf es einer konkreten Planung, damit man auch über den Weg streiten kann, aber die Ziele in Rheinland-Pfalz exakt erkennbar gemacht werden, damit man die Gemeinsamkeiten im Land wesentlich stärker forcieren kann, als dies zurzeit der Fall ist.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Hohn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Ziel von Rio ist bei weitem noch nicht erreicht. Aber ich denke – darüber gibt es mit Sicherheit keinen Dissens in diesem Hause –, wir sind auf dem richtigen Weg dazu.

Aber wir können dieses Ziel nicht im Alleingang erreichen. Dazu bedarf es einer internationalen und globalen Anstrengung. Daher ist es nicht überraschend, dass uns die GRÜNEN ihre Ideologie in ihrer zum Teil realitätsfremden Überspitzung dargeboten haben, Frau Thomas. Es ist auch nicht überraschend, dass die GRÜNEN erreichte Leistungen ebenso verschweigen wie ein umsetzbares politisches Konzept.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie aber aufgeschrieben, bevor Sie uns zugehört haben!)

Rio plus, die Weltstaatengemeinschaft, verhandelt mit 50.000 Teilnehmenden über fünf Weltthemen: Gesundheit, Energie, Wasser, Landwirtschaft und biologische Vielfalt.

Meine Damen und Herren, wie sieht der Erfüllungsgrad zehn Jahre nach Rio aus?

Global liegt der CO2-Ausstoß heute 9 % über dem Wert des Jahres 1990, obwohl der wirtschaftliche Zusammenbruch des Ostblocks in der Bilanz entlastend wirkte. Deutschland produziert 18 % weniger, die USA 18 % mehr CO2 als 1990.

Die Industriestaaten haben sich 1997 in Kyoto verpflichtet, den Treibgasausstoß im Durchschnitt um 5,2 % zu senken. Die Hoffnung, Kyoto noch bei der Johannesburg-Konferenz umsetzen zu können, hat sich vor allem wegen der amerikanischen Haltung nicht erfüllt. 22,5 Milliarden Tonnen CO2 weltweit jedes Jahr, 64 % davon aus zehn Ländern. Mit dem Handel von CO2Lizenzen zwischen Unternehmen und Ländern soll ein weiterer Versuch zur Erreichung der Reduktionspflichten unternommen werden.

Die FDP will das Instrument „Emissionshandel“ nicht von vornherein pauschal ablehnen. Allerdings wollen wir deutlich machen, dass an dem bisherigen Entwurf einer EU-Regelung zum Emissionshandel noch sehr viel getan werden muss. Vor allem muss die gewaltige Einsparleistung der deutschen Industrie genannt werden. Im Rahmen der so genannten Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Industrie gegenüber der Bundesregierung zur Klimavorsorge wurden von einzubringenden 21 % CO2 durch die Industrie schon 18,7 % freiwillig eingespart.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion kritisiert die Bundesregierung, weil sie erst im April 2002 ihre Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt hat. Die einzige Leistung des Papiers ist, dass sich die Bundesregierung künftig alle zwei Jahre an 21 Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftskriterien messen lassen will. Sie hat es aber nicht vermocht, langfristige Klimaschutzziele und absolute Werte zur Ressourcenschonung zu etablieren. Meine Damen und Herren, dies wären aber Daten gewesen, mit denen auch auf Länderebene zielgerichtet hätte gearbeitet werden können.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Kapitel 28 der Rio-Erklärung 1992 über die Lokale Agenda besagt, dass die Mehrzahl der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Probleme und ihre Lösungen auf der lokalen Ebene angegangen werden müssen. Lokale Ebene bedeutet für uns Länder und Gemeinden.

Meine Damen und Herren, der Generalsekretär der Internationalen Umweltagentur der Kommunen hat Rheinland-Pfalz bescheinigt, dass es europäische Modellregion für nachhaltige Entwicklung sei. Frau Thomas, das sollten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Dies ist ein erfreuliches Ergebnis rheinland-pfälzischer Umweltpolitik. Es ist nicht so, wie Sie es dargestellt

haben, in Rheinland-Pfalz bestünden unwahrscheinlich hohe Defizite.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Conrad.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Johannesburg stehen die Themen „weltweite Armutsbekämpfung“, „Bevölkerungsentwicklung“, „Recht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Entwicklungsländern“, „Reduzierung des Analphabetismus“ oder aber auch die Frage der Beteiligung von Frauen an diesen Prozessen, die in dieser Debatte viel zu wenig berücksichtigt wird, mehr denn je im Mittelpunkt der Diskussion. Man hat erkannt, dass die Umwelt ohne die Lösung dieser Fragen im weltweiten Maßstab keine Chance hat. Deswegen findet in Johannesburg der bisher größte und wichtigste Weltgipfel für Umwelt und für Entwicklung statt.

Die Situation hat sich seit Rio noch einmal verschärft: Die Weltbevölkerung ist um 1 Milliarde Menschen auf mittlerweile 6,2 Milliarden Menschen angestiegen. Dies ist eine zusätzliche Herausforderung. Über 1 Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Das Fehlen einer ausreichenden hygienischen Trinkwasserversorgung ist heute noch die weltweit häufigste Krankheits- und Todesursache, insbesondere bei Kindern.

1,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer gesicherten Energieversorgung. Das sind Daten und Fakten. Diese Themen stehen auf der Tagesordnung der Agenda, natürlich auch die Verantwortung des Nordens und die Verantwortung der entwickelten und hochentwickelten Nationen; denn auch hier liegen folgende Zahlen zugrunde: 80 % des Ressourcenverbrauchs weltweit werden von 20 % der Bevölkerung dieser Erde verbraucht.

Um die Verantwortung, die wir selbst haben, zu unterstreichen, sollte man sich einmal die Zahlen des Energieverbrauchs pro Kopf der Bevölkerung ansehen. In Deutschland haben wir pro Kopf das Zehnfache an Energieverbrauch im Vergleich zu Indien. Es ist aber auch richtig, die Vereinigten Staaten haben noch einmal das Doppelte an Energieverbrauch pro Kopf der Bevölkerung im Vergleich zu Deutschland. Deswegen sage ich an dieser Stelle, es ist ein absolut falsches Signal, dass Präsident Bush diese Konferenz meidet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Umso wichtiger ist aber, dass die Europäische Union und auch die Bundesregierung mit klaren Botschaften und mit konkreten Hilfen in Johannesburg vertreten sind. Auf europäischer Seite gibt es ein Plus von 22 Milliarden

an Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2006. Es gibt auch die klare Botschaft und den Schwerpunkt jetzt in den Verhandlungen, weltweit bis 2015 den Anteil erneuerbarer Energien auf 15 % anzuheben. Ich denke, das ist wichtig.

Nicht zuletzt gestern in der Debatte über Hochwasser und bei den Diskussionen über die Hochwasserereignisse an Elbe und Donau haben wir gemerkt, dass diese Fragen Einfluss auf unseren Alltag haben.

Meine Damen und Herren, es ist nicht richtig, was teilweise gesagt worden ist. Wir haben uns sehr wohl den Herausforderungen auch in der Vergangenheit gestellt und müssen diese auch in Zukunft in unserer Landespolitik machen. Ich will dies noch einmal mit fünf Punkten unterstreichen, wie wir diesen Herausforderungen durch unser verantwortliches Handeln gerecht werden wollen:

Ich nenne als ersten Punkt den Begriff der Nachhaltigkeit, der hier schon häufig gefallen ist und weltweit in Rio de Janeiro etabliert worden ist. Nachhaltigkeit ist Handlungsgrundlage dieser Landesregierung. Er ist auch Handlungsgrundlage für die Koalition, wie es in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben worden ist. Nachhaltigkeit ist auch Handlungsgrundlage für die Arbeit aller Ressorts der Landesregierung.

Wir haben im letzten Jahr ein Agenda-21-Programm vorgelegt. Wir sind in der Fortschreibung und werden im nächsten Frühjahr fristgerecht nach zwei Jahren diese Fortschreibung dem Parlament vorlegen.

Frau Thomas, es ist nicht richtig, dass wir uns ausruhen. Wir ruhen uns nicht auf den Erfolgen der Kommunen aus, sondern wir unterstüzen die Kommunen bei ihren lokalen Agena-21-Aktivitäten. Allein in den letzten drei Jahren sind 1,5 Millionen Euro direkt in diese Projekte geflossen. Natürlich gilt der Erfolg denen vor Ort. Ich bin aber auch stolz darauf und gebe dies an die Akteure in den Kreisen, Städten und Gemeinden weiter, dass wir ob dieses Engagements in diesem Land ausgezeichnet worden sind.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir brauchen für die Zukunft Indikatoren, um auch wirklich überprüfen zu können, wo und wie wir unseren Weg gegebenenfalls anders ausrichten müssen und wo wir stehen. Deswegen habe ich gerade zur Begleitung einer solchen Diskussion in der Landesregierung einen Auftrag an Professor Dr. von Hauff, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kaiserslautern, erteilt, uns in diesem Prozess zu begleiten.

Ein wesentlicher Punkt ist die nachhaltige Energiepolitik. Auch hier stellen wir uns dem Anspruch der Klimaverträglichkeit. Wir haben heute in Rheinland-Pfalz einen Anteil von 7 % erneuerbarer Energien am Stromverbrauch. Das lässt sich auch im bundesweiten Durchschnitt hervorragend sehen. Wir setzen auf Zukunftstechnologien, weil sie Schlüsseltechnologien zum Erfolg sind. Hier schließt sich natürlich der Anspruch an, dass ökologische Notwendigkeiten zu ökonomischem Fortschritt führen. Wir wissen heute, dass die höchsten Energieeffizienztechnologien nicht nur die Technologien

sind, die wir weltweit brauchen, um diese Herausforderungen bewältigen zu können, sie sind auch für unser Land wirtschaftlich wichtig, weil sie weltweit zu einem Exportschlager werden. Deswegen ist dies nicht eine Entwicklung, die gegen die Ökonomie ist, sondern eine Entwicklung, die mit der Ökonomie läuft.

(Beifall bei SPD und FDP)

Herr Dr. Braun, Sie haben bei der vorhergehenden Debatte einen Punkt angesprochen. Ich unterstreiche, wir fördern nachhaltiges Wachstum bei kleinen und mittelständischen Unternehmen durch diese Technologiepolitik. Wir fördern auch Know-how in unseren Kooperatiosverträgen zum Beispiel mit der Handwerkskammer, was die Umsetzung solcher Technologien in der Praxis betrifft. Ich denke, hier sind wir auf dem richtigen Weg, da dies letztendlich Wertschöpfung in unserem Land bedeutet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Natürlich gehört die Unterstützung eines Kompetenznetzwerks „Brennstoffzelle“ dazu oder auch die Förderung der Geothermie in der Vorderpfalz, weil wir uns davon viel versprechen. Dies unterstreicht, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Herr Licht, ich möchte noch ein Wort an Sie richten. Sie haben gemeint, Sie könnten sich mit großen Forderungen präsentieren und mit einem Finger auf uns zeigen, als hätten wir die Hausaufgaben nicht gemacht. Wenn ich Mitglied der CDU wäre

(Zurufe von der CDU: Bitte nicht!)

und einen Kanzlerkandidaten präsentieren würde, der erst bei der Hochwasserkatastrophe gemerkt hat, dass er weder personell noch programmatisch umweltpolitisch etwas anzubieten hat, dann muss man aufpassen, wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, dass nicht vier Finger auf einen zurückzeigen.

(Beifall bei SPD und FDP – Anheuser, CDU: Wir haben gerade auf Sie gewartet! Seien Sie einmal ganz schön ruhig! – Weitere Zurufe von der CDU)

Als vierter Punkt ist das Thema „Umweltpädagogik“ zu nennen. Gerade Kinder sind in unserem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung eine der wichtigsten Adressen und Zielgruppen. Wenn wir mit dem Ganztagsschulprojekt, das so erfolgreich angelaufen ist, jetzt auch Freiräume für Umweltpädagogik und ökologische Projekte in den unterrichtsergänzenden Angeboten haben, so ist dies sehr zu begrüßen. Ich habe mit der Kollegin Doris Ahnen eine Kooperationsvereinbarung für das Engagement unserer Förster vor Ort, was Umweltpädagogik und Waldpädagogik betrifft, getroffen. Dies zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und uns dieser Frage stellen.

(Beifall bei SPD und FDP)